Page images
PDF
EPUB

Vergangenen Julius erschoß sich die natürliche Tochter des General Hompesch in Battersea, ein ungemein schönes und liebenswürdiges Mädchen. Sie hatte in Deutschland einen Zärtlichgeliebten zurúfgelassen, dem fie, wie man sagt, ihre Hand nicht geben durfte; indessen erfuhr dieß in England nies mand von ihr, und man sah ihr nur den verschlossenen Schmerz seit geraumer Zeit merklich an. Am Tage ihres Hintritts schrieb sie zwey Briefe, einen an ih, ren Bater, und den zweyten an ihren Freund in Deutschland. In dem ersteren bat fie den Vater, ihr Herz ihrem geliebten Freunde in Deutschland zu shiken. Ihr gebeugter Vater ließ diesen lezten Auftrag pünktlich besorgen.

Fm Theater zu Workington wurde ein sehr ungewöhnliches Stük aufgeführt. Ein herumziehender Schauspieler wurde mit etlichen Kunstgenossen, die aus Whitehaven zurükkehrten, eins, daß sie in zwey bekannten Schauspielen Rollen übernehmen sollten. Die Stadt strömte herbey, der Unternehmer machte selbst den Cafier, ein Violinspieler strengte alle Kråf te an, die Herrschaften zu unterhalten, und die Zu hörer hatten die ausserordentliche Geduld, eine ganze Stunde zu warten. Dann fingen fie an zu pfeifen und zu klopfen; so zog sich der Abend hin bis um zehn Uhr, da einer von den angesagten Schauspielern heraustrat, und mit vielen Entschuldigungen bekannt machte, daß der Herr Unternehmer schon vor anderthalb Stunden mit der ganzen Cassa von dannen ge gangen sey. Es ist unmöglich zu beschreiben, wie viel Erstaunen dieses Nachspiel verursachte.

Macdowall, ein Hausdieb, entkam durch folgende Lift aus dem Edinburger Gefängnisse. Er hatte es

so angelegt, daß eine Frau mit einem Kinde ins Ges fängniß kommen mußte. Es waren mehr Weiber zum Besuche gekommen, und jedes nahm das Kind auf den Arm, und tändelte mit ihm, besonders vor den Augen des Kerkermeisters. Mittlerweile zog sich Mac Dowall in einen verborgenen Ort zurüf, wo ein Mits gefangener, der ein Mahler war, fein Gesicht so anstrich, daß es einem weiblichen ähnlich sah. Hierauf legte er Weibskleider und einen langen Schleyer an, und nahm danu das Kind wieder in die Hände, welches er schwenkte und schaukelte wie die Weiber. Zuleft behielt er es, als ob er dessen Amme wåre, und hintergieng auf diese Art den Thorwärter.

Stephen Buckle ein armer Schiffer, der an der füdlichen Küste von dem Ertrage seines Boots lebte, wurde von drey Herren gedungen, sie nach der Insel Wight überzufahren. Sie waren kaum an Calshot Castle vorüber, als seine Passagiers ihn ergriffen, knebelten und banden, ja ihm den Tod androheten, wenn er das mindeste Geräusch machte. Er bedeutete ihnen durch Zeichen, daß er ihnen in allem Beystand leisten wollte, wenn sie ihm das Leben schenkten. Hier auf nahmen sie seine Bande ab, sagten ihm, sie wåren französische Kriegsgefangene, und gaben ihm auf, fie ungesäumt nach dem nächsten Hafen von Frankreich zu führen. Die finstere Nacht und die ruhige See begünstigten ihre Absicht. Das Boot war ohne alle Bedekung, und sie hatten nicht die geringste Nahrung bey sich. Dennoch, als sie zwey Tage und zwey Nách, te gerudert hatten, erreichten sie Cherbourg. Hier befragte man den Schiffer, wie die Gefangenen entfommen wären, und als er seine ganze Geschichte mitgetheilt hatte, ergriff man die drcy Franzosen, und

feste fie aufs neue, um ihnen den Prozeß zu machen. Die französische Regierung lief den englischen Schife fer frey stellen, und ihm sein Boot wieder geben, welches hauptsächlich durch die Vermittelung eines seiner Landsleute geschah.

Ein Londner Kaufmann, der Tags zuvor eine schöne junge Frau geheurathet hatte, machte eine Luftparthie mit ihr in seinem Cabriolet. In Epsom bielt er am Wirthshause, um dem Pferde Wasser zu geben. Als er abgestiegen war, den Stallknecht zu suchen, wurde das Pferd über das Bellen eines Hundes scheu, and lief in vollem Sprunge fort, bis es durch eine Säule aufgehalten wurde. Der dadurch bewirkte Stof war so heftig, daß die Frau aus dem Wagen auf den Kopf fiel, und den Hirnschädel zerbrach. Die Wund, årzte fonnten nichts mehr helfen; die Unglükliche verschied eine Viertelstunde nachher.

In Poulton bey Chester gieng oft eine Menge Gänse, welche armen Bauerleuten gehörten, auf den Teich eines Pachters; die meisten davon waren Gån, feriche. Der fühllose Mensch fieng hundert Gänse, riche, und riß oder schnitt sie alle. Auf diese Weise wurden die armen Leute der jungen Brut beraubt, womit sie um Michaelis ihren Zins zu bezahlen pflegten.

In einem grossen Leinwandgewölbe der Herren Brown und Coe in der Orfordstrasse zu London, schlief Coe selbst, um Diebstähle zu verhindern. Aber er. schlief so fest, daß er neulich in der Nacht von einem Diebe aufgewekt wurde, der neben seinem Bette stand, und drohete, ihm eine Kugel durch den Kopf zu jagen, wenn er sich nur regte. Inzwischen gieng ein andrer Dieb im Laden umher, las die besten Güter aus, und brachte sie in Sicherheit, indem Coe ganz gelassen aus dem Bette zuschen mußte.

Engl. Miscelien. VI. 2.

II

Ein Herr Cresswell "tehrte mit seinem Sohne und dem D. Whitfield aus Staines nach Bedford zuz ruf. Unterwegs hielt sie ein Strassenräuber auf, der ihnen ihre Uhren und Börsen abfoderte. Here Cresswell gab ihm zwen Guineen, weigerte sich aber, Uhr und Ring zu verabfolgen, weil sie ihm von eis nem Oheim vermacht worden wären. Der Räuber drohete mit den fürchterlichsten Vermessungen, ihm eine Kugel vor den Kopf zu schiessen, wenn er nicht entweder den Ring oder fünf Guineen als Entgelt def selben hergabe. Der åttere C. wollte das nicht eingehen, und sein Sohn sagte, wenn der Räuber einmal auf Blut bestünde, so sollte er lieber fein, des Sohnes Leben nehmen. Der Räuber erklärte dann, daß er nicht weiter in fle dringen wollte; was ihn zu diesem Schritte vermöchte, sey äusserste Noth, wobey er die Hand hinreichte und um Vergebung bat. Herr Creßwell schüttelse ihm die Hand, sagte aber, daß er sie kalt und zitternd fåns de. „Das mag wohl seyn, antwortete der Unglütliche, aber mein Herz ist nochfälter:" er stöbnte dann tief, wünschte ihnen eine gute Nacht, und ritt cilight fort

Hier ist abermals ein Beyspick von der Entschloßenheit, womit selbst die gemeinsten Landleute dem Tode entgegen gehen. Thomas Pain, ein armer Schiffer in Brighton, der vom Fischfange lebte, stand ungewöhnlich früh auf, und gab seiner Frau als Ursache an, daß er seine Reze ausbessern wollte. Aber an statt dies zu thun, gieng er wahrscheinlich gleich an den Meeresßtrand, und band sich mit einem Strife an eine Säule fest, welche bey hober Fluth von der See bedekt war. In dieser Stellung fand man ihn zwey Stunden nachher ertränkt. Vermuthlich befestigte er fich an die Säule, damit sein Körver von der Fluth nicht mit fortgeschwemmt werden könnte.

Der Marquis von Abercorn, einer der vornehms ften Männer des Reichs, hatte vorigen Sommer fol genden grau envollen Zufall. Er fuhr feine Gemah lin und Tochter aus Stanmore nach Harrow. Als er aufstieg, schien ihm eins der Pferde ståtig zu feyn z er ließ also ein anderes einschirren und fuhr fort. Er war kaum zweyhundert Schritte von seinem Landbau-. fe, als die Pferde scheu wurden, und mit dem Phaeton gleichsam fortflogen. Die Damen fiengen an so heftig zu schreyen, daß der Marquis nicht mit der Gegenwart des Geistes, welche bey solchen Unfällen nothwendig ist, handeln konnte. Da er vergeblich bemüht war, die wüthenden Rose zu zähmen, und zugleich für das Leben seiner Gemahlin und Tochter die erschreklich, ste Angst fühlte, so wuste er weiter keinen Rath, als aus dem Phaeton zu springen. Aber fürchterlich! er brach beyde Beine, das eine über, das andre unter dem Knie. Judessen hielten sich die Damen fest an die Size, und rennten unaufhaltsam fort, bis die Pferde um eine kleine Gaße bogen, und durch einen plözlicheft Ruf die Damen in eine Heke schleuderten, wo ihs nen fein wesentlicher Schaden zusticß.

In den Ostindischen Blättern fanden wir ein sehr rührendes Ereignis. Ein Hinduh Schulmeister wollte mit einundzwanzig Schulfnaben über einen Arm des Fluges Balla, nicht weit von Wallajohbad fezen. Als sie an das Ufer famen, war das Bett des Flus ses beynahe trofen, weswegen sie glaubten, ohne alle Gefahr durchwaten zu können. Aber es hatte über Nacht heftig geregnet, und als sie schon mitten im Fluge waren, stürzte das Wasser, welches sich ober, halb der Furth angehäuft hatte, unvermuthet mit gez waltiger Strömung herab, und überwältigte die hilflo

« PreviousContinue »