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chen Augenblike war die Meynung des D. Addington, der, wie gesagt, sich lange mit der Cur wahnsinniger Leute abgegeben hatte, von grossem Gewicht. Als er in Betreff dieses Falles vor dem Hause der Lords ver, hört wurde, zog er einen günstigen Schluß daraus, daß der König vor der Krankheit keine Spur von Me lancholie gezeigt habe, und machte zu einer baldigen Genesung Hoffnung, welche bekanntlich durch den Erfolg erfüllt wurde.

Bis zum Jahre 1789 war Herr Grenville Svre. cher des Hauses der Gemeinen; da aber dieser den Cha= rafter eines Lords erhielt, so wurde Herr Henry Addington durch eine grosse Stimmenmehrheit zum Sprecher erwählt. Kurz darauf, als ein neues Parlament ́zusammenberufen wurde, hatte er die Ehre, ciumüthig in dieser Stelle bestätiget zu werden.

Bey Gelegenheit der Anklage des Herrn Hastings bewies er sich als ein gelehrter Jurist; er hielt auch ftets über die Rechte der Gemeinen, und betrug fich bey allen Beranlassungen mit so ausserordentlicher Unpartheylichkeit in dem schweren Sprecheramte, daß er die Achtung, sowohl der Ministerialisten als der Opposi tionisten, ununterbrochen genoß. Als Sprecher durfte er bekanntermassen nicht anders Theil an den Debatten nehmen, als wenn Förmlichkeiten zu berichtigen waren, oder wenn sich das Haus in einen geheimen Aus schuß formirte. Aber so oft dies geschah, bewies er allezeit viel Einsicht in die vorhabenden Gegenstände, und warf ein grosses Gewicht in die Schaale feiner Parthey. Wiewohl er durchgängig auf der Seite des Herrn Pitt stimmte, so behauptete er doch eine entgegengesezte Meynung, als Wilberforce die Abschaffung des Sclavenhandels in Vorschlag brachte. Pitt, welcher sich

warm dafür verwandte, blieb diesmal in der Minoritåt, und Addington schlug sich zu denen, welche dafür hielten, daß man den Sclavenhandel nur allmählig abschaffen sollte. Die Gründe dieser Parthey find so wohl bekannt, daß es unnöthig ist, sie hier zu wiederholen.

Herr Addington war, wie wir gesehen haben, völlig an seinem Blaze als Sprecher, aber ein geheimnißvolles Gewebe von Umständen, die bis jezt nur wenigen bekannt sind, und vielleicht erst nach dem Ableben sehr hober Personen enthüllt werden dürften, erhob ihn 'ganz unverhoft zu dem Posten, den er jezt bekleidet. Man sah mit ausserstem Erstaunen, daß Herr Pitt und seine Collegen ganz plózlich ihre Aemter aufgaben. Jeder fragte nun: wer erhält seinen Posten? und während das Publikum ångßlich die Antwort darauf erwartete, hörte man, der König habe Herrn Addington zu sich holen lassen, und unterrede sich fast alle Tage mit ibm. Im Anfange geschah dies auf eine sehr geheimnisvolle Art, da der Herzog von Kent seinen Wagen hergab, um Herrn Addington nach dem Pallaßte der Königin zu bringen, und die Unterhandlung auf diese Art, wo möglich, vor dem spåhenden Auge der Neugier zu verbergen. Unterdessen war dies sehr schwer; auch hatte man, als seine wirkliche Ernennung bekannt wurde, nichts dawider einzuwenden, weil die alte Administration täglich mehr Freunde verlor, und Herr Addington einen völlig unbeflekten Ruf und ausnehmend viel Liebe beym Volke hatte.

Unfre Leser wissen, wie er sich seit dem Antritte seines wichtigen Posten benommen hat. Er versprach Frieden; dies hat er gehalten. Ueber die anderen Maasregeln, die von ihm herrühren, wäre es unflug,

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entscheidend zu sprechen, weil man noch nicht weiß, ob er unabhängig, oder, wie viele glauben, unter dem Einflusse des Erministers handelt. Er beszt ungemein viel Anschen wegen seines vortreflichen Charakters, welcher während seines Sprecheramtes völlig entfaltet wurde. Der König zeigt grosse Anhänglichkeit für ihn, und hat ihm im Parke zu Richmond, nahe bey London, ein schönes Haus geschenkt, damit er ihn be, ständig um sich haben kann.

In seiner Häuslichkeit ist dieser Minister überaus liebenswürdig; ein aufrichtiger Freund, ein guter Bruder, ein nachsichtiger Vater und ein zärtlicher Gatte. Da er ein ansehnliches Vermögen beszt, und nur wenig Aufwand macht, so kann niemand glauben, daß er sich zu bereichern wünsche: auch leben alle seine Verwandten im Ueberflusse; daher hat er für niemand aus dem öffentlichen Schaze zu sorgen.

Doctor John Moore.

Da dieser Schriftsteller in England und Deutschland gleich beliebt ist, so wird man einige Nachrich, ten von ihm hier nicht ohne Interesse lesen.

Er wurde 1730 in Stirling, einer schön gelegenen schottischen Stadt, geboren, wo ehemals Schottlands Könige wohnten, und wo sein Vater ein sehr würdi ger Geistlicher war. Dieser starb ihm schon im fünften Jahre, worauf seine Mutter nach ihrem Geburtsorte, unweit Glasgow, zurükkehrte, und die Erziehung ihres Sohns besorgte, in dessen Seele sie früh den Grund zur wärmsten Frömmigkeit legte.

Nach dem vorläufigen Schulunterrichte wurde er auf der Universität Glasgow eingeschrieben. Er hatte sich der Arzneyfunde gewidmet, verband aber damit,

wie sein vornehmster Lehrer D. Gordon, und die meh resten seiner Landsleute, welche diese Lebensart wäh len, das Studium der Chirurgie. Unter andern hörte er hier den berühmten Cullen, seinen Verwandten, der in der Folge nach Edinburg verpflanzt wurde.

Nach den Universitätsjahren wünschte er seine er. worbene Kenntnisse durch Ausübung zu vervollkomm nen. Hierzu erhielt er Gelegenheit, als der Herzog von Cumberland im J. 1747 den Befehl der Alliirten in den Niederlanden bekam. Nach dem unglüklichen Treffen in Laffeld wurden die Hospitåler in Mastricht ungemein angefüllt, und es kamen ihm sehr mannig faltige Fälle unter die Hånde. Er stand nachher in Vliefingen und Breda bis zum Frieden im J. 1748. Damals war er nicht älter, als 18 Jahre. Nachdem er unter seinem Landsmanne Hunter in London einige Zeit Anatomie studirt hatte, gieng er mit Sir William Fordyce, dessen Laufbahn der seinigen völlig glich, nach Paris, welches damals in Hinsicht der Heilkundeeinen grossen Ruf hatte und verdiente.

Das Regiment, in welchem Moore Feldarzt ges wesen war, wurde vom Lord Albemarle kommandirt; Dieser Herr erhielt jezt nach dem Kriege den Posten eines brittischen Gesandten an dem Hofe von Versailles. Sobald er angekommen war, wartete ihm Moore auf, und wurde so gut aufgenommen, daß ihn der Lord, welcher viel auf ihn hielt, zu seinem Hauschirurgus: machte. Diese Stelle, welche für einen jungen Mens schen höchst vortheilhaft war, gab ihm Gelegenheit, sich beym Gesandten aufzuhalten, die feinste Gesells. schaft in Paris zu sehen, und eine gute Tafel zu ges. niessen; aber in Moore brannte damals ein heiffer Eis: fer für seine edle Kunst, deswegen wohnte er lieber in

der Nähe der Hospitåler und andrer Oerter, wo er Lernen konnte, als in dem hotel de Mirepoix, das. in dem modischen Theile von Paris unweit der Invas liden war. Er besuchte den Gesandten blos, wenn man seiner Dienste bedurfte.

Nachdem er auf diese Art zwey Jahre mit großfem Nuzen in Paris zugebracht hatte, lud ihn sein gewesener Lehrer, D. Gordon, zurüf nach Glasgow ein, um mit diesem in Compagnie zu treten, eine unter den schottischen Aerzten sehr gewöhnliche Sache, die sich auf grosse Praxis gründet, worunter dort neben andern Zweigen allezeit auch die Entbindung ge= hört. Moore nahm, auf den Rath seiner Freunde, diese Einladung an und gieng über London zurük wo er einige Zeit blieb, um die Vorlesungen des D. Smellie, eines damals sehr berühmten Accoucheurs, zu benuzen. Moore reiste von hier nach Glasgow, wo er etliche Jahre theils in Compagnie, theils allein seine Kunst ausübte, bis sich ihm in seinem vierzigsten Jahre ein neuer Weg öfnete.

Der junge Herzog von Hamilton wurde im J. 1769 mit einer Lungenkrankheit befallen, bey wel cher man den D. Moore zu Rathe zog. Doch der junge Herzog starb, und da sein Bruder ebenfalls frånklich war, hielt seine Mutter, die Herzogin von Argyle für gut, daß er reisen und einen Begleiter mitnehmen sollte, der mit einer Kenntnis der Heils kunde Bekanntschaft auf dem festen Lande verbände. Beydes fand sich in Moore vereinigt, welcher damals bereits die Würde eines Doctors der Arzneykunde von der Universität Glasgow erhalten hatte. Sie reisten fünf Jahre miteinander, während deren sie Franf reich, Italien, die Schweiz und Deutschland bes suchten.

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