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ters, die Tochter eines gemeinen Matrosen, die aber in Copenhagen eine gute Erziehung für die Schaubühne erhalten hatte. Da sie nicht nur schön war, sons dern sich auch in ihrer Kunst auszeichnete, so hatte fie viele Anbeter, suchte aber ein besondres Vergnügen darinn, diese Herren mit allen erdenklichen Arten von Eigensinn zu quålen. Ihr schnödes Betragen wurde ihr endlich so sehr zur Gewohnheit, daß sie nicht ans stand, es sogar gegen den König selbst zu zeigen. Da fie glaubte, daß ihre Gage mit ihren Verdiensten in keinem Verhältnisse stånde; so hielt sie um Erhöhung derselben an und wandte sich deswegen eines Tages mündlich in einem sehr entscheidenden und heroischen Lone an den König. Se. Maj. erklärte ihr, daß sie sich mit ihrem jezigen Gehalte begnügen müßte, und sagte ihr sehr bestimmt, daß sie niemals auf Vermehrung rechnen möchte. „Sehr wohl, antwortete sie, ich fordere also meine Entlassung.",,Sie sollen weder diese noch höhere Gage erhalten.“,,, so entlaufe ich, flüchte aus dem Lande und lasse mich niemals mehr darinn sehen." Versuchen Sie es nur, sagte der Kdnig, aber es dürfte Ihnen nicht leicht werden aus dem Lande zu kommen, wenn ich es verbiete. Ungeachtet der Schärfe, womit sie auf Befehl des Hofes gehütet wurde, führte sie doch kurz nachher ihren Plan glücklich aus und schrieb folgende Zeilen an den König in das Tagebuch: *),,Sire, es ist viel leichter aus Ihrem Kd*) Auf allen Poststationen wird ein Buch gehalten, das sie Dag-bog nennen, und das in Columnen getheilt ist, in welche der Reisende den Ort, von dem er kommt, den, wohin er geht, und die Zahl der Pferde, die er gebraucht, einschreiben soll. Endlich ist für seine und des Gastwirthes Anmerkungen eine breite Columne gelafsen, auf diese schreibt der Reifende seine Klagen, wenn

nigreiche zu entkommen, als Sie glauben." Sie bat, daß man dieses Tagebuch dem Könige zu Geficht brinz gen möchte, und es wurde ihm als eine Seltenheit zuge schickt. Von hier ging fie nach Copenhagen, wo man sie schon kannte und mit großem Beyfall aufnahm, so daß sie dort wieder auf die Bühne gieng. Einige Zeit nachher that ihr der König neue Vorschläge, die sie erst mit großer Verachtung behandelte; da sie aber endlich die geforderte Summe erhielt, so kehrte sie frohlockend nach Stockholm zurück.“

,,Die Schweden lieben das Kartenspiel leidenschafts lich, eine Erholung, die nur zuviel anziehendes in allen Ländern hat, aber in Schweden besonders unter den höheren Ständen, alle Seelenkräfte zu fesseln scheint. Folgende Anecdote mag dazu dienen, dies auf eine ausgezeichnete Art ins Licht zu sehen :— Ein Herr von großsem Range mußte långer als gewöhnlich auf sein Esser warten, und da er gar keine Anstalten dazu sah, f ging er hinunter, um die Bedienten zur Rede zu setze und zu fragen, was an dieser Verzögerung Schul sey? Er fand sein Gesinde, das es hierinn der Heri schaft nachthat, ganz im Kartenspiele vertieft. Mar entschuldigte sich beym Herrn damit, daß das Spiel gerade jezt den interessantesten Punkt erreicht habe, und der Kellermeister, der am meisten darauf stehen hatte, nahm sich die Freyheit, die Lage des Spiels Sr. Erzellenz auseinander zu sehen, welche wirklich nicht umhin konnte, seine Gründe statthaft zu finden. Gleich

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er welche zu machen hat, und von Zeit zu Zeit werden diese Bücher dem Landshauptmann zugeschikt, v dem angenommen wird, daß er sie untersucht." Reise durch Deutschl., Dán., Schweden c. pon Carl Gottl. Küttner. Th. U. S. 324.

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wohl, da der Herr mit seinem Essen nicht warten wolls te, bis das Spiel entschieden seyn würde, so schickte er den Kellner fort, die Tafel zu decken, während er sich selbst an den Tisch zu den andern Bedienten sezte und das Beste des Abwesenden beymSpiele in Acht nahm.“

Herr A. erzählt, wie vortheilhaft sich die Regents schaft des Herzogs von Südermannland gegen die Res gierung Gustavs III. ausgezeichnet habe. Der Herzog stellte das gute Vernehmen mit Frankreich her, befliß fich der Sparsamkeit und gab dem Volke mehr Freyheit. Die Gelehrten erhielten Einfluß, und die Preßfreyheit lebte wieder auf. Man konnte dem Herzoge nichts als feine Eingenommenheit für den thierischen Magnetismus vorwerfen. Der jeßige König von Schweden aber hat ein Betragen und Sitten angenommen, die des nen seines Oheims, mit dem er niemals in Eintracht Jelebt hat, gerade entgegengesezt sind. Während der ganzen Regentschaft hielt sich der junge König immer im Hintergrunde. Nie erschien er aus eigenem Antriebe vor dem Volke und niemals that er etwas, ohne vorher den Herzog um Erlaubnis gefragt zu haben; es schien, als halte er sich während seiner Minderjährig= keit für nichts, blos um den Regenten das volle Gewicht seines Ansehens fühlen zu lassen, sobald der Zeitpunkt gekommen seyn würde, da er es in der vollesten Ausdehnung brauchen könnte. *) Die Hauptzüge in dem Character dieses jungen Fürsten sind, meines Erachtens, ein Ehrgeiz, ohne Minister oder irgend einen Einfluß zu herrschen, der seiner bedingten Regierung Schranken feßen könnte, und zu gleicher Zeit

*) Hiermit stimmt überein, was Küttner am angef. O. S. 323. 324. sagt; doch ist seine Schilderung des Königs treffender und lebhafter.

ein aufrichtiger Wunsch, soviel Gutes zu thun, als in dem engen Kreise seiner Kräfte und seiner Kenntnisse liegt. Unter dem Einflusse zweyer Geistlichen und von einem starken Abscheu vor der sogenannten neuen Philosophie durchdrungen, ist er ein erklärter Andächte ler geworden, und giebt daher einem Aberglauben Raum, welcher der allmächtigen Aufklärung alles nur mögliche Hinderniß in den Weg wirft. Diese beyden Geistlichen sind der Bischoff Fleddin und der Bischoff M***. Von dem ersteren erhielt der Kdnig Unterricht in der Religion; er ist ein Mann ohne Gelehrsamkeit, aber voller Ansprüche, und bereit seis nem Eigennutze alles aufzuopfern. Die lutherische Religion artet unter seiner Leitung in die Gebräuche und Ceremonien des Pabstthums aus. Seinem Rathe gemäß haben die Soldaten Befehl erhalten, am guten Freytage ihre Musketen verkehrt zu tragen und ihre Trommeln zu dåmpfen, wie in Rom und andern katholischen Ländern geschieht. Der Bischoff M*** war in seinen jüngern Jahren ein Freund der democratischen Regierungs-Verfassung und wurde zuerst durch eine Schrift bekannt, die er zu Gunsten derselben unter dem Titel: de democratia, optimo regimine, schrieb. Er wurde ein Geistlicher aus bloßem Eigennuß und zeigte sich als einen eifrigen Verfechter der abgeschmacktesten Behauptungen des Aberglaubens, es sey nun daß er wirklich für wahr hielt, was er anfangs ledigs lich ex officio glaubte, oder daß er es, wie manche dafür halten, aus Heucheley that. Sein theologischer Eifer zeigte sich mit einemmale durch eine Abhandlung ,,über die Macht und den Einfluß des Teufels auf den menschlichen Körper." In diesem Buche beweißt er durch Gründe, die, wie er sagt, eben so einleuchtend

als eine mathemathische Demonstration sind, nicht nur das Daseyn des Teufels und seiner Wirkungen auf den menschlichen Geist und Körper, sondern er ist auch in feinen Untersuchungen über den Gegenstand so glücklich gewesen, die verschiedenen Arten von Teufeln zu unter: scheiden, und die Mittel herauszubringen, wodurch man sie verbannen kann. Er hat entdeckt, daß der harige Teufel durch Johanniskraut (hypericum quadrangulare) in die Flucht getrieben werden kann.“

„Die Preßfreyheit liegt jezt in Schweden gånzlich darnieder; das Reich der Unwissenheit und Frömmeley breitet sich aus und wird vielleicht bald eben so unumschränkt seyn und dieselbe Finsterniß hervorbrins gen, welche jezt auf Spanien und Portugall ruht. Gustas III. begünstigte öffentlich die Freyheit der Presse, insgeheim aber schlug er sie in Fesseln. Er wollte, daß man ihn für einen großmüthigen, philosophischen Fürsten hielte; und dem Anscheine nach hinderte er die Schriftsteller nicht, zu sagen was sie wollten: dennoch waren sie vielen unbekannten Folgen ausgesezt, wenn sie etwas drucken liessen, das dem Hofe unangenehm war. Jezt ist eine Censur errichtet, welche die Werke der Schriftsteller verstümmelt oder sie willkührlich ganz und gar unterdrückt; ja was nochschlimmer und in andern Ländern unerhört ist, nach: dem die Censoren schon die Erlaubniß zum Drucke gegeben haben, kann der König noch die Bekanntma chung des Werks verbieten. Während meines Aufenthalts in Stockholm ereignete sich ein Beyspiel dieser Art mit dem Werke:,,Gedanken über die Herstellung der alten Monarchie in Frankreich." Nach Angabe dieser Thatsachen wird es nicht schwer werden, sich eine Vorstellung von der Lage der Wissenschaften und

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