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lich zu dienen im Stande war. Der Major, welcher bey dem alten Elwes sehr angesehen war, wurde oft yon dem Sohne desselben, seinem Freunde, ernstlich gebeten, mit dem Vater bey schicklicher Gelegenheit zu sprechen, daß er ein Testament machen sollte, da er sonst als nas türlicher Sohn ihn nicht beerben könnte. Elwes hatte eine unbeschreibliche Abneigung, von seinem Vermögen, und noch mehr von der Veråußerung desselben zu reden; daher war es ein äusserst schlüpfriger und schwieriger Gegenstand. Dessen ungeachtet war Topham glücklich genug einen Augenblick zu finden, wo sich die Schwierigkeit überwinden ließ; und die beyden Söhne haben es ihm allein zu verdanken, daß sie jetzt ihr ganzes unge heures Vermögen besitzen; und wann man es vielleicht auf siebenmal hundert tausend Pfund anschlagen darf, so wird man sehen, der Dienst ist so wichtig, daß ihn uur selten Eine Person der Andern hat leisten können.

Da er weit mehr Kenntniß besaß, als bey Offis zieren gewöhnlich der Fall ist, so speisten oft, wann er die Wache hatte, Männer bey ihm, die man ordents licherweise nicht in solcher Gesellschaftsieht. Horne Tooke, der ältere Colman, M. P. Andrews, John Wilkes und viele andre damals wohl bekannte Månner, pfleg= ten ihn oft in seiner Wachstube zu besuchen. Aber das Leben eines Hauptmanns der Cavallericgarde in London war damals ziemlich unthätig, ausser, wann er die Wache hatte, welches sich alle Monathe nur viermal traf. Er wurde es also bald überdrüßig. Indessen begab sich damals etwas, das auf sein künftiges Leben großen Einfluß hatte. Mistres Wells, Schauspie= lerinn auf dem Theater in Drurylane, und nach der allgemeinen Meynung eine der schönsten Weiber jener Zeit, schickte einen Freund zu ihm, und ließ ihn bitten, einen

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Epilog für ihre Benefizvorstellung zu schreiben. türlich schlug er die Bitte nicht ab. Er muste nun auch ihr den Epilog einstudiren helfen: dies verursachte Zusammenkünfte, welche die Gesellschaft einer so schönen Frau gefährlich machen muß. Die Folge kann man fich leicht einbilder. Gegenseitige Zuneigung erzeugte Vertraulichkeit. Es läßt sich auch denken, daß er auf alle Mittel sann, den Ruf seiner Geliebten, als Schauspielerinn, auszubreiten. Wirklich gab ihm diefer Wunsch einen neuen Reiz, seine Geisteskräfte anzus strengen. Er nahm den ersten Gedanken davon her, eine Zeitung herauszugeben. Man hat mehr als metaphorisch gesagt, daß Liebe zuerst die Welt erzeugte. Hier traf es wirklich ein. Was die Galanterie aufing, wurde von der Literatur unterstüßt, und von der Politik vollendet. So erzeugte ein Wunsch, der Schauspielerin Wells auf ihrer dramatischen Laufbahn Vorschub zu thun, die Welt, eine Londner Morgenzeitung, die in Kurzem so allgemein, wie nur je ein ähnliches Blatt, gelesen wurde.

John Bell, damals einer der beliebtesten Buchhåndler, hörte zufälligerweise von diesem Plane, und ers bot sich zur Theilnahme, wenn man ihm ausser Erstats tung der Kosten des Druckes und der Herausgabe, ein Drittel von dem Ertrage der Zeitung zugestünde. Miemand hatte besser Erfahrung in dieser Art von Unternehmungen. Er war der ursprüngliche Eigenthümer der Morning Post, eine noch jeht stark gelesene Morgenz zeitung, und kannte London und den Geschmack der Einwohner so gut, als irgend Jemand. Da Bell vortrefliche Anstalten machte, und in diesem Fas che beyspiellose Geschicklichkeit und Ausdauer besaß, vornehmlich aber, da man allgemein davon sprach,

daß etne solche Zeitung erscheinen sollte, so giengen in einer Woche mehr Eremplare davon ab, als von allen andern Zeitungen in London. Das Glück der andern Blätter beruhete auf der Tagesgeschichte der Verläums dung und der Aufdeckung von Fehlern; aber,,die Welt" gründete ihre Ansprüche auf eine gute Schreibart, wizs zige Aufsätze, geuievolle Gedichte, und was sonst dem gebildeten Leser gefallen kann. Wirklich schrieben etliche der geschicktesten Månner, Merry, Jerningham, Andrews, Mistres Cowley, Mistres Robinson, Jekyll, Sheridan, und andere für diese Zeitung. Die darin erschienenen Gedichte wurden nachher in vier Bånden ges sammelt. Merry und Mistreß Cowley waren die Della Crusca und Anna Matilda, die man so lange bewuns derte, und die während der Zeit, da sie diese schönen Gedichte schrieben, einander völlig unbekannt waren.

Aber so gern man auch diese Gedichte und andre Sachen der,,Welt“ in der Welt las, so ist es zuverläßig, daß der Briefwechsel der beyden Klopffechter, Humphries und Mendoza, den Absatz der Zeitung weit mehr beförs derte, als alle Beyträge der geschicktesten Personen. Ez war damals Sitte, daß die Borer sich öffentliche Ausforderungen zuschickten, und auf diese Art die Tage ans kündigten, wo sie miteinander kämpfen würden. Sie thaten dies am liebsten in der Welt, welche sie für das gelesenste Blatt hielten; und ihre Ankündigungen erhiels ten bey weitem den Vorzug über die witzigen Satyren Des bewunderten Sheridan.

In kurzer Zeit erhob sich Mistreß Wells durch ihre natürliche Fähigkeiten und einige Unterweisungen zum Range einer der ersten Schauspielerin ihrer Zeit. Man erinnert sich jetzt noch, wie sie und Edwin vier Jahre lang durch dieselben Theaterstücke das Schauspiel

haus auf dem Heumarkte füllten. Topham sah also seine Wünsche erreicht, die Welt, von welcher er der Herausgeber war, hatte sich weit über seine heisseste Erwartung verbreitet: die besten damaligen Schriftsteller fagten dort ihre Meynung; die Zeitung gab den Ton in der Politik an; und, was ihm noch mehr werth war, sie erhöhete den Ruf friner Geliebten. Aber leider sind unsre besten Hofnungen nur wie ein Hauch. Mistreß Wells war von dem Director des Theaters in Covent garden ersucht worden, eine besondere Rolle zu spielen, und wünschte ihn durch ihre Einwilligung zu verpflichten. Aber sie war damals kaum von ihrer lehten Niederkunft genesen, die Milch nahm eine Richtung nach dem Gehirne zu, und verursachte dann und wann Naserey. Als sich das zutrug, verlor die Zeitung, welche jeßt eine entschiedene Ueberlegenheit erlangt hatte, alle Reize für Topham. Erst beschloß er sie so weit aufzus geben, daß er sich nur ein Gewißes von dem Ertrage derselben ausbedingte, dann aber nahm er sich vor, sie ganz zu verkaufen. Man muß sich hier erinnern, wie viel Stoff täglich zu einem Morgenblatte in Lons don gehört, mit wie viel täglicher Schwierigkeit, stünd licher Gefahr und unaufhörlichem Wirrwarr es verbun den ist, und was für ein Chaos das Gehirn des Mannes wird, der sich damit befaßt. Er muß ein Gelehrter, ein Kaufmann, ein Staatsmann und ein Dramas turg seyn, und er muß nach der Reihe alle Gegenstände von der Pantomime bis zum ersten Minister durchlau= fen. Was jedermanns Beruf ist, damit muß er sich beschäftigen, und sein Amt bringt es mit sich, daß er alle Bedürfnisse, Schwächen und Vergehungen von eis nem Ende von London bis zum andern wisse. Alles das mit anzusehen, köunte vielleicht dem Neugierigen

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auf einen Augenblick Vergnügen machen; aber mitten darin zu leben, ist eben so, als wenn man in einem Sturme einen kleinen Kahn unter einer Batterie großer Kanonen, die unaufhörlich, herabfeuern, zu regieren hat. Doch kann auch dies seinen Vorthe ́l haben, und die Abgezogenseit desto angenehmer machen. Topham ent= fernte sich wirklich mit Vergnügen aus London, und zog in die Grafschaft, wo er gebohren war. Hier hat er seitdem zwey hundert engl. Meilen von der Haupt= stadt gelebt, ohne sie in sechs Jahren nur ein einzigesmal wieder zu besuchen. Wer würde glauben, daß ferne Hügel, einsame Ebenen und der Umgang auf dem Lande einen Mann anziehen könnten, der an die Zer= streuungen von London gewöhnt war! Aber, wo kann der Ermüdete nach den langen Arbeiten eines schwülen Lages beßre Zuflucht finden, als im Schatten?

Die Zeit ist dem Major Topham selbst in der låndlichen Zurückgezogenheit nicht lang geworden. Seine Pflichten als Friedensrichter in einer großen Grafschaft haben åufferst viel auf sich, und sind unaufhörlich; er bewirthschaftet selbst ein beträchtliches Pachtgut von tlichen hundert Morgen Landes, und die Zwischenstun= den verwendet er auf seine Lebensbeschreibung. Der beste Trost in seiner Abgeschiedenheit sind ihm seine drey Tôchter, die fast eben so schön seyn sollen, als ihre Mutter, und deren äussere und geistige Bildung große Hofnun gen erregen.

Da der Major Topham in den Gegenden von Yorkshire lebt, wo es viel Jagd giebt, so ergößt er sich vors züglich damit. Sein Windspiel, der berühmte Snowball, ist im ganzen Reiche bekannt, da man nach seiz ner Brut in allen Theilen desselben getrachtet hat. Seine Töchtern sollen in ganz England am vorzüglichsten reiten.

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