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gehabt hatte, diese Angst sah, warf sie sich auf ihre Knie vor ihr und sagte;,,O! Madam, wenn Sie ein Gelübde, thun wollen, das Kind, mit dem Sie jetzt schwanger sind, nicht in der Religion der Ketzer zu ers ziehen, sondern es unsrer heiligen Kirche zu widmen, so will ich zur Jungfrau flehn, daß sie es leben lasse."

Frau Hadfield befand sich in einem gråßlichen Ans falle mütterlicher Angst; sie legte den Eyd ab, und das Kind wurde gebohren. Die gefahrvolle Zeit ging vors åber, und das Kind nahm an Stärke und Schönheit zu. Die dankbare Mutter überhäufte die Wärterin mit Wohlthaten und Segenswünschen; und das unschuldige Kind wurde auf dem Knie der Mörderin seiner Brüder und Schwestern erzogen; denn die irrige alte Frau bekannte nachgehends auf ihrem Sterbebette, daß fie, entsetzt über das Daseyn so vieler Ketzer, die Kins der alle vergiftet håtte, sobald sie eine gute Gelegenheit dazu gefunden.,,Ich würde alles mögliche gethan has ben, setzte sie hinzu, um die Welt von solchen zukünftigen Ungeheuern zu befreyen!“

Es kostete große Mühe, die Frau Hadfield von den nachtheiligen Wirkungen der fürchterlichen Krankheit zu retten, in welche sie nach Vernehmung dieser schrecklichen Nachricht fiel, aber ihre Jugend und Stärke brach, ten sie durch. Die kleine Marie war von angenehmer Gestalt, und besaß für ein so junges Mädchen Größe und Einsichten, die ungewöhnlich waren. Ihre Bůs cher und ihre Harfe waren ihre beståndigen Begleiter; mit diesen brachte sie viele einsame aber entzückende Stunden zu, indeß ihr väterliches Haus von den feinsten Italienern besucht wurde. Mit Reizen begabt, die fast jedes andre Frauenzimmer würden versucht haben, sich in der großen Welt zu zeigen, schienen sie blos den Mus

Engl. Miscellen. XVII. 3.

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fen zu leben, und erst, als Herr Cosway sie sahe, eso kannte sie den Werth ihrer Reize. Obschon ihre Mut ter ein Gelübde, wie Jephtha, gethan hatte, so gab die Tochter ihre Hand doch diesem vorzüglichen Mahler. Hierdurch dfnete sich ihrem unternehmenden Geiste ein neues Feld. Das Farbenbrett und der Pinsel wurden nun Nebenbuhler ihrer bisher so geliebten Harfe. Ihr Mann war sehr zufrieden mit diesem Lausche. Die schönsten Bildsäulen, Gemåhlde und Modelle umrings ten fie in ihrer Studierstube, und sie saß niitten unter diesen herrlichen Kunstwerken, ohne zu wissen, daß fie eines von den viel herrlichern Werken der Natur-sey.

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Leute vom ersten Range und vom feinsten Geschmas de bestrebten sich um Zutritt bey der schönen Italienerin. Der Prinz von Wallis, die Herzogin von Devons hire, die Familie Spencer und viele andre vornehme Familien glänzten in dem Verzeichniße ihrer Freunde. Es wurde jest Mode, die Werke der Mistreß Cosway um jeden Preis zu kaufen. Ihr Mann war bereits Mitglied der königlichen Academie, und wurde für den besten Miniaturmahler im Reiche gehalten. Das Genie feiner Frau erhob sich zu historischen Gegenständen, und fie folgte der Leitung desselben mit aller ihrer Macht Dies ist der einzige Weg zur Vollkommenheit zu gelan= gen: Fähigkeiten, die immer von einem Gegenstande zum andern wandern, endigen niemals in Etwas. Durch solche Bestrebungen wurde Mistreß Cosway eine ausgez zeichnete Künstlerin. Die englischen Gallerien find voll von ihren treflichen Gemåhlden. In Boydell's Shakespeare, in Macklin's Dichtern, und in andern großen Sammlungen des Brittischen Reichs, trift man eine Menge von ihren Werken an. Die Umgestaltung der Nymphe Lobona in einen Fluß, ist ein bezauberndes Ges

måhlde und paßt ganz zu der Scene, die Pope in seinem ·unsterblichen Gedichte Windsor Forest beschreibt. Ihr allegorisches Gemåhlde, die Geburt der Themse, ist nicht minder bewundernswerth; und der kreuztragende Christus, ein Altarblatt, welches sie in eine Kirche ihres Geburtslandes Italien geschenkt hat, ist immer der Stolz der Besitzer gewesen. Zuweilen mahlte sie auch Bildniße schöner Personen: so hat man ihr Bildniß der Mistreß Fitzherbert immer sehr bewundert,

Nach dem Beyspiele des Hogarth und Northcote beschloß sie einen moralischen Gebrauch von ihrem Lalente zu machen. Sie schilderte den Fortschritt weiblis cher Lasterhaftigkeit und den Fortschritt weiblicher Tus gend in einer Reihe von Gemåhlden in Kreiden-Manier. Als sie die Billigung ihres Mannes und der vorzüglichften Mahler in London erhalten hatten, übergab sie dies selben dem geschickten Kupferstecher Anton Cardon, der fie auf eine vorzügliche Art ausgeführt hat. Mistreß Cosway gravirt selbst sehr artig. Der berühmte Kunsthåndler Ackermann im Strande gab 1800 eine Sammlung geschabter Blåtter von ihr heraus, die sehr geschäßt werden. Etliche Gedichte der bekannten Mistreß Robinson wurden mit Kupferstichen von ihr verziert. Sie hat auch ein trefliches Bildniß des Sir Sidney Smith ges stochen.

Als General Kosciusko in England war, wurde fie ihm von ihrem Manne vorgestellt. Der General, wels cher sehr krank an seinen, den 10. Octob. 1794. erhaltenen, Wunden war, empfand eine große Abneigung gegen den Besuch von Frauenzimmern; aber die liebenswürdige Schwärmeren der Cosway überwand alle Bedenklichkeis ten, und sie unterhielt ihn neben seinem Sofa auf ihre glåzende Art, während ihr Mann eine kleine Zeiche

nung von ihm machte. Das Kupfer, welches darnach gestochen wurde, ist sehr ähnlich, und wird von Kennern geschätzt.

Nachdem Mistreß Cosway etliche sehr glückliche Jahre in London zugebracht hatte, entschloß sie sich nach Paris zu reisen, und im Louvre eine Reihe von Copieen zu machen, welche sie nach England schicken, und in Heften herausgeben wollte: Griffiths hatte sich anheischig gemacht, die Geschichte eines jeden Gémåhldes und Mahlers hinzuzufügen. Ein Theil dieses großen Plans wurde wirklich ausgeführt, und sie hatte bes reits eine ansehnliche Summe Geldes darauf verwendet, als der Krieg zwischen beyden Ländern erklärt, und ihr Unternehmen natürlich vernichtet wurde. Während ihres Aufenthalts in Paris war ihr Haus der Sammelplatz aller unterrichteten Engländer und vieler Franzosen von gleicher Bildung. Sie hielt hier eine Art von Hof, und alles, was sie von Kunstwerken billigte, wurde von ihren Anhängern gepriesen. Sie bewundert David's Gemåhlde und macht darin eine Ausnahme von den meisten Engländern.

Während Vergnügen, Ruhm und Freundschaft diese Künstlerin umgaben, nagte ein geheimer Kummer an ihrem Herzen. Sie verlor sehr früh ein schdnes und geliebtes Kind; von dieser Stunde an hat sie zuweilen eine Art von Verachtung ihres Daseyns bewiesen. Paris mit allen seinen Freuden wurden ihr widrig: sie beschloß sich von der Welt zurückzuziehen. Sie ist jetzt in Lyon Canonißinn und Vorsteherinn eines Klosters,

Anekdoten.

Nach einer lehrreichen Erzählung in dem Journale London und Paris stehlen die jungen Anatomen der lezz teren Stadt die benöthigten todten Körper selbst. Wie es scheint, ist dort keine Gefahr dabey. In London hat es bekanntlich eine andre Bewandniß damit. Die Engländer haben etwas mehr Achtung für ihre Todten, und spielen den Auferstehungsmännern schlimm mit, wenn sie sich betreten lassen. Dessen ungeachtet sind die Entdeckungen so selten, daß man für Eine Guinee, als den gesetzten Preiß, den allerschönsten Cadaver alle Nacht erhalten kann. Es werden in dem ungeheuren London allein, den Umkreiß gar nicht zu rechnen, alle Nacht des Jahres, vornehmlich im Winter, so viel Leichen aus den frischen Gråbern geraubt, daß wir die Zahl, weil sie manchem unglaublich scheinen könnte, gar nicht nachsagen mögen. Die Guineen sind leicht verdient, und die Auferstehungsmåuner (die Londner Benennung dieser Kerl) setzen deswegen manchmal alle Scheu aus den Augen. So war in der großen Vorstadt Southwark eine große Unruhe unter den Einwohnern entstans = den, weil man in einem Hause Leute aus- und einges hen sah, ohne zu wissen, was für Geschäfte sie dort has ben könnten. Endlich kam es an den Tag, und beys nahe wåre darüber ein Aufruhr entstanden. Man hielt einen Kerl an, der des Abends mit einem Sacke in das Haus gehen wollte. In dem Sacke befand sich der Körper eines schöngestalteten Frauenzimmers, und noch so frisch, daß die Någel wie bey lebenden Personen auss sahen. Es erhob sich darüber ein Lårm, der wie Feuer um fich griff. Der Auflauf des Pöbels wurde bedenks lich, und man mußte sich an die Polizey wenden. Die Gerichtsdiener durchsuchten das verdächtige Haus und

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