Page images
PDF
EPUB

Hosen zu springen. Gegen fünf Uhr fieng der Tag an zu dåmmern und wir erblickten das Land etwa zwey Kabeltaulången von uns, eine lange sandige Küste, die bis am Cop Mondego, drey Seemeilen südlich von uns reichte. Als es völlig Tag war, sahen wir daß 30 bis 40 von unsern Schiffen gestran= det und daß etliche bereits völlig zertrümmert waren. An diesem Cap merkten wir nun, daß wir an der ́ portugiesischen Küste wären, aber ich muß leider hins zusetzen, daß Niemand auf dem Schiffe uns dem Lande so nahe geglaubt hatte. Der Sturm wüthere, daß selbst das Felsenherz eines Matrosen erweicht werden mußte, und die See ging hoch wie Berge: wo war da eine Aussicht zum Entkommen? Gegen 8 Uhr wo wir alle Augenblicke dachten, das Schiff würde auss einander fallen, befehligte der Capitain Jedermann auf das Vordertheil, welches sehr schwer hielt, weil der große Mast, bey dem man vorüber muste, fürchterlich hin und her geschleudert wurde. Der Oberbootsmann wollte ein Boot heraus heben: darüber wurde ihm ein Schenkel zerbrochen. Niemand konnte ihm beyspringen. Von sechs schönen Booten die wir hatten, wurde nicht Eines gerettet; die Wogen schleuderten sie alle über Bord. Das Schiffsvolk kroch immer weiter vorwärts und endlich hielten sich ihrer 220 an das Bugspriet; denn von den 240 Personen, die am Vord waren, als das Schiff zuerst auf den Grund stieß, glaube ich, daß 20 auf eine oder die andere Art umkamen. Der Canonier, ein Lieutenant, der Chirurgus, sein Gesell und etliche Seeleute, die gute Schwimmer waren, dachten sich mit ihrer Kunst ans Ufer zu retten. Aber die Brandung war so fürchterlich, so unwiderstehlich, daß sie alle ertranken, Glücklicher waren etwa dreyßig andere, welche

1

Bretter und Bohlen ergriffen und auf diesen das Ufer. glů lich erreichten. So ging der ganze Zag hin, ohne daß man uns håtte Hülfe leisten können. Abends war unsere Lage in der That fürchterlich. Die Alten und die Schiffsjungen starben vor Beschwerlichkeit und Hunger. Diese ganze Nacht, blieb der Capitain auf dem Bugsprict. Was für eine Nacht folgte, übergehe ich. Doch wir hofften auf den Morgen! Aber auch da zeigte sich keine bessere Aussicht. Der Sturm nahm zu und die See war unruhiger. Gegen Mittag wurden wir ein wenig aufgeheitert, da wir sahen daß von einem der Kauffahrer ein Boot abstoßen wollte, um uns zu Hülfe zu eilen, aber obgleich gegen hundert Menschen, theils Engländer, theils portugiesische Bauern es in Sec, zu'stoßen juchten, so verhinderte es doch die fürchterliche Bran dung. Etliche Matrosen machten sich Floße aus den Trümmern des Wracks, aber keiner von ihnen gelangte ans Ufer, weil der Wind sich geändert hatte und der Stromgang von der Küste abtrieb. Nachmittags um dren Uhr dachte der Capitain, er würde sich auf dem Klüverbaume retten können, er sprang mit drey andern ins Meer hinab um sich daran zu halten, sicher ans Land zu kommen und dann zur Rettung der übrigen alle Kräfte anzustrengen. Beym Herabspringen rief er:,, Meine Jungen ich werde euch alle noch retten.“ Aber in wenigen Minuten glitten seine Hånde vom Klůverbaume, er konnte ihn nicht wieder erreichen, wurde verschlagen und ertrank. Die übrigen drey hatten gleis ches Schicksal mit ihm. Der Verlust unsers Capitains, der bis jetzt das beynahe schon halbtodte Volk immer aufgemuntert hatte, und die vergebliche Mühe zweyer' Officiere, ein Boot in das Meer zu schaffen, schnitten uns nun alle Hoffnung ab und wir erwarteten den

gewissen Tod in der bevorstehenden Nacht, nicht nuË vor Hunger, Kålte und Strapaze, sondern auch weil es unmöglich schien, daß das Schiff långer beysammen bleiben konnte. Wäre der Apollo uicht ein ganz neues Schiff gewesen, so würde er långst ganz zertrümmert gewesen seyn. Die Nacht kam heran, der Sturm vers mehrte sich, es regnete, die Meereswogen schlugen über uns weg und wir dachten, jeder Augenblick würde der lehte seyn. Das durchdringende Geschrey meiner Un-: glücksgefährten bey jeder Welle die sie überschwemmte, welches alle zwey Minuten geschah, war äusserst jams mervoll: das Wasser lief dann vom Kopfe bis an die Füße hinunter und ließ uns gar nicht trocken werden. In dieser entsehlichen Nacht wendete noch jeder seine wenigen übrigen Kräfte an, um sich beym Leben zu ers halten. Da wir uns so enge und in einen so kleinen Orte zusammen drången müssen und nichts hatren, uns fern Mund anzufeuchten, erstickten viele Unglückliche, welches mich oft an das schwarze Loch in Calcutta erins nerte, nur daß dort die Elenden sich innerhalb starken Mauern befanden, wir aber von Wasser eingeschlossen wurden. Die geringste Bewegung ohne uns fest anzus flammern, würde uns in die Ewigkeit geschickt haben. Etliche tranken Salzwasser, andere ihren Urin, manche kaueten Leder, ich und viele andere kaueten Bley, welz ches ans, wie wir glaubten, beträchtlich half, weil es den Speichel reizte, den wir hinterschluckten. Bey Tas gesanbruch sahen wir, daß zwey Lieutenants und andre unsrer Leute sich anstrengten, ein Boot vom Lande abzuschicken, aber die ungeheure Brandung schleuderte sie und das Boot immer wieder ans Ufer. Inzwischen retteten sich 15 von unsern Leuten auf Brettern und ers reichten das Land glücklich. Erst Nachmittags um 3

Uhr am 4. April hatten wir übrigen das unbeschreibliche Vergnügen, ein Boot mit erstaunlicher Anstrengung durch die Brandung stoßen zu sehen. Alle die auf dem Wrack übrig waren, wurden gerettet, wo wir Gott auf den Knien für die Kertung von einem der schrecklichsten Schiffbrüche dankten. Man bot uns unklugerweise Brandtwein an, viele tranken zuviel und. starben das von; ich selbst enthielt mich alles geistigen Getränkes und aß und trank nur etwas weniges, das mich anfangs mehr schwächte als stärkte. Etliche Kauffahrer waren auf einmal mit Mann und Maus versunken; andre welche scheiterten, konnten ihre Leute leichter ret= ten, weil die Kauffarthevschiffe einen platten Boden has ben und sich daher dem Ufer mehr nåhern können: aber wir, in einem Kriegsschiffe, hatten diesen Vortheil nicht. Wir verloren 61 Mann von unserm Volke. Wie wahr sagten die Alten:,, wer nicht zur See gewesen ist, hat nicht erfahren was Unglück heißt *),“

Litterarische Nachrichten.

Auf der Universitåt Glasgow wurde zu Anfange Augusts der Grundstein zu dem Hunterschen Museum mit großer Feyerlichkeit gelegt: der Dechant, der Prins cipal und sämmtliche Professoren in ihren Lalaren wohnten der Ceremonie bey. In dem Grundsteine wurde eine Crystallflasche eingeschlossen, in welcher sich alle jetzige brittische Münzen und etliche Aufsätze über die dermaligen Zeitumstånde befanden. Auch wurde eine Metallplatte, die man gehörig zubereitet hatte, damit fie desto långer dauern möchte, mit einer lateinischen Inschrift hineingethan. Dieses Gebäude, welches in

3) Ὁ μὴ πεπλουκῶς ἐδὲν ἑώρακε κακόν.

dem Laufe des Jahres 1806 vollendet werden soll, ist für eine kostbare Sammlung von Münzen, Medaillen, Gemälden, Büchern, Manuscripten, anatomischen Preparaten und allerley merkwürdigen Naturalien bes stimmt, welche der berühmte D. William Hunter der 1niversität vermacht hat. Er war in Lanarkshire ge bohren, studirte in Glasgow und war lange Zeit Leibarzt Ihrer Majestät der Königin.

Barrow macht in seiner Reise durch China bekannt, daß man vermuthlich ein Werk aus dem Chinesischen. ins Englische übersehen werde, welches mehr Aufschluß über dieses Land geben muß, als alles, was wir bisher darüber erhalten haben. Dies ist das chinesische Geschbuch welches sechzehn kleine Bånde im Origi= nal ausmacht. Es heißt Ta-tschinn - Liu - Ly d. i.' die Gesche und Verfügungen unter der Dynastie Latschinn, welchen Namen die jetzt auf dem Throne sihende Fa= milie annimmt. Es empfiehlt sich durch Klarheit und Me hode. Die Gesetze stehen unter ihren verschiedenen Titeln und bey jedem Geseze befindet sich eine kurze Einleitung und ein Beyspiel.

Man kündiget einen Band Gedichte von dem zu früh verstorbenen Professor Carlyle an; er schrieb sie auf seinen Reisen in Kleinasien, Syrien und Griechenland, wo sie durch besondere Plåße und Erinnerungen veranlaßt wurden.

Von dem beliebten Schriftsteller Pratt erscheint im November eine Sammlung mannigfaltiger Aufsätze uns ter dem Titel: Harvest Home in drey Octavbånden mit seinem Bildniße.

D. Valpy in Reading, einer der geschicktesten und berühmtesten Schulmänner in England, läßt eine Samm= lung von lateinischen und englischen Gedichten, Pro

« PreviousContinue »