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das Vergnügen, das Geräusch in der Luft in seiner Nähe zu vernehmen, bis sich endlich das Heer Seevis gel auf eine Fläche niederläßt, an deren Rande fein kleines Boot befestiget ist. Er hat meistens zwey Büchsen bey sich. Jeht schüttet er, so still als möge lich, auf beyde Pfannen Pulver, und horcht so aufmerksam er kaun. Es ist so finster, daß er nicht sehen kann; denn wäre er im Stande, die Vögel zu se hen, so müßte er ihnen auch sichtbar seyn; und da sie ausnehmend scheu und furchtsam sind, so würden fie gleich eine andere Weide suchen. Lb sie schon im Fliegen laut sind, so weiden sie doch ganz ohne Ges räusch. Indessen wenn die Nacht still ist, erregt ein so ungeheurer Schwarm immer ein dumpfes Rascheln. Der Vogelsteller legt also seine Büchse an, so gut er vermag, auf das Geflüster zu; er feuert aufs Gerathewohl; ergreift dann gleich die andere Flinte und feuert noch einmal in die Luft, wo er glaubt, daß der Zug hin gerichtet worden ist. Auf diese Nacht ist. nun sein Gewinn entschieden und er braucht nur seine Erndte aufzusammeln. Unverzüglich macht er seine Schlammschuhe an, welches flache Stücken Breter sind, die er deßwegen anbindet, damit er nicht in den Schlamm versinken möge. Noch weiß er nicht, ob er etwas geschoffen hat, und tappt im Finstern ume her, glücklich, wenn er nur ein wenig Sternlicht zur Aufsuchung seiner Beute hat. Vielleicht liest er ein Dußend auf, vielleicht keinen einzigen. So schwer

wird es ihm, ein paar Schillinge zu erwerben! Ju einem offenen Boote während einer einsamen Winters nacht, jeder Witterung Preis gegeben, es mag has geln, regnen oder schneyen, an einer bden Küste, viels leicht eine Stunde vom Gestade entfernt, und, dafern

er nicht die größte Vorsicht anwendet, öfters in Gefahr im Schlamme stecken zu bleiben, wo er unvers meidlich von der wiederkehrenden Fluth überschwemmt werden würde! Einen dieser armen Kerl habe ich, saz gen hören, daß er niemals einen Hund mitnahme, wenn er eine solche Nacht zu bestehen hätte, weil kein Hund die Kälte ertragen könnte, welche er selbst lei den müßte. Am Ende haben andre wohl gar noch grösseren Genuß von seinen Beschwerlichkeiten, als er selbst; denn es trift fich oft, daß Tags darauf die Fluth viele Vögel, welche er geschossen hatte, aber selbst nicht finden konnte, an verschiedene Theile der Küste wäscht.

Ich habe die Geschichte eines solchen unglücklichen Seevogelschützen gehört, den diese gefahrvolle Beschhåfs tigung in noch viel grössere Noth brachte. Sie trug fich noch überdies bey Tage zu, welches die doppelte Gefahr solcher Unternehmungen in der Nacht beweißt. Er ging mit seinen Schlammschuhen über eine der Schlammflächen, und suchte wilde Endten. Blos auf fein Wild erpicht, wurde er ganz unerwartet inne, daß die See durch einen besondera Umstand der Fluth und des Meerstroms einen sehr beunruhigenden FortSchritt rings um ihn her gemacht hatte. Da seine Füsse beschwert waren, so konnte er nicht eilen, sondern mußte zusehen, wie er auf allen Seiten von der Fluth umringt wurde. In dieser betrübten Lage fiel ihm etwas ein, wovon er allein Sicherheit hoffte. Er ging auf den Theil des Schlammes, welcher der höchste schien, da er noch nicht vom Wasser bedeckt war; hier stieß er den Lauf seiner Büchse, welche zum beque meren Schieffen des wilden Geflügels sehr laug war, tief in den Schlamm, um sich darauf zu stügen, und

einen Schutz wider die Gewalt der Wellen zu haben. So wollte er die Ebbe erwarten. Er durfte vorausz sehen, daß eine gewöhnliche Fluth, an dem Orte, wo er sich befand, nicht über die Hüften gereicht haben würde, aber da es eine Springzeit war, welche einen starken Strom mit sich führte, so mußte er sich auf ungünstigere Umstände gefaßt machen. Das Wasser. rückte schnell heran. Es hatte ihn jezt erreicht. Es · bedeckte den Boden, worauf er stand, es spilte über seine Füsse, kam an die Knie und an die Hüften, und verschlang einen Knopf nach dem andern bis es ends lich über seine Schultern ging. Mit klopfendem Herz zen glaubte er sich nun verloren. Dennoch hielt er immer noch fest an seinem Nothanker. Sein Auge suchte ängstlich umher nach einem Boote, das zufälligerweise seinen Lauf dorthin genommen haben konnte: aber es erschien keins. Ein vereinsamter Kopf, der auf dem Wasser schwamm, und noch dazu manchmal von einer Woge überdeckt wurde, konnte unmöglich in der Entfernung einer Stunde vom Ufer aus erspåhet wers den, auch konnte er kein Nothgeschrey erheben, das so weit hörbar gewesen wäre. Indem er sich so in die Schrecken einer jählingen Vernichtung zu fügen such te, wurde seine Aufmerksamkeit auf einen neuen Ges genstand abgerufen. Es dünkt ihn, als såhe er den obersten Rockknopf wieder zum Vorscheine kommen! Kein Seemann, der auf einem Wrack umhertreibt, kann ein Cap zur See mit grösserem Entzücken sehen, als er den obersten Knopf seines Rocks hervorkommen sah. Aber das Wasser wogte so sehr, und die Ebbe trat so langsam ein, daß es noch einige Zeit dauerte, ehe er sich zu vergewissern wagte, sein Knopf sey vòllig über der Oberfläche der Fluth. Da aber endlich

rückweise der zweyte Knopf zu sehen war, so kann man sich seine Empfindungen eher einbilden, als sie beschreis ben. Seine Freude gab ihm Muth und Entschlossen heit, die beschwerliche Lage noch vier bis fünf Stuns den auszuhalten, bis sich das Wasser gänzlich zurücks gezogen hatte.

Anecdoten.

Lezten September wurde eine sehr ungewöhnliche Betrügeren begangen. Der Sohn eines angesehenen Lederhåndlers in London, ein junger Mensch von 23 Jahren, hatte eine Zeit lang für ein grosses Handelss haus Schulden auf dem Lande eincassirt. Als er zurücks kommt, hört er, Herr Fell,der Amtsverrichtende Prediger an der Martinskirche, sey unpaß. Er geht zu ihm, sagt: er sey aus Yorkshire gebürtig (weil der Prediger auch dort zu Hause war), Lord Eldon sey sein Oheim, und er habe seine Ordination beynahe vor einem Jahre vom Bischof von Peterborough erhalten. Der würdige Geistliche wird von dem vermeintlichen Range des Menschen überrascht, versichert, daß er sich für sehr beehrt von ihm halte, und den angebotenen Beystand mit Vergnügen annehme. Alles wird berichtiget, und Tags darauf fångt der Betrüger an zu taufen, zu trauen, zu begraben, das Abendmal auszutheilen, und den Gottesdienst zu verrichten. Da der Kirchenschreiber bemerkte, daß er sich im Anfange etwas ungeschickt bes nahm, so suchte er ihm nachzuhelfen, ohne weiteren Verdacht zu fassen. Etliche Tage nach Antritt dieses sons derbaren Substitutenamts gieng er in einen Laden im Strande, und bestellte sich einen seidenen Ornat, wie die englischen Geistlichen tragen, sagte dort, er wåre Cas plan des Lord Eldon, und borgte in demselben Laden

einen Chorrock bis sein eigener fertig seyn würde. Er gab sich den Namen Smith. Aber der Ladenhändler erkundigt sich bey Lord Eldon's Haushofmeister, und erfuhr, daß Seine Herrlichkeit keinen Caplan hätte, der so hiesse. Er suchte also den geliehenen Chorroc durch eine List zurückzubekommen, die ihm auch gelang. Die Betrügerey würde vielleicht långer gedauert haben, wenn nicht der vorgebliche Smith einen falschen Wechsel gemacht hätte, welcher Nachfragen verans laßte. Weil die Trauungen, welche er vollzogen hatz te, alle ungültig waren, so verursachte dieser Vorfall aufferordentliche Unruhe und Verwirrung unter den getrauten Paaren; etliche Weiber waren mit ihren Männern und etliche Männer mit ihren Weibern unzufrieden und trennten sich, da sie einen so guten Vorwand dazu erhielten; andre schlechtdenkende Menschen verliessen ihre Weiber aus Ueberdruß; und die, welche mit einander zufrieden waren, mußten sich nocy einmal trauen lassen.

Nach Lewes kam ein Vogelsteller mit einer sonderbaren Art von Vdgeln, die er Måuler, oder Maulesel (mules) nannte, weil sie von Grünfinken und Canarienvögeln gezeugt wåren. Die Köpfe hatten einen überaus schönen Kamm, und der Schwanz war nicht nur von angenehmer Farbe, sondern auch ganz anders gestaltet, als gewöhnlich. Dabey lobte der Mann ihren Gesang, welcher etwas ganz eigenes habe. Er verkaufte diese seltsame Thierchen sehr theuer, und hatte nicht so viele, als man ihm abnehmen wollte. Die Besitzer dieser Vögel thaten sehr groß damit, und würden sie um keinen Preis wieder abgelassen haben. Allein die schönen Kämme und Schwänze wurden nach und nach unscheinbay, und fielen endlich ganz und

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