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war, daß er der Verfasser sey, denn auf dem Titel gab er sich blos das Ansehen des Herausgebers, und auch dieser erschien nicht mit Nahmen. Er sagte, daß er ernsts lich gewünscht håtte, verborgen zu bleiben. Vermuths lich wollte er erst sehen, wie man sein Werk aufnåhme. Seine Leser bestanden aus allen, die nur lesen konnten. Diejenigen, welche sich noch daran erinnern, als Pa= mela herauskan, sagen, daß die Tamen in Ranelagh die Bånde derselben einander zu weisen pflegten, um zit zeigen, daß sie das Buch, wovon jeder sprach, auch hätten. Man hielt den Nutzen dieses Romans für sø groß, daß er von einem Prediger, dem Dr. Slocock, sos gar von der Canzel empfohlen wurde. Pope lobte ihn außerordentlich und las ihn wenigstens zweymal durch. Chetwynd sagte, daß, wenn alle andre Bücher verbrannt würden, dieses zunächst der Bibel erhalten werden follte. Man gab es absichtlich den Kindern in die Hånde. Es wurde gleich ins französische und holländische übersetzt.

Der Ruf dieses ehemals so berühmten Buches hat theils durch die Zeit gelitten, theils ist er durch die nach♣ herigen Werke des Verfassers verdunkelt worden; indeß zeigt die Begeisterung, womit man es aufnahm, unftreitig, daß ein zur Beförderung der Tugend geschriebes ner Roman als ein neuer Versuch angesehen wurde. Viele waren außerordentlich neugierig zu wiffen, ob die Ges schichte wahr wäre? Der Verfasser erhielt Briefe von sechs ungenannten Frauenzimmern, die ihm hart zuschs ten, auf seine Ehre zu erklären, ob die Geschichte wahr oder erdichtet sey? sie fügten hinzu, daß sie sich durch einen Eid anheischig gemacht hätten, das Geheimniß, wenn er es ihnen anvertrauen wollte, bey sich zu behalten, und daß sie ihm so lange mit Briefen zur Last fallen wollten, bis er ihr Gesuch erfüllt hätte. Hierauf

antwortete er ihnen: seit die Welt stehe, wisse man kein Beyspiel, daß ein Geheimniß, welches man sechs Frauens zimmern anvertrauet, verschwiegen worden wåre; so dann habe er Verschwiegenheit angelobt; und endlich sev es sehr unbillig, ihm zuzumuthen, daß er den Namen seiner Heldinn entdecken sollte, da die nachfragenden Frauenzimmer den ihrigen geheim hielten.

Uebrigens gründet sich die Geschichte der Pamela auf eine wahre Begebenheit, die er von einem seiner Freunde hörte; (sie wird in der Lebensbeschreibung ausführlich erzählt) aber, ob er gleich hoffte, daß man sie nicht ungern lesen würde, so schloß er doch erst aus folgendem Vorfalle, daß sie Interesse erregte. Als er die Geschichte angefangen hatte, las er, so viel davon fertig war, seiner Frau und einer andern Hausgenoßinn vor. Diese kamen dann alle Abende in sein Cabinet und fragten: ob er in der Geschichte der Pamela weiter gerückt sey? Er, konnte sich bey dieser Gelegenheit nicht enthalten, an Moliere's alte Magd zu denken.

Die gute Aufnahme, welche das Werk fand, veran laßte eine untergeschobene Fortsetzung davon, unter dem Titel: Pamela als Dame." Richardson hatte im

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Grunde keine Ursache, hierüber mißvergnügt zu seyn; die Fortsetzung würde eben das Schicksal wie die Marianne gehabt haben, welche nach der des Marivaur ers schien, aber niemals mit der seinigen verwechselt wurde. Dennoch entschloß er sich nun, einen zweyten Theil zu schreiben. Pope und Warburton, welche hörten, daß er fich damit beschäftigte, riethen ihm, die Moden und Thorheiten der großen Welt darin herzunehmen, indem er zeigen könnte, wie sie der Pamela, dem gewesenen Landmädchen, erschienen, wenn sie an denselben Theil nähme. Pope oder Swift hätten dies unternehmen dürz

fen, aber Richardson war nichts weniger als der leichten Züge des feinen Witzes mächtig, und die Kenntniß der großen Welt hatte er sich noch ganz zu erwerben. Diese beyden Bånde stehen daher, gleich den meisten andern Theilen, tief unter den beyden ersten.

Goldoni hat aus dieser Geschichte die beyden Schaus spiele Pamela nubile und Pamela maritata genommen, Vielleicht ist es nicht ganz unbedeutend, zu bemerken, daß dieser Roman die Aussprache des Nahmens Pamela ånderte, welcher zuvor Pamela lautete, wie man aus folgendem Verse von Pope sicht:

,,The gods to curse Pamela with her prayers." Aron Hill, ein damals sehr berühmter Schauspies ler, schrieb, wie es in jenen Zeiten Sitte war, etliche Belobungsverse über die Pamela seines Freundes, und er sagt in dem Briefe, welchem er sie beylegte: „Ich ,,habe das e in ihrer Pamela kurz gemacht; ich sehe, es ,,ist in ihren eigenen hübschen Versen beym Abschiede ebens ,,falls kurz. Ich möchte ihren Nahmen aus ihren Eigens ,,schaften herleiten; obschon was und μdos das überall ,,Sichtbare ihrer zarten Weiblichkeit und liebenswürdis ,,gen Sanftheit nicht erschöpfen. Pope hat die Hälfte ,,der Englånderinnen den Nahmen falsch aussprechen ,,gelehrt."

Man weiß, daß Fielding, der den Lauf! (eines Ruhs mes bald nach Richardson antrat, seinen Joseph Ans 1 drews schrieb, um die Pamela lächerlich zu machen. Dies kränkte Richardson über die Maßen, besonders, da er auf freundschaftlichem Fuße mit ihm gestanden hatte, und mit Fieldings beyden Schwestern vertraut war. Man fieht aus seinen Briefen, daß er dies niemals ganz vers geben konnte (vielleicht war es auch keinem Menschen zus zumuthen) und er spricht darin allezeit mit mehr Bits

terkeit von Tom Jones, als es sich vielleicht für einen mitbuhlenden Schriftsteller schickt. Vielleicht bildete er sich ein, daß sein Unwille blos durch die Leichtfertigkeit des Werks und die lockern Sitten des Verfassers erregt würde, aber wie kam es, daß er den Cibber ertrug? Richardson und Fielding besaßen sehr verschiedene Vorz züge. Fielding hatte alle die Ungezwungenheit, welche dem Richardson abgieng, eine åchte Ader von Wiß, und eine reiche Mannigfaltigkeit von komischen Characteren ; auch fehlte es ihm nicht an Zügen einer liebenswürdigen Empfindsamkeit: aber einen sich völlig gleichbleibenden tugendhaften Character darzustellen, war er nicht im Stande, und in der tiefen Empfindung übertraf ihn sein Nebenbuhler weit. Wenn wir sehen, wie Fielding die Pamela parodirt, und Richardson in seinen Briefen bes hauptet, daß der Geschmack an Tom Jones nun vorüber sey, und daß man ihn bald ganz vergessen haben würde, so können wir nicht umhin, zu lächeln, indem wir sehen, wie die beyden Schriftsteller auf demselben Bücherbrete ruhig zusammen auf die Nachwelt hinab gehen.

Richardson, aufgemuntert durch den Beyfall, und unterrichtet durch den Ladel seiner Zeitgenossen, machte sich bald an ein neues Werk. Pamela gab nur einen Vorgeschmack von seinem Genie. Acht Jahre nachher ers schienen die ersten Bånde seiner Clarissa, die ihn ohne' Zweifel als einen der ersten Köpfe seines Zeitalters den spåtern Menschen bekannt machen wird: auf ihr beruht auch hauptsächlich sein Ruhm.

Die Pamela verursachte das Staunen und Vergnús gen, welches ein neuer Schriftsteller, eine neue Manier und ein neuer Styl gemeiniglich erregen; aber die Clarissa hob ihren Verfasser mit Einmal zum ersten Rang

unter den Romanschreibern empor. Ausländer haben sie noch mehr bewundert, als Britten. Rousseau, dessen Heloise vielleicht allein den Preiß mit der Clarissa theilen kann, sagt in einem Briefe an d'Alembert, daß nie in einer Sprache etwas geschrieben worden wäre, das ihr gleich wåre oder ihr nur nahe kåme.

Reisende Franzosen zeigen ihre Bewunderung dieses Romans oft dadurch, daß sie sich nach den kleinen drt= lichen Umstånden erkundigen, die darin vorkommen. Mistreß Barbauld erinnert sich sehr wohl eines Franzosen, der blos deswegen nach Hampstead gieng, um sich das Haus in dem Flaschengange weisen zu lassen, wo Clarissa wohnte; und verwunderte sich, daß die Einwohner so unwissend oder gleichgültig darüber wåren. Ihm war der Flaschengang eben so sehr claßischer Boden, als den Bewunderern des Roußeau die Felsen von Meillerie; und wenn ein reifender Engländer in der Schweiz eben solche Fragen thåte, so würde es sich zeigen, daß die Fels fen von Meillerie und die Sennhütten des Walliser Lans des ben den Einwohnern keine andre Begriffe erregten, als die mit ihren Milchwirthschaften und ihrem Ackerbau in Verbindung stehen.

Die Theilnahme, welche Clarissa erregte, wurde durch die Ungewißheit, worin die Leser derselben in Absicht ihres Schicksals blieben, noch vermehrt. Gemeiniglich wi:d ein Leser nicht långer im Dunkeln gelassen, als bis er das Ende eines Buches erreicht, und bey einem Werke, von welchem man viel spricht, genießen sehr wenige Leser das volle Vergnügen der Geschichte, da sie fast unvermeidlich von einem oder dem andern Freunde erfahren, wie der Ausgang ist. Aber diesmal trieb der Zwischenraum. von etlichen Monaten, welcher die Erscheinung der ersten von der Herausgabe der letzten vier Bånde trennte, die

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