Page images
PDF
EPUB

Manuscripte, das sich noch jezt in der Harleyischen Bibliothek befindet, werden ihre Nahmen also ange geben: „Herzog Josua, Hector von Troja, König David, Kayser Alexander, Judas Makkabåus, Kay. fer Julius Cåser, König Arthur, Kayser Karl der Große und Sir Guy von Warwick." Als Philipp, Kös nig von Spanien, nebst seiner Gemahlin Maria ihren Einzug in London hielten, erzählt Holingshed, das Gratious strage schön bemahlt gewesen sey. Unter andern sah man auch die neun Worthies; einer daven war König Heinrich VIII, um seiner Tochter Maria zu schmeicheln. Heinrich war gewappnet, batte in der einen Hand einen Degen und in der Andern ein Buch, worauf verbum Dei *) geschrieben war. Dies Buch schien er seinem Sohne Eduard VI. zu überreichen, der in einem Winkel neben ihm gemahlt war. Jedoch schien dieser Einfall grosses Aergerniß zu geben. Der Mahler wurde auf der Königin Befehl vor den Bie schof von Winchester, der damals Lord Canzler war, geladen, wo er deswegen einen scharfen Verweis era hielt. Er mußte die Inschrift wieder weglöschen, welches er, um größerer Strafe zu entgehen, sehr gern that; aber in der Eil die anstößigen Worte aus. zutilgen, wischte er nicht nur die Schrift, sondern auch einen Theil der Hand weg, in der das Buch sich befand. Manchmal wurden die neun Worthies von Menschen und zu Pferde vorgestellt; sie hielten auch wohl Reden an die Zuschauer der Proceßion.

-

Eben solche, obgleich vermuthlich nicht so kosthare Schauspiele wurden in andern großen Städten

*) Beil Heinrich VIII. die englische Uebersesung der Bis bel machen ließ, welche aber unter der blutigen Regierung seiner Tochter wieder verboten wurde.

Englands gegeben. In Chester pflegte man, nach alter Gewohnheit am Tage vor dem Johannisfeste vier Riesen, ein Einhorn, ein Dromedar, ein Luce (oder Flower-de-luce, über welches Thier man die Zoologen vergebens befragen würde) ein Camel, einen Esel, einen Drachen, sechs Stekenpferde, und sechzehn nakende Knaben, aufzustellen. Diese Herrs lichkeiten wurden aus Reifen, Paope, Steifleinwand, Maculatur, Knistergold, Gold- und Siberslätt chen u. f. w. gemacht. Der Gebrauch wurde noch unter Carl II beobachtet. Unter den dazu erforderlichen Kosten findet man folgenden Posten: „Einen Schilling und Sixpence für Arsenic, um ihn in den Kleister zu mischen, damit die Riesen nicht von den Ratten aufgefressen werden.”

Ob man wohl glauben sollte, daß diese pomphaften Abgeschmaktheiten blos Kinder hätten ergózen, øder die Bewunderung des Vöbeis erregen können, so gefielen sie dennoch sogar dem Adel ausserordentlich und wurden bey festlichen Gelegenheiten häufig von ihm vorgestellt. Weil es an vernünftigen Erholuns gen fehlte, so behielten die ersteren ganze Zeitalter hindurch ihren Reiz, und scheinen durch die öftere Vorstellung nicht das Geringste davon verlohren zu haben. Solche Belustigungen waren nie mehr an der Tagesordnung als im sechzehnten Jahrhunderte, wo Personen vom allerhöchsten Range fie anstellten, und zwar mit sehr weniger Veränderung, vornehms lich während der Regierung Heinrichs des VIII. Seine Tochter Elisabeth scheint diese Art von Ergözlichkeiten eben so sehr geliebt zu haben. Denn wo sie nur hin fam, stellten ihre Unterthanen, vornehmlich der Adel, solche Festlichkeiten an. Wer für dergleichen Unter

[ocr errors]

suchungen Sinn hat, findet hierüber eine Menge ins teressante Angaben in einem überaus unterhaltenden Buche The Progresses of Queen Elizabeth. 2 Bånde 4. von Nichols; d. i. die Lustreisen der Königin Elifabeth durch England.

Ueber die große Neugierde und Luft der Englåns der an vorgeblichen Wundern, spottet schon Shas kespeare im Sturm Act 2. Sc. 4. (Baseler Ausgabe pag. 77. 78.) Wirklich macht auch noch bis auf den heutigen Tag eine Kuh mit zwey Köpfen, ein Schwein mit sechs Beinen, oder sonst etwas, das der Natur zuwider läuft, so viel Glük in London, daß jeder, der es recht anzufangen weiß, dabey reich werden kann. Hentzner, ein Deutscher, der in England zu Ende des 16. Jahrhunderts reißte, sagt von den Eng ländern: Sie lieben ausnehmend jedes Geräusch, das sehr ins Ohr fällt; zum Erempel: das Abfeuern einer Canone, Trommelschlag und Glokengeläut, sø daß sehr oft eine Anzahl von ihnen, wenn sie ein Glas getrunken haben, auf einen Thurm steigt, und zur Bewegung Stundenlang läutet. Polydorus Vers gilius erwähnt einer andern seltsamen Eigenthümliche feit der Engländer, daß sie das Weyhenachtsfest mit Cos mödien, Maskenspielen, prächtigen Schaußtellungen, Würfelspiel und Tänzen feyerten, welches bey andern Völkern nicht gewöhnlich sey, fa von dem Weyhenachts, fürsten der Engländer oder dem lord of the misrule wiffe man nirgends anderswo etwas.

Die Britten und Dánen waren der Jagd erges ben, aber am meisten die Normánner. Man erinnert sich an den neuen Forst in Hampshire, den Wilhelm der Eroberer zu diesem Behuf anlegte, und an den Park zu Woodstock in Orfordshire, den Heinrich sein

Sohn sieben Meilen im Umkreise machte und mit einer steinernen Mauer umgab. Heinrich Graf von War wick war der erste, welcher diesem Beyspiele folgte;. er machte einen Park in Wedgenoke bey Warwick, um sein Wild zur Jagd zu begen, und es wurde von nun an etwas gewöhnliches, daß reiche Leute sich ei nen Jagdpark einzåunten. Unter der Regierung Edward II. wurde diese Lieblingsbelustigung zu einer vollkommenen Wissenschaft und man fieng an nach Regeln zu jagen. Eduard III. liebte die Jagd so sehr, daß er selbst zu der Zeit, als er mit Frankreich Krieg führte, und sich in diesem Lande befand, sechszig Paar Hirschhunde und eben so viel paar Haasenhunde bey sich hatte. Es vergieng kein Tag, daß er sich nicht ents weder mit der Jagd oder mit der Reigerbeize belustis get hätte. Desgleichen hatten die großen Lords in der englischen Armee sowohl ihre Hunde als Reiger bey sich. Die Jagdgeseze waren åusserst scharf. Selbst die Bischöffe and Aebte des mittleren Zeitalters jagten mit einem großen Staate von Abhängigen und Bediens ten. Walter, Bischof von Rochester, der im 13. Jährs hunderte lebte, war ein vortreflicher Jäger und so sehr diesem Vergnügen ergeben, daß er im 80 Jahre die Jagd zu seiner einzigen Beschäftigung mächte, und seine Amtspflichten ganz verabsäumte. Im fol genden Jahrhunderte übertraf ein Abt von Leicester alle andre Jagdliebhaber seiner Zeit in der Haasens jagd. Selbst wenn diese Diener der Kirche von einem Orte zum andern in Amtsgeschäften reiseten, hatten sie gemeiniglich ihre Hunde und Reiger bey sich. Fisstephen sagt, daß Thomas Becket, da er von Heinrich II. als Gesandter nach Frankreich geschikt wurde, den Hofstaat eines weltlichen Potentaten an

nahm, und in seinem Gefolge Hunde und Reiger aller Arten, wie Könige und Fürsten sie hatten, mit sich führte. Es stand in jenen Zeiten den vornehmen eng lischen Geistlichen frey, in ihren eigenen Parks zu jagen. Zur Zeit der Reformation hatte der Bischof von Norwich nicht weniger als dreyzehn Parks, wel che mit Wildpret wohl versehen waren.

Die englischen Damen begleiteten sehr oft die Herrn auf die Jagd; ja sie hatten ihre eigenen Jagd, parthicen, wie man aus einem alten Gemählde sieht, welches sich im 10. Bande von Garricks collection of plays befindet: es ist in jeder Rüksicht characteris kisch, und Herr Strutt hát es nebst andern merkwürdigen Vorstellungen auf einem Kupfer geliefert; die englischen Damen, wie man daraus sieht, ritten das mals schrittlings. Die Frauen von Bury in Suffolk nahmen es sich sogar einmal in den Sinn, Beinklei, der beym Jagen anzulegen, um auf alle Zufälle vorbereitet zu seyn. Königin Elisabeth fand grosses Wohle gefallen an der Jagd, befand sich oft alle zwey Tage zu Pferde, und jagte sehr lange. Die Londner Büre ger, so wie der Lord Mayor selbst, pflegten auch regels mässig alle Jahre zu jagen, und es ist merkwürdig, wie man aus einer alten Ballade sieht, daß sie schon damals, wegen ihrer Unwissenheit in diesem hochadlis gen Vergnügen, weidlich hergenommen und ausgelacht wurden. Vom Lord Mayor heißt es in der angezoge nen Ballade:

Mylord he takes a staff in hand to beat the bushes o'er; I must confess it was a work he ne'er had done before. A creature bounceth from a bush, which made them all to laugh; Mylord he eried a hare a hare but it prov'd an Essex calf.

« PreviousContinue »