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zu beschwerlich fand, oder ob er anfieng die Wahrheit der Lehre seiner Kirche in Zweifel zu ziehen, genug, er verließ Stockport bald, und begab sich in das Haus feines Bruders, welcher Prediger in Richmond ist. Von hier aus hielt er um die Lehrstelle an der Freyschule zu Breewood in Staffordshire an, welche er aber nicht erhielt; jedoch wurde er als Prediger nach Liverpool berufen. Im Jahr 1779. heurathete er, wodurch er sich seiner Einkünfte und Rechte als Fellow von Jesus College verlustig machte. In demselben Jahre wurde er als Lehrer der griechischen und lateinischen Sprache nach Warrington berufen, wo damals noch die Erzie hungsanstalt für Dissenters blühete, an welcher ehe mals der berühmte Reinhold Forster stand, und wo sein Sohn George erzogen wurde. Wakefield blieb an dieser Anstalt, bis sie eingieng, und verwaltete sein Amt mit eben so viel Ruhm als Fleiß. Zu gleicher Zeit war er unermüdet im Studium der alten Littera, tur und der Theologie. Während seines daßigen Aufenthalts gab er folgende Schriften heraus: einen Versuch über die Inspiration, eine Abhandlung über die Taufe, und Uebersezung des Evangeliums Matthải, und die Epistel an die Thessalonicher. Seine Liebe für die heiligen Schriften bewog ihn auch die übrigen orientalischen Sprachen zu lernen, in denen er bald ausserordentlich weit kam. Hebräisch konnte er schon; nun fügte er Syrisch, Chaldäisch, Aethiopisch, Arabisch, Persisch und Coptisch hinzu. Seine ersten theos logischen Schriften wurden in der gelehrten Welt überaus günstig aufgenommen. Aufrichtige Absicht, Verabscheuung des vom Ansehen aufgelegten Jochs, enthusiastische Anhänglichkeit für alles, was ihm wahr dünkte, finnreiche Vermuthungen in der Critif, ob.

wohl nicht immer mit fester Beurtheilung, große Be lesenheit, aber oft Mangel an klaren Begriffen, find die hervorstechenden Züge aller dieser Schriften. Man hatte nun ziemlich große Erwartungen von ihm und glaubte, daß reifere Jahre, tiefere Gelehrsamkeit und mehr Fertigkeit im Schreiben ihn zu einem der vorzüglichsten Schriftsteller in seinem Fache erheben würden.

Von nun an war es kein Geheimniß mehr, daß er sich mit den Grundsäzen der Bischöflichen Kirche nicht vertragen konnte; er gieng daher, anstatt sich, nachdem die Anstalt in Warrington aufgehört hatte, um eine andre Predigerstelle zu bewerben, auf ein Dorf bey Nottingham, wo er im J. 1783. verges bens bemüht war, selbst eine Erziehungsanstalt anzulegen. Hier gab er den ersten Theil seiner Untersuchung der Meynungen heraus, welche die Kirchenvåter der drey ersten Jahrhunderte über die Person Jesu Christi hegten. Ungeachtet dieses Buch voller Gelehrsamkeit ist und von vielen geschäzt wird, so fand doch der Buchhändler seine Rechnung nicht das bey. Das Jahr darauf zog er in seine Geburtsstadt Nottingham und übernahm die Erziehung von etlichen jungen Leuten, die ihn sehr gut bezahlten.

Wiewohl Wakefield allezeit höchst mäßig lebte, keine geistigen Getränke genoß, und kein Fleisch aß, so empfand er doch früh die Folgen einer anhaltenden Geistesansirengung und sizenden Lebensart. Ein rhevmatischer Schmerz überfiel ihn 1786 in der linten Schulter und verließ ihn während zweyer Jahre nicht. Unterdegen nuzte er alle leichte Augenblike zu gelehrten Arbeiten, worunter seine Ausgabe von Bir gils Landbau die vornehmste ist. Wider den D. Horse

ley, Bischof von Rocheßter, den man so oft im Hause der Lords sprechen hört, gab er im J. 1788 eine bes rüchtigte Streitschrift heraus. Horsley ist bekannter, maßen einer der gelehrtesten Mathematiker in Eng land; auch seine theologischen Kenntniße sind sehr achtungswerth, wie man abermals aus der eben heraus, gekommenen Uebersezung des Proph. Hoseas sicht; aber er verbindet diese mit so vieler Streitsucht, starrer Orthodoxie und berrischen Anmagung, daß Wakefield nicht in Verlegenheit gerieth, wie er ihn angreifen sollte.

Daß W. unter die wärmsten Verehrer des geläuterten Christenthums gehörte, und bey weitem noch nicht das war, was deutsche Theologen aus der alten Schule einen Neologen heißen, zeigte er durch feine Remarks ou the Internal evidence of the Chriftian Religion, welche im J. 1789 erschienen, und ihm viel Verehrer verschafften. Um dieselbe Zeit fieng er an seine Silva Critica berauszugeben. Dies Buch machte ihn am meisten bekannt, und verbreitete be= sonders seinen Ruf als Philologen im Auslande; es wird geschäzt werden, so lange man die biblischen und Profanscribenten kritisch liest.

Als in Hackney ein neues Collegium für Difenters gestiftet wurde, gab man ihm den Lehrstuhl der alten Litteratur; aber die Einrichtung der Anstalt misfiel ihm, und er blich nicht mehr als eilf Monate in diesem Posten. Da es gleich Anfangs an gehöri. ger Aufmunterung für dieses Seminarium fehlte, so wurde dasselbe vollends durch Wakefields Abgang zurüfgesezt und zerschlug sich bald nachher gänzlich.

Da er schon vorher einzelne Stüke der Bibel übersezt herausgegeben hatte, und da seine theologis

sche Gelehrsamkeit nun allgemein geachtet wurde, fo erhielt die vollständige Uebersezung des Testaments mit Anmerkungen, welche er im J. 1791. erscheinen ließ, viele Leser; und noch jezt wird dies Buch von den Dissentern sehr geschäzt. Seine Celebrität hatte jezt so zugenommen, daß ein kleiner Abriß seines Le bens, den er im J. 1792 unter dem Titel Memoirs of his own life herausgab, wohl aufgenommen wurde.

Es ist zu bedauern, daß ihn in der Folge die stürmische Politik aus den ruhigen Beschäftigungen der Litteratur verschlug, und zulezt ins Gefängniß brachte. Sein Eifer und seine reinen Absichten wer den ihm allezeit Ehre machen; aber Heftigkeit schadet auch der besten Sache, und verträgt sich am wenigften mit der Religion, welche Wakefield so innig vers ehrte. Er fieng eine große Ausgabe von Popens Wer ken an und gab auch Observations on Pope heraus; Leider ist dies nichts vollständiges; aber die englischen Kritiker wünschen nur, daß sich Jemand von gleis chen Kenntnissen finden möchte, der die Arbeit fortsezen könnte.

Es ist bekannt, daß Wakefield auch unter die Widerleger des Thomas Paine gehört, und daß er gegen Wilberforce und Burke schrieb; allein selbst seine Freunde billigten diese Arbeiten nicht.

Im J. 1798. schrieb er die berüchtigte Antwort auf etliche Stellen in des Bischof von Landaffs Addrese an das Volk von Grosbritannien. Sie zog ihm die Gefängnisstrafe zuwege, ungeachtet der große Erskine die Schrift vertheidigte. Es ist jezt, wo fast. alle Leute Parthey genommen haben, sehr schwer über dieses Pamphlet zu urtheilen; jedoch wird es wenig unbefangene Leute geben, die nicht sehen dürften,

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daß es bey so gefährlichen Zeiten, in denen die Ge müther ohnedies gåhren, nicht ohne Ahndung bleis ben konnte.

Er war zwey Jahre in dem Gefängnisse zu Dor chester, wo er mehrere litterarische Entwürfe machte, die er nach seiner Befreyung auszuführen dachte. Der gröste davon war, ein griechisches Wörterbuch zu schreiben; doch fand er keine Unterstützung. Er war gewohnt, seiner Gesundheit halber viel spazieren zu geben. Im September dieses Jahres hatte er sich bey einem Spaziergange zu sehr erhizt; dies zog ihm ein Fieber zu, woran er starb.

Bey allem Ernste, der ihn von Jugend an auszeich nete, war er ein treflicher Gatte und Vater; er hinterlägt sechs Kinder. Durch eine unerschütterliche Rechtschaffenheit sezte er sich selbst bey seinen Feinden in Achtung. Ein wenig Nachgiebigkeit würde seinen Umständen, welche fast immer bedrängt waren, sehr zu statten gekommen seyn. Wakefield war zwar ein überaus tha, tiger Mann, der seine Zeit immer wohl anwandte, aber er würde ohne ausserordentliche Naturgaben niemals die tiefe Gelehrsamkeit erlangt haben, welche ihm so viele Bewunderer verschaffte. Sein Gedächtniß war eins der allertreuesten; sogar die kleinsten Umstånde blieben ihm gegenwärtig. Seine Unterhaltung und seine Sitten waren äusserst einfach und anspruchlos; dies verbunden mit seinem gutmüthigen Ernste machte, daß er bey jedem, der ihn kaante, beliebt war.

Ueber die Beluftigungen und Zeitkürs zungen des englischen Volks.

Um den Charakter eines Volks gehörig beurtheilen zu können, ist es nothwendig, daß man wisse, womit es

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