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wiederholt aufgemuntert, sich voy ihren Leiden nicht bewegen zu lassen, sondern bis auf den Tod auszuharren. Aber wiewohl der Mann Muth hatte zu sterben, wurde doch der Vater erweicht, und in wenigen Stuns den hatten alle Neger ihre Nahrung, mit ihren Thrås nen vermischt, gegessen.“

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,,Da unsre Sclavenhåndler die Anzahl, zu welcher sie sich anheischig gemacht hatten, nicht liefern konns ten, so beschloß unser Capitain nach einem andern Markte zu segeln. Daher lichteten wir, steuerten nach Benin und kamen im Flusse Formosa vor Anker, wo wir noch hundert und fünfzehn Sclaven aufs Schiff nahmen. Als Arzt versicherte ich den Capitain mehra mals, daß man unmöglich noch fünfzig Personen zwis schen die Verdecke thun könnte, ohne ihre Gesundheit und ihr Leben zu gefährden; dennoch wurden alle hun dert und fünfzehn nebst den übrigen zwischen die Verz decke geworfen. Die stockende, eingeschränkte Luft dieses höllischen Loches, welche durch den Gestank der Ausleerungen und durch die heftige Ausdünstung eines folchen Haufens noch verwüstender gemacht wurde, erz zeugte faule Krankheiten; und selbst als wir noch im Ausflusse der Formosa waren, pflegten wir täglich ein paar Negerleichen über Bord zu werfen. Vergebens machte ich dem Capitain Vorstellungen; vergebens drang ich auf mehr Raum für die Schwarzen und auf freyeren Luftzug. Der Capitain sagte, er wisse nicht was für americanischer Schnickschnack von Menschenliebe mir in den Sinn gekommen wäre (that I was moved by some yankee nonsense about humanity.)"

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,,Randolph, der Schiffsschreiber, tadelte mich mit dürren Worten. Er håtte, sagte er, sieben Reisen nach Africa mit eben so guten Wundärzten, als ich sey,

gemacht; sie wårey gemeiniglich auf folgende Weise verfahren: so bald eine ansteckende Krankheit unter den Sclaven ausgekommen, håtten sie genau alle die auss gesucht, bey denen sich nur die mindesten Zeichen davon gefunden, oder deren körperliche Beschaffenheit sie das für empfänglich gemacht; diese hårten sie dann zusammengebunden und mit einemmale über Bord geworfen. Was hat denn das Leben der schwarzen Teufel auf sich? sezte er hinzu. Sie sterben mit Lust. Man kann ihnen keinen größern Gefallen thun, als wenn man sie ins Wasser wirft."

,,Als wir in See waren, bewegte sich das Schiff heftig von einer Seite zur andern. Die daraus entstehens de Seekrankheit vermehrte den Unrath. Des stürmischen Wetters halber mußten wir einige Lucken zumachen, durch die der Plaz zwischen den Verdecken gelüftet wurde. Der Tod wüthete fürchterlich unter den Sclaven. Mehr als zwey Drittel waren krank. Es war beweglich, das grinsende Lächeln auf dem Gesicht des sterbenden Negers zu sehen; er frohlockte gleichsam, der Grausamkeit seiner Unterdrücker zu entkommen. Ich nahm einen wahr, der alle seine Kräfte sammelte, in einer Anstrengung, es war die lezte, mit großem Ausdrucke sprach und verschied. Er suchte, wie ich vom Dolmets scher erfuhr, durch diese Sterbeworte seine Frau und zwey Kinder zu vermögen, daß sie ihm bald folgen, und mit ihm ihren Durst an dem großen Quellwasser ihres großen Vaters, den weissen wilden Thieren uns erreichbar, stilleu sollten.“

Von Algier erfährt man hier folgendes:

,,Vielleicht hat keine andre Stadt so viele Derter, die für Fremde unzugänglich sind. Das Junere vom Palaste des Dey und die Gemächer der Frauen in jedem

Hause bleiben selbst den Eingebohrnen verborgen. Keis ner naht sich ihnen als der Herr. Ein Fremder darf niemals die Bevestigungen der Stadt besehen; und die Moscheen werden sorgfältig vor den verunreinigenden Tritten des Ungläubigen bewacht.“

,,Algier liegt in der Bay dieses Nahmens. Es ist theils auf das Seegestade theils auf einen darüber stes henden Hügel gebaut. Daraus entsteht natürlich die Ober- und Unterstadt. Gegen die See hat es ungeheure Befestigungen; sie gehen selbst auf dem Damme fort, welcher den Hafen gegen Stürme und Ueberfälle sichert. Ich bin nie ganz durchgegangen, sollte aber glauben, daß eine Linie,die man vom westlichen Arme des Dammes an über Land bis an das dftliche Ende der Stadt zöge, ungefähr zwey englische Meilen ausmachen würde. Es hat 120 Moscheen, 220 öffentliche Båder und unzäh'Tige Caffeehauser. Die Moscheen sind große steinerne Gebäude, nicht hoch nach Verhältniß der Weite, die sie unten einnehmen, und auf ihren Winkeln stehen gemeiniglich viereckte Thürmchen, von denen die unteren Priester das Volk zum Gebete rufen. In die Båder, welches bequeme Gebäude sind, fällt das Licht von oben; sie haben kaltes und warmes Wasser, welches man vermittelst messingner Hähne in kleinen mar mornen Cisternen nach Gefallen mischt. Jeder Badende bezahlt zwey Realen beym Eintritt, wofür er ein Ankleidezimmer gleich an der Badecisterne wie auch Handtücher, Reibebürsten, nebst andern Bequemlichketen, ein Glas Scherbet, und, wenn er will, Bedienung erhält. Die sogenannten Caffeehäuser sind meistentheils 'offene Plätze mit einer darüber ausgespannten Plane, welche sich vom Vordertheile des Hauses auf die Straffe erstreckt. Hier ergötzen sich die Einwohner mit müffiger

so hört bey seiner Annäherung alles Ansehen der Cadis ́auf, und geht in den Dey über. Die obenerwähnten Gebräuche, wodurch des Deys volle Gewalt einges schränkt wird, beziehen sich vornehmlich auf Religion, Eigenthum und Weiber. Einen Priester verurtheilt er nie zum Tode; und obgleich nach dem Absterben eines Unterthanen dessen Landeigenthum sogleich dem regies renden Dey zufällt, so zieht er es doch niemals bey Lebzeiten eines Besizers ein. Wenn jemand wegen des höchsten Verbrechens hingerichtet wird, so behandelt man doch die Frauenspersonen seiner Familie mit Achtung; ja sogar wenn bey einem Aufstande der Soldaten der Dey ermordet wird, so verlehen doch weder diese, noch sein Nachfolger die weiblichen Gemächer des Ermordeten. Eine blosse Liebe der Soldaten zum Neuen, der Wunsch an den Geschenken eines neuen Oberherrn Theil zu nehmen, die Staatsmarimen seiner Hofleute, und die Ehrsucht seiner Staatsbeamten oder Söhne, haben nicht selten die Absetzung eines Deys verursacht; aber den viel häufigeren Grund seiner Entfernung wird man sogleich erfahren."

,,Schriftsteller haben die Einkünfte des Deys auf fieben hundert tausend Dollars jährlich angesezt. Wåre hier der Ort, so könnte ich vielleicht aus seinem Aufwande beweisen, daß diese Angabe zu geringe ist. Sie fliessen aus einer kleinen Abgabe seiner Unterthanen, aus dem Tribute etlicher Mohren und arabischen Ståms me im Innern des Landes, aus einer Kopftare auf die Juden, aus gekaperteu Prisenschiffen, aus Geschen= ten fremder Mächte, womit sie den Frieden erkaufen, aus den jährlichen Subsidien der Nationen, mit denen er in Bündnissen steht, und aus den gewöhnlichen Spens den, welche ihm die Hofleute an seinem Geburtstage

überreichen. Hierzu kann man die Summe rechnen, welche er von den Paschas der innern Provinzen und von den Juden für ihren Schuz erpreßt. Aus diesen Mitteln muß er die Pracht seines Hofes unterhalten, die Kosten der auswärtigen Gesandten bestreiren, sein Heer bezahlen, seine Marine im Stande halten, und feine Bevestigungen ausbessern. Ist er nicht glüklich und beliebt genug, so muß er auch durch häufige Geschenke seine Gunst bey denen zu unterstützen suchen, welche Macht haben, ihn abzusetzen. Sein Theil an den zur See gemachten Prisen und die Geschenke, woz mit die handelnden Mächte ihn bey guter Laune zu ers halten suchen, sind die vornehmsten Quellen seiner Einkünfte. Es ist klärlich die Staatsklugheit des Deys, feine Verträge wiederholt zu übertreten, um entweder durch Capereyen oder durch die Forderung neuer Abfindungen für seine Freundschaft die Schazkammer zu bereichern. Ein friedfertiger Dey regiert sicherlich nicht lange; denn abgesehen von dem Unwillen der furchts baren Menge von Matrosen, welche angestellt zu seyn wünschen, findet der Dey bald, daß die erwähnten gewöhnlichen Einkünfte für seine jährlichen Ausgaben nicht hinreichen, und sieht sich daher oft zur Kriegserklärung genöthigt, blos um sich zu behaupten. Man hat mir erzählt, daß der gegenwärtige Dey diese Bewegungsgründe einem americanischen Anwalde in Algier eröfnete, und daraus die Nothwendigkeit, ameriz canische Schiffe zu kapern, herleitete. Ich muß mit Jemand Krieg führen, sagte der Dey, und Ihr Volk muß auch an die Reihe kommen. Wenn der Dey aus Liebe zur Ruhe, oder aus Furcht vor fremden Mächten, mit der Welt in Frieden lebt, so vereinigen sich der beleidigte Matrose and habsüchtige Soldat ihn ab. Engl. Miscellen VIII. 3.

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