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noch vorhandenen Briefe sieht, war nichts weniger als auf diesen Beyfall gefaßt. Seine Geschichte erlebte vierzehn Ausgaben vor seinem Tode, und alle Anfälle, die man darauf gemacht hat, find nicht im Stande ge wesen, ihr Ansehen zu untergraben; englische Leser lernen noch immer aus Robertsons Werke die Geschichte der unglütlichen und schönen Maria von Schottland. Daß er zuviel Partheylichkeit für sie zeigte, kann nicht geläugnet werden. Dieses Fehlers zeiht ihn schon Hume, so wie er sich selbst desselben schuldig giebt. Nichtsdestoweniger glaubt Herr Prof. Stewart, daß in der Landesgeschichte Hume und Robertson immer noch die größten Schriftsteller find, welche Großbritannien aufzuweisen hat.

Unter währendem Druke seiner Geschichte von Schottland erhielt er einen Ruf von Gladsmuir nach Edinburg als Prediger' an einer der Stadtkirchen. Von nun an folgte eine Beförderung der andern. Im F. 1750. wurde er zum Caplan von Burg Stirling gemacht; in 1761. ernannte ihn der König zu einem seiner Capläne in Schottland, und 1762, wurde er zum sogenannten Prinzipal der Edinburger Universität ers wählt. Zwey Jahre darauf erneuerte man die Würde eines königlichen Geschichtsschreibers für Schottland mit einem Jahrgehalte von 200 Pf. St. zu seinen Guns sten. Diese Aemter und Stellen brachten ihm zwar mehr ein, als je ein presbyterianischer Geistlicher in Schottland gehabt hatte, aber seine Freunde wünschten ihm dennoch ein weiteres Feld in der englischen Kir che zu eröfnen; indessen scheint es, daß er selbst keine Neigung dazu bezeugt habe.

Nach Beendigung der Geschichte von Schottland war die Frage bey ihm, was er zunächst unternehmen

follte? Er gieng darüber mit seinen Freunden zu Ra the, und meldete ihnen, daß er gesonnen sey, entweder eine Geschichte von Griechenland oder Carls V. zu schreiben. Wir finden Horace Walpole's und Hume's Briefe darüber beygefügt; der leztere rieth ihm Lebensbeschreibungen herauszugeben, und berief sich auf die grosse Vorliebe, womit Plutarch fortdauernd übers fest und gelesen würde.

Das grosse Interesse dieser Biographie, wovon der Raum uns nur einen kurzen Abriß erlaubt, wird dadurch erhöht, daß man dem würdigen Robertson immer ins Herz sehen kann. Mehrere seiner Freunde, so wie die Londner Buchhändler, lagen ihm an, eine Ge schichte von England zu schreiben; selbst Lord Bute munterte ihn dazu auf, und gab ihm zu verstehen, daß der König es wünschte, und daß er alle erwünschte Unterstüzung und Ruhe dazu haben sollte. Diese Versu chung war um so schwerer zu bekämpfen, da Robertfon einen solchen Plan schon lange mit sich herumtrug, the Hume diese Arbeit anfieng. Aber ein Haupthin derniß der Ausführung war seine genaue Verbindung mit Hume, dem er keinen Anstoß geben mochte; und dieser hatte damals sein Werk noch nicht zu Staude ge bracht. Nach etlichen Jahren aber håtte Robertson, wie er selbst sagt, seiner Freundschaft unbeschadety an eine Geschichte von England denken können, weil er und sein Freund einen ganz verschiedenen Weg einschlugen. Ihre gegenseitige Zuneigung hatte ja nichts dadurch ge= litten, daß beyde schon vorher über die Geschichte Schottlands schrieben. Allein als der Minister Bute ab dankte, ånderten sich die Aussichten, worauf Robertson gerechnet hatte; auch nahmen ihm die Amtsgeschäfte· viel Zeit weg, da die schottische Kirche damals sehr ges

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theilt war. Er beschloß also die Geschichte Carls V. auszuarbeiten.

Robertsons Ruhm machte, daß man mit ausneh mender Ungedult auf diese Geschichte wartete. Sie er hielt wieder allgemeinen Beyfall. Hume, der damals in London war, schikte die Bogen aus der Presse an Suard nach Paris zum Uebersezen. Die Briefe, welche Hume bey dieser Gelegenheit an feinen Freund schrieb, beweisen den herzlichen Fuß, auf dem beyde miteinan der stunden. Hume tadelt ohne Rückhalt, was ihm misfällt, und zwar so launig und jugendlich, daß man kaum glauben kann, die Worte seyen aus der Feder des ersten Weltweisen gefloßen. Einmal sagt Hume in seinem Briefe: „Aber was zum Teufel haben Sie „mit dem altmodischen schleppenden Worte wherewith zu thun? Ehe Ich das wieder aufnåhme, wollte „ich mich wohl gar zu whereupon, whereunto und „wherewithal verstehen. Mich-dünkt, der einzige er, trägliche Herr der Familie, welcher sich sehen lassen tann, ist wherein; und ich möchte mich nicht gern soft in seiner Gesellschaft sehen lassen. Aber ich weiß „schon, Ihre Liebe für wherewith fommt von Ihrer „Anbånglichkeit für Swift, mit dem ich oft lachen, dessen Styl ich sogar billigen, aber den ich niemals »bewundern fann."

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Lord Lyttelton gehörte auch zu Robertson's Bewunderern, aber am interessantesten wird den Lesern scheinen, was ihm Voltaire aus Ferney unter dem 26. Februar 1778. schrieb:

Il y a quatre jours, que j'ai reçu le beau présent, dont vous m'avez honoré. Je le lis malgré les fluxions horribles, qui me font craindre de perdre entièrement les yeux. Il me fait oublier tous mes maux. C'est

à vous et à M. Hume, qu'il appartient d'écrire l'hiftoire. Vous êtes eloquent, favant et impartial. Je me joins à l'Europe pour vous estimer.

Suard, den der Baron von Holbach empfohl, trug ohne Zweifel durch seine schöne französische Uebers seßung viel zu dem weit ausgebreiteten Ruhme bey, welchen Robertson durch dieses Werk einårndtete.

Diejenigen unserer Leser, für welche diese ganze Notiz etwan Interesse haben kann, werden es nicht ungern sehen, daß der Faden der Erzählung hier auf einen Augenblik durch folgenden Brief zerrissen wird. Von Herrn Hume an den D. Robertson.

Lieber Robertson!

Paris d. 1 December 1763.

Unter andern Umständen, welche Paris angenehm für mich machen, muß ich auch den erwähnen, daß ich zur Uebersezung meines Werts eine Dame gefunden habe, welche Verdienst hat und die Wittwe eines Advocaten ist. Vorher war sie sehr arm und nur we nigen bekannt; aber dieses Werk hat ihr einen Namen gemacht und ihr eine Pension vom Hofe verschaft, womit fie ein bequemes Leben führen kann. Sie sagt mir, daß ihr der Fleiß zur Gewohnheit geworden sey, und daß sie darin beharren würde, wenn ich ein andres englisches Buch wüste, an das sie sich machen könnte, ohne Gefahr zu laufen, daß ihr ein, andrer Ueberse jer zuvorfáme. Ihre Geschichte von Schottland ist schon unter der Preße: daher empfahl ich der Dame Ihre Geschichte Karls V. und versprach, mich bey Ibnen zu erkundigen, wann sie gedrukt werden würde, woben ich Sie bitten wollte, daß Sie die Bogen, so wie sie die Prese verlassen, aus London herüber schifen möchten; ich wollte sie ihr geben, und sie würde auf

diese Art allen andern Ueberseßern zuvorkommen. An den beyden lekthin von mir herausgekommenen Bånden wird jezt hier gedrukt. Sie hat einen sehr leichten natürlichen Styl; manchmal verfehlt sie den Sinn, aber jezt sehe ich ihr Manuscript durch, und würde Ihnen mit Vergnügen denselben Dienst erweisen, wenn mirs meine Zeit erlaubt, wie ich hoffe. Wenn Sie fragen wie ich lebe, so kann ich blos fagen, daß ich nichts als Ambrosia esse, nichts als Nektar trinke, nichts als Weyrauch einathme, und auf nichts als Blumen gehe. Jede Mannsperson und nochmehr jede Dame, die ich antreffe, würde glauben, sie verabfäumte die allerunerläßlichste Pflicht, wenn sie mir nicht eine lange und studierte Rede zu meinem Lobe hielte. Was mir vergangene Woche begegnete, als ich die Ehre hatte, den Kindern des D-n's in Verfailles vorgestellt zu werden, ist einer der sonderbarsten Auftritte, die mir je vorgefallen sind. Der Düc de B., der älteste, ein Knabe von zehen Jahren, trat hervor, und sagte mir, wie viele Freunde und Bewunderer ich in Frankreich hätte, und daß er selbst darunter gehörte, weil er viele Stellen in meinen Werken mit Vergnügen gelesen. Als er fertig war, fieng sein Bruder, der Graf von P., welcher zwey Jahre junger ist, seine Rede an, und sagte mir, daß man mich lange und mit Ungedult in Frankreich erwartet hätte, und daß er selbst hoffte, in kurzem grosse Genugthuung von der Lesung meiner schönen Geschichte zu erhalten. Was aber noch ärtiger ist: als ich von dort zum Grafen von A. geführt wurde, der nur vier Jahre alt ist, hörte ich ihn etwas hermurmeln, und ob er es gleich unterwegs vergessen hatte, so schloß ich doch aus etlichen abgerissenen Worten, daß es eben

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