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würde man nie etwas von ihm gehört haben, wenn nicht folgende Begebenheit ihm die Pforte der vornehmeren Welt geöfnet håtte.

Lord Godolphin, der Sohn des Lord Schahmeisters der Königin Anne, wurde auf der Reise nach seinem Landfiße bey Newmarket vom Schlage gerührt. Der nächste Arzt war in Bury. Dr. Monsey wurde geholt, und hatte das Glück, es sey nun durch bloße Geschicklichkeit oder mit dem Beystande der Natur des Patiens ten, ihm das Leben zu retten, wofür sich dieser immer dankbar bewieß. Lord Godolphin fand in Monsey nicht nur einen geschickten Arzt, sondern auch einen unterhals tenden, witzigen, belesenen Gesellschafter, der ihm das Krankenlager, um welches er hier mitten auf dem Lande keine Freunde versammeln konnte, so viel als möglich erleichterte. Lord Godolphin war unverheurathet, nicht mehr jung, und kein besondrer Freund von Gesellschaft. Er sah, daß, wenn er sich an einen Mann schlöße, dessen Kopf und Herz so sehr über seine dunkle Lage ers haben waren, er einen vernünftigen Gesellschafter und einen årztlichen Freund erobern würde, der gegen den Abend des Lebens allen so willkommen zu seyn pflegt. Er nahm den Doctor mit nach London. So wurde er auf einmal durch einen ganz unvorhergesehenen Glücksfall aus der Dunkelheit in einen glänzenden Wirkungskreis verseßt.

Lord Godolphin behandelte ihn wie einen Freund, und machte ihn mit vielen der damals berühmtesten Leute bekannt. Unter andern war er sehr gut bey Sir Robert Walpole angeschrieben, und der bekannte Lord Chesters Field sprach jederzeit mit Dankbarkeit von dem Nutzen, welchen ihm die Befolgung der Winke unsres Monsey gewährte. Der Doctor lebte nun in einem Kreise, der

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für einen Gelehrten höchst angenehm seyn mußte. Seine Zeit theilte sich in die Pflichten eines Arztes und in goldne Muße. Die beste Gesellschaft der Hauptstadt und litterarische Unterhaltungen bestreueten diese mit Blumen.

Er wurde zum Mitgliede der Königl. Societât der Wissenschaften gewählt, und als die Stelle eines Arztes am militärischen Hospitale in Chelsea erledigt wurde, erhielt er sie. Lord Godolphin that zwar alles, was seinem Freunde Monsey, wie er ihn jederzeit nannte, von Nutzen seyn konnte, aber er mochte seiner angeneh men Gesellschaft nicht entbehren, die, wie man ihn oft sagen hörte, der Trost und die Luft seines Lebens war. Er wirkte also seinem Freunde die Erlaubniß aus, uns geachtet des Amtes am Hospitale, in London wohnen zu dürfen, jedoch so, daß er das Hospital besuchte, so oft es Noth hatte.

Monscy wurde bald sehr vertraut mit Garrick, obschon dessen, bezaubernde Unterhaltung und feine Sitten gegen Monsey sehr abstachen, welcher während seines Langen Umgangs mit den Großen und Geschliffenen immer eine gewiße patriarchalische Einfalt beybehielt, die denen, mit welchen er umgieng, nichts weniger als unangenehm war. Nie konnte er bewogen werden, die Aufrichtigkeit am Altare der Schmeicheley zu opfern; er redete nicht allein die Wahrheit, sondern, was oft Anstoß gab, sagte die ganze Wahrheit. Dieser Abfall zwischen Garrick und Monsey gab Veranlassung zu kleinen Neckereyen und Scherzen zwischen beyden; und Garrick freuete ich nicht mehr, als wenn er den Doctor hernehmen konnte. Aber zum Unglück hatte Garrick den Fehler vieler witzigen Leute, daß er gern über andre lachte, doch über sich selbst keinen Scherz verstand. Garricks Geit ist bekannt. Der gerade Monsey berührte

diese wunde Stelle des brittischen Roscius einst etwas scharf. Es gieng nehmlich ein Gerücht, daß Garrid der Bühne ganz und gar entfagen wollte.,, Nimmers mehr, sagte Monsey, so lange er weiß, wie eine Guinee aussieht.“ Geschäftige Freunde trugen ihm dies zu, und von nun an war er des Doctors unversöhnlicher Feind.

Als Lord Godolphin, der unserm Monsey eine ar tige Summe hinterließ, gestorben war, zog sich dieser in seine Hospitalwohnung zurück, wo er seine Zeit unter Amtsgeschäfte, Correspondenz, wozu er sehr geschickt war, mechanische Bücher, Whist und Trictrac theilte. Unter andern hatte er hier den berühmten Chirurgus Chiselden zum Collegen (dessen Kupfer nebst einer Nachricht von seinem Leben im European Magazine, Sept. 1804 steht). Beyde standen auf einen sehr guten Ton. Es ist merkwürdig, daß dieser große Wundarzt, den die Engländer damals für den ersten in Europa hielten, sich mehr geschmeichelt fand, wenn man den Mechanis mus seines Wagens und den Glanz seiner ganzen Equis page lobte, als wenn man ihn wegen seiner chirurgie schen Kenntnisse erhob. Pope war fein genug, diese schwache Seite ausfindig zu machen: er erwähnte den Umstand auf eine gewandte Art in seinen Episteln. Chejelden war ihm darüber so höchlich derbunden, daß dem Dichter von der Zeit an sein Wagen, seine Bediens ten und sein Haus allezeit zu Gebote standen.

Sir Robert Walpole, wie oben gesagt, schäßte unsern Monsey sehr. Er wußte es, aber nußte es nicht. Walpole spielte gern Billard, worin ihn sein Freund', der,, Norfolk Doctor," wie er ihn nannte, weit übers traf.,,Wie kommt es nur, sagte er, daß mir Niemand im Billard etwas abgewinnen oder nur widersprechen

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will, als der Dr. Monsey?"

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Dieser antwortete:

,,Sie erhalten dafür Plåte, ich aber höchstens ein Mits tagsmahl und Lob."

Es war sonderbar, daß er sein Geld niemals in die öffentlichen Fonds zu thun das Herz hatte: dafür fiel er Betrügern in die Hånde, und verlor ansehnlich. Lft wenn er ausgieng, wußte er nicht, wo er sein baas res Geld in Münze und Banknoten verstecken sollte, Er wußte, daß Coffer und Schreibepulte sehr oft erbrochen wurden. Einst wollte er im July zu seinem Bruder nach Norfolk reisen. Bey so warmem Wetter glaubte er keinen sicherern Platz für sein Geld finden zu können, als den eisernen Feuerrost im Camine. Dort versteckte er unter den Steinkohlen und dem Holze ein Bund Banknoten. Er war einen Monat abweserd: als er zurückkam, traf er seine alte Frau an (wie er allezeit seine Haushälterin nannte) die ein paar Freunde zu sich zum Thee gebeten hatte. Um sie auf das beste zu bes wirthen, hatte sie ihres Herrn Zimmer für den Besuch gewählt, und der Wasserkessel wurde in dem Camin ges kocht. Das Feuer war so eben angezündet worden, als Doctor Monsey in das Zimmer trat. Er verlor alle Geduld, und verwünschte die alte Frau, daß sie alle seine Banknoten verbrannt håtte. Erst warf er den Spůlnapf, dann die Theekanne ins Feuer. Hierauf holte er eine Kanne mit Wasser und goß sie theils ins Feuer theils auf die Theegåste, die sich in dußerster Angst aus dem Staube machten. Unter etlichen nicht sehr sanften Aeußerungen von ihm und Antworten der alten Frau, nahm er alle Kohlen aus dem Caminroste, und fand zu gutem Glück den Rest seiner Banknoten; denn da sie doppelt zusammengebrochen und in dickes Pack

papier gewickelt waren, so fand sich noch ein Viertel® derselben, welches man lesen konnte.

Den Tag darauf gieng Dr. Monsen zu Lord Gos dolphin, erzählte ihm die Trauergeschichte, und legte zum Beweise die übrigen Stückchen der Noten auf den Tisch. Der Lord versprach, mit ihm nächsten Tages in die Bank zu gehen und durch seinen Einfluß Bezah lung in Golde får die Noten zu erhalten, da er den Doctor als einen ehrlichen Mann kenne. Sie nahmen. Abrede, sich in der Bank in dem Zimmer der Directo= ren zu treffen. Der Doctor miethete ein Boot und fuhr die Themse hinab. Unterwegs kamen ihm die Banknoten nicht aus dem Sinn; er zog sein Taschenbuch heraus, in welchem die bewußten Stückchen waren, um sie nochmals zu betrachten: indem erhob sich ein Wind und blies die Papiere in die Themse. „Zurückgerudert, schrie er, es sind Banknoten.“ Man war so glücklich, dies kleine Päckchen zu erreichen; Monsey nahm seinen Hut ab, und schöpfte, nebst den Noten, den halben Hut voll Wasser. Gerade so hielt er den Hut fest unter dem Arme und ließ sich am ersten besten Orte ans Ufer feßen. Er gieng gerade nach dem angezeigten Zimmer in der Bank, wo man seiner wartete. „Was haben Sie da unter dem Arme?“ ,,Die verdammten Noten,“ ants wortete der Doctor, indem er den Hut mit sammt dem Waffer und den Papieren unter die großen Rechnungsbücher und andre Schreibereyen warf.,,Hier,“ sagte er,,,mein Herr, nehmen Sie den Rest ihrer verdammten Noten, denn weder Feuer noch Wasser kann ihnen etwas anhaben." Durch Lord Godolphins Verwenden bekam der Doctor sein Geld. Mittlerweile machten die Schiffer, welche ihn gefahren hatten, ohne ihre Bezahs lung zu erhalten, großen Lårm, und als der Doctor

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