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mit Anstand erscheinen, ohne einen solchen Dragoner hut oder Stürmer unter dem Arme zu haben. Indessen würde es höchst lästig seyn, solche große FilzHumpen besonders unter dem Arme zu tragen, wenn fie ihren gewöhnlichen Umfang unabånderlich behielten. Daher haben die englischen Hutmacher schon längst die Einrichtung getroffen, daß sich die dresshats flach zusammenlegen und gleich den Chapeaubashüten tragen laffen *), wie auch in unsern Blättern bemerkt worden ift. Das gesellschaftliche Bedürfniß jedes feinen Mans nes erlebt, wie begreiflich, alle die Aenderungen der hier gewöhnlichen runden Hüte. Heuer hat Shous bridge, ein großer Hutmacher in Newbondstreet, solche Puhhüte aufgebracht, die weder Glanz noch Strichh haben: die sogenannte Vergoldung von feinem Biberhaar ist in kleinen Locken oder Flocken zusammengebårs ftet. Dadurch wird die Schwärze des Hutes mehr hervorgehoben, und der Hut hat nach dem Urtheile der Elegants ein stattlicheres Ansehen erhalten.

Wer selbst empfunden hat, was für ein Vergnüs *) Herr Campe beschreibt sie in seiner Reise durch Eng land und Frankr. I. 105.,, Ich hatte theils selbst schon bemerkt, theils von andern gehört: 1) daß in London niemand mit bloßem Kopfe über die Straße zu gehen was ge, und 2) daß man sowohl am Hofe als auch in ans dern gesellschaftlichen Kreisen der höhern Welt nicht anders, als mit einem von jenen wunderbaren großen Húten erscheine, welche bey uns nur von Officieren und sogenannten Unglaublichen (incroyables) getragen wers den, und welchen man hier durch englische Kunst eine solche Einrichtung gegeben hat, daß sie sich, sobald man will, platt zusammenlegen, und so als eine große Halbscheibe unter dem Arme tragen. Ein solcher Riesenz hut aber schien 10.

gen Blumen und andere Gewächse im winterlichen Zimmer gewähren, wird sich nicht wundern, daß dieser Aufwand in Frankreich und England jetzt so weit getrieben wird. Jeden Winter macht man die Gestelle dafür prächtiger. Der englische Kunstfleiß erhielt hiers zu desto größere Aufmunterung, da selbst Damen vom höchsten Adel Muster dafür angaben. So ist folgens des Blumengestell (Stand for flowers or Jardiniere) von der Miß Markhams angegeben. Die Form des Gestells ist nach Gewohnheit, entweder långlich, oder es bildet einen Dreyfuß. Man nimmt dazu bald Ma» hagoni, bald Rosenholz. Der Blumenbehälter oben ist länglich und mit silberplattirtem Metall gefüttert. Hierein werden Blumentöpfe von Porzellan, Wedg= wood oder andrer feiner und vergoldeter Töpferwaard gesetzt. Von außen ist es mit bronzenen oder übergol deten Zierrathen im griechischen oder egyptischen Ges schmacke besetzt. Das Gestell steht auf einem Piedes stal, welches von Chimåren aus Bronze oder vergol betem Metall getragen wird. Mehrentheils steht oben zwischen den Blumentöpfen eine große Crystallkugel, in welcher Gold und Silberfische schwimmen. Diese Geråthe find prächtig gearbeitet und sehr theuer. Sie passen zu dem herrschenden egyptischen Geschmack.

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Viele Männer mögen die Lederhandschuh auch int Winter nicht gegen andere vertauschen, weil sie zu sehr daran gewöhnt sind, oder die Pelzhandschuh nicht vers tragen können. Da nun die ersteren bey strenger Kålte oft unzureichend sind, so sieht man, daß in diesem Fall manche zwen Paar Handschuh über einander anziehen. Daher hat ein Kaufmann im Strande Nr. 62. eitt Sortiment farbiger Lederhandschuh, mit Waschleder ges füttert, unter den Winterwaaren aufgestellt, und viele

Abnehmer gefunden. Sie sollen in der Wärme den Pelzhandschuhen nichts nachgeben.

Das im vorigen Hefte erwähnte Metallglanzporz zellan geht so gut, daß man bereits auf eine Verbesse= rung gedacht hat. Es wird mit goldenen Figuren bez mahlt. Die vorzügliche Schönheit dieses Artikels vers Föhnt mit der außerordentlichen Theurung desselben. Ein ansehnliches Porzellangewölbe in Kingstreet, Coventgarden verkauft Sträußertöpfe daraus, wovon der Auffah (a set of bough pots), aus drey Töpfen bestehend, acht Guineen kostet.

Die bekannten braunen Theemaschinen haben sich ihrer Einfachheit wegen trotz aller Mitbewerbung so gut in Gunst gehalten, daß sie zahlreicher als alle an= dre verfertiget werden. Man hat daher auch Theekans nen daraus zu haben gewünscht, die nun Howard ́auf St. Pauls Kirchhofe feil hat.

Die Camera obscura ist eine ziemlich alte sehr nüt liche Erfindung, welche weit mehr im Gebrauche seyn. würde, wenn man sie bequemer mit sich führen könnte. Diesem Einwurfe ist nun in England begegnet worden. Man hat sie so tragbar gemacht, daß sie nicht mehr Raum einnimmt, als ein gewöhnliches Taschenbuch. Der Preiß ist sehr mäßig. In einem rothen Marros quinfutteral kostet sie Ein Pfund Sterling bey Johns, Buchhändler in Plymouth, Nr. 2. Pikestreet, wird aber frachtfrey nach London und ganz England verk schickt.

Es ist bekannt, daß der innere Verkehr in keinem Lande so schnell, fo leicht und so häufig ist, als in Großbritannien. Daß er immer noch im Zunehmen ist, wird man aus folgenden sehen. Cafsylta in Denbighshire wird

Ueber das Thal Pontes eine Wasserleitung ge

baut, welche den Junctionscanal långst dem Flusse Dee vollenden, und künftigen Juny fertig werden soll. Sie wird unter die merkwürdigen Werke der menschlis chen Kunst gehören. Sie besteht aus neunzehn Paar kegelförmigen Pfeilern, die zwey und funfzig Fuß auseinander sind. Die mittelsten find hundert und zwans sig Fuß hoch. Jedes Paar Pfeiler trågt eine Art von elliptischer Brücke aus gegossenem Eisen. Das ganze bildet oben eine horizontale Basis, worauf dicke Eisenplatten befestiget und zusammen gelöthet sind. So ents steht eine Wasserleitung für die Canalbarken, welche Raum haben neben einander hinzuschiffen. Die Breite der Wasserleitung ist zwanzig Fuß: die Hdhe an den Seiten sechs Fuß. Die Hälfte desselben ist schon fertig. Der Baumeister hat vorgeschlagen, daß er an der Südseite eine eiserne Ebene und ein Geländer für die Pferde, welche die Barken bugfiren erbauen will. Aber das würde einen neuen ungeheuern Kostenaufwand verursachen. Man wird daher verniuthlich zu diesem Behufe eine Winde odet Gangspille anbringen.

Johann Wilkes.

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Dieser Mann war unstreitig einer der merkwürdigs sten Engländer des vorigen Jahrhunderts : die Begebenheiten, welche er veranlaßte, hatten auf sein Vaters land einen unglaublichen und noch jetzt fortdauernden Einfluß. Ueber dém Canale wundert sich zuweilen mancher Unkundige über das ausnehmende Lob, wels ches Britten und Ausländer der englischen Constitution beylegen; es scheint übertrieben. Wen aber die äußerst

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merkwürdigen und unerwarteten Ereignisse unsrer Tage von der Vortreflichkeit der englischen Verfassung nicht überzeugt haben, der wird gewiß in Wilkes Geschich

te Veranlassung finden, sich über diesen Punkt ins Klare zu setzen. Die meisten Leser erinnern sich vers muthlich an die sehr interessante Erzählung von den Verhandlungen, wobey Wilkes die Hauptperson war, in Herrn von Archenholz England nnd Italien, 1. Theil, 2. Abschnitt. Er war Augenzeuge und ist daher desto glaubwürdiger. Wollte man die dortigen Angaben überlesen, ehe man hier weiter fortfährt, so würden folgende Nachrichten von. Wilkes Leben desto mehr Theilnahme erregen. Sie find genommen aus: The Correspondence of the late John Wilkes, with his friends, printed from the Original Manuscripts, in which are introduced Memoirs of his life, by John Almon. In five volumes. London, Phillips. 1895. 8. 1 Pfund, 15 Schill.

Johann Wilkes wurde hen 17. October 1727. in London gebohren, wo sein Vater die Brandtweinbrennerey trieb, und sich in sehr blühenden Umständen befand. Der alte Wilkes lebte auf einen glänzenden Fuß, und bewirthete seine, Freunde sehr oft an einer überflüßig besetzten Tafel. Er fuhr in einer Kutsche mit sechs Pferden! Unser Wilkes, ein ungemein feuris ger Knabe, befaß des Vaters Gunst im vorzüglichen Grade, und sollte als ein vielversprechender Kopf die Rechte studieren. Man übergab ihn einem Geistlichen in Aylesbury zur Privaterziehung, daß dieser Ort gewählt wurde, kam daher. Ein Londoner Kaufmann Mead, stand mit dem Hause Wilkes in den freundschaftlichsten Verhältnissen; seine Wittwe hielt sich nach ihres Mannes Lode in Aylesbury auf; sie hatte eine einzige Tochter, die in Absicht auf Vermögen zu gros Ben Erwartungen berechtigt war. Frau Mead würsche te innigst, daß sich zwischen ihrer Tochter und demt

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