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Die entschiedene Feinheit der englischen Manufacturen giebt ihnen mehr Vortheil im Lande selbst und in dessen eben so reichen Colonien, als im übrigen Europa, wo beym großen Haufen durchgehends Tuch, Wäsche, Geråthe 2c. gröber sind. Dies entgeht den Engländern nicht und die meisten Manufacturen sehen sich seit kurz zem auf den Fuß, daß sie auf die Märkte, welche es fordern, eine angemessene Quantitåt grober Güter bringen können. Dies geschieht seit einigen Jahren in Hinsicht der leinenen Waaren und wird jezt immer mehr mit den baumwollenen der Fall. So sieht man jezt in London weißbaumwollene Nachtmüßen, wovon das Stück nicht mehr als sechs Pence kostet, ein Preis, der bisher unerhört war. Es läßt sich aber leicht abmer ken, daß sie hier nicht sehr gehen.

Wo der Kunstfleiß so unsäglich weit gediehen ist, als in England, wo kaufmännische Mitbewerbung und Eifersucht so fruchtbar und allgemein sind, da wird es ausserordentlich schwer, einen Gegenstand ausfindig zu. machen, dessen Ausbildung man ohne die Besorgniß unternehmen könnte, daß nicht vielleicht ein anderer schon denselben Zweck verfolgen möchte. Daher ist in Grosbritannien keine Sache so unbekannt, so verborgen, so verachtet, von deren patentirter Verbesserung man nicht über kurz oder lang zu hören erwarten müsse. Es ist bekannt, daß die gewöhnliche Fenster in England zum Echieben gemacht werden und an Gewichten hangen, die innerhalb der Zarge verborgen sind. Eben so wenig Ficht man die Leinen oder Stricke für das Blev, und die Erfahrung hat gelehrt, daß jeder gute Strick lange Zeit über, ohne Nachtheil, dazu gebraucht werden kann. Aber auch diese sashlines, wie sie heissen, hat Arms strong, ein nachdenkender Sailer, in Betreff der Dauer

haftigkeit dermassen vervollkommnet, daß man sie über: all vorzieht, und daß sein darüber erhaltenes Patent den Erfinder bereichert. Man sieht jezt diese Fensters leinen, die übrigens in den Augen des Nichtkenners allen andern Stricken gleichen, in den großen Eisens låden hängen, vermuthlich weil die andern Sailer aus Brotneid die Patentleinen nicht verkaufen mögen.

Wiewohl dieser Sommer das nördliche Europa mit seinen Sonnenstrahlen nicht sehr belästiget hat, so muße ten doch die Manufacturen auf Hiße zählen und ihren gewöhnlichen Vorrath von neuen leichten Sommerzeugen liefern. Unter denen, welche die Mannspersonen tragen, zeichnen sich sechs bis acht Arten gemischter Nankings von dunkeln Farben aus. Ein Theil der allerjüngsten Stußer trägt davon lange Pantalons und Camaschen. Diese melirten Nankings bedürfen des Waschens nicht oft und halten Farbe. Die lange Elle kostet 18 6d.

Der Juwelier Price in Orfordstreet hatte im August wieder Obstschüsseln, aus geschliffenem Glase, auf plattirten Gestellen, welche zu den prächtigsten Arbeiten gehörten, die London heuer hervorgebracht hat. Ihr Rand war sehr dick und gleichsam gewickelt wie an einem Turban. Die ganze Schüssel war in Rauten geschliffen, deren jede aus vier Dreyecken bestand, die eine gedrückte Pyramide bildeten. Das Glas war so rein und die Schleifung so glatt, daß den Facetten Quecksilber une tergelegt zu seyn schien. Doch leiden diese Schüsseln keinen Vergleich mit dem im lezten Stücke erwähnten Desertservice, welches die Herren Hancock für den Kayser von Rußland gemacht haben. Die Leuchter und Teller wurden von Kunstverständigen für so prachtvoll gehalten, daß sie glaubten, dergleichen sey seit Erfins

dung des Glasschleifens noch nie ausgeführt worden. Auch waren die Verfertiger bey Absendung der Kisten noch gar nicht mit sich einig, was für einen Preis sie auf diese Arbeit setzen sollten: nicht als ob sie den Monarchen hätten übernehmen wollen, sondern weil sie noch nicht im Staude gewesen waren, die unsåglich mühsame Arbeit der angestellten Schleifer, den Verlust der vielen misrathenen und wieder aufs neue angefan= genen Stücke, die aufgewandte Zeit 2c. gehörig zu schätzen.

Unter den Strümpfen sind in diesem Sommer keine Farben so herrschend als die des Nankings, die Nans kingmelirte und die bloße Fleischfarbe; von allen dreyen hat man auch kurze Pantalonstrümpfe, und zwar sowohl von Seide als Baumwolle. Die seidenen Strümpfe dieser Muster sind sehr schön.

Nachdem die Bratenschüsseln einige Zeit auf der Tafel gestanden haben, gerinnt öfters ein Theil der Brühe und man kann nicht umhin, mit dem Löffel Brühe und geronnenes Fett zugleich aufzunehmen. Elliot und Sohn Nr. 119. Orfordstreet haben daher Brühelöffel erfunden, welche das verhindern. Mitten im Löffel ist ein Zaun oder Rost (grate) den man schieben kann. Das Fett auf der geschöpften Brühe muß daher an der einen Seite des Rosts aufgehalten werden und die reine Sauce sammelt sich jenseits. Preis L.2. 65. 3u gleichem Behufe sind die Saucelöffel mit halber Bedeckung. Der Zaun und der halbe Deckel sind durchlöchert und so wird. die aufgenommene Brühe zweymal geseigert, ehe man fie ausgießt. Diese Löffel sind nur plattirt und kosten L. 1. 6s. Man hat solcherley Löffel von Blech und grober Arbeit schon lange in den englischen Küchen, wo sie zum Begießen der Braten, während diese am Feuer

find, gebraucht werden. Sie find also nur in verschdnerter Form auf die Tafel gebracht worden.

Man hat schon Taschendintenfäßer von verschiedes ner Einrichtung. Da man sich ihrer aber meistentheils im Stehen bedient, so kann es nicht anders als unbez quem seyn, daß der Stöpsel erst herausgenommen wers den muß, wodurch man nicht allein oft die Finger sone dern auch den Ort beflekt, auf den der Stöpfel gelegt wird. Jezt ist aber ein neues Taschendintenfaß erfunden worden, das in diesem Stücke einen Vorzug hat. Der Deckel desselben ist durch ein Gelenk mit dem Dinten= faße in Verbindung gesezt und der Stöpsel ist inwendig auf dem Deckel befestiget. Deswegen kann man das Dintenfaß niemals auf oder zu machen ohne den Kork zugleich auszuziehen oder wieder an seinen Ort zu stekken. Es ist auch Raum für eine Schreibefeder und einen kleinen Schwamm. Der åuffere lederne Ueberzug hat einen guten schwarzen Lack und ist niedlich mit goldenen Blumen bemahlt. Diese Kleinigkeit verdient Empfeh lung. Preis 35 bey Reynolds, Nr. 137. Orfordstreet.

Die Verzierung der Blumentöpfe und Blumengestelle ist hier einem unaufhörlichen Wechsel unterworfen. Die neuesten Blumentöpfe mit ihren Unterlagen sind weiß und haben reichmarmorirte und starkvergoldete Rånder. Aus den Gestellen für Blumen werden allmåhlig Tische mit hohen Rändern. Dakley in Neubonds street hat ein niedliches Körbchen hinzugefügt, welches an vier farbigen Strången aus Seide oder Wolle hångt, die von den vier Winkeln des Tischgestells herabgehen und das Körbchen unten in der Mitte halten. Man thut darein Sámereyen, Blumen u. f. w.

Der Lurus mit tragbaren Bibliotheken und Schreibecommoden für Frauenzimmer ist nun so hoch gestiegen,

daß man kaum sagen kann, welche Form die herrschende sen. Jede Dame bestellt sich eine nach ihrem Geschmacke und wenn die Arbeit auch andern gefällt, so erhålt der Mobilienhändler mehrere Bestellungen. Dann erst kann man sagen, ein Geråth sey Mode. Im August sah man einen sehr schönen Schreibecommode in Neubondstreet, welche eine vornehme Frländerin bey Kidds bestellt hatte. Bibliothek und Schreibecommode waren in Eis nem. Die Bücherbretter hatten alle vorn ein kleines messingenes stark vergoldetes Geländer von kunstreicher Arbeit, aber keine Glasthüren. Am Pulte war ein Pas tentschloß und inwendig hinter den gewöhnlichen noch etliche verborgene Schubfächer. Unterhalb des Pultes befanden sich zwey Flügelthüren, deren Füllungen aus übergoldetem Drahte und gelbem Tafft bestanden. Das Mahagony war von der köstlichsten Art, nåhmlich halbs brånlich und flockig. Preis zwanzig Guineen.

Man kann nichts schöneres sehen als die neuen gelben Shawls. Sie sind äusserst fein und haben allerley Farben, melirte Einfassungen und lange Troddeln. Ueberhaupt sieht man unter den Farben die des chines fischen und englischen Nankings sammt den Schattis rungen vorwalten. Ja es scheint als ob die schönen him melblauen Zeuge, welche jezt im höchsten Ansehen stehen, ihnen bald Raum machen würden. Bekanntlich hält sich dieses Gelb im Waschen besser als alle andre Farben.

In den reichen Galanterielåden des langen Strans des findet man jezt mehrere neue Sorten von Etuis und Zahnstocherbüchsen. Sie find theils aus Elfenbein, theils aus Schildpatte und nur sparsam aber desto ges schmackvoller mit goldenen Buckeln und Stiften vers ziert. Es ist ausserordentlich, mit welcher Liebhaberey

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