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Edelsteinen besetzte Kleider zeigen, und keine ganze Kleider von bloßem Goldstoff oder mit Perlen gestickt tra= gen. Die Moden waren damals in Teutschland viel ausgelassener als jezt in irgend einem Theile von Europa. Vornehme und reiche Frauenzimmer hatten ordentlicherweise teutsche, französische, italianische, spanische und hungarische Trachten, und wechselten diese mannigfaltigen Trachten gewöhnlich an einem Tage nach der Weise der Morgenlånderinnen und Griechinnen. Die glückliche Betriebsamkeit und der blühende Wohlstand der Teutschen währte bis zum dreyßigjährigen Kriege, einem Zeitpunkt, wo England eben im Kampfe für seine Freyheit begriffen war, welche es zur Aufmunterung des Handels und der Gewerbe nůzte.” ,,England, sagt ein großer Gelehrter *), hat jezt den ,, Ruhm, der sonst unserm Germanien eigen war, und ,, diesen Ruhm wollen wir, so lange er verdient ist, den Engländern nicht beneiden, da sie die würdigsten Ab,,kömmlinge und Brüder der Teutschen sind."

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Wie lange die Engländer diesen Ruhm, oder, welz ches vielleicht auf Eins hinausläuft, wie lange sie ihre politische Größe behaupten werden, kümmert uns hier nicht. Wir haben es mit der Gegenwart zu thun. Da findet sich denn in dem neuen Jahre die nemliche Betriebsamkeit, Nacheiferung und Erfindsamkeit, die man schon lange eben so sehr beneidet als bewundert hat.

*) Meiners in der histor. Vergleichung der Sitten und Verfassungen, der Geseße und Gewerbe, des Handels und der Religion, der Wissenschaften und Lehranstalten des Mittelalters mit denen unsers Jahrhunderts in Rücksicht auf die Vortheile und Nachtheile der Aufklärung. 2ter Bd. S. 71. Die obigen Angaben sind fast wörtlich aus demsel ⚫ben Werke, S. 69, 130, 136 entlehnt.

Dieser Winter indeffen scheint sich durch einen neuen und etwas abentheuerlichen Geschmack in Prachtgeråthen auszeichnen zu wollen. Egyptisch ist die Losung bey allen großen Möblirern. Die griechischen und römischen Formen der Möbeln in den Museen und gedruckten Kunstwerken sind erschöpft: nun kommt die Reihe an die egyptischen, oder vielmehr an die, welche man so nennt. Es wird jedem gleich beyfallen, daß die neueren politi*schen Ereignisse in Egypten auch diese Mode erzeugt has ben, wie überhaupt durch dieselben das Interesse an diesem Lande aufs neue erweckt worden ist. Der erste, wel cher unsers Wissens den jetzigen egyptischen Geschmack in England einführte, war Herr Thomas Hope (scherzweise Gala-Hope genannt, weil er seinen prachtvollen Bewirthungen den Namen Gala gab); ihm folgten bald die vornehmsten Familien, und jezt ist die Wuth nach allem, was Egyptisch heißt, so allgemein, daß die Gesellen der Möblirer die Wörter Sphynr, Isis, Piras myde, Pharos, Obelisk 2c. eben so geläufig aussprechen, als ein gelehrter Antiquar. Den meisten Staat mit solchen Möbeln machen die, welche reich genug sind, ihre Såle überdieß mit wirklichen Alterthümern aus Egypten zu verzieren, z. B. Hr. Hamilton Nesbitt (Lord Elgins Schwiegervater) Hr. Townley *), Hr. Hope u. a. Nesbitt war ein Hauptbeförderer der egyptischen Meden.

Wegen der vielen Vergoldungen und des häufigen Schnitzwerks vorgeschriebener Figuren sind diese Geräthe für jezt noch ungemein theuer. Die Möblirer sind deswegen sehr damit zufrieden. Wie Geråthe im sogenann ten egyptischen Geschmacke gearbeitet sind, wird man. aus der Beschreibung von einigen derselben ungefähr ab*) Der berühmte Kunstsammler. Dieser vortrefliche Mann starb etliche Tage, nachdem obig:s geschrieben war.

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nehmen können. Einer der ersten Möblirer hat für den Prinzen von Wallis folgenden Spiegel gemacht, der zum Gebrauche beym Anziehen bestimmt ist. Der Spies gel ruht auf viereckigen, nach unten zu schmaler werdenden, Säulen, die mit egyptischen Hieroglyphen, Sphynren 2. von Ebenholz ausgelegt sind. Ueber je der Säule ist eine Büste des Antinous. Beyde Säulen endigen sich unten auf schön geschnizten Menschenfüße, die auf einem Piedestale ruhen, das von einer Chimåre unterstüzt wird. Der Rahmen des Spiegels ist mit Sternen des egyptischen Lotus aus Ebenholz verziert. Oben ist ein breites Gesimms, das mit einer Sphåre und mit einer geflügelten Schlange aus Bronze geschmückt ist. Dieser Spiegel ist neuntehalb Fuß hoch und viertehalb Fuß breit.

Die egyptischen Fenstersessel treten jezt an die Stelle der ottomannischen Kißen, die seit den lezten zwölf Jah. ren in England Mode gewesen sind. Man macht sie aus Rosenholz und die Zierrathen aus Bronze. An jeder Ecke ist ein Löwenkopf in einer Vertiefung. Diese Seffel ruhen auf geschnizten und bronzirten Chimårenfüssen. Die Kissen sind aus schwarzem genuesischem Sammt. Oben und unten läuft eine reiche Einfassung von schöngestickten Hieroglyphen um die Kissen.

Die egyptischen Sofa's find ganz viereckigt. Die beyden Armlehnen ruhen auf egyptischen Terminis, die vorn mit Hieroglyphen von Ebenbolz ausgelegt sind; ihre Obertheile und Füße macht man aus Bronze. Sie werden entweder mit Karmosin oder schwarzem genuesiz schem Sammt überzogen, welcher reiche, mit goldgelber Seide gestickte, Einfassungen hat: die Kissen sind viereckt und haben gleiche Einfassungen. Das Gestell wird aus dem feinsten Meergrün gemacht.

Ihre Länge

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beträgt insgemein siebentehalb Fuß und ihre Breite drittehalb Fuß..

Der egyptische Fußschemel ist piramydalisch, oben viereckt, mit schwarzem Sammt überzogen und mit ei ner gestickten Hieroglypheneinfassung verziert. Der Schemel selbst ist von Mahagoni und mit Hieroglyphen von Ebenholz oder Bronze besezt,

Englands Wollenmanufacturen, die schon lange berühmt waren, ehe es sich in andern Fächern des Kunstfleißes hervorthat, haben seit drey bis vierhundert Jahren immerfort an Gåte so zugenommen, daß man jezt - kein Land findet, wo die Wolle auf eine so zweckmäßige, kunstreiche und mannigfaltige Art genußt würde als in England. Auf diesen alten Ruhm eifersüchtig geben die englischen Wollenmanufacturen alle Winter neue Bes weise ihrer fortschreitenden Vervollkommnung. Heuer haben sie eine neue Art von fleecy hosiery, Pelzzeug, geliefert. Diese vortrefliche Waare ist hinlänglich bes kannt: fie vereiniget in sich alle Vortheile des Pelzes, und ist viel wohlfeiler und verarbeitsamer als Pelzwerk. Da Gicht, Podagra, Rhevmatismus, Nervenschwäche und ähnliche Krankheiten, die sich vor rauher Wittes rung besonders hüten müssen, in England unter den hdheren und reicheren Stånden sehr gewöhnlich find, so erz hielt dieser Manufacturzweig gleich vom Anfange große Aufmunterung. Das Haus Holland, Waistell und Horton, 99, Highholborn, London, hat jezt das Pelzzeug merklich verbessert und sich dafür ein Patent geben lassen. Es vermischt Eiderdunen, den feinen Flaum der Schwåne, Emen u. f. w, mit der Wolle, welche das durch eine ausnehmende Weichheit und Sanftheit erhält, und sich besonders zu Strümpfen, Hosen, Pantalons 2. gut brauchen läßt. Unter andern sind die wolleney

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Bettdecken aus dieser vermischten Wolle nicht nur wårmer, sondern auch viel leichter als die gewöhnlichen. Da die Witterung um Weyhnachten in England sehr kalt war, so hatte dieser Artikel einen großen Abgang.

Durch die Einführung der Bånder in Schuhen und an Beinkleidern verlohren die Fabriken, besonders in Birmingham, außerordentliche Summen. Daß es zweckmäßiger und bequemer ist, Bånder zu tragen, als Schnallen, kann hier, wo wir blos auf das Interesse des Kunstfleißes sehen, in keinen Betracht kommen. Während des Schwindels der französischen Revolution fand die Båndermode desto mehr Liebhaber, da sie mit dem nachläßigen Månneranzuge übereinkam, der in dies ser Zeit so allgemein war, und von den Pariser Incroyables auf das höchste getrieben wurde. Aber in keiner Sache kehrt man so oft zum Alten zurück, als in den verschiedenen Bestandtheilen des Anzuges. So hat es jezt in England den Anschein, daß man binnen einem halben Jahre wieder allgemein Schuh- und Gürtelschnallen, wenigstens zum Puße, bey den Mannspersonen sehen werde. Der Kunstfleiß ist höchst erfreut über eine so glückliche Wendung der Mode, und hat bereits ganz vortrefliche Muster von Steinschnallen auf den Markt geschickt. Man puht sich nun in dieser Hinsicht zu einem Balle gerade so wie unsre galanten Båter vor fünfzig Jahren. Ein junger Englånder, der geschmackvoll angezogen seyn will, kann jezt schlechterdings in kein gutes Haus zur Tafel gehen, ohne eine Garnitur Stein, schnallen, wozu eine Busennadel gehört, anzulegen. Diese Mode greift desto schneller um sich, da sie sich vom Prinzen von Wallis herschreibt, und den Frauenzimmern ausnehmend gefällt. Der Unbefangene wird nicht in Abrede seyn, daß die prachtvollen Steinschnals

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