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naught und Leinster treibt man die Hårte nicht völlig fo weit. In Connaught, welches von einigen fälschlich für eine wilde ungesittete Provinz gehalten wird, herrscht zwischen den Herrschaften und Bauern eine lehnsartige Anhänglichkeit, welche oft die glücklichsten Folgen erzeugt: die erstern werden dadurch vor Gewaltthätigkeit an ihren Personen und vor Beschädigung ihres Eigens thums gesichert; indeß beyde Theile in einem beståndis gen Austausche guter Dienste mit einander leben. Guthsbesitzer von Kenntnissen und gewinnenden Sitten sind immer bereitwillig ihren unwissenden armen Nachbarn mit gutem Rathe an die Hand zu gehen; so ers hålt der Adel durch stillschweigende und allgemeine Einz willigung ein Ansehen, wodurch er öfters die Erbittes rungen unter seinen Unterthanen besånftigen und ihre Mißhelligkeiten beylegen kann. Ein Gentleman von solchem Character wird fast vergöttert und alle Bauern find bereitwillig, ihm persönliche Dienste zu erweisen. Ueberhaupt findet man die ursprünglichen Sitten der Frländer nirgends so åcht als in Connaught. Das Gälische, eine Sprache die älter ist als das Lateinische, wird hier am reinsten geredet. Die Einwohner zeichnen sich durch die größte Gastfreiheit aus und es gilt ihnen in dieser Rücksicht gleich viel, ob ein vornehmer Mann oder ein Bettler zu ihnen kommt.

Es giebt noch eine andre Art von Bauern, die man cottyers nennt. Diese sind nicht selbst im Stande Land zu pachten, sondern sie müssen das ganze Jahr hindurch für solche Landbauer arbeiten, die sich zu den höheren Classen rechnen. Jeder Cottyer bekommt einen oder zwey Morgen Landes, die er mit Kartoffeln bepflanzt, und es ist ihm erlaubt, seine Kuh auf die Huthung des Grunds herrn zu schicken. Man bezahlt ihm seine Tagsarbeit mit

vier und fünf Pence, höchstens mit sechs Pence. Dies beträgt zu Ende des Jahres gewiß nicht mehr als die Herrschaft für das Kartoffelfeld und das Huthungsrecht fordert. Weiter haben diese Leute nichts zu ihrem LebensUnterhalt. Ihre von der herrschaftlichen Wohnung weit entfernte Hütten sind elend und bestehen aus Lehm oder Rasenstücken, ohne Oberboden, Stube oder Verschlag; oft sind sie auch blos mit einer Art von Torf (scraws) gedeckt. Der Rauch muß in Ermangelung einer Feueresse zur Thure hinausziehen. In einem Winkel der Hütte steht die Kuh, wenn der Cottyer reich genug ist, eine zu haben, und im andern schläft die Familie auf nichts weis ter als einem Bündel Stroh. Zu ihrer Bedeckung dienen eine grobe wollene Decke und die Lumpen, worein sie am Tage gekleidet sind. Um seine eigene Nahrung zu gewinnen, muß der Cottyer ein paar Stunden des Nachts auf sein Kartoffelfeld verwenden, nachdem er sich durch die Arbeit für die Herrschaft den ganzen Tag über ermüdet hat. Fehlt es seiner Familie völlig an Nahrung, so gehen Weiber und Kinder betteln: jedoch tritt diese schreckliche Nothwendigkeit nur im Sommer ein, wenn der alte Borrath ganz aufgezehrt ist und die heurigen Kartoffeln noch nicht reif sind. Es fehlt diesen Unglücklichen nicht an Schaam: sie tragen ihr Elend blos in entfernten Gegens den zur Schau, um von ihren Nachbarn nicht gesehen zu werden. Bey alle dem ist ihre Lage nicht immer so elend als die der Bauern, welche selbst pachten, weil die Herrschaft sich oft der Cottyers erbarmt, und entweder ihren Lohn erhöht, oder ihnen sonst allerley Erleichterungen zu verschaffen sucht.

Eine dritte Art von irländischen Bauern unterscheidet sich von den beschriebenen dadurch, daß sie alljährlich nach irgend einem Theile von Irland oder England wans

dert, wo man ihnen verhältnißmäßig mehr Arbeitslohn giebt. Dies geschieht allezeit zu anfange des Herbstes, um welche Zeit man die Strassen, welche nach Dublin und London führen, mit elenden Menschengestalten *) bedeckt sehen kann, die halbnackend und barfuß sind, und kaum die Reisekosten auftreiben können, so gering diese auch wegen ihrer äußerst måßigen Bedürfniffe find: oft haben sie, wenn sie von Hause gehen, nichts weiter ben fich als etwas Haberbrod. Diejenigen, welche nicht aus der Insel wandern, finden allezeit auf drey Wochen etwa 30 bis 40 engl. Meilen von Dublin Arbeit, wo viel Getraide gebaut wird, und wo es wegen der großen Landgüter allezeit an hinlänglichen Arbeitern fehlt, so oft es viel zu thun giebt. Diejenigen, welche nach London reis fen wollen, findet man in den Schiffsräumen der Pas ketboote, die aus Dublin nach Parkgate und Liverpool segeln, zusammengedrångt. Sie bezahlen eine halbe Crone für ihre Ueberfahrt, und es bleibt ihnen dann noch kaum so viel übrig, als sie zu ihrer Landreise in England bis in die Nähe von London nöthig haben. Sie legen diese Reise meistentheils barfuß zurück (etwas in England selbst von Landlenten ganz unerhörtes), weil sie ihre Schuhe für gewisse Arbeiten aufsparen müssen, welche ohne dieselbe nicht verrichtet werden können.

Wenn sie nun nach einer höchst ermüdenden Fußreise von zweyhundert engl. Meilen in den Gegenden angelangt find, wo sie auf den Feldern Arbeit erhalten können, so scheint sie ihr übles Geschick selbst durch England zu verfolgen. In vielen Theilen von Hertfordshire und an an*) Man nennt diese Leute in Irland spalpeens, ein irländisches Wort, welches große Verachtung anzeigt, und denen beys gelegt wird, die sich mit der allerniedrigsten Landarbeit bes schäftigen.

dern Orten giebt es eine Art von Unterhändlern oder Maks lern, die den Pachtern irländische Lageldhner zur Erndte verschaffen. Die Pachter ersparen sich die Mühe und ma- · chen einen Accord mit diesen Unterhändlern, welche die Lagelöhner bey ihrer Ankunft empfangen und sie für den möglichst niedrigsten Lohn zur Erndte miethen. Ein armer irländischer Tagelöhner kann nicht immer die Ehre einer Audienz bey diesen selbsternannten Ministern der Unters drückung haben, welche, da sie selbst gebohrne Frlånder find, sehr wohl die Denkungsart und Umstånde derer kennen, mit denen sie zu thun haben; aller Wahrscheinlichkeit nach reden sie auch die Sprache, welche jenen am verständlichsten ist, so daß es ihnen leicht wird, ihre Unwissenheit und Leichtgläubigkeit durch ein Vorgeben zu hintergehen, als ob sich diesmal mehr Tageldhner eingefunden hätten, als es Arbeit gåbe. Nun weiß aber jeder, was die Folge hievon seyn muß, da der Preis einer jeden Waare allezeit în dem Maße fällt, als sie häufig auf den Markt gebracht wird. Der Unterhånds ler gewinnt allein hierbey, und um seinen Profit so hoch als möglich zu treiben, ruft er, gleich dem westindischen Negertreiber, die Tagelöhner am frühesten Morgen aus den Scheuern, wo sie von ihrer schweren Arbeit ausruz hen, und legt ihnen zehnmal mehr Arbeit auf, jals der westindische Sclave verrichtet.

Wenn die Erndte în England geendiget ist, reisen fie über eine Strecke von vierhundert engl. Meilen in ihre Heimath zurück und kommen dort gerade noch zu rechter Zeit an, ihr eigenes Getraide einzuerndten, wenn) sie welches haben. Sie bringen so viel von ihrem ArbeitsJohn nach Irland zurück, daß man erstaunt, wie es ihs nen möglich war, während ihres Aufenthalts in England zu leben. Aber nur die wenigsten geniessen etwas

von diesem schwererworbenen Gelde. Viele von ihnen fallen gleich nach ihrer Rückkehr in ein kaltes Fieber, das ihnen den ganzen Winter hindurch anhängt. Dies Unglück wird theils dadurch verursacht, daß sie in kalten feuchten Scheuren schlafen, theils durch schwere Arbeit und kümmerliche Nahrung.

Der irländische Nationalcharacter ist von den engs lischen Geschichtschreibern aufferordentlich entstellt wor den, weil die Engländer, als Ueberwinder Frlands, den Bewohnern desselben von jeher verhaßt waren. Hus me, der die Geschichte der Stuarte so parthenisch behans delt hat, wie aus dem Werke der Frau Macauley über denselben Gegenstand erhellt, verdient auch keinenGlauben, wenn er sagt, daß die Irländer seit den ältesten Zeiten in Unwissenheit und Barbarey versunken gewesen wären. Denn es läßt sich aus dem Beda darthun, daß im sie benten Jahrhunderte der Adel und andre Stände der Angelsachsen sich nach Irland begaben, um dort Unters richt zu geniessen. Allerdings ist, seitdem sie von den Englåndern unterjocht worden sind, eine große Aenderung in ihrem Character vorgefallen: aber wenn sie jetzt wild find, so liegt die Ursache in der beständigen Abweh, rung des englischen Druckes.

Die Sitten der alten Irländer sind durch die Zus nahme der englischen Handelscivilisation sehr verdrångt worden; was etwa noch davon der vorrückenden Zeit und dem Zwange der Gesetze entgangen ist, findet man hauptsächlich in Plätzen, die sehr entfernt von den Städten liegen, und die selten des Handels wegen bes sucht werden. Wenn hier den Leuten nicht schlechterdings die Nothwendigkeiten des Lebens fehlen, so ist eines jes den Haus dem Nachbar oder dem Fremden offen, welcher ohne Umstände, selbst zur Essenszeit, hineingehen

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