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Der Preis ist gering, und es hat außerdem etliche sehr erträglis che Kupfer. Nicht nur der Fremde, welcher nach London kommt, fondern auch der auswärtige Leser, welcher dieses Buch aus Lernbegierde in die Hände nimmt, wird meistens befriediger werden. Etliche Auszüge dürftën manchem angenehm seyn.

Seiner Größe nach ist London ungleich weniger volls reich als andre Hauptstädte. Die Straffen sind weiter, und alle Classen von Einwohner nehmen für sich und ihre Famis lien mehr 'Raum ein, als das Volk in fremden Låndern. Nicht nur dér Kaufmann, der Großhändler und der ansehnliche Mann bewohnen jeder ein eigenes Haus, fondern auch der Ladenhåndler der Mittelclasse und oft ganz gemeine Leute. Aus allen diesen Umständen ist klar, daß in London eine gegebene Anzahl von Menschen über einen grösseren Raum ausgebreitet ist, als in den mehresten Städten des festen Landes. Jede Volkszählung in London ist unsicher, und der Anschlag fällt in verschiedenen Händen verschieden aus, nemlich von 600,000 bis auf 1,200,000 Seelen. Eine Zusammenhal tung der verschiedenen Angaben und eine Prüfung der Grüne be, worauf sie beruhen, bewegen uns, die Volksmenge von London auf 800,000 Menschen auzuseßen. Denkt etwa Jemand, die Ehre von London leide darunter, wenn man wes niger Menschen annimmt als die herrschende Meynung be fiehlt, so erinnere man sich, daß es sowohl den Sitten des Landes, als der Billigkeit der Gefeße zum Nuhme gereicht, wenn die mittlere und niedrige Claße in London so viel Raum einnehmen, als ihnen durch diese gemäßigte Zahl zufällt."

,,Unfre Bewegungsgründe sind zum Theil die, woraus die Gesundheit der Residenz entsprießt. Die breiten Strassen und der große Plaß, der Einer Familie zugetheilt ist, tragen unbeschreiblich viel zum Wohlbefinden bey. Man findet aber in London noch mancherley Umstände, die auf denselben Punkt hinführen. Der größte Theil der Stadt liegt auf Hügeln oder auf einem sanftsteigenden Boden; der Grund ist fest und trocken, und also der beste, den Menschen nur bewohnen kön men; die niedrigsten Theile der Stadt werden ihrer Feuchtigi

keit durch die unterirdischen Kloaken entlediget; ein breiter und schneller Strom fließt durch das Herz der Stadt, und da ihn die Fluth zweymal in vier und zwanzig Stunden be west, so wird er dadurch, gereiniget; die unermeßliche Menge affer, welche selbst in die allerschlechtesten Häuser durch viele tausend Röhren zum täglichen Gebrauche geleitet wird, giebt alle Mittel der Sauberkeit an die Hand, wodurch man die Gesundheit, so wesentlich befördert: mit einem Worte, obgleich der Londuer Dunstkreis öfters feucht ist, und obgleich die Witterung von einem Ertrem auf das Andere überspringt, so kann man diese Hauptstadt dennoch eine der Gesündesten nennen.

Es ist ein merkwürdiger Umstand, daß sich vom Jahre 1767 bis 1796 die Sterbefälle in der eigentlichen Stadt Lonz don jährlich um 3,130 vermindert haben; obschon London binnen dieser Zeit ungeheuer in Ausdehnung zugenommen hat. Man kann diese glückliche Erscheinung aus mannigfaltigen Ursachen herleiten. Unter die vornehmste gehört die Heilart überhaupt, sodann besonders die Behandlung der fauz len Fieber und die allgemein gewordene. Einimpfung der Pocken. Indeß darf man nicht aus der Acht lassen, daß eis ne der erheblichsten Ursachen die Vergrößerung der Stadt felbst ist. Mehrere hunderte von Häuseru jind in den allerbewohntesten Theilen von London abgebrochen worden, um die Straffen zu erweitern; audre haben den ungeheuren neuen Waarenhäusern Plaß machen müssen, welche hier und da bes fonders aber von der Ostindischen Compagnie erbauet wors den sind. Durch diese und andre minder bemerkbare. Ereig nisse sind Tausenden von Einwohnern, vornehmlich die der dürftigeren Classen, aus dem mit Menschen überfällten Mits Telpunkte der Stadt in die neuen Straffen der Vorstädte ver"seßt worden., Mithin find die Erweiterung von London und dessen Bevölkerung, glücklicherweise Hand in Hand mit eins ander gegangen und die Stadt ist überall luftiger, gesünder und bewohnbarer geworden.“

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An Schlachtthieren werden jährlich in London verbraucht 110,000 Rinder; 776,000 Schaafe und Lämmer; 210,000 Kål

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bet; 210,000 Schweine; 60,000 Span-Ferkel, ohne die andre Fleischkost zu rechnen. Allein, wenn mán blos von der Mens ge der nach London gebrachten Schlachtthiere spricht, so giebt man noch keinen vollständigen Begriff von der Menge des vers zehrten Fleisches. Man muß auch ihre Größe und Feistigleit in Anschlag bringen. Die Viehmast ist seit den leßten 45 Jahren so sehr verbessert worden, daß diese Thiere jest im Ganzen genommen wenigstens die Hälfte mehr wiegen als chemals. Das DurchschnittGewicht eines Ochsen ist jezt achts hundert Vfund, eines Schafs achtzig Pfand, eines Kalbes hundert und vierzig Pfund und eines Lammes fünfzig Pfund. Ausländer erstaunen über die unermeßliche Menge' Milch, welche in London verbraucht wird, und doch vermuthen fie schwerlich, daß sich diese auf nicht weniger, als 6,980,000 Gallons (nach Nelkenbrecher und Gerhard hat der Gallon AT6 Berliner Quart) jährlich beläuft. Hierzu werden 8,500 Kühe gehalten. Die Kuhleute bekommen jährlich von den Milchhöckern, Milchweibern 2c. 240,833 Vf. Sterl. Auf diese Summe schlagen aber die leßtern wieder Cent pro Cent; und so müssen die Londner jährlich für ihre Milch 481,666 Vf. Sterl. bezahlen. Nach dem Verhältniß seiner Einwohner verzehrt also London des Jahres weit mehr Milch als irgend eine andre Hauptstadt in Eurova und das trågt allerdings zur Gesundheit der Bewohner bey. Aber um einen guten Theil des Nußens, den sie daraus ziehen könnten, werden fie von den Milchverkäufern betrogen, welche, eins ins andre gerechnet, ein Sechstheil Waffer hinzugiessen. Die Besizer der Kühe verfälschen die Milch nicht selbst, sondern der Milchmann miethet eine Anzahl Kühe, welche er von seinen Leuten selbst melken läßt; indeß sind sie nicht ganz ohne Schuld, denn in den Milchkammern, wo den Verkäufern die Milch zugemessen wird, sind Pumpen angebracht, damit das Wasser zur Verfälschung bey der Hand seyn möge; die Sache wird so wenig gebeim gehalten, daß jeder, der zufälligerweise dort ist, sehen kann, wie die Milchverkäufer die schwarze Kuh (so heißt die Pumpe) melken."

Engl. Miscellen. VII. f.

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„Es befinden sich um London 10,000 Morgen Landes, welche lediglich zur Erzeugung von Gemüsen angebauet wer den, und ungefähr 4000 Morgen oder Acres für das in Lons don verbrauchte Obst. Für Küchengemüse werden jährlich auf den Märkten etwa 645,000 Pf. Et. und für Obst ungefähr 400,000 Pf. St. bezahlt, ohne zu rechnen, was die Verkäufer im Einzelnen nun noch auf das Obst schlagen, welches über 200.Pf. Procent ist, so daß eigentlich die grünen Sachen und das Obst den Londnern jährlich über drey Millionen Pfund Sterling zu stehen tommen."

Die Manufacturen von London werden unter seinen andern und hervorstechenden Handelszweigen oft übersehen; aber sie sind sehr wichtig, man mag ihre Grösse oder ihren Werth betrachten. Sie bestehen hauptsächlich aus feinen Waaren und Artikeln des Lurus, z. B. Stahlwaaren, Mesfern, Scheeren, Bijouterien, Kostbarkeiten, aus Gold und Silber, japanirten Waaren, geschliffenem Glase, Prachtgeråthen und Wagen; oder aus gewissen Artikeln, die zu ihrem Verbrauche oder Vertriebe eine Hauptstadt, oder einen Hafen, oder einen grossen Handelsort erfodern, z. B. Porter, Englische Weine, Weinessig, Zucker, Seife u. f. w.

Von welcher Ausdehnung der Einzelhans del oder Kleinhandel in London sev, kann man sich aus folgendem begreiflich machen. Es giebt zwey Reihen von Strassen, die fast parallel mit einander laufen und sich beynahe vom östlichen bis an das westliche Ende der Stadt erstrecken: diese bilden mit Ausnahme etlicher sehr weniger Häuser eine Linie von Kaufläden und Gewölben. Die eine Reihe, welche näher an der Themse liegt, fångt bey Mile end an und geht bis nach Parliamentstreet; sie enthält Whitetechapel, Leadenhallstreet, Corns hill, Cheapside, St Paul's Churchyard, Ludgatestreet, Fleets street, den Strand und Charingcroß. Die andre, nach Norden zu, stößt östlich an die Kirche in Shoreditch und erstreckt sich fast bis an das Ende von Orfordstreet, sie begreift Shoreditch, Bis shopsgatestreet, Threadneedlestreet, Cheapside (welche Straffe beyden Reihen gemein ist) Newgatestreet, Snowhill, Holborn, Broadstreet, St. Giles's und Oxfordstreet. Die füdliche Reihe,

welches die glänzendste ist, dehnt sich über drey Englische Meis len aus (d. i. eine gute halbe deutsche Meile); die nördliche ist ungefähr vier Englische Meilen lang (beynahe 3/4 einer deutschen Meile); Außer dieser ungeheuren Ausdehnung, wo beynahe immer Laden an Laden stößt, giebt es noch viel mehr Straßen in verschiedenen Richtungen,wo sehr ansehnliche Kleins Händler wohnen; die reichsten darunter sind Gracechurchstreet, Fenchurchstreet, Cockspurstreet, Vallmall, St. James'sstreet, der Heumarkt, Piccadilly, Kingstreet Coventgarden, und Newbondstreet."

Der Reichthum so vieler Wechsler, Großhändler, Kauf leute und Ladenhåndler und die gemächlichen Umstände einer noch viel größern Anzahl unter ihnen sind Beweise des unermeßlichen Handels, den London treibt. Sagt man, daß es hier einige Großhändler und Wechsler giebt, welche eben fo viel Einkünfte haben als manche Fürsten, so ist dies nichts außerordentliches, weil man in den Städten des festen Landes eben so retche Handelsleute findet. Aber die Wohls habenheit der Londner zeichnet sich dadurch aus, daß sie nicht auf Eine Classe oder auf ein paar vom Glück, begúns ftigte Menschen eingeschränkt ist. Wir haben hier Ladenhändler, die sich ein glänzendes Vermögen sammeln, und in manchen Fällen sticht ihr grosser Reichthum sehr sonderbar mit der Geringfügigkeit der Waaren ab, wodurch sie ihn erwerben: es ist nur kurze Zeit her, daß Birch, ein Wastes tenbäcker (Schweizerbäcker) seinen Erben 100,000 Pf. Sterl. hinterlies. Und was diejenigen anbetrift, welche man blos reich nennt, so scheint, wenn man nach den äußeren Zeichen gehen darf, der größere Theil der Londner unter sie zu gehören: in der That die Reichen sind hier viel zahlreicher, als man es sich ohne eine genaue Kenntniß des Landes vorstellen kann. Aber die Groffirer und Kaufleute erwerben fich blos durch Fleiß ein so grosses Vermögen. Ein gewisses grosses Haus in London, dessen Handelscapital 300,000 Pf. Eterl. beträgt, erwarb damit im abgelaufnen Jahre nicht mehr als einen reinen Profit von 30,000 Pf. welches blog zehn Procent Gewinn vom Capitale ist; und dennoch ist

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