Page images
PDF
EPUB

spiele und Kirchen abgebrannt; II Kirchspiele stehen geblieben.

Man hat sehr gestritten, ob dies große Unglück zufällig oder beabsichtiget war. Die große Ausdehnung desselben wurde von etlichen blos auf die Enge der Eaßen geschos ben: dies ist allerdings sehr wahrscheinlich, aber der große Haufen wollte sich damit nicht damit begnügen. Man. nahm lieber au, daß eine boshafte Absicht zum Grunde gelegen habe, und man beschuldigte bald die Holländer, bald die Katholiken, bald die Presbyterianer, je nachdem der Strom des Vorurtheils seine Richtung nahm. Indessen ergriff man einen französischen Hugenotten, und verurtheilte ihn auf seine eigene Aussage: er war nicht recht bey Sinnen und der Capitain, auf dessen Schiffe er mit aus Rouen kam, bewieß, daß er nicht eher als nach Anfang der Feuersbrunst eintraf; aber er wurde dennoch hingerichtet. Lord Clarendons Zeugniß ist hinreichend uns zu überführen, daß man das mals nicht wußte, wie das Unglück entstanden war; und die Commission, welche vom Hause der Gemeinen zur Untersuchung niedergesetzt wurde, konnte nich:s haltbares auf die Personen bringen, welche man auf Verdacht fest genommen hatte. Indessen hat man einen Umstand aufgezeichnet, der unstreitig den Fortschritt des Feuers beflügelte und zugleich bewicß, daß falsche Begriffe von politischer Freyheit zuweilen den schlimmsten Trieben des menschlichen Herzens Vorschub thun. Als die Verwirrung wegen der um sich greifenden Flammen am höchsten war, wollte der Lord Mayor nicht wagen einen Befehl zu erlassen, daß man die Häuser nie-derreissen sollte, um den Fortschritt des Feuers zu hemmen, weil die Eigenthümer nicht ihre Einwilligung daz zu gegeben hatten; und die Rechtsgelehrten im Inner

Temple wollten sich nicht bemühen die Sachen zu retten, welche in den Wohnungen abwesender Personen niedergelegt waren, auch wollten sie nicht zugeben, daß Jemand anders sie wegschaffte, weil es wider die Gesetze sey, andes rer Leute Gemächer zu erbrechen.

Aber der Muth des Volks sank unter keinem der großen Unglücksfälle, von denen es angefochten wurde. Auf Bitten des Lord Maire und der Aldermen übernahm es der König, sowohl die künftige Eintheilung des neuen Baues der Stadt nach seinem Gutdünken einzurichten, als auch vorzuschreibeu, was für Materialien am besten das zu taugten. Eine kurze Zeit lang war es verboten, Häuser zu bauen, und das Parlement gebot den Richtern, alle Frrungen und Rechtshåndel zwischen Hauswirthen und Miethleuten abzuthun, ohne daß sie Gebühren oder Ges schenke dafür nähmen. Man konnte nun London so aufbauen, daß es alle Städte der Erde übertraf. Es wurs den dem Könige drey Plane überreicht; der schduste war der, den Sir Christoph Wren machte. Auf königlichen Befehl kehrte er sich an keine alten Straffen, sondern machte den Grundriß zu einer neuen sehr schönen Stadt: aber vermuthlich stritt der öffentliche Nußen auch sogar damals zu sehr mit dem Eigennuße, als daß man an die Ausführung eines so schönen Plans hätte denken dürz fen. Doch erstand London aus seiner Asche mit neuer Schönheit; die Straffen waren nicht mehr enge und unbequem; man ließ die Häuser nicht mehr von Holz bauen, und die Pest, welche bis dahin so oft ausgebrochen war, ließ keine Spur mehr zurück. So wurde hierdurch wiederum die zwar gemeine aber sehr richtige Bemerkung in der Geschichte der menschlichen Angelegen= heiten bestätiget, daß die Umstände, welche man für

das größte Unglück hålt, am Ende günstig ausfallen und zu unserm künftigen Glücke nöthig werden.

In den neueren Zeiten, besonders aber in unsern Las gen, hat London, selbst zur Zeit der größten Bedrångs nisse, an Grdße, Schönheit, Reichthum, Gesundheit und Bevölkerung dermassen zugenommen, daß man nicht ohne Erstaunen Vergleichungen anstellen kanu. Wie gut find nicht die Straffen jetzt gepflastert! Die Größe und Mnordnung der Häuser, der freve Luftzug und der durchgångige Vorrath von frischem Wasser, haben London nicht nur von allen ansteckenden Krankheiten frey erhalten, sondern auch die jährliche Sterblichkeit beträchtlich vermindert. Noch immer dehnt sich die Stadt aus, und Hunderte der Einwohner beschäftigen sich mit den prächtigsten Entwürfen. Behauptet der Handel der Hauptstadt seinen jchigen unermeßlichen Flor, so wird in Kurzem die Altstadt London an Luftigkeit und Schönheit mit den Vorstådten derselben wetteifern.

Könnte man die Masse von Gegenständen, welche London jetzt enthält, genau aufzählen, und könnte der allgemeine Ueberschlag von den Alten gelesen werden, welche in Städtent wohnten, die einst so groß waren und noch so berühmt sind; so würde London noch wunders voller erscheinen. Man erstaunet selten über die Vortreflichkeit, welche täglich vor unsern Augen ist, ja man bewundert und begreift sie nicht einmal.

Wiewohl London in seinen wesentlichen Eigenschaften sich sehr von dem alten Rom unterscheidet, so besitzt es doch dieselben groffen Züge, welche Rom auszeichne ten: es ist der Siß der Freyheit, der Markt des Verz standes und der Neid der Nationen. Es ist ein so ungeheures Magazin, daß die ganze Welt aus seinen Bors råthen versorgt wird; es ist der Mittelpunkt, von wels Engl. Miscellen. XVII. 2.

7

1

chem Straffen, Canåle und alle die Wege des inneren und fremden Handels ausgehen, deren Thätigkeit niemals fchlummert. Daher entsteht in dem Nationalkörper der jenige Umlauf, welcher jeden Theil gesund, gleich stark und gleich wohlhabend macht, ein Umlauf, der dem Herzen eben so sehr als den entferntesten Gliedern wohls thätig ist. Der Kaufmann wetteifert mit dem Lord in Reichthum, und sogar in Glanz: nicht an den letzteren fondern an den ersteren wendet sich die Regierung wegen der Anleihen, welche unerschöpflich scheinen, und man muß nicht nur über die Waarenhäuser, welche im Großen verkaufen, sondern auch über die Mannigfaltigkeit, Schönheit und Wohlhabenheit der kleineren Låden ers ftaunen.

Aber einer von Londons Hauptfehlern ist seine Uns regelmäßigkeit. Der Plan von London, wie es jetzt bes schaffen ist, muß jedem, der nur ein wenig darüber zu urtheilen im Stande ist, höchst unbequem vorkommen, wenn man es als eine Handelsstadt betrachtet, die an den Ufern eines so schönen Flusses steht, als die Themse ist. ‹ Viele von den Werften und Kaien zu beyden Seiz ten sind åusserst årmlich, enge und unbequem: was sie feyn sollten, kann man vielleicht aus der Betrachtung der neuen Docks mit allen ihren Waarenhäusern und Zubes hör, die jetzt erbaut werden, abnehmen: sie werden vers muthlich in kurzer Zeit ein Schauspiel von Handelsgröße und Pracht darstellen, welches die Welt beneiden, aber nachzuahmen nicht im Stande seyn wird.

Die Straffen, welche nach diesen Kaien und Werfs ten führen, sind großentheils auf Abhänge gebaut, die für große Lasten höchst beschwerlich find, und den Zug= pferden tödtlich werden. Andere sind so enge, daß man es dabey auf alle Schwierigkeiten, die aus Hinderungen

University of
MICHIGAN

99

einer Freyen Durchfahrt entstehen können, und denen nur die größte Gewandtheit zu entgehen im Stande ist, ans gelegt zu haben scheint. An allen Tagen, wo das Zollhaus offen ist und Geschäfte macht, kann man in Lower Thamesstreet, wo es steht, einen solchen Auftritt von Hin- und Herlaufen, von Gedränge und Verwirrung sehen, als sich vielleicht in keiner andern Stadt auf der Erde findet. Die Gehenden haben nur einen ganz engen gepflasterten Gang an den Håusern hin frey, der durch dicke und unbewegliche Säulen geschüßt wird, und wors auf sie sich mit dufferster Schwierigkeit nach dem Zollhause durchdrången. Die Karren, wovon die Straffe ganz voll ist, sind zwar so in einander geschränkt, daß keiner von ihnen weder auß noch zurück zu können scheint ; wenn aber der ungeheure Troß einmal in Bewegung kommt, so weichen sie einander aus, und fahren an eins ander mit einer Ordnung und Leichtigkeit vorüber, die Erstaunen erregen. Daß diese unverständigen Nachtheile mit allen damit verbundenen Gefahren und häufigen Uns glücksfällen eine so lange Zeit hindurch gewährt haben und noch fortdauern, ist vielleicht noch erstaunenswürdiger,

London hat bis auf seine neueren Theile eine schläns gelnde Unregelmäßigkeit, und einen Mangel an allges meinem Ebenmaaß, wodurch es sehr entstellt wird, und wodurch alles Große in seiner Ansicht verloren geht. Wenn man es von einer Höhe oder nur von solchen offenen Plätzen betrachtet, als die Westminsterbrücke ist, so stellt es blos einen Wald von großen und kleinen Thürmen dar, die von Kirchen und andern öffentlichen Gebäuden hervorragen: aber diese Kirchen sind größtentheils so zwis schen Gäßchen, Höfen und Strassen hineingebaut, daß ein Fremder die ganze Stadt durchgehen kann, ohne die

Har M

« PreviousContinue »