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ne Geländer gehören nun unumgånglich zu einem guten englischen Hause, da der König die Treppen des Schloss ses in Windsor, welches von seinem Baumeister Wyatt reparirt wird, mit solchen Geländern verzieren läßt. Die Politur giebt dem Eisen ein prächtiges Ansehen, obschon der Aufwand sehr dadurch vermehrt wird. Ues berdieß ist das Geländer mit Meßing und Vergolduns gen verziert.

Fu Carlisle wurde zu Anfang Novembers eine der grösten Baumwollenspinnereyen, die es in England giebt, eröfnet und Enterprize genannt. Sie wird durch eine Dampfmaschine aus der Fabrik der HerrenBolton et Watts in Sohv bey Birmingham getrieben, die eine Kraft von 36 Pferden hat und 20,240 Spindeln in Bewegung seßt. Das Gebäude ist 39 Vards und 2 Fuß lang und 22 Yards breit. Da in jedem Saale 22 hohle gegoßene eiserne Pfeiler sind, welche den Dampf der Maschine empfangen, so ist es allezeit in den Arbeitssålen hinlänglich warm, welche also nicht besonders durch Camine geheißt zu werden brauchen.

Der Sachwalter Garrow.

(Aus den public Characters of 1805.) Der Vater dieses berühmten Sachwalters war Vors steher einer kleinen Erziehungsanstalt zu Barnet in der Grafschaft Middleser und hatte eine zahlreiche Familie, aus welchen Umstånden man leicht folgern wird, daß er nichts weniger als reich seyn konnte. Indessen stand er in dem Rufe eines gelehrten Mannes und genoß große Achtung in seiner Gegend. Daher hatte er immer so viel Zöglinge, daß er seine vielen Kinder mit Anstand erziehen, und ohne Sorgen leben konnte. Sein Bruder,

der sich an demselben Orte niedergelassen hatte, war erst Apotheker und Chirurgus und wurde in der Folge Does tor; daß er alle drey årztliche Stånde in sich vereinigte war eben so sehr zu seinem Nutzen, als zum Vortheile seiner Patienten. Er verschafte sich sein Diplom auf geradem ehrlichen Wege und hatte daher nichts von der Eifersucht und Nebenbuhlerey seiner Kunstgenoßen zu bes sorgen. Weil er nicht allein verordnen, sondern auch die Arzieven zubereiten konnte, so hatte er ein allgemeines Monopol in der Gegend von Barnet. Ursache genug, warum er die vielen Einladungen nach London zu zies hen, immer ablehnte. Nach und nach erwarb er sich ein Vermögen von dreyßig tausend Pfund Sterl., die nach seinem Tode gröstentheils seinem Neffen, von dem wir hier handeln, zufielen.

Garrow wurde um das Jahr 1754 gebohren und erhielt den ersten Unterricht in der våterlichen Schule. Schon von seiner frühen Jugend an wurde er von seis Vater zu einer der Beschäftigungen bestimmt, die das mechanische Fach der öffentlichen Gerechtigkeit besorgen, und man dachte sich ihn bey weitem nicht in dem Ereise, den er jetzt beschreibt. Als er sechzehn Jahr alt war, that ihn sein Vater zu einem Gerichtsanwald der Alts stadt London in die Lehre; aber der Ehrgeiß des jungen Menschen strebte über das blos handwerksmäßige Abs schreiben weit hinaus; in seinen Mußestunden studirte er die Rechte wie eine auf Grundsätzen beruhende Wissens schaft, und betrachtete sie nicht blos wie eine Sammlung von Fällen, die ihm zu Beyspielen dienen sollten. Man pflegte nehmlich vordem junge Leute, die mit den gerichts lichen Geschäften bekannt werden sollten, zu Gerichtss anwâlden in die Lehre zu thun, aber schon seit langer Zeit übergiebt man sie der Aufsicht wirklicher Rechtsges

lehrten, welche die Prozeße für die eigentlichen Sache walter ausarbeiten, aber noch nicht persönlich als solche vor Gericht zu erscheinen befugt sind. Sie schreiben hier hauptsächlich Rechtshåndel nebst den Entscheidungen ders selben ab und mundiren die Gutachten und Aufsätze, in welchen der Rechtsgelehrte, dessen Zöglinge sie sind, die Hauptpunkte eines Prozeßes für den gerichtlichen Sache walter in gehörige Ordnung und bequeme Uebersicht ges bracht hat; sie überheben auf diese Art ihren Lehrer des verdrüßlichsten Theils seiner Geschäfte und bringen ihm ungleich mehr ein, als seine Elienten. Gewöhnlich bes zahlt jeder Lehrling hundert Pfund, und wenn ein solcher Rechtsgelehrter (a special pleader) nur einigermaßen für einen geschickten Mann bekannt ist, so hat er mehrens theils fünf bis sechs junge Leute bey sich, die so unterrich tet werden. Wirklich leben alle englische Advocaten, die noch nicht Erlaubniß haben, als gerichtliche Redner aufs zutreten, von solchen Unterrichtsanstalten, und da es ein herkömmlicher Ehrenpunkt ist, daß kein Sachwalter, der innerhalb der Schranken aufzutreten das Recht hat, Zöglinge zu sich nimmt, so theilen die jüngeren Sachs walter einen sehr gewinnvollen Erwerbzweig unter sich) *).

Garrow ließ sich damals nur selten beykommen, daß er einst berühmt werden könnte; der Vorhang zu seinem Leben rollte sich ganz längsam auf; die Aussich ten der Vortreflichkeit, die er nun erreicht hat, waren noch im weiten Felde. Doch trug sich um diese Zeit ein Umstand zu, der den Grund zu seinem jetzigen Ruhme dadurch legte, daß er ihn unerwartet in das Fach der

* Wer dies deutlicher zu verstehen und zu wissen wünscht, was special pleader, barrister, brief, attorney &c. sey, findet Auskunft in Küttners Beyträgen XIII, 231. ff.

Engl. Miscellen XVIII, 1.

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Rechtsgelehrsamkeit versetzte, dem er so viel Ehre macht. Der Rechtsanwald, bey dem er die Jahre erstand, ents sagte allen Geschäften mit einem beträchtlichen Vermd, gen und Garrows Lehrjahre waren abgelaufen. Der Anwald, der seine Anlagen erkannte und schäßte, rieth seinem Vater nun, ihn in eines der Rechtscollegien (inns of court) in London einschreiben zu lassen, und ihn ein oder zwey Jahre zu einem Juristen, der blos Gutachten ertheilt und Prozesse schriftlich ausarbeitet, (special pleader) zu thun. Dieser Rath wurde befolgt, und der junge Garrow fieng nun an, sich durch regels mäßige Uebungen auf seine künftige Lebensart vorzubes reiten. Es erregt einiges Erstaunen, wenn man sieht, wie viele berühmte Leute mehr durch Glück als durch Selbstleitung groß geworden sind: sie würden sich in der Dunkelheit verlohren haben, wenn nicht ein uners wartetes Zusammentreffen von Umstånden sie hervorges zogen hatte. Sir Francis Drake war zwey und vierzig Jahre alt, als er Seedienste nahm; Cromwell stand in demselben Alter als er Soldat wurde; und Coke, das Orakel der englischen Rechtsgelehrsamkeit, nahete sich dem vierzigsten Jahre, als er seine gerichtliche Laufbahn antrat. Garrow ist wieder ein Beyspiel von Leuten, die der Zufall hebt. Es würde unnütz seyn, seine Studir art erforschen zu wollen, da dies eine Sache ist, welche der Bescheidene mehrentheils für sich behält, und welche nur der Eitle erzählt. Daß er fleißig gewesen seyn muß, läßt sich aus seinen Fortschritten und aus bem natürlichen Ehrgeiße eines jungen Menschen, der sich fühlte, schlieffen. Ob er viel Kopf hatte, mag uns entschieden bleiben, da man allgemein zugesteht, daß schon mittelmäßige Anlagen hinreichen, um sich in der Rechtsgelehrsamkeit emporzuschwingen,

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Während der Erhohlungen vom Studiren bildete er eine Naturgabe aus, die man schon in ihm als Knabe bemerkt hatte: im gemeinen Leben nennt sie der Engs lånder spouting, mit einem edleren Ausdrucke, die Rednerkunst, welche ungeachtet ihres großen Einflußes in England zur Verwunderung der Fremden in keiner Anstalt ausdrücklich gelehrt wird. Alle Welt sagt das her, daß die englischen Redner weder Anstand noch Anmuth haben, und daß sie blos auf das Gewicht und den Eindruck ihrer Gründe Rücksicht nehmen, während fie alle Zierde und Grazien der Rede verachten. Wies wohl öffentliche Beredtsamkeit einen so wesentlichen Theil des juristischen Studiums in England ausmachen sollte, so verschmåhen doch junge Rechtsgelehrte, sich darin zu üben, und erlangen daher selten eher, als in sehr hohen Jahren, die Fertigkeit und Zuversicht im Reden, wodurch geringe Fähigkeiten oft in einem glänzenderen Lichte erscheinen als große Anlagen ohne jene Reihe. Es gab damals aller Orten in London Rednerclubs und Sprachgesellschaften, wo man am Eingange sein Scherflein erlegen mußte; jedes Gåßchen hatte seinen Demosthenes und Cicero, und die Bierhäuser waren ganz verlassen. Die vornehmste Anstalt dieser Art, aus welcher, wie man glaubt, die andern alle ents sprangen, war der berühmte Robin - hood Club. Dies fer hatte zu seiner Zeit einen solchen Nahmen, daß die ausgezeichnetesten Männer, als Colman, Garrick und Burke, ihn besuchten und dort debattirten. Da Staatss facher niemals erörtert wurden, oder da doch keine Frage vorkam, die auf unmittelbare Zeitumstände Bes zug hatte, so verspürte man wenig Bitterkeit oder Hefs tigkeit: alle hatten das Recht zu reden, wenn sie die Reihe traf, weshalb eine vollkommene Eintracht und

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