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diß die beträchtlichste Summe, welche es je zuvor netto gewonnen hat; der Einzelhandel ist, wie man leicht denken kann, viel gewinnvoller. Wenn ein Ladenhändler nur ein mäßiges Capital besißt, so kanu er, im Ganzen genommen, feine Familie überflüßig erhalten, und ihr noch eine Menge von den Annehmlichkeiten des Lebens verschaffen, wobey er gemeiniglich im Stande ist, noch so viel zurückzulegen, daß seine Kinder mit der gewohnten Gemächlichkeit fortleben können. Demungeachtet. nehmen die Londner Ladenhändler weniger Profit von ihren Sachen, als dieselbe Classe von Kaufleus ten in andern Städten thut, weil der Verbrauch ungeheuer und die umleufende Geldmenge erstaunlich ist, so daß des Ladenhandlers Capital schnell zurückkehrt und sich des Jahres mehrmals vervielfältiget."

Ueber Colqhouns bekanntes Buch vou der Londner Polizey wird sehr hart geurtheilt. Unter die vielen neuen Ars tikel dieses Buchs`muß man zählen: ein Verzeichniß der Privatgemähldesammlungen, der öffentlichen Ausstellungen, der vorzüglichsten Manufacturen und Waarenhäuser, der bez liebtesten Prediger aller Confeffionen, der Lesebibliotheken, der französischen und deutschen Buchhändler, der Zeitungen, der Monatsschriften, der literarischen Zusammenkünfte 2. Die umliegende Gegend von London ist auch abgehandelt und hinten findet man eine Charte der Hauptstadt. Außerdem ist das vielwissende Büchelchen gut und correkt gedruckt und niedlich gebunden.

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Leßthin gieng ein junger Mensch durch Knigthtsbridge, welches jest eine Vorstadt des westlichen Londons ist. Er sah dort bey einem Tuchhändler zwey schöne Stücke Tuch liegen, die er ohue die Ceremonie des Bezahlens an sich zu bringen wünschte. Er gieng mit der Entschlossenheit, die diesen Herrn eigen ist; in den Laden, als niemand darin war, und da er die Besißerinn, welche so eben eine hauss liche Verrichtung hatte, nicht beschweren wollte, so nahm er die beyde Stücke Tuch und knöpfte sie unter den Rock. So

weit gelang es ihm. Aber unglücklicherweise batte ihm ein gegenüber befindliches Frauenzimmer zugesehen, welches gleich Lärm machte, und „ein Dieb" rufte. Sogleich wiez derholten Soldaten, Fleischer, Bäcker, Weiber und Kinder das Wort und fezten dem jungen Menschen nach. Dieser warf klüglich den Raub weg und verlies sich auf seine Schnellfüßigkeit. Er konnte so gut laufen, daß er alle feine Vers folger hinter sich ließ, und in wenigen Augenblicken den sogenannten Winkel am Hydepark erreicht hatte. Hier wollten ihn zwey Männer aufhalten, aber er zog ein Taschenmesser und drohete es jedem, der sich ihm näherte, durch den Leib zu rennen. So ließ man ihm freyen Weg und er erreichte ungehindert Grosvenorplace. Seiner unglaublichen Geschwindigkeit wegen dachte man, er würde entspringen, und unter den Herren, die ihn vorüberfliegen sahen, wurden ansehnliche Wetten gemacht, daß ihn Niemand einhohlte, aber am Ende von Grosvenorplace bog er um eine Ecke in einen sogenannten Sack oder eine Gasse ohne Ausgang, wo er gleichsam wie in einer Falle gefangen wurde. Doch gab es erst einen verzweifelten Kampf, und er bekam ein blaues Auge, ehe der Zug zurück nach Knightsbridge gieng. Er war nach der neuesten Mode in einem neuen feinen blauen Rock, Pantalons von Nanking u. s. w. gekleidet.

Drey Damen wollten gegen Abend in Camberwell auf den Jahrmarkt gehen. Gerade am Eingange des Vlahes wurden sie von fünf bis sechs wohlgekleideten Männern und zwey Frauenzimmern umringt und heftig hin und her gestosfen. Man nahm ihnen während der Zeit ihre Uhren und Börsen. Eine der Damen war hoch schwanger. Der Schreck über diesen Vorfall machte, daß sie Tags nachher auf den Tod lag. Dies geschah an einem Orte, wo mehrere tausend ·Menschen versammelt waren.

Den reichen Beckford kennt man auch in Deutschland, in der Schweiz und in Frankreich. Wenn man von einem Orte sprechen wollte, wo sich alles vereinigte, was Lurus erdenken und Geld kaufen konnte, so nannte man seinen Landsik Fonthill, in Wiltshire. Als daher im August Hr.

Beckford nach Paris reiste, und einen Theil seiner kostba ren Möbeln versteigern ließ, kam eine Menge Adel und Reiche nach Wiltshire, um die kostbaren Geråthe und zugleich diesen prächtigsten aller Landsiße in England zu besehen. Ausser der grossen Eleganz des Ortes befizt er viel natürliche Schönheiten: auf den herrlichen Wasserstücken spielen überall Schwäne; die Baumgruppen bringen eine überraschende Mannigfaltigkeit hervor; die Gärten sind mit allem bereichert, was Europa und Asien zu ihrer Ausschmückung erdacht hat; endlich ist das Hauptgebäude ein Vallast im besten neuesten Geschmack, worinn man schwerlich etwas vermissen wird, das in unsern Zeiten zur Bequemlichkeit, Anmuth und Verschönerung der Wohnungen ersonnen worden ist. Daher war es zur Zeit der Auction, als ob in Fonthill eine Krönung oder ein Jahrmarkt wäre. Aus der ganzen Gegend wallfahr= tete man dorthin, und selbst die eben eingefallene Erndte konnte die Wächter nicht abhalten. Vierzehn Tage lang was ren um Fonthill Wagen, Pferde und Gasthöfe ausserordentlich theuer. Auf die ausführliche Beschreibung der einzel nen Geräthe, die versteigert wurden, tönnen wir uns hier nicht einlassen, aber in einem Werke, das von dem jeßigen Lurus der Engländer ausdrücklich handelte, dürften sie nicht übergangen werden.

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In der Erndte wurde bey Hammersmith und Turns ham Green eine neue Art von Diebstahl begangen. Man drasch des Nachts eine beträchtliche Menge gemäheten Waizen auf den Feldern aus. Das Vergehen war deswegen. desto strafbarer, weil auf diese Art so viel Getreide ungenüzt verkommt.

Im verflossenen Jahre wurde das jährliche Melonen fest wiederum in Chiswick gefeyert, wobey sich dreyhundert Gärtner und Baumschulenzieher einfanden. Nach dem Essen wurden wie gewöhnlich die Melonen vorgezeigt, welche jeder gebauet hatte, und der Gärtner Philips aus Richmond war Schiedsrichter. Ungeachtet diese höchst leckere Frucht nur in den Südländern ihre Vollkommenheit erreicht, so sah man dennoch hier sehr viele von einer Schönheit, welche bewies,

wie hoch dieser Zweig der Gärtnerey jest in England gestiegen ist. Der Gärtner des Herzogs von Northumberland zeigte die größte und schönste: er erhielt dafür einen silbernen Becher. Ein Gärtner aus Richmond hatte nach ihm die beste Melone aufzuweisen, wofür man ihm einen filbernen Punschlöffel zugestand.

Jm August stand folgende wunderliche Bekanntmachung in vielen Zeitungen: Man sucht sieben Weiber. Respectable Frauenzimmer, die sich zu verheurathen wünschen, können von fieben Herren Nachricht erhalten, die ein regelmässiges Leben zu führen und wahres Eheglück zu geniessen wünschen. Blos Frauenzimmern, die wirklich ernsthaft denken, gut er zogen worden sind, einnehmende Sitten haben u. f. w. fon: nen solchen Männern anstehen. Ernsthafte Vorschläge in postfreyen Briefen unter der Adreffe W. U. Nro. 12. Cravenstreet London follen mit der gehörigen Aufmerksamkeit behandelt werden. Notabene. Man hat nichts gegen Da: men vom Lande. (Viele Leute in London wissen, daß diese Ankündigung ihren Zweck sehr wohl erreichte).

Im August, wo man noch nichts von den nahen Frie: denspråliminarien wuste, kam ein Commando Seeofficiere und Seeleute auf den Jahrmarkt in Peckham, um Matro: fen zu pressen. Das Preßcommando fuhr in zwey Kutschen auf den Markt; man entdeckte es daher nicht eher, als bis die Officiere heraussprangen und drey junge Menschen mit fich fortnehmen wollten. Man machte sogleich Lärm und es entstanden gar ernste Auftritte. Ein allgemeines Treffen begann, das eine halbe Stunde dauerte. Das Commando wurde schrecklich zugedeckt und war froh, als man es ente Laufen ließ. Eine Menge Leute empfiengen gefährliche Wunden, weil der Vöbel unbarmherzige Schläge austheilte.

In Newcastle zogen vier hinter einander gespannte Pfer: de Zimmerholz ans Laud. Der Fuhrmann wollte das vor: derste Pferde entweder antreiben oder es anders leiten und warf ihm einen Stein an den Kopf. Das arme Thier wurs de so scharf getroffen, daß es zurück auf die Hinterpferde fiel. Da sie alle zusammen gekettet und in tiefem Wasser

waren, so zog sie das gefallene Pferd gewaltsam an sich. Sie kämpften einige Zeit mit den Wellen, musten aber endlich alle ertrinken.

In der irländischeu Stadt Armagh mengte der Maurer Williamson Mörtel auf der Strasse, als Paterson, ein acht und achtzigjähriger Mann vorüberging. Der Greis wurde ein wenig mit Mörtel besprúzt und sezte den Maurer darüber zur Rede. Der junge Mensch antwortete: Wenn ihr euch nicht fortmacht und geschwind vorbeygeht, so sollt ihr noch stärker besprüzt werden. Es entstand ein Wortwechsel. Der Maurer drohete, den alten Mann auf die Strasse zu stoffen. Dies bewog den Greis, seinen Stock aufzuheben. Um ihn nicht näher kommen zu lassen, warf Williamson ein wenig Kalk auf ihn zu. Hierauf gab der alte Mann dem Maurer ein paar Stockschläge, wodurch dieser so aufgebracht wurde, daß er mit der drevzackigen Gabel, die er in der Hand hatte, auf den Alten einfuhr und ihm über dem Ohre eine tödtliche Wunde beybrachte, woran er starb. Der Maurer wurde ergriffen und als Mörder belangt. Aber die Geschwore

nen zählten ihn vom Morde los, und erklärten ihn blos für einen Todtschläger. Sie erkannten auf ein Brandmahl in der Hand und auf Einjährige Gefängnißstrafe.

Kuhpocken. Ein junger Bauer aus Wiltshire brach te von London etliche alte Kleider mit, die er um ein ges ringes gekauft hatte. Die Folge zeigte, daß sie einem Mens schen gehört hatten, der mit sehr bösartigen Blattern bes haftet war; denn kaum war er zurück, als seine Mutter und etliche andere im Hause die Pocken bekamen, woran die Mutter starb: er selbst entkam, weil er kurz vorher vacą cinirt worden war.

In derselben Gegend stand eine alte Dame an der Hauss thur, als man eben die Leiche eines Pockenkranken vorübers trug. Sie wurde gleich bettliegrig, bekam die Blattern in einem unglaublichen Grade, und wurde nach wenigen Tagen ein Opfer derselben. Die Kubpocken sind jezt so allgemein in England als ein Vorsichtsmittel bekannt, daß zu hoffen steht, die eingetretene Generation werde dieser grausamen Geisel des Menschengeschlechts gänzlich entgehen.

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