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Weil die Vogelbeize vom festen Lande nach England kam, so braucht sie hier nicht besonders erwähnt zu werden. Auch sind die Pferderennen als ein Lieblings, vergnügen der Engländer zu bekannt, um etwas das von zu wiederhohlen.

Unter den Erhohlungs- Künsten, welche in Enge land zu einer hohen Vollkommenheit gedichen sind, ist die Bogenschüzenkunst eine der vornehmsten. Die alten Engländer bedienten sich des Bogens sowohl im Kriege, wo er schrekliche Wirkung that, als zur Erhohlung. Die Geschiklichkeit der englischen Bogenschüzen ist durch viele Siege bewährt, welche die Geschichte aufgezeichnet hat. Das Bogenschiessen wurde zur Ritterzeit für einen Theil der adeligen Erzichung angesehen. Auch die Damen verstanden sich damals sehr wohl auf den Bogen. Als Königin Elisabeth den Lord Montacute besuchte, war in dessen Park eine Laube für sie gemacht; in dieser stand Musik und eine Nymphe, welche ihr unter einem schönen Gesange einen Bogen überreichte; man ließ gegen dreysig Damhirsche in eine Befriedigung; und Elisabeth ers legte drey bis vier mit Pfeilen. Bis zum 13. Jahr hundert bediente man sich des langen Bogens, aber die Arcubalista oder die Armbrust fam erst nachher auf.

In dem berühmten Treffen bey Cressy 1346 hatten die Franzosen ein grosses Corps Genueser - Truppen im Solde, welche vorzüglich gute Bogenschüzen waren, ob sie schon gegen die englischen Bogenschüs zen nichts ausrichten konnten. Vor dem Treffen fiel ein starker Regen, welcher die Sennen der Bogen bes nezte, und grossentheils daran Schuld war, daß die Genueser nicht so gut als gewöhnlich schossen; aber die Sennen der langen Bogen, deren die Engländer

fich bedienten, litten nicht das mindeste durch die Nässe, entweder weil sie aus anderem Stoffe gemacht, oder wahrscheinlicher, weil sie während des Regens in einem Futterale aufbewahrt waren. Die englischen Soldaten bedienten sich zwar in der Folge auch der Armbrüste, aber den langen Bogen gaben sie immer einen Vorzug, und ihr Ruhm als Bogenschüzen gründete sich hauptsächlich darauf.

Wenn den alten Romanzen und Balladen zu glaus ben ist, so wurde die Stärke und Geschiklichkeit der englischen Bogenschüzen mit Recht bewundert. In den Reliques of Ancient Poetry vol. I. p. 154. steht eine Ballade,,The Names of the three archers," in welcher Adam Bell, Clym of the Cloughe und William Cloudesle beym Könige eingeführt werden, um vor ihm mit dem Bogen zu schiessen. Das Ziel, wels ches von dem königlichen Bogenschüzen gesezt wurde, war dem Cloudesle nicht weit genug; er stekte also eine Haselruthe 400 Schritte weit und schoß sie mits ten von einander. Den König nahm dies Wunder, und er sagte, Cloudesle sey der beste Bogenschüze, der ihm je vorgekommen. Aber dieser erbot sich zu einem noch viel aufferordentlicherem Beweise seiner Geschiflichkeit: er band seinen åltesten, fiebenjährigen Sohn an einen Pfahl, und legte einen Apfel auf des sen Kopf. Es wurden nun 120 Schritte von dem Pfahle an abgemessen. Als er den Schn an den Pfahl band, sagt die Ballade, befahl er ihm sich nicht zu bewegen, und wandre das Gesicht des Kindes abwärts, damit er sich nicht entsezen möchte, wenn er den Pfeil auf sich gerichtet sähe. Er bat dann die Zuschauer zu schweigen, und schoß den Apfel gerade in' zwey Hälften. Sehr naiv ruft hierauf der König aus:

verhüte der Himmel, daß du je nach mir schiesseft! → Es ist bekannt, daß man noch jezt in den grosbritanni schen Inseln das Bogenschiessen liebt; aber wenn jezt nach dem Ziele geschossen wird, ist die Entfernung niemals über hundert Schritte. In Anschung des Treffens sieht man die jezigen Toropbiliten in Engs Land ganze Stunden schiessen, ohne daß sie die Scheis be erreichen, oder in den goldenen Streif treffen; das lettere geschicht so selten, daß es mehr für Zufall als für eine Folge von Geschiklichkeit gehalten werden kann. Ein Bogenschüze muß in früher Jugend anfangen zu lernen, und sich dann unausgesezt üben.

Die Engländer ergözen sich noch häufig mit einer Art von Wurfscheibe (quoit oder coit), einer Leibesübung, die nicht sowohl Stärke als grosse Gewandtheit erfordert. Augenscheinlich ist dies ein Ueberrest des alten Discus. Man nimmt jezt dazu eine runde eiserne Platte, welche in der Mitte eine Oefnung hat; sie ist bald grösser bald kleiner, je nachdem die Spies ler es ihrer Stärke und Bequemlichkeit angemessen finden. Das Ziel ist nur selten weit entfernt: bey diesem Spiele wird ein längliches Stük Eisen (bob) in die Erde geschlägen, so dáß es nur wenig heraus Ateht. In einer Entfernung von achtzehn, zwanzig oder mehr Schritten, (denn dies ist willkührlich), wird ein zweytes Stük Eisen auf dieselbe Art befestiget. Zwey oder mehr Personen, welche spielen, treten dann an eins der Eisen, und werfen eine gleiche Anjahl von Quoits nach dem andern Eisen; die nachften Würfe gewinnen. Wenn alle Quoits geworfen find, gehen die Spieler auf die andere Seite, bringen das Spiel ins Reine, und werfen dann wieder , nach dem ersten Eisen u. s. f.

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Noch jest läuft man in England mehr als in allen andern Ländern. Wetten dieser Art stehen fast jede Woche in den Zeitungen, und sie werden oft unter vornehmen Leuten gemacht. Das Spiel base oder bars, auch ein Rennspiel, ist ebenfalls noch sehr gewöhnlich, und Herr Strutt sah es noch vor' 30 Jahren um eine grosse Wette von 12 Gentlemen aus Cheshire und 12 andern aus Derbyshire spielen.

Das Ringen findet man jezt nur noch beym niedrigen Bolte. Die Einwohner von Cornwall und Devons hire (f. Miscellen I. B. S. 36.) sind seit undenklicher Zeit dafür berühmt, und in England kann es Niemand mit ihnen aufnehmen. Eine cornische Umarmung ge ben (to give a Cornish hug) ist ein bekanntes englis sches Sprichwort und heißt: einen beym Ringen mit Gewandtheit niederwerfen.

Von den Ballspielen, die in England viel zahl, reicher find, als auf dem festen Lande, sind das jew de paume (tennis-ball) und Cricket die bekann testen. Das leztere wird mit grosser Fertigkeit um beträchtliche Summen und häufig von den angesehen, ften Leuten gespielt. Man hält das Cricket für wichtig genug, um in den Zeitungen davon eben so regels másig als von der Ankunft der Schiffe zu reden.

Unter einem so schaulustigen Volke fann es, wie man leicht erachten wird, niemals an Taschenspielern, Seiltänzern, Zauberern, Bauchrednern u. s. w. ġe= fehlt haben. Zum Schlusse erwähnen wir nur des Positur Meisters (posture-master). Unter diesem

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Nahmen gab es ehemals in England Leure, deten Kunst darin bestand, daß sie ihren Körper in allerley seltsame unnatürliche Gestalten zwängten. Die englischen Schriftsteller der beyden vorgehenden Jahrhun

derte erwähnen dieser Künste sehr øft. Der aufferors dentlichste Mann in diesem Fache war ein gewisser Jo seph Clark, welcher, ungeachtet seines geraden und ziemlich starken Wuchses jede Art von Mißgestalt und Schiefheit auf die allernatürlichste Weise nachahmen fonnte. Er wußte auch alle seltsame Gesichter nachs zumachen, die er in einer Quferversammlung, im Schauspiele, oder an irgend einem öffentlichen Orté gesehen hatte. In der schönen Zeitschrift der Vor„mund” erschien den 8 July 1713 ein Auffaz, worin sich eine Stelle offenbar auf diesen Mann bezicht : Ich erinnere mich, heißt es dort, eines sehr drolligen Keris, den man unter der Regierung Karls II. inse gemein den Positurmacher nannte, und der die Qual aller Londner Schneider war. Manchmal lieg er fich einen hohlen und sich von ihm Maaß nehmen während er sich so verschob, daß eine von seinen Schul. tern ausserordentlich emporstand. Wenn man ihm die Kleider brachte und sie anprobiren wollte, hatte sich die Mißgestalt auf die andere Schulter gezogen. Der · Schneider bat um Verzeihung für den Irthum, und ånderte es ihm sobald als möglich. Wenn er sich wies der einstellte, fand er den Kunden nicht mehr hochschuls trig, sondern er hatte das Unglük etwas buflig zu seyn. Kurz der wandernde Höcker sezte alle Arbeiter der Hauptstadt in Verlegenheit, und es fiel ihnen unmöglich, einem Kunden zu Danke zu arbeiten, def sen Gestalt so oft wechselte. Gegenwärtig find die unnatürlichen Vorstellungen eines Positurmachers nicht 'mehr in England Mode, weil sie bey dem Volke viels mehr Ekel als Bewunderung erregen.

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