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sehr deutlich erkennen. Der Träger brachte den Truts hahn zu unserm Juwelier ins Haus, und erkundigte sich bey der Magd, ob ihr Herr so ein Geschenk vom Lande erwartete? Sie antwortete, daß er oft Geschenke bekáme, und sie wäre sicher, der Truthahn gehöre ihm. Sie bezahlte das Trägerlohn, und der Truthahn wurde zugerichtet und verzehrt, wobey man ohne Zweis fel die Gesundheit des unbekannten Gebers nicht vergaß. Unterdessen erhielt der, dem das Geschenk eigentlich zus gedacht war, Nachricht, daß es abgegangen sey. Er ging in das bezeichnete Wirthshaus, und fand ohne Mühe, daß man den Truthahn aus Irthum seinem Nachbar gebracht hätte. Der Träger erstattete den Preiß, um den Fehler wieder gut zu machen, hielt sich aber nun an den Empfänger, von dem er dasselbe ver langte. Allein, der reiche Mann hatte dazu keine Ch= ren. Er sagte, es sey des Trägers Versehen, und er möchte dafür büßen; hätte man ihm keinen Truthahn ins Haus gebracht, so würde er selbst keinen gekauft haben; falls man ihn zwänge, den Preiß zu bezahlen, so könnten sich in Zukunft die Geflügelhåndler den Umstand leicht zu Nuße machen, und durch Verabredung mit Trågern einem soviel Federvieh, als sie nur wollten, über den Hals schicken. Der Richter war der Meynung, daß man dem armen Tråger eine solche betrügerische Verhandlung diesmal nicht Schuld geben könnte; wer den Truthahn gegessen håtte, sollte billig dafür bezahlen. Daher wurde dem Juwelier die Vergütung des Preises und Kostenerstattung zuerkannt. Seine Augen glüheten vor Zorn, und die vielen Zuhörer im Gerichte lachten laut über die verdiente Bestrafung des Geizhalfeb.

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Ein angesehener Mann wollte aus Dukestreet in

den Vark gehen. Auf den Stufen, die aus dieser Straße dorthin führen, pflegt gemeiniglich eine arme alte Frau zu sitzen, welche bey Tage den Ort rein kehrt und bey Nacht den Heruntersteigenden leuchtet. Diese Frau schien vor Hunger und Kålte sich sehr übel zu befinden, und er griff in seine Tasche, um ihr einen Schilling zu reichen. Tags darauf kam sie zu ihm ins Haus und sagte, er müßte sich wohl vergriffen und ihr eine Guinee statt eines Schillings gegeben haben, aber hier sey das Goldstück wieder. Der brave Mann ließ ihr nicht nur, was sie durch Zufall erhalten hatte, sondern sezte auch eine schriftliche Erzählung von ihrer Ehrlichkeit auf, und ließ davon mehrere Abschriften in der Gegend von Dukestreet anschlagen.

Durch die vielen Diebereyen weiser gemacht, stes ken nur noch wenige Leute in London Geld zu sich, wenn fie ins Schauspiel oder in andere öffentliche Derter ges hen. Die Spitzbuben merken sich das, und schlagen andre Wege ein; sie werden nun Kirchengånger, weil man dort nicht auf seiner Hut zu seyn pflegt. Seit einiger Zeit sind daher in den Kirchen eine Menge Diebs ståhle vorgefallen. Ganz neuerlich, als zwey junge Damen desSonntags aus einem sogenannten Versammə lungshause in Eastcheap kamen, wurden beyde an der Thüre bestohlen. Eine von ihnen büßte ein Taschenbuch ein, worin für sechs und zwanzig Pfund Bank

noten waren.

Herr Bish, in der Straße Cornhill zu London, dessen Namen man in allen Londner Zeitungen findet, weil er einer der größten Lotterieloosverkäufer ist, war mit seiner Familie nach Grosvenorsquare im westlichen Theile der Stadt zur Tafel geladen, von wo er erst früh um drey Uhr wieder zurück kam. Man schwahte noch

ein paar Minuten, und ging dann zur Ruhe. Alles war damals an seinem Orte. Früh kam man ihm mit der mißlichen Nachricht entgegen, daß die Diebe in der Nacht das Haus erbrochen und viele Sachen mit sich genommen hätten. Es wurde gleich zu den Stadtmarschällen geschickt, welche die gehörigen Leute mit sich brachten, und die Thüre untersuchten, durch welche die Diebe wieder entkommen seyn sollten. Sie bemerkten, daß man das Schlos von inwendig müsse abgeschlagen haben; so wenig also wåren Diebe in das Haus gebrochen, daß fie vielmehr von inwendig hinaus gebrochen seyn müssen. Es fiel natürlich Verdacht auf das Gesinde, worunter eine Magd, Ann Cloyd, vor andern betreten war. Man durchsuchte ihre Koffer zuerst, und fand eine Menge Lichter, Seife und dergleichen, welche dem Herrn Bish zugehörten. Sie konnte nun nicht läugnen, daß sie um die Diebe wisse.

Ein sonderbares Misgeschick befiel etliche Kaufmannsdiener in London. Diese Herren pflegten Abends, nachdem sie die Låden geschlossen hatten, in die Comddie zu gehen, und sich da für Leute von Ansehu zu geben. Da es ihnen aber nicht klug schien, sich zu Hause in den gehörigen Staat zu werfen, so pflegten sie ihre ge= waltigen großen Hüte, ledernen Pluderhosen, quizzingglasses (Fernglåser), Stiefeln, etwas Wäsche 2c. in einem nahen Bierhause niederzulegen, und sich dort ge= bührend auszustaffiren. Die Stube, wo diese Sachen in einem Kasten lagen, war auch eine Trinkstube. Einer von denen, die gern lang: Finger machen, wurde mit seinem Biere dorthin gewiesen, und da er fand, daß sich der ganze Plunder leicht wegtragen ließe, so führte er sich im Stillen damit ab. Als unsre Herren angebraust kamen, um die Umkleidung vorzunehmen, siehe da war

die Garderobe ledig, und sie mußten sich diesen Abend / die Gallerie gefallen lassen.

In einem kleinen Städtchen nicht weit von London, hatte ein Apotheker seine große Noth mit der Musikwuth seiner Frau und Tochter. Die Frau Apothekerinn konnte ein paar Mårsche und Gaffenlieder spielen, und ihre Tochter hatte es ungefähr auch nicht weiter gebracht. Beyde hielten sich für Kennerinnen, zumal die Mutter; und so oft in den weiblichen Abendgesellschaften nur die geringste Veranlassung war, von der Tonkunst zu reden, kränkte sie den Neid der Mitbürgerinnen mit öfterer Wiederhohlung der schweren italiånischen Worte smorzato, cadenza 2c. und der großen Meister Mozart, Paesiello 2c. Die gemeinen Liederchen welche entweder sie, oder Miß vortrugen, sollten jedesmal berühmte Arien seyn. Allein am meisten war der arme Apotheker zu bedauern. Wenn er des Tages Last und Hitze getragen (denn in England sind die Apotheker auch besuchende Aerzte) und sich Abends im Schooße seiner Familie erhohlen wollte, fand er entweder Frau und Tochter am Claviere klimpern und singen, so daß man kein Wort aus ihnen brin gen konnte, oder, was noch årger und häufiger war, die Frauen des halben Städtchens waren bey seiner Ehehålfte versammelt, und anstatt zu reden, mußte er wie ein stummer Delgdße da sizen, und nach vollendetem Marsche Wohlstands halber klatschen und loben: auch ließ die Frau nicht zu, daß von irgend etwas gesprochen würde, als von ihrem verwünschten Klingklang. Der Apotheker, welcher freylich kein sehr gutes Ohr hatte, wußte endlich kein anderes Mittel, als mit seinem Gesellen auf Repressalien zu denken, wobey kein Verdacht der Rache Statt fand. Eines Abends, da seine Frau abermals Theegesellschaft hatte, und so eben ihre Stück

chen herzuleiern anfing, begannen er und sein treuer Geselle jeder einen Mörser dergestalt zu bearbeiten, daß das Haus tröhnte; in beyden Mörsern waren noch daz zu. Katzenbaldrian und andre wohlriechende Kräuter, des ren Duft den weiblichen Nasen unerträglich war. Man lief spornstreichs nach Fächern und Mantillen, und ret tete sich wie aus einem verpesteten Hause mit der Flucht. Der Hausfriede litt zwar ein wenig hirðurch, aber im ganzen that das Mörsermittel die beste Wirkung.

Keine gerichtliche Verhandlung hat in diesem Jahre so viel Aufsehen gemacht, als die Sache des Gouvers neur Wall. Er war Befehlshaber der Insel Goree; an der afrikanischen Küste. Im Jahr 1782 erforderten es die Umstände, daß man der Besatzung, welche aus 150 Leuten bestand, weit weniger Lebensmittel reichte, als sie erhalten sollte. Doch fügte sie sich darein, weil es ohne Ausnahme in solchen Fällen gewöhnlich ist, den Soldaten eine Vergütung an Geld zu geben. Auf einmal wurde angesagt, der Gouverneur würde mit dem Commissår nach England zurückkehren. Die Besaßung bat zuvor um die Vergütung; unter andern stellte sich ein Sergeant Arin strong den 10 Julius an die Spize etlicher Soldaten, und ersuchte den Gouverneur darum, da man vom Commissår keine befriedigende Antwort erhalten konnte. Der Gouverneur wieß die Bitte ab, und ließ Abends um 6 Uhr, wo dort die Wachtparade ge halten wird, den Sergeant, als einen Aufwiegler und Ue bertreter der Subordination, auf eine Canone binden. Negersclaven mußten herbey kommen, und ihn mit Striden schlagen. Aller fünf und zwanzig Streiche wurde ein Sclave abgelößt, damit die Strafe desto fühlbarer würde. So erhielt Armstrong achthundert Hiebe. Der Gouverneur stand dabey, und ermunterte die Schwarzen,

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