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gewesen, so würde man aus feinem Werke allein eine gar nicht unvollständige und wirklich erträgliche Charte vom Türkischen und Perfifchen Afien entwerfen können, fo fehr hat er beide Länder durchkreuzt. Einer feiner gröfsten Vorzüge besteht darin, dafs er in der Beschreibung feiner Wege fehr vollständig ist, und den Lefer felten in Ungewifsheit zurückläfst. Nicht auf allen Routen ift er umständlich und genau; hat er aber einmal mit dem Maafse feines Weges angefangen, fo findet man es auch bis an das Ziel durchgeführt. Das ist, leider! bei den meisten, oft den gelehrteften der Fall nicht, wie wir fehon am Pococke gefehen haben. Sein Maafs im Türki fchen Afien find zwar nur Stunden und Tage; allein diese durch andere beffere Hülfsmittel erst auf die Distanz ge, bracht, geben meistens recht fehr befriedigende Ausschlüsfe. Der Verfaffer hat, wie die Folge diefer Abhandlung lehren wir, bei diefem Verfahren wahrgenommen, dafs er oft weiter mit Tavernier's Stunden und Tagen gekommen ift, als mit vieler andern ihren Lieues und Miles. So viel wirkt allein die Ordnungsliebe auch bei einer geringeren Maffe von Kenntniffen. Auch feine Befchreibungen haben einen hohen Grad von Deutlichkeit. Seine für den Zweck des Verfaffers brauchbarsten Routen find folgende: von Conftantinopel die grofse Perfifche Karawanenftrafse über Tocat, Arzerùm, Erivan, Tauris nach Ispahan; von Smyrna über Karahisfar nach Tocat; von Haleb über Bir, Orfa, Mardine, Mofful, von da über Schähhreffûl und Sneirne nach Hamadân, von Mofful den Tigris hinab nach Bagdád; von Haleb über Bîr, Diarbeckhr, und Wân nach Tauris; von Diarbekhr über Dfiefire (Dfchefira), Amadja, Dojülämark, Albak, Salmaftre nach Tauris; von Bagdåd über Kinghovar und Nohawend nach Ifpahan; von Haleb über Taibe, Rachaba, Anah, nach Bagdad.

Tournefort. Diesen Botaniker unterstützte feine Gelehrfamkeit und Kenntnifs der Alten in der Berichtigung. vieler geographifchen Irrthümer. Er machte fich diefe mit zum Geschäfte, und feine Angaben find alle durchdacht. Seine Reife von Trapezunt über Baihurd nach

Arzerum, Kars, Tiflis, Erivan, Arzerûm, Tocat, An gora, Eskifcheher, Burfa, Magnefia, Smyrna, ift ein vortrefflicher Beitrag zur bildenden Geographie, befonders in Verbindung mit aftronomifchen Bestimmungen und andern Reifebefchreibern. Nur fällt er, leider! einigemal in jenen widrigen Fehler er verfchweigt mit ten auf feinem Wege die Stunden irgend einer Tagreife Vorzüglicher ift fein Landsmann

Chardin in diefer Rücklicht. Er hat uns von allen feinen Tagereisen vollständig das Maas in Lieues vorge, legt. Da aber feine Reife die Türkei weniger berührt, und nur von Gonieh über Akalzike nach Tiflis und von da zurück nach Cutais geht, so steht er in Absicht auf die Menge des für unfer Land daraus gezogenen Nutzens Tournefort nach.

Jakfon. Sein Reifejournal, als Beitrag zur Geogra phie, ift eine ganz fonderbare Erfcheinung! Er gallopirt in Gesellschaft seines gemietheten Tatars um die Wette durch das ganze Türkische Reich. Lernten wir nicht aus feiner Schiffahrt von Basra nach Bagdad den Tigris und feine Canäle ein wenig näher kennen; hätte er nicht von Diarbekhr his Siwas und Tocat eine bisher noch felten be tretene Bahn genommen; hätte er nicht den glücklichen Einfall gehabt, von Marfivan an bis zur letzten Station vor Scutari feinen Weg durchgängig nach Englifchen Meilen zu bezeichnen; so wäre sein Tagebuch die entbehrlichste Sache von der Welt. Von Bagdad bis Diarbekhr klärt seine Route nicht das geringfte auf, denn alles ift fchon aus Anderen viel beffer bekannt. Weiterhin bis Tocat hat man aufserordentliche Mühe feinen Weg mit anderen Nachrichten in Uebereinstimmung zu bringen. Von Ama fia bis Marfivan verirrte er fich durch die Schuld feines betrunkenen Begleiters, das eben nicht tröftlich für unfere Arbeit wäre, wenn man diefe Lücke nicht durch Andere auszufüllen vermöchte. *) Aber durch feine Meilen

*) Fünfzig Jahre vorher wurde Ottern von den Türken zä Marsivan erzählt, dass es von Amalia her spukte, und die

von Marfivan an bis an das Ende von Natolien, welche man mit Tavernier, Pococke und Otter leicht in Verbindung fetzen kann, bringt man die grofse Perfifche Karawanenftrafse beinahe bis zur Evidenz. Diefe Umstände verfchaffen ihm einen entfchiedenen Rang unter unferen Beiträgen, zumal da es scheint, dafs er fehr gut gerechnet haben müsse.

Balby und Rauwolf. Beide aus dem fechzehenden Jahrhundert. Der Verfaffer würde feine Arbeit kaum für halb vollendet ansehen, wenn ihm nicht beide ihren Beiftand hätten leiften follen. Er kann in der That feine Verwunderung nicht bergen, dafs fchon lange unter den Geographen die Meinung herrfchend geworden ift, als fey mit fämmtlichen Reifebeschreibern aus diefer grauen Vorzeit gar nichts anzufangen. Ihre Wichtigkeit liegt offenbar am Tage, so bald man fie mit andern in Verbindung setzt. Ihre Erzählungen find freilich oft fehr mangelhaft. Balby und Rauwolf find befonders fchlechte Erzähler; allein noch weit fchlechter find fie von den meisten Geographen verftanden und ihre Reife von Bir auf dem Eufrat hinunter bis Feludsje auf eine ganz unbegreifliche Weise verstümmelt bald unglaublich verkürzt bald über alle Gebühr aus einander gezerrt worden. Büfching schreibt in feiner Geographie aus Balby nieder: von Bîr bis Anáh brachte er 40 Tage zu. Nimmt man das fo kahl hin, fo fährt man mit 40 Tagereifen weit über Bagdad hinaus, oder weifs nicht, wo man mit allen Wendungen des Fluffes hin foll. Eben fo deutlich fagt aber Balby auch im Verfolge feiner Reife, welche, wie viel Tage, und wo er ftille gelegen ist, und daraus ergeben fich 11 ganze Rafttage, aufser den Stunden, die er noch an jedem Reisetage geruhet, um Mittag zu machen, oder mit den Arabern zu plänkeln, oder mit einer Scylla und Charybdis zu kämpfen. So ift es aber gar oft gegangen, und da durch find eben fo viele Unordnungen entstanden. Rau

Reifenden in der Nacht irre geführt würden. Sehr artig, dafs diefe Poltergeister auch mit Jakfon ihre Kurzweil trichen.

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wolf ift nicht von ihm zu trennen; denn, da er den näm lichen Weg gefahren ift, und hin und wieder Thatfachen anführt, die Balby nicht hat, so erklärt und vervollständigt er ihn, und giebt den aus diefem gezogenen Refultaten etwas mehr Sicherheit, obfchon Balby felbft wait! umständlicher erzählt und befchreibt.

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Otter, welcher, als aufserordentlicher Gefandter des Franzöfifchen mit der Pforte ehemals in dem besten Ver-40 nehmen geftandenen Hofes, fich bei feinen Erkundigungen schon mehrere Freiheiten herausnehmen konnte, ohne fich dem Verdachte eines Spions auszusetzen, und glücklicher Weise die Berichtigung der Geographie: während feiner Reife zum Hauptgefchäfte machte, würde wegen der Vollständigkeit in der Angabe feiner Reifeftunden und der übrigen meistens vortrefflichen geographifchen Notizen über die politische Eintheilung der von ihm durchreisten Länder, und Lagen benachbarter aufser feinem Wege gelegenen Orte, nach Niebuhr der Hauptfchriftfteller seyn, wenn man nicht aus Pococke, Jakson und`einigen Anderen die von ihm durchlaufenen Distanzen noch bestimmter haben könnte. Hinwärts hielt er die Route Arvieux's und des unbekannten Engländers im Pococke, von Scutari bis Haleb faft gänzlich ein. Sein Weg gieng von da über Orfa und Mosful nach Bagdad; ferner nach Kirmanfchah, Nohawend und Ifpahan; eine andere, nicht viel von diefer unterfchiedene Strafse wieder zurück nach Bagdád, von da nach Diarbeckhr, Kiewân, Arebkir, Divrigki, Siwas, Tocat, und die grofse Strasse wieder nach Haufe. Aus allen feinen Erzählungen haucht der Geist der Wahrheit und eines forgfältigen Studiums. Keine einzige der Stunden feiner Reife, binnen welchen er wirklich unterwegs gewefen ift, läfst er aus, und fo ift er in diefer Rücklicht unter allen Reifebeschreibern einer der vollständigften. Dennoch lehrt ein ganz genaues Exa'men feiner Stunden, dafs man fich fehr damit in Acht zu nehmen hat. Sehr oft eilt er, ohne es anzumerken, binnen einer gleichen Anzahl von Stunden, ungewöhnlich *mehr vor, als andere Male, welches fich aus einer Ver"gleichung anderer, insbefondere mit Niebuhr, auffallend

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zeiget; und mit dem Compassstriche nimmt er es auch nicht fonderlich genau. Er ift alfo da, wo er mit anderen hierin bellern Schriftstellern zufammen reifet, wohl als beftätigend, aber durchaus nicht als Hauptquelle zu betrachten. Sonft ift ihm das grofse Verdienft nicht abzufprechen, dafs er alle Nainen in richtiger (Französifcher) Ausfprache liefert.

Caspar Schillinger. Seine Reife von Haleb über Aintáb, Merafche, Malatia, Arzingkân, nach Arzerûm und weiter, it wegen der Lage diefer Städte (ohnerachtet ihres grofsen Alterthums aus dem Anfange des fiebenzehenden Jahrhundertes) von grofsem Werthe. Er bezeichnet zwar nur die Tage, beschreibt aber feinen Weg umständlich und recht verlanden, treffen feine Berichte mit den neueren befferen, da wo fie ihn durchkreuzen, vollkommen überein. Befonders ift er aber auch mit Abulfeda in Verbindung zu bringen.

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Corneille le Bruyn. Von diefem weitläuftigen Buche in V Quartbänden enthält nur der zweite Band das Behufige zu unferem Plane. Der wörtlich ausgezogene Bericht eines Engländers William Halifax von einer Reife von Haleb nach Tadmor, von da über Taibe und am Eufrat hinauf wieder zurück; feine eigene Landreife von Tarablus über Schoghr nach Haleb; und von Satalia nach Smyrna, find allerdings eine Beihülfe, obschon nur eine fchwache. Unter den beiden letzten gleicht die von Satalia nach Smyrna mehr einem Räthsel. Er befchreibt fie mit allen möglichen Umständen, reifet durch Städte und Dörfer, über Berge und Thäler, über Flüsse, Bäche und Seen und nicht ein einziges von allen diesen Dingen nennt er mit Namen. Diefe Gedankenlofigkeit ift, einzig in ihrer Art und sogar ohne Beispiel in seinem eigenen ganzen Werke, auch fehr kläglich, denn der Verfaffer vermochte in keinem der übrigen durch feine Hände gegangenen Schriftstellern eine Reife von Satalia aus oder dahin zu Lande anzutreffen. Dennoch fand er ein Goldkörnchen darin, das eine fehr grofse Veränderung der füdlichen Küfte von

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