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als zwey Dritteln des englischen Volkes alle Leckereven aufwiegt, und für eine Universalmedicin gilt: dennoch vergreift man sich nicht so leicht an ihren Formen; hingegen die Farbe oder Glasur åndert man immer; es ist etwas Neues und doch keine Neuerung. Der laufende Herbst ist daher auch fruchtbar an Bierkrügen mit neuen Glasuren, die zum Theil vortreflich sind. Bey Pellat und Green auf St. Pauls Kirchhofe findet man grünges sprenkelte, schwarze mit Silber, braune mit Gold 2c., und so könnte man diesen Herbst in den zahlreichen Låden, wo feines Töpfergut verkauft wird, leicht ein Dußend neuverzierte Arten von Vierkrügen zusammens bringen.

Daß bey aller Achtung des englischen Bieres, welches in der That für Menschen von starken Nerven eine wahre Panacee ist, auch die Weinflasche von den Bewoh nern Albion's nicht verschmähet wird, wissen unsre Leser långst. Das Blatt hat sich nemlich gewendet. Von Tacitus Zeiten an bis auf Ludwig XIV., wo französi= sche Sitten in Deutschland eingeführt wurden, wohnten dort die Zecher. Der Pöbel unter den Britten, welcher ganz treuherzig glaubt, was in seinen alten Tröstern von Geographieen und Gazetteers von den ausländischen Sitten gefaselt wird, steht wahrhaftig noch gröstentheils in dem Wahne, als ob wir Deutsche uns methodisch betránken. Daß es aber jetzt die Britten sind, welche zu viel trinken, können wir ihnen sogar aus ihren eigenen Schriftstellern darthun. Den Anlaß zu dieser Abschweifung gab uns das außerordentliche Glück, welches die die im XVI. Band S. 73 erwähnten Weinkühler gemacht haben, welche von Pellat und Green erfunden wurden, und von ihnen auf alle große englische Töpfes rengewölbe übergegangen find. Man hat fie, wie sich

denken läßt, bereits verbessert, und nennt sie jetzt Egyptian winecoolers, entweder um ihnen einen ausgezeich neten Namen zu geben, oder weil sie wirklich eine Nachahmung der bekannten ågyptischen Bardaken sind *).

Die Theekannen aus Wedgwood und andere Töpfer= waare fangen an, ihre Bäuche zu verlieren. Sie werden dafür größtentheils oben breiter als bisher gemacht, und fallen nach dem Fuße zu flach ab. Man sagt, es göße sich leichter aus ihnen, als aus der bisherigen Form.

In den neuesten Staatswagen bemerkt man eine kleine Aenderung. Sie hatten außer den fünf gewöhnlis chen Fenstern (eins an jeder Seite, zwey vorn und ein kleines hinten) zuweilen noch vier kleinere zirkelförmige oder eyrunde in den Wänden. Diese kleineren Fenster macht man jetzt in Gestalt eines Trapeziums ganz nahe am Kutschenschlage.

In den vorigen Heften ist schon ein glåsernes Gefäß nahmhaft gemacht worden, worin man Del und Eßig für den Salat mischt. Aber es giebt in den mechanis schen Künsten eine Menge Verrichtungen, wobey Flüss sigkeiten genau vermischt werden müssen, und wofür man ein sehr starkes Gefäß braucht. Dergleichen verkaufen nun die Londner Eisenhändler und Klåmpner unter dem Namen Mixingpot. Es ist aus Weißblech: der Deckel wird aufgeschraubt, damit die zu schüttelnde Feuchtigs keit nicht auslaufen kann. Bey dem Eisenhåndler Slack in Cheapside.

Die englische Gärtneren unter freiem Himmel und in Treibhäusern ist kostspielig genug, aber nicht minder ist es die, welche die Reichen in ihren Zimmern treiben,

• S. Herrn Prof. Hartmann's Erdbeschreib, von Afrika I. S. 480.

weil sowohl die feinsten Blumen dafür erfordert werden, als auch weil man nach englischer Sitte Blumentöpfe aus der feinsten Waare und köstliche Gestelle day has ben muß. Für die ersteren sorgen die Töpfereven und die Möblirer für die letzteren. Es ist zum Erstaunen, was die Fabriken in Staffordshire und besonders das große Haus Wedgwood alle Jahre und auch heuer in diesem Fache Neues liefern! Es giebt gewiz Töpfe und Gefäße darunter, die eben so viel kosten, als die besten Zwiebeln und Nelken, welche hinein gesetzt werden; und Blumisten wissen, daß dies etwas sagen will. Unter den Gestellen für diese schönen Töpfe hatte Oakley in Altbondstreet im October etliche, die überaus niedlich waren und viel Beyfall fanden. Es waren Treyfüße mit drey in gleichen Entfernungen über einander stehenden Bretchen, reich vergoldet und fein lackirt. Aber sein großes Waarenhaus bot noch weit mehr ähnliche Gestelle dar, die bald mehr bald weniger kostbar waren. Ueberhaupt findet man bey ihm ordentlicherweise den Ausbund der schönsten englischen Geräthschaften; aber wer ben ihm kaufen will, muß sich mit Banknoten wohl versehen haben.

Unter allen Verbrechern stellt man in England keis nem so sehr nach, als dem falsch n Münzer: nicht nur die Regierung ergreift alle ersinnliche Mittel, solche Schelme aufzuheben, sondern auch jeder re tliche Mann, weil jeder Gefahr läuft, mit falschem Gelde hintergangen zu werden. Bey alle dem scheinen für Einen falsa)en Münzer, der gehangen wird, immer fünf andre aufzost-hen. Die Aussicht, schnell reich zu werden, schmeichelt jedem mit der Hofnung, daß er den unzähligen Gefahren der Entdeckung entgehen werde. Bisher hat man alle gols dene, silberne und kupferne Münzen häufig verfälscht,

ausgenommen die vortreflichen letzten Penny- und Halbpennystücke von Kupfer, welche der berühmte Bolton so meisterhaft ausgeprägt hat. Als man daher unlängst die spanischen Thaler in England in Umlauf setzen wollte, ließ man sie auch durch diesen geschickten Mann um= prågen, in der Hofnung, das Nachmachen derselben zu verhindern. Aber da sie einen größeren Werth vorstellen, als ihr innerer Gehalt beträgt, so war die Versuchung für die falschen Münzer sehr groß, und man hörte mit äußerster Kränkung in Zeit eines Monats nach Auss gabe der Bankdollars, daß falsche im Umlaufe wåren. Nun fand es sich zwar bey genauer Untersuchung, daß auf den falschen Speciesthalern kleine Abweichungen von dem Gepräge der åchten zu entdecken wären, aber sie ließen sich so leicht übersehen, daß kein andres Sicherungsmittel übrig blieb, als eine kleine meßingene Wa= ge zu verfertigen, (dollar ballance) dergleichen nun unter den neuen Kunstprodukten des Herbstes als eine nothwendige Waare verkauft wird. Sie hat dieselbe Einrich tung wie die Wagen der Sieben-schillingstücke, welche in diesen Blåttern vor einem Jahre erwähnt wurden.

Wenn der Kunstfleiß in Britannien die Erschaffung seiner Produkte mehr theilt, als bey anderu Völkern geschicht; so legt hinwiederum die Bequemlichkeitsliebe des Landes dem Gewerbsleiße auf, daß er weit mehr uns ternehme, als in den meisten andern Ländern gewöhne lich ist. Man kann aus allen Büchern über England erschen, daß sich Jemand in London, Bath, Liverpool, Edinburg, Dublin, Cork 2c. binnen vier und zwanzig Stunden völlig einrichten kann. Die Möblirer verschaf fen einem Wohnung, Geräthe, Betten, Teppiche xc.; der Gewandschneider bringt alles, was nur entfernt in das Fach der Kleider gehören kann; der Roßkamm

schafft Wagen, Zaum und Pferde, und so weiter bis auf den Leichenbesorger. Ein neues Beyspiel hiervon geben die Käfigmacher. Ihr Interesse hat sie seit Kurzem gelehrt, nicht nur Käfige in hundertfältigen Gestalten, sondern auch Bögel in denselben zu verkaufen. Es weist sich aus, daß ihnen dies von gröstem Vortheile ist, denn ein Papagay oder ein Canarienvogel in einem fchdnen Bauer zieht weit mehr an, als wenn er in einem elenden Laden hångt, wo sich die Vögel blos durch ihr eigenes Verdienst verkaufen müßen; so wie im Gegen theil der Vogel den Käfig an den Mann bringer hilft. Diese Neuerung zwingt nun jeden Londner Käfigmacher, der mit seinen Mitbewerbern Schritt halten will, sich auch auf den Handel mit Vögeln zu legen.

In den Beinläden findet man so eben allerley nieds liche Kleinigkeiten, als Würfel, Kugeln, Zahnbürsten, Lineale, Spielsachen aus rothgebeißten Knochen.

London.

Es hat der Hauptstadt Grosbritanniens nicht an Geschichtschreibern gefehlt: Stowe, Maitland und Pennant verdienen von jedem, der sich umständlicher über dieselbe unterrichten will, gelesen zu werden. Aber Stowe ist blos für den Alterthumsforscher intereßant; Maitland ist durch die Länge der Zeit fast unbranchbar geworden, und geht zu sehr ins Umständliche ein; und Pennant enthält mehr eine Sammlung abgerissener Anecdoten von Personen und Dertern als eine zusammens hängende Geschichte von London. Indessen wenn man auch diesen Werken ihr unbezweifeltes Verdienst lassen will, so find fie doch nicht für den allgemeinen Leser eins gerichtet, und zeigen London nicht, wie es jest ist. Ueberdies kann man sie in den Buchlåden gar nicht mehr bekommen, sondern kauft sie nur noch auf den Verftei

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