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ntenschenfreundlicher Mann gewesen seyn, und blos als solcher empfahl er dieselbe, weil er den zum Tode verurtheilten Verbrechern schmerzhafte Empfindungen ersparen wollte. Da er aber sah, daß man einen Mißbrauch davon machte, wegen der Leichtigkeit, womit man mehrere Personen in wenigen Minuten hinrichten konnte: so gieng es ihm so zu Herzen, daß der Kummer bald sein Daseyn kürzte.

Dennoch that, nach Robespierre's Begriffen, das Fallbeil noch keine gehörige Wirkung. Einer von seinen Helfershelfern meldete ihm, daß er ein Instrument erfunden habe, welches neun Köpfe mit einem male abschlüge: die Entdeckung gefiel ihm, und er ließ ià Bicêtre mehrere Versuche mit dieser neuen Maschine machen. Sie entsprach der Erwartung nicht, aber die menschliche Natur gewann nichts durch die Fehlschla= gung. Anstatt einer Zahl von sechs Schlachtopfern in einem Tage, wünschte. Robespierre ihrer fünfzig bis fechszig zu haben; und man gehorchte ihm nur zu půnktlich. Nicht nur Er selbst hatte seine persönlichen Aechtungslisten; sondern alle seine Geschöpfe vom Pråsidenten des Revolutionstribunals bis zu den Unterschlies fern hatten ähnliche Listen und er selbst machte eine aus dem almanac royal oder dem französischen Hofca= lender.

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Die Einwohner der Straffen, durch welche die unglücklichen Opfer geführt wurden, ermüdeten endlich über dem täglichen Anblick eines so traurigen Schauspiels, und wagten es, sich darüber zu beschweren. Robes pierre, eben so argwöhnisch als grausam, fühlte Be= forgniß, und verlegte den Schlachtort aus Furcht eines Aufstandes. Das Blutgerüst wurde auf der place de la Bastille errichtet; aber auch hier murrten die Bes

wohner, und die Guillotine bekam ihren Platz in der Barrière St. Antoine angewiesen.

Wäre dieser neuere Nero nicht mitten in seinen Grausamkeiten weggerafft worden, so kann niemand sagen, wozu es am Ende gekommen seyn würde. Alz man ihn eines Tages deswegen fragte, antwortete er gelassen: „das Geschlecht, welches unter dem alten régime gelebt hat, wird sich allezeit wieder darnach sehnen. Alle Personen, die 1789 fünfzehn Jahr alt wa ren, müssen hingerichtet werden: dies ist die einzige Art, die Revolution zu befestigen.“ In den Departementern war es gerade wie in Paris. Ueberall lief das Blut stromweise. In allen grössern Städten blieb die Guillotine fortdauernd aufgestellt, damit, wie Robespierre sich ausdruckte, die Nation wiedergebohren würde.

Der größere Theil der politischen Bewegungen, welche Paris zu verschiedenen Zeiten erschüttert haben, nahmen ihren Ursprung in dem ehemaligen Palais royal, welches jest P. du Tribunat heißt. Diesem Palaste entkeimte auch das schreckliche Mißgeschick, welches die Königinn traf; und wirklich als der Karren, worin Ihre Majestät nach dem Blutgerüste gebracht wurde, an den Pforten dieses Gebäudes vorüber fuhr, feunte sie ein Zeichen ihres Unwillens nicht unterdrücken.

Alle Schriftsteller, die von dem eingewurzelten Hasz se gesprochen haben, welchen die Königinn und M d'Orléans gegen einander hegten, haben ihn der verschmåheten Liebe zugeschrieben, dessen Foltern, wie Shakspeare sagt, sich nicht geduldig ertragen lassen. Einige sagen, daß der Herzog, in die Reihe der Königinn verliebt, eine Erklärung wagte, die Ihro Majeståt nicht nur mit Verschmähung empfing, sondern auch mit der Drohung, deß sie den König davon unterrichten wollte, wenn man

den Antrag wiederholte. Andre versichern, die Könis ginn ließ einst merken, der Herzog sey ihr nicht gleichgültig, und der Herzog, als man es ihm hinterbrachte, gab zur Antwort:,,Jeder mag den Ehrgeiß haben, der ,,Königinn zu gefallen, außer ich. Unsre Endzwecke ,,find zu verschieden, als daß die Liebe sie jemals vers ,,einigen könne.“ Auf diesen Grund baut man den Ursprung des Grolls, welcher am Ende diese beyden große sen Personen auf das Schaffot brachte.

Was auch der Bewegungsgrund davon gewesen seyn mag, so ist es doch gewiß, daß sie nie eine Gelegenheit vorbey liessen, einander zu verfolgen. Die Kdniginn machte sich kein Gewissen, den Herzog als cis nen Mann vorzustellen, der sich den allerverworfensten Ausschweifungen überließe, und suchte den König von ihm abwendig zu machen. Ihm, seiner Seits, wurde es eben so leicht, sie in verstohlenen Flugschriften als eine Frau zu schildern, die sich unerlaubten Genüssen ergåbe, so daß der Character der Königinn und des Herzogs, lange vor der Revolution, dem Publicum wohl bekannt war; und ihr Beyspiel wirkte nicht wenig, die allgemeine Sittenlosigkeit zu vermehren. Die Unregelmäßigkeiten des Einen dienten allen liederlichen Junglingen des Adels zum Muster, indeß der Leichtsinn der andern von den sogenannten liebenswürdigen Frauenzima mern der Hauptstadt nachgeahmt wurde.

Das palais du Tribunat ist immer noch der Inbegriff aller Gewerbe von Paris. Unter ihnen ziehen die Gewölbe der Juwelirer am meisten durch ihren Glanz an. Der Nahme des Besizers prangt an einem in die Augen fallenden Orte, der Thür gegen über, mit gross sen Buchstaben, die aus künstlichen Diamanten gebildet sind. Dies ist eine Art von Signatur, deren Glang

alle andre Namen verdunkelt, nnd wirklich die Augen der Beschauer blendet. Aber zu gleicher Zeit erregt sie die Aufmerksamkeit sowohl der Gelehrten als Ungelehr ten. Ich trage keinen Anstand zu behaupten, daß der Nahme eines dieser Juwelirer häufiger gelesen und ausgesprochen wird, als der Nahme irgend eines grossen Mannes, den uns die ältere oder neuere Geschichte meldet.

Was den Preiß der Waaren anbetrifft, die im palais du tribunat feil geboten werden, so hat es damit ziemlich dieselbe Bewandtniß wie in Bondstreet: man bezahlt zum wenigften ein Drittel für die Vorstellung von Mode, die mit dem Nahmen des Orts verbunden ist, wo man kauft, obschon die Güte der Sache keineswegs vorzüglicher ist, als sie anderer Orten zu seyn pflegt. Gleichfalls wie in Bondstreet bezahlt man in diesem Ges bäude einen hohen Miethzins, weshalb die Ladenhåndler gewissermassen genöthiget sind mehr zu fordern als die Kaufleute in andern Theilen der Stadt. Jedennoch muß ich ihnen die Gerechtigkeit widerfahren lassen, zu gestehen, daß sie aus allen Vorurtheilen, die man ehes dem in Hinsicht des Geschmacks, der Neuheit 2c. 2c. für das ehemalige palais royal zu nåhren pflegt, ohne Anstand Nutzen ziehen, und ihre Preise aufs neue des wegen steigern. Die hier befindlichen Ladenhåndler gewinnen nicht wenig durch die zufälligen Kunden, welche von mannigfaltigen Gewerben herben gezogen werden, die alle so bequem in einen und denselben Bezirk versammelt sind. Kommt man hierher um etwas zu kaufen, so wird man zuversichtlich an ein andres Bes dürfniß erinnert, woran man schwerlich gedacht haben würde, wenn die Sache sich den Augen nicht dargestellt håtte; und wirklich der Durst nach Gewinnst ist so groß, daß mehrere Kaufleute, die ein großes Gewölbe in eis

nem andern Theile von Paris haben, hier unter den bedeckten Gängen noch einen kleinen Laden halten.

(I. 210). Ein Ausländer würde vermuthlich glauben, man håtte ihn zum Thee eingeladen, wenn er ein Billet wie folgendes befömmt: Madame R- prie Monsieur B de lui faire l'honneur de venir au thé qu'elle doit donner le 5 de ce mois. Wenigstens gieng mir es so mit einer ähnlichen Einladung, die ich erhielt, und ich wollte mich eben entschuldigen lassen, als ich hörte, daß ein thé eine Art von Abendgesellschaft wäre, die gemeiniglich nach den Vorstellungen in den vornehmsten Theatern anfinge, und sich mit kräftigen Erfrischungen endigte.

Als ich daher letthin aus der Oper kam, begab ich mich nach der Wohnung der Dame, die mich eingeladen hatte, und traf dort um Mitternacht ein, welches zufälligerweise gerade die rechte Zeit war. Wie gewöhnlich wurde gespielt, doch ohne Zwang, denn da diese Dame nicht nöthig hatte aus den Karten ein Finanzmittel zu machen, so ließ sie sich die Kartentische wenig oder gar nicht angelegen seyn. Sie war selbst eine sehr angenehme geistvolle Frau, und hatte eine Menge Personen beyderley Geschlechts von ihrem eigenen Gepräge eingeladen, so daß die Unterhaltung mit ungemeiner Lebhaftigkeit bis nach Ein Uhr währ te, da Thee und Caffee herumgegeben wurden. Hierauf folgten Eiß, kleine Pasteten, Schinken und Butterbrod, und allerley Leckereyen, die man mit kalter Küche aufträgt, nebst mehrern Arten von Weinen und feinen Wafs fern. Doch kann nach der Meinung einiger Gaumkits ler in Paris kein Thé vollkommen seyn, wenn nicht etwas hinzu kommt, das man hier für eine völlige Nachahmung der modischen Bewirthung in England hält. Dieß ist heißer Punsch.

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