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bemooßten Steppen und tiefen weiten Thäler. Dennoch ist es allgemein bekannt, daß Tausende von ihnen alle Jahre ihr Vaterland verlassen und über das Weltmeer segeln, um sich andre Niederlassungen zu suchen. Es kann nicht geläugnet werden, daß etliche es aus Nothwendigkeit thun, aber auf einen ungleich größeren Theil haben Verblendung und Eigensinn Einfluß.

Die Lage der Hochländer und westlichen Inseln von Schottland ist dem Auswandern günstig. Die Küs ften der Hochländer sind meistens durch Seeärme gez spalten, von denen sich viele vierzig bis fünfzig englische Meilen Landeinwärts erstrecken; daher leben viele Leus te an der Seeküste und erhalten einen großen Theil ihrer Nahrung von den Meerproducten. Wenn sie nichts: als die Schrecken des Oceans um sich sehen, erheitern sie sich mit einem Liedchen und lachen des Sturms.

Das schottische Hochland ist durchaus kalt und stürs misch. Die Einwohner sind oft den Unbehaglichkeiten der Witterung blosgestellt. Daher bekommen sie eine Abe hårtung, eine Kraftfülle und eine Kühnheit, welche -die Einwohner fern von der See gelegener Gegenden, fruchtbarer Ebenen und glücklicherer Breiten nicht besis hen. Wenn also dergleichen Beschwerden dem, welcher nicht an sie gewöhnt ist, schon den bloßen Gedanken an eine lange Seefahrt schrecklich machen, weil er sich die Gefahren derselben so furchtbar vorstellt; so hålt der Bergschotte eine Reise zur See für nichts. Und wenn er bewogen wird, seine Lage in einem ungünstigen Lichte zu betrachten, so giebt dies seinen Absichten ·

Scotland with observations on the means employed for preventing it. By Alexander Irvine, minister of Ranoch. Fdinburgh, Mundell; London, Longman and Rees, 1802. 8. SS. 158.

zwiefache Strebkraft, und schneidet alle seine Berath= schlagungen kurz ab.

Die Hochländer sind gebohrne Abenteurer; sie stres. ben nach allem, was groß ist, haben einen schnell durchdringenden Verstand, machen große Entwürfe und bes fißen eine unersättliche Neugier. Daher ihr erstaunlicher Hang zu reisen. Durch die Liebe zur Dichtkunst und Musik werden ihre Vorstellungen weit mehr verfeis nert, als ihre Umstånde es erwarten lassen; eben das her schreiben sich ihre unüberlegten Pläne, ihre Leicht: gläubigkeit, und etwas Romanhaftes in ihrer Einbildungskraft.

Vielleicht mögen auch ihre Begriffe von Oberherrs fchaft etwas zur Auswanderung beytragen. Es ist be= kannt, daß die Patriarchalische Regierungsart der Clans oder Stämme lange im schottischen Hochlande herrschte. Nachdem aber der Hof im I. 1748. die erblichen Jurisdictionen abgeschafft hatte, ist auch die Ans hänglichkeit der Clans gegen ihre Häupter erloschen; der Bergschotte liebt sein Vaterland nicht mehr so sehr, seine Thätigkeit ist gelähmt, er ist muthlos und fühlt sich versäumt, weil man ihm nicht långer schmeichelt, liebkoset und Gastmähler giebt.

Die Bevölkerung kommt hier hauptsächlich in Bes tracht; wirklich ist sie an mehreren Orten der Hochländer ausserordentlich und überhaupt nicht nur grösser als vor hundert Jahren, sondern auch noch in Anwachs. 3. B. ein gewisser Ort an der westlichen Küste enthielt im 1790. Jahre 1900 Seelen, von denen in demselben Jahre 500 nach America auswanderten. Im J. 1801 wurden die Einwohner gezählt und derselbe Ort enthielt 1967 Seelen. Ueber dreyßig bis vierzigtausend Vergschotten sind im englischen See und Landdienste, ohne

vier bis fünftausend Freywillige zu rechnen, und doch wird der Feldbau dadurch nicht wesentlich versäumt. Aus Sinclairs statistischer Uebersicht erhellt, daß Schott= land im J. 1798, "261,112" Bewohner mehr hatte, als im I. 1755; und die Volksmenge des eigentlichen Hochlands ist in demselben Zeitraume um 57,781 Seelen angewachsen.

Manche haben geäussert, die Bergschötten würden gedrückt; allein dies läßt sich nicht beweisen. Die Zeiten der Unterdrückung siad schon lange in Grosbritannien vorüber. Selbst der Allerniedrigste weiß, daß er den Höchsten zur Rechenschaft ziehen kann. Druck und fortschreitende Cultur sind unvereinbar; die letztere aber kann man deutlich im schottischen Hochlande bemerken. Die Künste des gemeinen Lebens breiten sich aus. Der Boden wird an= gebaut, wofer es zuläßt. An manchen Orter verlieren die Häuser ihre rohe und wilde Gestalt, und man führt sie aus Stein und Kalk auf. Die Bauern nåhren und kleiden sich besser, als zu Zeiten, wo es keine Auswanderung gab, und im Pußze wetteifern sie mit den Vorthmeren. Entsteht dies aus Unterdrückung? In jedem Wirthshause findet man Tanzschulen. Man strebt nach Artigkeit und angenehmen Manieren. Bey allen öffentlichen Veranlasfungen sieht man an ihnen den Blick der Freyheit, den Frohsinn der Zulånglichkeit, und die Würde der Unab hängigkeit. Sind dies Früchte des Drucks oder der Indus strie und des zunehmenden Wohlstandes?

Man erstaunt in den düstern Scenen von Caledo= nien, ein solches Ansehn von Heiterkeit zu finden, das of= fenbar natürlich ist. In einem Lande, wo zwischen dem tragbaren Boden und den dden Felsen kein Verhältniß ist, wo der Himmel so veränderlich und unzuverläßig, der Winter so scharf, und der Frost so verderblich ist; wo

Einfuhr so schwer und kostspielig ist, wo es unermeßliche Mühe erfordert, Feldfrüchte zu erndten, und die Noth= wendigkeiten des Lebens zu erhalten, da findet sich Glück und Zufriedenheit.

Kein Land unsres Planeten hat sich auf der Stus fenleiter der Veredlung so schnell gehoben, und durch sol= che Schwierigkeiten Vorzüglichkeit erreicht. Binnen fünfzig Jahren, ist der Werth der Grundstücke zu einer Höhe gestiegen, wovon man in der Geschichte keines einzigen gebirgigten Landes Beyspiele hat. (Die Belege findet man a. a. D. S. 24. 25.) Das Arbeitslohn hat gleichen Schritt gehalten. Das Geld hat sich verhältnißmässig vermehrt, und vergleichungsweise glänzt nun Ueberfluß, wo vox= mals Mangel und Kummer ihre Häupter in Dunkelheit fenkten.

Die schottischen Hochländer ziehen seltene Vortheile aus öffentlichen Stiftungen, die auf den Wohlstand ders selben abzielen, Gewerbfleiß, Handel und Künste beför dern, und die Hindernisse wegråumen, welche der Vercd= lung entregenstehen. Zu diesem Ende werden jährlich große Edsummen ausgegeben. Der König schenkt jedes Jahr tausend Pfund, um sie zu verbessern und aufzuklären. Es ist eine Gesellschaft von zunehmenden Fonds, und unermüdlicher Beharrlichkeit gestiftet, umiin Verz bindung mit der königlichen Milde die unschätzbaren Segnungen der Religion zu verbreiten. Eine andre Societat hat zum Zwecke, Dunkelheit und alte Vorurtheile zu zerstreuen, den Geist der Industrie zu wecken, und durch Geschenke, Schaumünzen und ehrenvolle Auszeichnun-, gen jeden aufzumuntern, welcher sich in irgend einer Sache hervorthut, die ihren Wünschen entspricht, und ihre Endzwe.ke befördert. Jede neue Entdeckung oder Verbesserung erhält ein angemessenes Ehrenzeichen. Das

Landbaucollegium umfaßt ebenfalls die Hochländer, und es giebt eine Vereinigung zur Verbesserung des Fischfangs. Viele bergschottische Landeigenthümer sind Mitglieder diefer Gesellschaften, und haben sie zum Theil stiften helfen. Wer kann wohl dem Gedanken Raum geben, daß Mån

die solcher patriotischen Bemühungen fähig sind, so folgewidrig handeln, und sich der Unterdrückung schuldig machen sollten? Wo kann man, die Schweiz und das Walliserland vor der französischen Revolution ausgenommen, in den berühmten europäischen Königreichen ein Land finden, das mit dem! schottischen Hochlande in Betreff des Nationalglücks wetteiferte? Mangeln ihnen die Gemächlichkeiten des Lebens, so sind sie auch von den damit verknüpften Uebeln befreyt. Gebricht es ihnen an den Verfeinerungen der Künste, so haben sie die Unschuld der Einfalt, den Ruhm der Rechtschaffenheit, und die Reinheit unverstellter frommer Gesinnungen.

Die Auswanderung der Bergschotten wird theils durch den Fortschritt des gesellschaftlichen Lebens und der Sitten, theils durch den allgemeinen Verbesserungsgeist bewirkt, den man får die Beschaffenheit des Hochlandes am geschichtesten hålt.

Um die Landescultur im Süden nicht zu weit vor= eilen zu lassen, muß man im Hochlande viele Aufopfe= rungen machen; nothwendigerweise werden viele Personen ihrer Besitzungen beraubt, damit andere, die entweder fleissiger oder bemittelter find, Platz bekommen mögen. Der Grundherr muß, aus Menschenliebe, jeder Art von Müssiggang steuern, und daher den Trågen und Nachlässigen entfernen, um dem Thätigen und Betriebsamen Handreichung zu leisten. Da nun aber alle Menschen eine gute Meynung von ihren Naturgaben hegen, und alles tadeln, was ihnen mißfällig ist, so erregt dieses verstån

Engl. Miscellen IX. 1.

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