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Ein Miswachs, wenn auch nicht in Grosbritannien, fo doch in den benachbarten Låndern, mit denen es im häufigs sten Handelsverkehr steht, und aus denen es nothwendigers weise Getreyde zieht, erzeugt unfehlbar Theurung und erdichteten Kornmangel in England.

Wenn Individuen auf den Markt kommen und große Quantitäten Provisionen an sich bringen, oder wenn sie dies selben auftaufen, so muß nothwendig Theurung erfolgen. Man nehme an, Hinz verkauft in drey Minuten für Ein: hundert Pfund Sterling Güter, worauf er vielleicht fünf Procent gewinnt; er verkauft dann im Laufe einer Woche ebenfalls so viel Waare an tausend verschiedene Kunden, worauf er zehn Pfund Sterl. Profit erhält. Hinz ist ein tråger Kaufmann, der gern den großen Herrn spielt. Mit wem wird er wohl lieber Geschäfte machen? Ohne Zweifel mit dem, von welchem er zwar den kleinsten Gewinn, aber am schnellsten erhielt, und bey dem er weder sich zu demůthigen, noch zu bitten noch fich Ungelegenheit zu machen brauchte. Hieraus ist es eben zu erklären, warum die Bestellungen der Mas rine, der Landmacht, der Suppen'Anstalten, der großen Tavernen und Speisehäuser, der großen Familien für prächtige Gastmahs ler, der Arbeitshäuser für ihre zahlreichen Armen ic. aus den Londner Bäckern und Fleischern große Kaufleute gemacht haben, die es unter ihrer Würde, und vergleichungsweise nicht der Mühe werth halten, ihr Brod und Fleisch in kleis nen armseligen Quantitäten abzusehen, weil sie für die dabey gehabte Mühe und aufgewandte Höflichkeit (nicht den allerausschweifendsten Profit machen können.

Wenn irgendwo die Quantitat Geld, die zum Waaren: handel bestimmt ist, mit einemmale um ein Ansehnliches anwächst oder sich vermindert, so zieht dies unfehlbar eine Theurung der Lebensmittel nach sich.

Wenn die Regierung eine große Menge Zeitungen begúns ftiget oder duldet, in denen über den Handel und Ackerbau falsche Nachrichten ausgebreitet werden, so steigen die Preiz se der Lebensmittel unaufhaltsam.

Wenn der Landmann und Viehzüchter sein Korn oder

Vieh nicht mit Vortheil für baares Geld los werden kann, so werden beyde vielleicht unmittelbar wohlfeiler, aber das folgende und vielleicht mehrere kommende Jahre haben wir gewiß Theurung nnd Kornmangel.

Eine ansteckende Seuche, die großen Schaden thut, eis ue Woche Jubel, die verschwenderische Geldvertheilung bey einer Parlamentswahl, eine, wenn auch noch so ungegründete, Meynung, daß Ackerbau, Handel und Manufacturen einen guten Fortgang haben, ein Vorurtheil, daß unsre Nationalgröße entweder völlig gesunken oder sehr gesties gen ist, alles das wird eine wahre oder vorgebliche Quelle der Theurung.

Künstliche Theurung wird auch dadurch herbeygeführt, wenn die leppigleit so weit gediehen ist, daß die Leute im Ganzen genommen unzufrieden sind, wenn sie nicht alle Lage die größten Leckereyen haben können. Vor wenigen Jahe ren war eine Tasse Thee mit Butterbrod, ein paar Schnite te Schinken, Honig, eingemachtes Obst 2c. eine große Bewirthung, wenn Familien der Pachter oder Kråmer auf dem Lande einander aus Freundschaft oder Wohlstand besuchten. Aber jekt wird der Thee allgemein, selbst in den årmsten Häusern getrunken. Mehlbrey, Kartoffeln mit Butter und Milch zugerichtet, Haferbrey und nachher Roggen - Gerstenoder Haferbrod mit Kåse und Milch, Bier, oder Molken, waren ein weit nahrhafteres Frühstück, als Thee und Butterbrod. Thee war ein trefliches Getränk, wenn man auf dem Lande lustig war, besonders weil er nicht die Lebensgeister bis zum Tumulte in Bewegung brachte: aber die einfache alte Kost, welche ehedem auf dem Lande gewöhn lich war, ist jest sowohl beym Frühstück als Abendbrod abgeschafft. Thee und feines weißes Weizenbrod muß jekt zweymal des Tages aufgetragen werden, ob der Landmann Davon gleich weit weniger Nahrung erhält. Und wenn Besuch kommt oder eine Festlichkeit eintritt, so wird das beste Rind Schöpfen oder Schweinefleisch aufgetragen, wozu man die besten Biere in Menge trinkt; nachher kommt Brandtwein, Punsch und Wein: Thee, der ehemals der

beste Theil des Schmauses war, wird nun kaum gekostet. Hierdurch muß Theurung entstehen, weil etliche sehr ge= funde Lebensmittel ganz aus dem Gebrauche kommen, während die Consumtion der allertheuersten zunimmt.

Doctor Geddes.

Dieser gelehrte katholische Theologe starb vorigen Fe bruar in London. Seine Kenntnisse waren so ausgebreitet, fein Character so vortreflich und sein Nuhm unter den aufgeklärten Gottesgelehrten aller christlichen Secten so wohl begründet, daß folgender Auszug aus dem monthly magazine for March, keiner Entschuldigung bedarf.

Doctor Geddes war aus Schottland, wo er zu Arradowl in der Grafschaft Banff 1737. alt. St. gebohren wurde. Sein Vater war ein geschäzter Vachter, aber nur in mittelmäßigen Vermögensumständen. Indessen gab er seinen vier Söhnen eine viel sorgfältigere Erziehung, als in dies fem Stande zu geschehen pflegt. Die Eltern gehörten zu den liberalen Katholiken. Unter ihren Büchern war das vorzüglichste eine englische Bibel, die sie ihren Sohn sehr früh mit Verehrung und Aufmerksamkeit lesen lehrten. Das her war er schon als Kind mit der heiligen Schrift vertraut, und hatte noch vor seinem eilften Jahre den geschichtlichen Theil derselben völlig inne. Er erhielt eine Zeitlang Unterricht von dem Hofmeister seines jungen Lairds oder Gutse herrn, und wurde dann nach Scalan geschickt. In diesem unberühmten Orte des Schottischen Gebirgs erzog man dae mals junge Katholiken, die zum Priesterthum bestimmt wa ren, bis sie geschikt waren, eine hohe Schule zu beziehen. Hier legte Geddes vermuthlich den Grund zu der tiefen Kenntniß der alten Sprachen, wodurch er sich in der Folge so ehrenvoll auszeichnete.

Im J. 1758. gieng er nach Paris in das Schottische Collegium, dessen Vorsteher damals Gordon war. Kurz nach seiner Ankunft wohnte er den Vorlesungen im College de Navarre bey, und fieng sogleich an, Rhetorik zu treiben. Er schwang sich bald an die Spiße der Classe, obgleich zwev

åltere Studenten darin waren. Vicaire, der damalige Lehrer der Beredsamkeit, wurde sein Freund und blieb es, so lange er lebte. Mit Anfang des folgenden Schuljahrs sollte er den Cursus der Vhilosophie begonnen haben, aber man rieth ihm, sie in Zwischenstunden für sich zu studiren und seine Zeit der Theologie zu widmen. Buré und De Saurent wurden nun seine Lehrer im Collège de Navarre und He bräisch hörte er bey Ladvocat in der Sorbonne. Ladvocat bewies ihm grosse Aufmerksamkeit und wünschte, daß er in Paris bleiben möchte. Aber Geddes folgte dem Rath ans derer und kehrte im J. 1764. nach Edinburg zurük, von wo man ihn nach Dundee schikte, um die Seelsorge der Katholiken in der Grafschaft Angus zu übernehmen. Aber schon im folgenden Jahre wurde er nach Traquaire versezt, wo er drey Jahre lang Hauscaplan des Grafen von Traquaire war. Dieses Aufenthalts erinnerte er sich jederzeit mit Ver: gnügen und Dankbarkeit, denn er fand hier nicht nur eine treffliche Büchersammlung, die besonders in seinen Lieblingsfächern wohl versehen war, sondern er hatte auch viel Musse zum Studiren.

Im J. 1768. vertauschte er Traquaire mit Paris, wo er den folgenden Winter meistens in der bibliotheque du Roi und andern Büchersammlungen zubrachte, und aus seltenen Büchern, die besonders in die hebräische Literatur einschlugen, Auszüge machte. Das Jahr darauf gieng er nach. Schottland zurük und übernahm eine ansehnliche römisch - kas tholische Gemeinde zu Auchinhalrig in Banffshire; auch ließ er hier eine neue Capelle und ein sehr niedliches Pfarrhaus errichten. Dies brachte ihn in Echulden, welche der verstorbene Herzog von Norfolk für ihn tilgte. Er dachte hierauf, ein kleineres Pachtgütchen würde seine Umstände gemächlicher machen, aber es glükte ihm damit nicht. Erst mußte er das Geld borgen, um das nöthige Vieh, die Akfergeråthe 2c. anzuschaffen, und dann kamen drey Jahre Mißwachs dazu; dieß stürzte ihn aufs neue in Schulden. Der Bau einer andern Capelle in Fochabers häufte diese vollends an. Seine Ueberseßung auserlefeuer Satiren des

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Horaz (man sehe den grösten Theil von Geddes Schriften in dem Gelehrten England des Hrn. Prof. Reuß) brachte ihm zwar ein paar Pfund ein, aber nicht genug. Doch verlor er weder Muth noch Hofnung. Nachdem er zehn Jahre lang die mancherley Pflichten seines Hirtenamtes treu und gewissenhaft erfüllt hatte, verließ er Auchinhalrig im J. 1779., aufrichtig von seiner ganzen Gemeine bedauert. Nie hatte einer seiner Vorgänger die Unterweisung der Jugend mit mehr Aufmerksamkeit betrieben.

Seine gründliche Gelehrsamkeit, die nun allgemein' unter den Schottischen Gelehrten erschollen war, verschaffte ihm im J. 1780. das Diplom eines Doctors der Rechtsgelehrsamkeit auf der Universität Aberdeen. Seit der Reformation hatte die Universität diese Ehre niemals einem Katholiken erzeigt. Um diese Zeit ließ sich D. Geddes in London nieder, wo er einige Monate lang an der Capelle des kayserlichen Gesandten stand, bis Kaiser Joseph II. im J. 1780. die Capelle aufzuheben befahl. In den folgenden zwey Jahren predigte er nur noch gelegentlich und gab Ostern 1782, wie man glaubt, alle priesterliche Verrichtungen ganz lich auf, um die Ausführung seines längst gebildeten Plans ernstlich zu betreiben.

Schon ums Jahr 1760. machte er den Entwurf zu eis ner neuen Englischen Bibelübersehung. Er kannte damals nur die Vulgata und die gemeine Englische Uebersehung. In seiner Jugend hatte er eine hohe Meynung von der leztern; als er aber des Lateins mächtig war, zog er die Vuls gata vor: diese, sagte er, liest sich wie ein Original, jes ner aber sieht man es an, daß es eine Ueberseßung ist; sie ist rauh, gezwungen und oft dunkel, wo die Vulgata flieffend, natürlich und dentlich ist. Im J. 1762. fieng er an, die Bibel in den Ursprachen zu studiren. Da er die beyden erwähnten Versionen beständig damit verglich, so fand er bald, daß die Englischen Ueberseßer auf eine streng wort liche Dolmetschung mit Vernachlässigung aller andern Rúks fichten ausgegangen waren, da hingegen der Urheber der Vulgata blos daran gedacht hatte, den Sinn völlig zu ers

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