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Gelehrten, welche deutsch verstanden, und wirklich in unserer Litteratur bewandert waren, so wegwerfend gesprochen hätten. Eine so ausgedehnte Belesenheit, als sehr viele deutschen Gelehrten in englischen Schriften befizen, wird man bey den hiesigen Gelehrten höchst selten in Absicht der deutschen Schriften finden. Die mehreßten urtheilen so, wie die Frau vonStåel, ohne ein Wort deutsch zu verstehen, oder nur die Namen unsrer guten Autoren zu wissen.

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Rechtshändel, Anecdoten ic

Im verflossenen July wurde eine Sache entschies den, die ungemeines Aufsehen machte. Zwey Classen von Künstlern, die sonst in der innigsten Freundschaft leben, die Mahler und Kupferstecher, erschienen hier im gerichtlichen Felde gegen einander; vierzehn gegen vierzehn; grosse weltberühmte Männer gegen andre, die ihnen auf keine Weise an Verdienst und Ruhm wis chen. Copley, einer der besten englischen Mahler, welcher den Tod des grossen Grafen von Chatam zur allgemeinen Zufriedenheit seiner Zeitgenossen gemahlt hatte, wollte davon einen Kupferstich verferti gen lassen. Zu dem Ende wurde das grosse Gemählde erst von Cipriani auf einen kleineren Maassßtab gebracht, und dann stach es Bartolozzi, wofür er zweytausend Guineen bekam. Das Blatt war ein Meisterstük, welches allein Bartolozzi's Namen unsterblich machen würde. Aber wegen der Vortreßlichkeit desselben sowohl, als wegen des grossen Maasstaabs, mußte es so hoch angeschlagen werden, daß nur die Reich sten es kaufen konnten. Copley hielt daher für rath samer, einen kleineren Kupferstich von seinem Gemahlde zu veranstalten. Er trug ihn dem Delatre auf, einem geschiften Schüler von Bartolozzi. Der bes dingte Preis war 800 Pfund Sterling. Delatre ars beitete drey Jahr daran, und als er fertig war, wollte

ihm Copley nicht mehr als 200 Pf. St. bezahlen. Die Portraits, sowohl auf dem Originale als auf Bartolozzi's Kupferstiche, hatten mit den Vairs, die bey Chathams Tode zugegen waren, eine grosse Achn lichkeit, welche, nach Copley's Urtheile, in Delaters Kupferstiche ganz verlobren gieng. Erskine, der den Mahler vertrat, ließ sich darüber sehr scherzhaft aus, und sagte unter andern: Herr Pitt, Lord Chathams jüngster Sohn, damals noch ein Jüngling, wie er auch auf Bartolozzi's Kupfer ausfähe, erschiene hier als ein alter Griesgram; kurz, die ganze Gruppe sey unrichtig und verschroben. Es wurden nun von beys den Seiten die würdigsten Künstler verhört. Der alte Bartolozzi sagte, es sey fast unmöglich, das gröf sere Kupfer auf einen so kleinen Maasstab zurüfzus führen, und eine gleich grosse Achnlichkeit mit hins über zu nehmen. Har Ryder, ein vorzüglicher Kupferstecher, war gleicher Meinung, und erklärte: seis nes Bedünkens habe Delatre niemals etwas besseres geliefert. An diese beyden schlossen sich zwölf andre Graveurs, sämmtlich von grossem Namen und Ansehen. Aber diejenigen, welche für den Mahler vers nommen wurden, batten noch mehr Gewicht; es was ren die königlichen Akademiker: Sir William Beechey, Opie, Cosway, der Präsident West, der beliebte Hoppner, Holloway, der Alderman Boydell und andre bis auf die volle Zahl vierzehn. Sie mehnten Delas tre's Kupferstich möchte seyn was er wolle, aber eine Copie sey er schlechterdings nicht; er sey verzeichnet, habe unrichtige Umrisse, und Copley könnte ihn unmöglich ins Publicum gehen lassen, ohne seinem Orie ginalgemåhlde Schande zu machen; Aehnlichkeit der Bildnisse sey bey solchen Compositionen gerade das,

was die Käufer erwarteten. Der Präsident fagte sogar: die Umrisse wären so schlecht, daß sie einem Schủ, ler den Zugang zur Academie verschlossen haben würden. Um den Eindruk so bedeutender Zeugen ein we nig zu vermindern, stellte der Cronadvocat, des Klås gers Beystand, auf eine eindringliche Art den Ges schwornen vor, daß seines Clienten Ruf, Namen und Vermögen auf ihrem Ausspruche beruhe. Die migliche Lage des Lords Kenyon, als Richters, läßt sich fühlen. Er gestand seine Unwissenheit und Unentschiedens heit. Auf einer Seite habe ich vierzehn Stimmen, „die mich hieher, auf der andern eben so viel, die „mich dahin ziehen: ich kann den Geschwornen keinen leitenden Wink geben, und muß sie ihrem eigenen "Scharfblike überlassen." Die Jury entfernte sich, und erkannte dann für den Delatre, welcher demnach feine ausgemachten 800 Pf. erhielt.

Ein posirlicher Umstand, der wohl verbürgt ist, trug sich auf einem Dorfe der Grafschaft Chester zu. Der dortige Schenkwirth war zugleich Kirchschreiber, der, wie bekannt, in den englischen Kirchen einen be sondern erhabenen Siz unterhalb der Canzel hat, und die Antworten auf die Collecten und Litaneyen laut wiederholt. Gerade als der Prediger den Bers las: Gedenke des Sabbathtages, daß du ihn heiligest, kam ein Junge mit einem grossen Bierkruge und einem Bunde Schlüssel ganz bedächtig mitten in die Kirche, und sagte zum Kirchschreiber ganz laut: Joseph, Jos seph, s'ist jemand da, der 'n Maas Bier haben will, hier ifts Geld! Der beschämte Kirchenschreiber gerieth darüber in Harnisch, vergaß die Heiligkeit des Orts, und willigte so wenig in die Aufforderung, daß er vielmehr seinen langen Arm ausstrekte, and dem Jun

gen einen derben Klapps versezte. Der Krug brach klirrend in Stüken, die Schlüssel rasselten, und der Junge stolperte und fiel. Dies brachte ein solches Ge lächter bey der ganzen Gemeine hervor, daß der Pres diger erstaunt innhalten mußte, er konnte sich diese Un anständigkeit auch nicht eher erklären, als bis er den armen Jungen wieder aufstehen, verstört um sich bliken und fortlaufen fah.

Weit gefehlt, daß die Boxereyen aufgehört håtten, find sie vielmehr seit einigen Jahren nicht so háu. fig gewesen als im verflossenen. Ein solcher Zwey Kampf ereignete sich mitten im Sommer bey Wimbledon zwis schen dem Juden Elias und dem berüchtigten Schläger Tom Jones, wo, nach einem fürchterlichen Gefecht von 20 Minuten, der Jude dem Jones einen Hieb binter das Ohr versezte, der ihn zu Boden stürzte. Wähe rend dieser Klopfsfechterey suchte Bourke, ein Fleischer, der sich lange als ein gewaltiger Borer ausgezeichnet hat, eine Menge Leute zu neken, und ließ eine allgemeine Ausforderung ergehen, ohne daß iemand darauf zu achten geneigt schien. Dann bot er mit lauter Stimme den Bristoler Belcher auf, welcher un längst einen Preis in seiner Geburtsstadt erbort hatte. Belcher fragte, was sein Anliegen sey? empfieng aber anstatt der Antwort einen kräftigen Schlag. Dies erzeugte eins der gräßlichsten Gefechte, die je erhört worden sind. Der Fleischer hatte den Vor, zug der Stärke, aber Belcher war gewandter, und focht schulgerecht. Der wüthende Kampf war etwa in zwanzig Minuten zu Ende, und kostete dem muthwilligen Fleischer beynahe das Leben. Seine Nase wurde so verstümmelt, daß man dafür hielt, fie müßte völlig abgelöst werden. Seine Oberlippe hatte

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viele Schlize, und man trug ihn sinnenlos vom Schlachtfelde. Unter andern Kunstliebhabern befand sich auch Lord Camelford, der den Fleischer in seinen Schuf genommen hatte.

Zwey Brüder, junge Leute von Stand und Vermögen, waren in Eastburne, um das Seebad zu brauchen. Eines Tages giengen sie schiessen; der eine bes fand sich oben auf dem Felsen des Vorgebürges Beachyhead, und der andre am Fusse desselben. Man stelle sich das Entsezen des lezteren vor, als er seinen Brüder vom Gipfel herabßtürzen, und unten in tausend Stüfen zerschmettert sah! Der Unglükliche war der ålteste von beyden, hatte just durch den Tod seines Baters ein ansehnliches Vermögen geerbt, und war ein Jüngling, der großse Hofnungen von sich erwekte. Jedennoch hatte man einigen Argwohn, daß er sich vorsezlich dieses jammervolle Ende gab; denn man fand feine Flinte nebst Schrootbeutel oben auf dem Felsen, und er war seit einiger Zeit oft in tiefen Gedanken gewesen.

Eine arme Frau miethete ein Boot, um über die Themse nach Bankside, Blakfriars, zu fahren, wo fie ihren abspenstigen Mann zu finden hoffte. Er war nicht dort, und sie kehrte mit dem Boote in die Gegend ihrer eigenen Heimath zurük. Hier fah man wieder nichts von ihm. Sie miethete also ein andres Boot, fuhr nach Vauxhall, ~und forschte dort nach ihm. Vergebens, niemand hatte von ihm gehört. Zum drittenmale bedingte sie ein Boot, und wollte nach Hause, aber ihre Gemüthsangst war so groß, daß sie in der Gegend der Adelphi sich über Bord in die Themse stürzte. Sie sank sogleich, ehe der Schiffer zu Hülfe springen konnte; auch wußte man keinen Rath, sie bey Zeiten zu finden.

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