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Engländer verfertigen eine Menge Sachen aus Elfenbein von der größten Schönheit. Das neueste und glånzendste in dieser Art sind die brillantirten oder mit Perlen besezten Zahnstocherbüchschen, welche jeder Juwelirer und Goldschmidt anders verfertiget. Auch die ganz gemeinen und wohlfeilen Zahnstocherbüchsen aus Elfenbein mit Gold verziert, sind von einer Niedlichs keit und Politur, denen auf dem festen Lande nichts beykommt. Die Leute, welche diese Sachen liefern, nennen sich Ivory Hardwood and Tunbridge Ware Turners. Einer von ihnen heißt: Pace No. 319. Oxfordstreet. Er hat auf seine Karte mit einem Notabene gesezt:,,Gentlemen taught the Art of Turning. (Liebhaber können hier das Drechseln lernen)." Denn vermögende und vornehme Månner (man sehe die Transactionen der vielen gelehrten und öconomischen Gesellschaften in Grosbritannien und Frlaud) beschäftigen sich häufig mit der Physik, Chymie, Technologie, Mechanik c. und erwerben sich zum Behuse the rer Versuche, selbst eine gewisse Fertigkeit im Drech feln, Glasschleifen, Messingarbeiten u. d. gl. da es bekanntlich äußerst schwer ist, neue Ideen von bloßen Handwerksleuten ausführen zu lassen, wenn der Erfinder sie nicht selbst wenigstens im Rohen verwirklichen

fann.

Obwohl diese Blätter nur das Neueste aufnehmen, so werden gewiß die meisten unsrer Leser eine Ausnahme in Absicht auf Backer's Rolle verzeihen, weil sie nicht allen bekannt seyn wird. Wer es nicht geschen hat, der frage nur in seiner Haushaltung nach und lasse sich sagen, was für eine ungemein müksame und oft gefährliche Arbeit das Rollen der Wäsche für das weibliche Gesinde ist. Backers Erfindung macht es

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aber so leicht, daß ein Kind gleichsam spielend mehr Wäsche rollen kann, als zwey starke Weibspersonen zu thun im Stande sind. Ohne ein Kupfer, woran es uns gebricht, wagen wir keine Beschreibung des Mes chanismus. Man dreht blos eine Kurbel etliche mal herum und der Roufaßten geht nicht nur vorwärts, und rükwårts, sondern springt auch hinauf, damit man die Wäsche aufs neue unterbreiten kann. Und was für ein schönes Stük Tischlerarbeit sind Backer's Rollen; der Kasten ist vermacht und man sieht nichts von dem, womit er belastet ist; auch nimmt eine Backer'sche Rolle nur einen kleinen Raum ein; es ist nicht zu viel versi chert, wenn man sagt, daß ihre Nettigkeit kein Zimmer verunstalten würde. Die Wäsche Rouen des festen Lan des find ordentlicherweise große, unbehülfliche Maschis nen, mit Steinen belastet, bestaubt, und gemeiniglich in einen entfernten Winkel der Häuser verwiesen, weil ihr Anblik keineswegs erfreut: aus dem Holze, wels ches zu Einer derselben erfordert wird, könnte man bequem zwey Backerische machen. Wegen des wenigen Raums, den diese Rollen einnehmen, und wegen ihrer leichten Handhabung giebt es wenig große Häuser in London, wo sie nicht eingeführt wären, vornehmlich da jede nur mäßig erhebliche Haushaltung ein eignes Waschhaus befizt, wofür unter den weiblichen Gefinde eine eigene Wäscherin (the laundry maid) gehalten wird. Auch ist dies auf alle Londner Wirthshäuser, Hotels, Tavernen ze. anwendbar, wo täglich eine uns glaubliche Menge weißes Zeug aufgeht. Eine eichene Rolle kostet fünfzehn Guineen. Die Adresse des pri vilegirten Verfertigers ist: Backer, press and engine maker No. 65. Forestreet, Moorfields, und No. 309. Oxfordstreet, near Bondstreet. Man bemerke

hier, daß dieser Manufacturist, nach Gewohnheit vies ler großen Londner Gewerbe, zwey Gewölbe, eins in der Altstadt, und das andere in Neu London oder Westminster, hält, welche beyde gleich großen Vorrath aufzuweisen haben. Was dazu für Capitalien gehören, und was dabey für Abgang fevn müsse, wird sich der Leser selbst abziehen können. Aber wir dürfen nicht unterlassen, hier noch einen abermaligen Beweis ben zufügen, wie weit der Lurus dieser Insulaner selbst in denen Dingen gestiegen ist, die dem Anscheine nach gar seiner Bothmäßigkeit nicht unterworfen werden können. Ist es nicht genug eine kunstreich gearbeitete Rolle aus Eichenholz zu haben und dafür den oben ges dachten nicht geringen Preis zu bezahlen, da doch Niemand dieses Wirthschaftsgeräth in einen Prachtsaal oder in ein Wohnzimmer stellt? Nein," antwortet der Nabob und der Millionär: „ich will eine aus Ma„hagony, das Holz ist besser, man sicht es lieber an,

und ich habe alles gern vom Besten." Und zum Erstaunen des Erzählers hat Backer wirklich Rollen aus diesem köstli hen Holze da stehen: daß er sie an den Mann bringt, wird wohl Niemand bezweifeln, der etwas von England weiß. Eine Rolle aus Mahagony foster fünf und dreyßig Guineen. Es ist nicht verlohrne Zeit, ein wenig hierbey zu verweilen und Bes trachtungen über den Reichthum und die Ucppigkeit eines Landes anzustellen, wo Mahagony Rollen auf den Verkauf gemacht werden!

Geht man von Backer um die Ecke, so befindet man sich in der Newbondstrasse, wo das Parliament des Eurus und der Moden alle Tage Acten pasirt, die in einem großen Theile der bewohnten Welt mehr respec tirt werden, als die Gefeze der Capelle zum h. Ste,

phen in den königlichen Landen. Diesmal nur von einem neuen Leuchter, der sich selbst auslöscht. Die Erfindung ist bekanntlich nicht neu und Stedmann Nro. 36. Newbondstreet hat sie nur auf eine etwas verschiedene Art und in Silber ausgeführt. Für die ́jenigen, welche so unüberlegt sind im Bette zu lesen, oder doch ihr Licht nicht vor Bettgehen auszulöschen, ist ein solcher Leuchter von großem Vortheile.

Nicht weit von ihm hålt Vinn ein Gewölbe von plattirten Waaren, wo man zu Ende Augusts einen Kohlenschuz und Camin, Werkzeuge (fender and fireirons) mit Silberplattirt sehen konnte. Sie kosteten dreyfig Guineen, und waren für den Prinzen Wilhelm von Gloucester. Vinn erfand Stahl mit Silber zu plattiren, und erhielt dafür ein Privilegium. In Betracht der Schönheit des englischen Stahls und seiner Politur dürfte man sich wundern, daß der Englische Lurus nicht mit stáhlernen fender und fireirons

frieden seyn könne: wirklich ist er es meistens. Jedoch ist es nichts seltenes, diese Inftrumente in reichen. Häusern aus maßivem Silber oder Silberplattirt zu finden. Auch Vinn hat zwen Gewölbe; in dem ers wähnten Nro. 78. Newbondstreet verkauft er blos eins zeln; aber in Aldermanbury in der City werden die großen Geschäfte für die reichen Colonien, und das ganze Ausland betrieben.

Mistreß Mary Robinson.

Diese Frau erregte, aus wohlbekannten Ursachen, gleich von ihrem Eintritte in die Welt große Aufmerks famkeit unter ihren Landsleuten. Deswegen wurde die Erwartung des Publicums mehr als gewöhnlich gespannt, als man vernahm, fie habe eine Selbstbio

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graphie hinterlassen. Die Erwartung ist nun zum Theil erfüllt worden, indem bey Philipps Memoirs of the late Mrs. Robinson written by herself, with some posthumous pieces in vier Duodezbänden gegen die Mitte des Sommers erschienen: vorn ist ihr Bildniß; und diejenigen, denen es zu Gesicht kommt, werden gleich sehen, daß eine so liebreizende Figur, durch einen vorzüglichen Verstand und nicht gemeine Bils dung hervorgehoben, allen Männerherzen gefährlich werden müße. Der erste Theil und der Anfang des zweyten find aus der Feder der unglütlichen Frau selbst und tragen den unverkennbaren Anstrich der reinen Wahrheit. Ihre Erzählung bricht jedoch gerade da ab, wo sie am meisten intereßirt, und eine Freundinn nimmt dann angeblich das Wort. Das ist artig ge= nug; aber die Vermuthungen, was es damit für eine Bewandniß habe, werden wohl so ziemlich auf einen Punkt zusammentreffen.

Ganz im Character der Dichterinn, unter welchem fie sonder Zweifel der Nachwelt bekannt werden und bleiben wird, erzählt sie, daß in der Nopembernacht, da fie, im J. 1758, zu Bristol das Licht dieser „treulosen und jammervollen Welt" erblikte, der Wind, nach ihrer Mutter oft wiederholter Erzählung, schref= lich geheult, und der Regen in Strömen an die gothischen Fenster ihrer Geburtskammer geschlagen habe. Ihr Vater hieß Darby, und war ein wohlhabender Kaufmann; unter ihren mütterlichen Ahnen erwähnt fie des großen Locke. Ihre Geschwister waren in der Jugend alle schöner als sie; sie allein hatte eine schwarze Farbe, aber dabey ein kleines rundes Geficht, besonders große Augen, und aus allen ihren Zügen sprach merklich Nachdenken und Schwermuth. Von früher

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