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„Toussaint Louverture ist eine wundersame Ge burt unsrer wundervollen Zeitläufte. Obgleich ein gebohrner Sclave verdient er als Mensch, daß man sich ihn zum Muster der Nachahmung nimmt. Als Gouverneur kann man ihm unmöglich feine Bewundes rung versagen; als General ist er bis jezt noch uns überwunden, und wahrscheinlich wird er es immer bleiben. Die Achtung, welche er für Unglüfliche bee weist, scheint aus wirklicher Menschenliebe zu fliegen. Gefürchtet von verschiedenen Nationen, ist er gegen keine feindselig gesinnt, am wenigsten gegen die Enge Länder."

„Er ist von ganz schwarzer Farbe, und gegenwär tig ungefähr fünf und fünfzig Jahr alt. Er hat ein ehrwürdiges Ansehn, und befizt einen außerordentlichen Verstand. Sein Wesen ist höchst einnehmend. An den Morden und Mordbrennercpen in St. Domingo hatte er nicht den geringsten Theil.”

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Er führt den Titel General en Chef und ist alles zeit von vier Feldadjutanten umgeben, Seine Tracht ist eine Uniform, eine Art von blauem Spencer, von welchem ein großer rother Kragen über seine Schultern fällt, mit rothen Aufschlägen und acht Streifen goldner Treßen die Aermel hinab, nebst zwey großen goldnen Achselbändern, die hinten herabfallen; dazu trägt er eine scharlachene Weste, Pantalons und Halbs stiefeln, einen runden Hut mit rother Feder und Nas tionalcocarde, und endlich hat er einen erstaunlich lane gen Degen an der Seite. Alle seine Landsleute ohne Ausnahme zollen ihm freywillige Ehrerbietung, die er durch seine erobernde Freundlichkeit und durch seine Herzensgüte überflüssig erwiedert. Auf seine Höflich.

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keit gegen mich selbst, habe ich genugsame Ursache stols zu seyn."

Neue Bücher.

Die englische Literatur ist ein großer Garten voll der schönsten und verschiedenartigsten Früchte. Aber einige darunter sind ihm ganz eigenthümlich, und ges deyhen hier wenn nicht ausschließend, so doch fröhli cher als bey andern Völkern. Jeder Kenner wird sogleich auf die moralischen Versuche und periodischen Wochenblatte fallen, welche so häufig in der englischen Sprache sind. Der Tatler und Spectator mit allen ihren glüklichen Nachfolgern bis auf den Grumbler und Sylphid find ein Schaz von Lebensweisheit, eine Fundgrube von Menschenkenntnis, und ein köstliches Cabinet des originellsten Wiges, der frohesten Laune, und des glüklichsten Spettes, die man nirgends wo auf diese Art beysammen findet. Der Geschmak sey noch so eckel, hier findet er Befriedigung, es wäre denn ein französischer. In England selbst liest man diese Schrif. ten mit so vielem Beyfall, daß eine Auflage derselben die andre treibt, und daß man bereits angefangen hat, fie wie die unschäzbare Ueberreste des claßischen Alterthums zu commentiren. Nach so vielen gelungenen Arbeiten in diesem Fache haben einige beschränkte Kunstrichter behauptet, es ließe sich nichts neues oder nichts gleich gutes mehr sagen. Aber ohne einen Grund dagegen anzuführen, beweisen die neuen Versuche, welche man von Zeit zu Zeit macht, dieselben Gegenstände abzuhandeln, daß gute Köpfe immer noch genug finden, worüber sie dem Publikum etwas lefenswerthes mittheilen können. ~

Das jüngste Exempel find: Literary leisure or

the recreations of Solomon Saunter Esq. in two volumes, London, Miller.

und Materials for thinking, or essays on the diffufion of useful knowledge and the happiness of Man. By W. Burdon, A. M. London, Hurst. Drey Nummern. Wird monathlich fortgesezt.

Das erste, die gelehrte Muße" ist ganz im Ges schmak der oben angeführten Wochenschriften; derselbe anspruchlose, lachende Ton; die gleiche Mannigfaltigkeit und eine eben so glükliche Auswahl des Stoffs. Der Verfaßer hat die Auffäße alle zugleich herausges geben, aber das täuschende Gewand wöchentlicher Blätter, zugeschikter Briefe 2c. seinen Vorgängern abs geborgt. Die vorangehende Nachricht von seiner Familie und Person ist ungemein glüklich. Die Thorheiten des Tages, die Modebücher, die guten Schriften, und der ganze Zeitlauf mit allen seinen Eigenheis ten werden hier nach der Reihe durchgemustert, und meistens von neuen Seiten berührt. Natürlich ist

auch des „deutschen Geschmaks," womit hier nichts viel besseres, als durch das holländische Vergif gemeint wird, mehrmals etwas zweydeutig erwähnt: allein da man hierbey wirklich sagen kann „vergieb ihnen, fie wissen nicht was sie thun;" so wird hoffentlich kein deutscher Leser daran Anstoß nehmen. Man findet mehr Gedichte eingewebt, als in andern ähnlichen Schriften.

Dieses Buch ist für alle Arten von Leser. Nicht so das zweyte: Materalien zum Nachdenken. Burdon macht höhere Ansprüche, und hat sich offenbar ernsthaftere und gebildetere Leser gedacht: auch erläutert er seine Abhandlungen gelehrt durch die Zeugnisse der besten Schriftsteller: mithin gehört er unter die obige Classe

nur in fo fern, als er seine Auffäze monatlich erschei» men lågt, und seine Betrachtungen in populårer Spra, che vorträgt. Den größten Theit des ersten Stüfs nimmt eine lehrreiche Abhandlung über die liberate Denfungsart ein. Darauf folgt eine eben so gute über die Widersprüche im menschlichen Character. Die dritte und vierte handeln von der EinbildungsKraft und vom Character. Der Verfaffer, welcher durch einen Streit mit dem Bischof von Landaff, und durch mehrere kleine Schriften bekannt ist, zeigt sich völlig geschikt, allgemeinen Lesern (denn für diese scheint er zu arbeiten) ein ernsthaftes Wort über ernsthafte Gegenstände zu sagen. Der Druk ist nett, das Vapier gut, und der Preiß billig: jede monatliche Num» mer von drey. Bogen kostet einen Schilling.

Kleine Anecdoten.

In einer großen Straffe von London fab man fests hin einen poßirlichen Favskampf. Die Frau eines Ladenhändlers war im Begriff die Wäsche ihres Man nes an die Behörde zu schiken. Vorher durchsuchte fie, nach den Gesezen der Klugheit, die Taschen der Weste. Mit nicht geringem Befremden zog sie einen Brief heraus. Er erhielt eine Bestellung, deren zårts liche Sprache die räthselhaften Winke in hettes Licht feste. Sie gerieth in den größten Zorn, und beschloß, an der Verführerin ihres Mannes die schreklichsten Rache zu nehmen. Zur bestimmten Stunde eilte sie ihm nach, und sah mit ihren Augen, was keine Frau verzeiht. Die Sünderin war auch eine Handelsfrau aus der Nachbarschaft. Die Anrede kann man sich denken; doch blieb es nicht lange bey rhetorischen Fis guren, sondern beyde schritten zu Thätlichkeiten,

und da diese einen größeren Spielraum als das Zimmer erforderte, so verlegte man die Scene durch still, schweigende Einwilligung mitten auf die volkreiche Strasse, wo die beyden wohlgekleideten Bürgerweis ber`einander mit Någeln und Fäusten und Zähnen so zurichteten, daß man sie mit Gewalt trennen mußte. Der unglükliche Mann ergrif gleich von Anfang die Gelegenheit, sich von dannen zu machen.

Die Colonie der Zigeuner ist immer noch sehr zahl reich und schädlich in England. Jedoch treiben sie ihr Handwerk, welches in Dieberey und Kinderraub besteht, ohne viele Störung. Im August des vorigen Jahres hielten sie eine große Versammlung bey Norwood. Eine erstaunliche Menge verschiedener Bane den Zigeuner, war von allen Seiten herbeygeströmt. Ihre Zelte bildeten eine Art von Strasse, wo über vielen hundert Feuern ein föstlicher Schmauf bereis tet wurde. Als alles fertig war, bedekten sie den Nasen mit Schüsseln, und fezten sich, nach asiatischer Manier, mit verschränkten Beinen um das Mahl. Der Zigeuner - König nahm den obersten Rang ein. Die meiste Zeit über rauchte er Taback aus einer uns geheuer langen Pfeife, und beobachtete dabey ein graż vitätisches majestätisches Stillschweigen. Ein Kerk mit einer Drehorgel war auf dem Plaze, und spielte die beliebtesten Gaffenlieder. Nachdem sich alle guts lich gethan hatten, stand der König auf und hielt eine Rede voll Salbung; dann sprach ihr Caplan den Se gen, und man kam überein, künftiges Jahr an deme selben Tag den Geburtstag des Königs eben hier au feyern.

Zu Horsley in Gloucestershire sah man etwas sehr ungewöhnliches. Der fünfjährige Knabe des Wes

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