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gebot geschah, als sie sich noch auf dem Krankenbette befand sie zählte damals nur wenige Monate nach ih, ren fünfzehnten Jahre.

Der Trauungstag wurde festgesezt. Nicht eher als bis alles vorläufige zur Richtigkeit gebracht war, ließ sich Robinson vernehmen, daß es nöthig seyn wür de, die Verbindung geheim zu halten. Miß Darby er staunte. Indez verstand Robinson den angeblichen Urfachen seiner Bitte ein höchft scheinbares Licht zu leis hen. Garrik betrieb es, daß Miß Darby auftreten sollte, da er von teinem Hindernisse wußte. Robinson führe te dagegen der Mutter zu Gemüthe, daß ein Theater, Leben sehr viele Klippen habe, und daß der Vater, dessen Unerbittlichkeit sie kenne, es wohl schwerlich einer chrlichen Vermählung und lebenslänglichen Ver. forgung vorziehen würde; die Gefahren der Gesunde heit wurden ebenfalls in Anschlag gebracht; und so wohl Mutter als Bräutigam fanden es überaus låcherlich, sich in der Kirche proclamiren zu lassen und dann der Trauung auszuweichen. Drey Tage lang marterte man sie dermaßen mit diesen und andern Gründen, daß sie sich trauen lieg.

Bis jezt hatte sie immer noch Mädchenkleider ges tragen und selbst zwey Jahre nach ihrer Heurath sah fe so mädchenhaft aus, daß sie allezeit in den Kaufladen Miß genannt wurde. Ihre Sitten waren eben so kindisch als ihr Ansehn; nur noch drey Monathe, che sie beurathete, hatte sie mit der Puppe gespielt und Sie haßte den Gedanken an eine eheliche Verbindung so sehr, daß nichts als der Umstand, wegen des Gebeimnisses ihrer Heurath bey ihrer Mutter fortwohnen und von ihrem Manne getrennt leben zu können, sie zu dem Schritte bewog. Ihr Herz hatte noch keinen

zärtlichen Eindruk empfangen, und selbst während sie Treue am Attar gelobte, wanderte ihre Fantasie uns willführlich an den Ort, wo sie, durch Garrifs Mits hilfe, Glanz und Ruhm zu erwerben gehofft hatte. Schon am Abend des Trauungstages sagte sie ihrer Mutter unter einem Strome von Thränen, daß sie sich für das elendeste Geschöpf hielte.

An Garrik schrieb man nun, daß die gewesene Mig Darby eine vortheihafte Parthie gethan habe, (denn dafür hielt es die Mutter), und deswegen der Bühne entsage. Garrik begegnete der Neuvermählten etliche Wochen nachher und wünschte ihr Glük. Obschon die Frist verflossen war, nach welcher Robinson seine Heurath bekannt machen wollte, so unterblieb es dennoch und es fand sich, daß seine Umstände nicht so gut waren, als er sie geschildert hatte, denn er war blos der natürliche Sohn eines Mannes, von welchem er ein artiges Vermögen erwartete.

Mistreß Robinson blieb ihrem Gatten dennoch treu, weil ein sehr zartes Gefühlvon Ehre die Stelle der Liebe vertrat. Ueberhaupt war sie nicht das leichtsinnige Geschöpf, wofür die Welt fie bielt. Blos ein Zusam sammentreffen unglüklicher Umstände bestimmte ihe Schiffal. Beyde besuchten den Vater des Hrn. Nobinson, welcher ein Landedelmann in Wallis war und seinen Sohn nicht nur wohl aufnahm, sondern ihn auch zu bedenken versprach. Das veranlaßte Hrn. Nobins son bey der Rütfehr nach London eine schöne Woh nung zu miethen, einen Phaeton zu kaufen, und Sats telpferde zu halten. Er verücherte der Frau, daß seine Einkünfte dies alles wohl trügen. Mißtreß Robinson trat nun in die große Welt ein. Frauenzimmer wers den diesen Abschnitt des Memoirs mit großer Theils

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nahme lesen; es sind überaus interessante Scenen mit der treffenden Art der Weiber erzählt.

Kein Ort fiel ihr so auf als die Pantheon Rotunda. Die Marchioneß Townshend, eine überirr dische Schönheit, war dort der Hauptgegenstand der allgemeinen Bewunderung. Ihr gegenüber saß Mistres Robinson. Von zwey Herren, die mit der Marchioneg redeten, wandte sich einer nach der Robinson und fragte den andern ziemlich laut: Wer ist sie? Mistref Robinson begab sich hierauf zwar mit ihrem Manne unter das glänzende Gedränge; die beyden Neugierigen folgten aber, hielten mehrere Freunde an und fragten wiederholt, Wer ist die junge Dame in dem dunkelrothen Anzuge mit Zobel besezt?" Da Mißtreg Robinson an den stieren Blik der unartigen großen Welt noch nicht gewohnt war, so beunruhigte sie dies und sie wünschte sich nach Hause, als zu den beyden Herren ein dritter fam, welcher auf die Robinson sehend sagte: wo mir recht ist, kenne ich sie. Das war der vere storbene Earl von Northingten. Er nåberte sich und sagte mit ausgezeichneter Höflichkeit: Frre ich nicht, so habe ich die Ehre mit Miß Darby zu frrechen." Sie antwortete, daß ihr Name jezt Robinson sey und prás sentirte ihren Mann, an dessen Arme sie sich befand. Lord Northington stellte in ein paar Minuten auch seine beyden Freunde, den Lord Lyttleton und den Capitain Ayscough vor (diese drey Herren waren in der galans ten Welt sehr bekannt und ihre Erscheinungen in Mis streg Robinsons Geschichte spannt nun die Aufmerksame keit jedes englischen Lesers. Lord Lyttleton besonders war der ausgemachteste Wüstling der damaligen Zeit.)

Alle drey machten ihren Cerimonienbesuch gleich

am folgenden Morgen. So wurde nun unsre Hele dinn, die noch nicht völlig sechszehn zählte und ihrer Mutterschaft nahe war, auf das gefahrvolle Meer der großen Welt geworfen. Wir finden unter an dern Bekanntschaften des jungen Paares den Grafen von Belgioso, damaligen Gesandten vom Wiener Hofe, und den Lord Valentia erwähnt, der eine Intrigue mit der berühmten Mißreß Elliot hatte. Lord Lyttleton machte offenbar Anschläge auf unsere Robinson, jedoch richtete er fein die meisten Aufmerksamkeiten auf ihren Mann, der täglich mehr soge= nannte Freunde erbielt. Lord Lyttleton verführte ihn, nahm ihn in die Gesellschaft verworfener Weiber, und machte, daß Robinson seine Frau vernachläßigte. Der Lord nannte sie, ihrer Jugend wegen, „nur das Kind”. oder das hübsche Kind." Sie, jezt noch in der reins ften Unschuld, widmete ihre Muße der Dichtkunst, und schrieb Verse aller Art. Ihre Mutter war mit einem franken Sohne nach Bristol gereißt; sie selbst war zu jung, über die Hülfsquellen der Haushaltung zu was chen, und ihr Mann verbarg ihr den zerrütteten Zu stand seiner Finanzen. Puz, Lustparthien und Schmeis cheley jagten einander; Robinson sank stündlich tiefer in den Abgrund der Verschwendung.

Der unglükliche Fizgerald machte ihr schimpfliche Anträge. Sie verwarf dieselben, denn ihr Herz war noch rein, ihre Tugend ganz unbestekt. Der aus schweifende Lord Lyttleton warf alle Neze aus, und lud sie nach seinem Landhause ein. Sie wich glücklich aus. Der wohlgeborne Heuchler sah, daß er gehaßt wurde, und schlug einen neuen Weg ein. Eines More gens, als er wußte, Robinson sen nicht zu Hause, fam er mit bedauernder und geheimnisvoller Miene,

in der Absicht ihr etwas zu hinterbringen. Ihr Mann, sagte er, verdiene eine so junge und schön Frau nicht; er sey der treuloseste Mensch, halte es mit einem elens den Weibsbilde, und verschwende viel Geld auf sie. Mistres R. wurde aufgebracht, und wollte es nicht glauben. Ich will Sie überführen, erwiederte er, aber vergeßen Sie nicht, wenn Sie mich, Ihren treuen Freund, verrathen, so muß ich mich mit Ihrem Gatten schlagen, denn er wird mir nie verzeihen, daß ich seine Untreue entdekt habe." Mrs. Robinson fährt folgendermaßen fort: „Es kann nicht an dem seyn, sagte ich, Sie müßen unrecht berichtet feyn.” So muß mich denn die Creatur selbst hintergangen haben, an die sich ihr Mann gehängt hat, antwortete er; ich habe es aus ihrem eigenen Munde, sie beißt Henriette Wilmot, und wohnt in Soho; Ihr Mann geht täglich zu ihr. Ich dachte in Ohnmacht zu fallen, aber ein Thränen, rom brachte mein Blut wieder ins Herz zurük; mein Stolz gab mir Muth, obschon meine Selbstliche gedemüthiget war.

„Wenn Sie nur, fuhr Lord Lyttleton fort, nicht zu den Verzagten gehören, so müßen Sie Rache nehmen." Ich fuhr vor Schreken zurük und wollte das Zimmer verlaßen. Hören Sie mich, sagte er. Die Ura fachen, warum ich mich so um Ihres Mannes Freundschaft bewerbe, könne Ihnen nicht fremd feyn; mein Vermögen steht in Ihrer Willkühr; Robinson ist zu Grunde gerichtet; seine Schulden sind nahmhaft und Sie können blos dem Verderben entgegen sehen. Verlagen Sie ihn! gebieten Sie über meine Dienste." Mehr mochte ich nicht hören; meine Gefühle waren im Aufruhr; ich stürzte aus dem Zimmer, nahm einen Mieth wagen und ließ mich nach der Prinzenstraße in Soho füh.

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