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schenke hat in den englischen Familien die Stelle der Tas feldecker: daher der Nahme.

Chne Zweifel wird in England mehr erfunden, als in allen andern Ländern zusammengenommen; aber lange nicht so viel als man fordert. Wenn man die großen Manufacturisten und Fabrikanten fragt, wie es jest mit den Künsten stehe, so möchte man aus ihren Antworten schließen, daß sie noch in ihrer Kindheit wåren: das Ideal der Vollkommenheit steigt, je mehr man fich ihm zu nähern glaubt. Was für eine Liste von Erfordernissen macht nicht alljährlich die Aufmunterungssocietat der Künste und Manufakturen in London bekannt! und wie viel überreicht man ihr nicht von ihren Proble men aufgelöst! Da man nun tåglich so viel Sachen ers finden sieht, welche die Gemächlichkeiten des Lebens verz mehren, so ist es beynahe so weit gekommen, daß man bey jeder kleinen Unbequemlichkeit eine Erfindung von den mechanischen Künsten dafür fordert, die auch wirklich hundertmal für eins etwas mehr oder weniger vollkoms menes liefern, sobald es verlangt wird. Man nehme folz gendes ganz gemeine Beyspiel: London ist, wie bekannt, so gut gepflastert, daß im nördlichen Europa es ihm gar keine Stadt gleich thut, und im südlichen nur Neapel mit seinem unvergleichlichen Lavapslaster vors gezogen werden kann. Auch kehrt man die Straßen mit ziemlicher Sorgfalt. Demungeachtet ist es kaum ein bis zwey Tage trocknes Wetter gewesen, so wird der Staub, vornehmlich bey einigem Winde, wieder låstig. Nun hilft man sich zwar mit gewissen Maschinen, wels che die Straßen beneßen und von Pferden gezogen werden. Aber dies geht so langsam, daß die Kauflåden, von denen, wie man weiß, in den begangenen Straßen immer einer an den andern stößt, große Unannehmlich

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keiten leiden würden, wenn sie nicht jeder vor seiner Thur, die Straße bewässerten. Zu diesem Ende låßc man aus den Pumpen Wasser in die Gaßenrinnen laufen und schleudert es mit einer Schaufel quer über die Straße. Hier entdeckte man nun bald, daß die Schaufel, so wie sie gewöhnlich gemacht wird, keine gute Einrichtung zu diesem Gebrauche habe, weil sie nicht nur das Wasser hinten über die Handhabe fliessen läßt, sondern auch zu flach ist, um viel Wasser zu halten. Dies veranlaßte einen Drechsler, besondere Schaufeln zum Wasserwerfen, die er Waterscoops nennt, zu erfinden. Sie haben eine ziemliche Vertiefung, und sind hinten, wo der Stiel angeht, mit einem kleinen Schußbrete, welches kein Wasser überfliessen läßt versehen. Sie find unter anderm zu haben bey Blissatt Nr. 209. Picadilly. Nichts kann einfacher seyn; deffenungeachtet wird der Nutzen der Erfindung eingestanden, und wenn dies bewiesen ist, gilt es gleich, ob viel oder wenig Nachden= ken dazu gehörte.

In den feinen Arbeiten aus Elfenbein haben die Chineser den Vorzug; ihre Fächer und ihre Spielsachen find so gearbeitet, als ob sie eine weiche Maße geschnit= ten håtten. Die englischen Lausendkünstler in Birmingham gestehen, daß sie sich mit allen ihren Maschinen und Erfahrungen des neueren Europa in diesem Fache mit dem Chineser nicht vergleichen können, der, so wie der Hinduh, mit den einfachsten und plumpsten Werks zeugen die feinsten Arbeiten macht. Indeß kommen ih nen die Engländer so nahe, als es möglich ist, und liefern eine Menge schöner Sachen daraus, die man gewiß zu den besten europäischen Galanteriewaaren rechnen darf. Jetzt sieht man bey Sangwine, einem großen Parfümeur, 38, Strand, Arbeitskästchen aus Elfenbein für Frauen»

zimmer, die eben so kostbar als schön gearbeitet sind. Das Elfenbein ist mit kleinen Stiften verziert, die hin und wieder Figuren bilden. Das Futter inwendig ist rother Saffian, und man findet darin die gewöhnlichen Bedürfnisse des weiblichen Arbeitstisches, Kissen, Scheeren, Nadelbüchse, Spiegel u. s. w. Preiß sieben Guis

neen.

Es ist den Lesern långst bekannt, daß in England seit dem Jahre 1797 nur wenig Guineen mehr im UmLauf sind. Ob dies dem Staate zuträglich sey oder nicht, ob es den Bankerott Britanniens andeute, ob die englische Bank in ihren Kellern Gold oder ledige Fässer liegen habe, diese und andre Fragen gehören hierher nicht. Wir halten uns blos an die Thatsache, daß gråstentheils (denn man sieht noch Gold und Silber die Menge) Banknoten in Britannien anstatt des Metallgeldes umlaufen. Es ist daher seit dem obenerwähnten Jahre, wie in diesen Blåttern mehrmals gedacht wor= den, ein besonderes Studium des Kunstfleißes, schöne Beutel für Banknoten zu verfertigen. Es giebt ihrer beynahe so viele als für die klingende Münze. Etwas neues in diesem Fache bietet Cording, 231, Strand, aus. Bey ihm findet man niedliche Läschchen oder Beus tel für Banknoten aus rothem Saffian von neuen Formen und Verzierungen; und damit dieser Artikel, dessen jeder in der einen oder der andern Gestalt bedürftig ist, desto besser ziehen möge, giebt er ihm einen neuen Nahmen. Seine Beutel heissen Newlands. So heißt, wie bekannt, der oberste Cassenvorsteher der englischen Bank, nach dessen Nahmen man schon långst die Banknoten scherzweise Newlands nennt. In allen großen Städten, und besonders in dem reichen London, giebt es beständig viel Müßiggånger beyderley Geschlechts, deren Haupt

geschäft ist, ihr Geld auf eine angenehme Art zu vers thun. Diese fångt der verschlagene Kunstfleiß allezeit mit solchen neuen Nahmen und mit einer in die Angen fallenden Aussenseite; und so kann man leicht denken daß auch der gegenwärtige Artikel nicht zum Ladenhüter werden wird.

Das englische Bier wird zwar hin und wieder sehr verfälscht; im Ganzen aber bleibt es immer für Leute, die sich starke Bewegung machen, ein gesundes Getråük, und man findet nicht, daß sich der Verbrauch desselben vermindere, ungeachtet die Einfuhr des Weins zunimmt. Deswegen dürfen die Töpfereyen ihrer Einbildungskraft in Erfindung der Bierkrüge den grösten Spielraum vers statten. Wir beziehen uns auf das, was wir bey dies fer Veranlassung mehrmals angeführt haben. Jeßt fins det sich ein neuer Bierkrug bey Abbott, 82, Fleetstreet, deffen Glasur das hochpolirte Kupfer nachahmt und ein prächtiges Ansehen hat.

Auf den englischen Tafeln find die Messerrus hen (Knife- rests) schon seit mehreren Jahren eingeführt *). Wenn man nehmlich einen Braten, ein Huhn 2c. zerlegt hat, und aus der Schüssel die aus dem Fleische geflossene Brühe schöpfen will, so sind die Mess fer und Gabel, mit denen man zerlegt hat, im Wege. Zuweilen fallen sie auch aus der Schüssel und beschmuzen das Tafeltuch. Um das zu verhindern, erfand man die Messerruhen. Es sind meistens kleine dreyeckigte Cylinder, die man aus Silber, Porzellan und gemeis ner Töpferwaare machte. Gegenwärtig kann man sie auch aus geschliffenem blauem und weißem Glas haben bey Pellatt und Green auf St. Pauls Kirchhofe. Da

*) Sie heißen auch Knife supports. S. Nemních s Waarenlericon.

das englische Glas ohne Ausnahme das feinste und schöns fte in der Welt ist, so sind auch diese glåsernen Messers ruhen vorzüglicher, als die aus Silber und Porzellan. Das Paar kostet fünf Schillinge.

Das nehmliche Gewölbe, eins der grösten in seiner Art, hat auch ein neues Assortiment von Blumentöpfen für Zwiebeln oder abgebrochene Blumen erhalten, die schön sind. Zwischen dem Fuße und dem Kelche ist bald ein Wallfisch, bald ein Löwe, bald eine Caryatide 2c.

Wiewohl das Meißner Porzellan in Europa das feinste bleibt, so weiß doch jeder, daß es sich mit dem Japanischen und Chinesischen nicht messen kann. Das englische steht ihm noch mehr nach. Da nun auswårs tiges Porzellan so sehr mit Zoll belegt ist, daß selbst die Reichen den ungeheuren Preiß für ein Service nicht geben mögen, so war es vor einigen Jahren ein eintråglicher Zweig des Schleichhandels, Service von chinesis schem Porzellan nach europäischen Mustern in England einzuführen. Die englischen Porzellanmanufakturen lits ten dadurch eine große Schmålerung ihres Absaßes, und strengten sich desto mehr an, etwas zu liefern, das dem chinesischen Porzellan wo nicht in der Güte, so doch im Ansehen gliche. Dies gelang ihnen bis auf einen hohen Grad. Das englische Nankeen ahmt das Weiß und Blau des chinesischen Porzellans und besonders die Ges måhlde darauf so genau nach, daß selbst der Kenner ge= täuscht werden könnte. In den großen Porzellangewöls hen findet man jeßt diese Service in ansehnlichem Vors rathe, ein Beweiß, daß der Absah den Wünschen des Erfinders entspricht *).

*) Dieses Porzellan heißt Mason's China. Man findet von Mason folgende Ankündigung in den Zeitungen:,,Nicht nur das Publicum, sondern auch die Fabricanten haben bisher

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