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haben, dafern die Kinder nicht erhißt sind. Da sich die Kinder vorher Bewegung gemacht haben, so wird keines frostig seyn, wenn es Zeit zum Frühstük ist. Man sollte gute Milch zu bekommen suchen, Fie koste, was sie wolle.

Es folge ein kleiner Spaziergang von zwanzig Minuten. Bey schwachen Kindern dürfte starke Bes wegung dem Verdauen hinderlich seyn. Aber selbst eine heftige Bewegung, wenn sie mit Behaglichkeit unternommen wird, ist in dieser Rüksicht nicht so schlimm als aufgezwungene Beschäftigung, wodurch der Magen gedrükt wird. Wir sehen, daß Knaben und Bauern gleich nach dem Effen an heftige Leibesbewegungen gehen, ohne Unbequemlichkeit davon zu verspüren.

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Hierauf könnte eine zweystündige sißende Verrichtung kommen, sie daure aber nicht långer; die Temperatur der Luft im Zimmer stehe auf dem Ther mometer so wenig als möglich unter 60°. Die Kinder sollten die Hauptpunkte von dem, was sie lesen, oder vortragen hören, mit ihren eigenen Worten bald schriftlich bald mündlich wiederholen. Ausgenommen das Einmal Eins sollte man nichts auswendig ler: nen lassen, damit es wörtlich hergesagt werde. Blos solche Stellen, woran die Mädchen besonders Wohls gefallen finden, sollten sie ihrem Gedächtnisse anvers trauen. Sonst wird das Gelernte bald vergessen. Wenn dergleichen Angaben wiederholt werden, so finden sich die Kinder dadurch gepeiniget und dies schadet ihnen. Wie schnell der Körper an den Leiden des Gemüths Theil nehme, davon kann man täglich Beyspiele sehen. Eben so wohl wissen genaue Beobs achter, was für allmähliche Folgen diese Ursache hervorbringt.

Eine Dame, der nicht das geringste fehlte, bes rieth sich bey einem Arzte über eine Augenkrankheit ihres Sohnes. Der Doctor sagte ihr rund heraus, der Knabe würde blind werden. Dies entsezte sie über alle Beschreibung. In dem Augenblicke fühlte sie in sich etwas bersten. Als sie zu Hause kam, warf sie Blut aus und wurde von Stund an krank. Lunge und Magen nebst allen damit zusammenhån> genden Organen empfanden den schädlichen Einfluß zu gleicher Zeit.

Jemand verrenkte sich, einen Knöchel vor fünf Jahren, ohne weiter darauf zu achten. Jeht, wenn er nur im mindesten über etwas empfindlich wird, schmerzt ihn der Kudchel und schwillt, welches sonst niemals der Fall ist, außer wenn er sich den Fuß wieder vertritt. Wenn nun ein Mädchen mit irgend einem geschwächten Hauptheile in die Anstalt kommt und unaufhörlich gemartert und gereizt wird, kann dieser Unmuth den Theil nicht schwächen und desor: ganisiren? Unstreitig; und zwar ohne drtlichen Schmerz, welches der Fall in einigen unsrer gefåhrlichsten Krankheiten ist.

Man kann sich daher zum Theil eine Erschei nung erklären, welche sich bey dem weiblichen Geschlechte häufiger in den ersten Jahren zeigt, nehm= lich die Umkehrung des Characters und des Temperaments.

Der angenehmste und zuträglichste Untericht wird durch die Sinne mitgetheilt. Am dienlichsten hierzu sind die verschiedenen Fächer der Naturlehre. Damit aber sowohl Körper als Geist Nußen daraus schöpfen mögen, müssen die Unterrichtsstunden kurz seyn. Ein bis zwey physicalische Versuche sind insgemein

hinreichend. Die Gesundheit der Mädchen würde sich ausnehmend wohl dabey befinden, wenn man etliche mechanische Künste z. B. das Drechseln in ihre Ers ziehungsanstalten einführen könnte. Man sollte so viel wie möglich beyde Aerme üben, nicht nur um den Bewegungen Harmonie zu geben, sondern auch um Schiefheit zu verhüten.

Wenn beynahe drey Stunden vorüber sind, reis che man ihnen wieder Nahrung. Drey Stunden isi die äußerste Zeit, welche ein Kind, das nur im minde ften schwächlich ist, (ein Fall, der faßt auf alle vornehmgebohrne Kinder paßt), ohne Speise bleiben sollte. Jede Viertelstunde, nachdem der Hunger sich einge stellt hat, trägt das ihrige zu der Maße des Schadens ben, welche gemeiniglich durch mehrere mitwirkende Ursachen aufgehäuft worden ist. Vor dem Essen kann man noch eine Stunde der Arbeit und dem Lernen wide men. Das Essen selbst kann nebst irgend einer augenehmen Lecture oder Mittheilung, während ein einfacher Nachtisch aufgetragen wird, füglich anderthalb ́Stunden währen. Im Winter sollte nun ein hurtiger Spas ziergang oder ein aufgeräumtes Spiel folgen; und dann wieder anderthalbstündige Unterweisung. Aber während dieser Sih-Zeit wechsle man zwey bis drey= mal mit der Beschäftigung.

Anstatt des Thees gebe man ihnen etwas schmackhaftes aus Milch zubereitet, Orgeade, Obst 2c. Ist das Wetter schön, so lasse man die Mädchen nun botanisiren; außerdem wird ein thätiges Spiel angefans gen, woran die Aufseherin oder eine der Lehrerinnen, wie an allem andern, Theil nimmt. Sodann Abendeßen und Bettgehen. Während jeder Mahlzeit sollte man ihnen etwas Nüßliches beyzubringen wissen. Man

muß die Kinder jederzeit vor Feuchtigkeit in Acht nehmen.

Ehe die Mädchen ihr zwölftes Jahr erreicht has ben, sollte man sichs zum unverbrüchlichen Geseße machen, daß die Stunden, in denen man sie zum Lernen anhålt, niemals mehr Zeit einnehmen, als die beträgt, welche zu ihrer Ergöhlichkeit und Leis besübung ausgesetzt ist. Alle Mädchen meiner Bekanntschaft, die den schnell'sten Fortschritt ge= macht, am eifrigsten gelernt, und am besten behalten haben, wurden niemals gendthiget, länger als eine Stunde auf einmal bey ihren Büchern zu bleiben, und selten långer, als die Hälfte dieser Zeit. So unveränderlich wahr ist es, daß durch dieselben Maasregeln, welche aus der Sorgfalt für die Ges sundheit fließen, auch zur Erreichung der wichtigsten übrigen Zwecke führen. Fortschritte in der Tonkunst und im Zeichnen verspare man bis auf reiferes Alter und überhaupt bis der Körper fest geworden ist. Jedes Mädchen sollte einen Tag in der Woche Buch, Måhnadel 2. liegen lassen und einen langen Spaz ziergang machen."

Modische Kleidung.

,,Viele Frauenzimmer verhüllen sich des Morgens bis an das Kinn und an die Ohren und gehen. des Abends halb nackend herum, als ob sie allen Krankheiten und dem Tode Troh bdten. Unser Hims melsstrich ist schon an sich kalt genug, um Tausende von Frauenzimmern wegzuraffen, die eine zarte Ers ziehung genossen haben, und sich nicht durch hinlängs liche Kleidung gegen die Einflüsse der Witterung vers wahren. Aber es genügt ihnen nicht an der Zerstd=

rung, die auf diese Art angerichtet wird. Unter den Geständnissen, die auf dem Sterbebette abgelegt wurs den, ist mir auch Eine erinnerlich, daß es üblich sey, die spinnewebenen Damenkleider, welche sonst zu los um den Körper hången würden, anzufeuchten. So wird denn die tödtliche Strenge unsres eisernen Himmels auf eine wesentliche Art geschärft.

Die lezten Jahre des verronnenen Jahrhunderts haben sich durch die entseßlichsten Wirkungen des Kriegs und der Pest bemerkbar gemacht; aber vielleicht haben weder Schwerdt noch gelbes Fieber so viel Menschen vertilgt, als die herrschenden weiblichen Kleidermoden. Die Mütter sollten genau Acht geben, ob ihre Töchter frostig scheinen, sie sollten sich durchs Gefühl überführen, ob ihre Mädchen frieren. Die innere Flamme kann blos durch einen gehörigen Grad von Bewegung, oder Arbeit angefacht werden. Allein dies muß mit Behutsamkeit geschehen, sonst erlöscht selbst der schwache Lebensfunke. Man sollte für warme Kleidung sorgen. Mit warmen Zimmern erreicht man diesen Zwek nicht. Sie verschlimmern das Uebel nur. Ich habe gelesen, daß Doctor Herschel, wenn er in einer kalten Nacht die Sters ne beobachtet, vierzehn Paar Strümpfe an= zieht. Man sollte das Beyspiel dieses grossen Astronomen nachahmen, so weit es nöthig scheint. In Holland, wo man sich eben so grdblich wider die Diaz tetik vergeht als in England, find die Frauenzimmer vermuthlich deswegen von etlichen Krankheiten freyer, weil sie sich mehr vor Erkältungen in Acht nehmen."

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