Page images
PDF
EPUB

ganz nahe: alles was er und seine Familie durch ihre Ars beit erzeugen, muß, außer den obengedachten elenden Les bensmitteln, zu Gelde gemacht werden, um die Fors derung deffen zu befriedigen, der weder Eigenthümer noch Anbauer des Landes ist. Vater und Sohn arbeis ten unaufhörlich auf den Feldern gleich den Pferden; Mütter und Töchter helfen ihnen gelegentlich oder bes schäftigen sich noch häufiger mit dem Spinuen des Garns, woraus nachher die in England so sehr ges schätzte irländische Leinwand gewebt wird. Dessen un geachtet nachdem sie die Erzeugnisse ihrer gemeinsamen Arbeit verkauft, nachdem sie ihren Speck, ihre Butter, ihr Federvieh und ihre Eyer zu Markte gebracht haben, fügt es sich oft, daß sie nicht Geld genug zusammens bringen können, ihren Pacht-Zins zu bezahlen. Was für ein Ausweg bleibt ihnen nun unter so angehäuftem Unglück übrig? Der Guthsherr, an welchen der Bauer seinen Zins unmittelbar entrichten muß, hat an einen andern Guthöherrn, der einen Grad höher steht, Pacht zu bezahlen, und dieser vermuthlich wieder an einen dritten. Etliche von ihnen müssen also warten, ehe fie ihren Gewinn erhalten; andre geben den Gefühlen der Menschlichkeit Raum; oft findet man sich nothges drungen, Nachsicht zu haben: aber alles das vermehrt am Ende nur die mißliche Lage des eigentlichen Pachs ters, der sein Vieh hinweggetrieben und versteigert sehen muß, wenn es ihm nicht etwa durch Borgen und Bite ten bey seinen Nachbarn gelingt, seine Rückstände binnen einer bestimmten Frist zu bezahlen. Nachdem er auf diese Art alle seine kleine Habe verloren hat, kann er nicht länger auf dem Pachtgute bleiben, welches dann abermals an den Meistbietenden um einen eben so hohen Preis verpachtet wird, als der lehte Pachter nicht zu Engl, Miscellen. XVI, 2.

7

bezahlen im Stande war, ungeachtet er es versprochen . hatte.

Wenn es sich aber zuweilen fügt, wie allerdings der Fall ist, daß der fleißige Feldbauer seinen Zins zu bestimmten Fristen abtragen und zu gleicher Zeit seine Familie vor Mangel schüßen kann, so dürfte vielleicht ein Fremder, der Irland nicht kennt, dafür halten, die Lage eines solchen Mannes sey vergleichungsweise glücklich. Aber es kommt dabey immer noch darauf an, ob er einen langen oder kurzen Pacht hat. In den mittlern und in einigen westlichen Grafschaften von Jrland pachten die Bauern insgemein auf Ein und Zwans zig Jahre: sind nun etliche von ihnen im Stande, ihren Zins einige Jahre nach einander richtig abzutragen, so werden sie, ungeachtet ihre Nahrung aus den schlechtesten Lebensmitteln besteht, unaufhörlich von ihren weniger glücklichen Nachbarn beneidet. Allein dies ist nur das Loos von wenigen und zwar von denen, die in gewiss sen Gegenden von Irland wohnen. In Munster ist es damit viel schlimmer als in Leinster und Connaught; denn die niedrigeren Classen der Bauern erhalten dort selten einen Pacht auf långere Frist, als zehn Jahre, dfters auf sieben und drey Jahre, am gewöhnlichsten aber nur von einem Jahre zum andern. Wenn es sich in Munster findet, daß solche arme Landsleute durch ausserordentlichen Fleiß und durch eine fast gänzliche Entbehrung alles dessen, was das Leben angenehm macht, im Stande sind ihre Zinsen zur bestimmten Zeit abzutragen, so glaubt der Niedrigste in der oben erwähnten Reihe der Mittelguthsherren (denn die wahren Eigenthümer haben niemals mit den wirklichen Bauern Gemeinschaft) daß die Lage dieser Leute zu glücks lich sey, und daß die, welche ihre Zahlfristen so punkts

lich halten, noch mehr zu bezahlen im Stande seyn; so bald daher eine der vorgedachten Pachtzeiten verstris chen ist, verpachten sie die Ländereyen aufs neue an die Meistbietenden. Ja, sollten sie auch glauben, der eis gentliche Anbauer des Guthes könnte keinen größeren Druck ertragen, so halten sie doch den Fall für mögs lich, daß sich ein größerer und reicherer Wagehals finden dürfte, der einen noch höheren Preis für Låndereyen zu geben geneigt ist. Ihre Erwartungen werden meis stens erfüllt. Es wird ihnen nicht schwer, Menschen von so niederträchtiger und gefühlloser Sinnesart anzus treffen, als der Druck immer hervorbringt, welche sich gern zu Werkzeugen brauchen lassen, wodurch ganze Familien aus ihren Heimathen an den Bettelstab und ins Elend getrieben werden. Das ist aber noch nicht alles. Tausendmal schlimmere Uebel als Verarmung erwachsen aus einem so grausamen Verfahren. Der Fittliche Charakter åndert sich und wird schrecklich vers unstaltet. Der tödtlichste Groll nimmt im Gemüthe des Landmannes Plaß und ergreift jede Gelegenheit sich insgeheim oder öffentlich zu rächen.

Das vielfache Elend, welchem die Bauern in Munster unterworfen sind, ist dem ganzen irländischen Volke so allgemein bekannt, daß es niemand mehr zu låugnen begehrt. Der berühmee Redner Grattan hat es öffentlich in dem ehemaligen irländischen Unterhause geschildert. Er zeigte damals, daß die Katholiken in Munster wegen der unterdrückenden Hebungsart des Zehenten den größten Drangsalen ausgeseht wären, wozu sich noch die Erpressungen der Guthsbesïßer gesellten. Wåren die kühnen Behauptungen solcher abscheulichen Ereignisse grundlos gewesen, so würde man gleich eine Schaar von Zeugen aufgestellt haben, dies darzuthun,

aber dies ist bis auf heute unterblieben. Solche Vors fålle werden auf immer ein Beweis der Tyranney bleiz ben, welche von gewissen nicht zur Regierung gehörigen Leuten über die größere Zahl der Einwohner eines Lans des ausgeübt wurden, das einer freyen Verfassung und einer sanften Verwaltung der Gesetze genießt.

Es sind noch etliche andre Bemerkungen über die irländischen Låndereyen, besonders in Munster, zu mas chen übrig. Man weiß allgemein, daß der irländische Boden in Betreff des Reichthums und Ueberfluffes seis ner thierischen und vegetabilischen Erzeugnisse von keiz nem andern Lande in Europa übertroffen wird. Man darf aber deswegen nicht wähnen, daß die Arbeit des Bauers in dem Maße leichter sey, als ein solcher Bos den weniger Anbau erfordere. Diese Voraussetzung

würde sehr natürlich seyn, wenn alle Gegenden von gleich guter Beschaffenheit wären. Aber fruchtbares und minder gutes Land ist hier, wie aller Orten vers mischt; und man låßt dem Bauer keine Wahl. Der unmittelbare Guthsbesitzer hält es weder für nöthig, noch ist er geneigt seine ertragsamen Grundstücke mit einer fleissigen Menschenclasse zu besetzen. Er weiß mehr Nußen und mehr Vergnügen daraus zu ziehen: er bes stimmt sie zum Unterhalte einer Art von Thieren, die ihm weit einträglicher sind, als seine Mitgeschöpfe ihm seyn würden. Während seine Rinder und Schaafheers den auf den fettesten Wiesengründen fröhlich umhers schweifen, wird dem arbeitsamen Ackersmann keine Ruthe davon eingeräumt. Land, das weder zur Hus thung noch zum unmittelbaren Besitze eines Landedel® mannes taugt, oder das weder Graß noch Bäume trägt, oder dessen Oberfläche entweder steinigt oder mit Wasser bedeckt ist, oder das gebirgigt oder moraftig ist,

kurz Land, auf welchem man erst einen tragbaren Bos den schaffen muß, wird den verhungernden' Bauern um hohen Zins verpachtet, den sie desto leichter entrichten zu können hoffen, weil jedem nur tliche wenige Aecker überlassen werden. Diese Leute sind eben so zahlreich als arm: daher vereinigen sich Nothwendigkeit und Wahl, die Ländereyen, welche man ihnen zu bebauen giebt, in kleine Stücken zu theilen. Ein Guth, das nicht mehr als dreyßig bis vierzig Acres enthält, wird gemeiniglich von fünf bis sechs Familien gemeinschaftlich gepachtet; ob nun wohl die jährlich dafür bezahlte Pacht-Summe dessen wahren Werth weit übersteigt, so glaubt man doch, daß die unter so viele Personen vertheilte Last nicht so schwer seyn werde, als wenn das ganze Guth an Einen verpachtet wäre. Dieses schlechte Land wird im Laufe etlicher Jahre fruchtbar, bringt aber nur dem unmittelbaren Verpachter Vortheil, ins deß der elende Bauer von seiner unaufhörlichen Mühe keinen andern Nutzen hat, als daß er nicht verhungert ; und damit dieser Helotismus ja kein Ende haben oder erleichtert werden möge, verstattet man den Anbau nur in so fern als er ausdrücklich zur Veredlung des Lans des nothwendig ist. Vielleicht lautet der Pachtbrief des Bauers auf so lange Zeit, daß er sich Rechnung mas chen darf, noch einige Jahre, nachdem er von seiner Arbeit Vortheil zu ziehen angefangen hat, im Besitze des Güthchens zu bleiben; aber das trift sich nicht häufig: und ein Guthsherr von reizbarer habsüchtiger Gemüthsart kann zuweilen unter dem Vorwande rechtskräftiger Grůns de den Unterthan verjagen, ehe noch sein Pacht abläuft, um das so zurückgenommene Land entweder in Huthung zu verwandeln oder es hdher zu verpachten. In ganz Munster hört man solche Fålle sehr oft; aber in Cous

« PreviousContinue »