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Aus einer solchen Liste kann man einigermaßen abnehmen, was es mit dem Handel eines Sattlers in London für eine Bewandniß habe. Jedes dieser Cabriolets ist verschieden gebaut, nachdem es der Geschmack des Bes fiters oder das Bedürfniß des Landes erforderte. Die beyden, welche nach Bengalen und Jamaika abgiengen, sind mit einem Palankin bedeckt; der Nordamerikaner in Philadelphia hingegen hat sehr characteristisch unten einen geflochtenen Keller anbringen lassen, vermuthlich weil dieser Wagen in einem Lande, wo sich alles mit Feldwirthschaft und Handel beschäftiget, eben so sehr zum Nutzen als zum Vergnügen bestimmt ist.

Es ist sehr oft bemerkt worden, daß man in keinem Lande so viel Stiefeln trågt, als in Grosbritannien, ein Gebrauch, der wohl hauptsächlich in der veränderlichen Witterung seinen Grund hat. Freylich tragen einige junge Stußer dafür Stifeletten oder Camaschen mit seide, nen Pantalons, weil ihr Wuchs so vortheilhafter erscheint, aber dies hat bis jetzt noch wenig Einfluß auf Ordentlis die allgemeine Mode der Männer gehabt. cherweise sind alle die, welche zur feinen Welt gehören, bis gegen fünf Uhr hin bestiefelt und legen auch so fast alle ihre Besuche ab. Dies würde sich nun mit der Reins lichkeit sowohl an den Personen als in den Häusern der Britten sehr schlimm vertragen, wenn der Kunstfleiß nicht dafür sorgte, den Stiefeln ein Ansehen zu geben, das selbst der verwöhntesten Dame nicht mißfallen kann. Und da haben denn die Londner Stiefelmacher (unter des nen die größeren sich gar nicht mit Schuhen abgeben) ihre Kunst so weit ausgebildet, daß es wenig schlecht ges staltete Beine geben kann, denen sie nicht einen schönen Stiefel anpaßeten. Eine andere Claffe von Leuten hat eben so angelegentlich die Außenseite der Stiefeln aufzus

putzen gesucht. Von welcher Wichtigkeit diese in England sen, kann man aus den vielen WichsenCompositionen, Effenzen, Liquoren, Kuchen, u. s. w. sehen, die zum Blankmachen *) der Stiefeln gebraucht werden Ungeachtet der anscheinenden Geringfügigkeit dieses Industriezweiges herrscht darinn doch eine Eifersucht, die sich nur der recht vorstellen kann, welcher London und andre große Städte kennt. Man weiß, was für ein freyer und bequemer Tummelplaß die englischen Zeitun gen für die gegenseitigen Fehden des Handwerksneides und für die lächerlichen Selbstangreifungen sind. Diese Art, sich bekannt zu machen, nußen nun zwar die Herren, von denen hier die Rede ist, bis zur Ungebühr; aber es genügt ihnen damit noch nicht; sie bringen ihre Künste den Augen des Publicums viel nåher. Man wird jest in London wenig stark begangene Straßen, Kreuzwege und gedrångte Durchgånge finden, wo nicht ein, zwey bis drey Männer einen äußerst blank geputzten Stiefel an einem langen Stabe zur Schau stellten. Ueber dem Stabe ist auf einem großen gedruckten Zettel die unschätzbare Wichse, Essenz 2c. durch welche der Stiefel den prächtigen Glanz erhalten hat, unbedingt als das erste Mittel angepriesen, Schuhe und Stiefeln glånzend zu machen; und unten befindet sich in einem demüthigen

*) Man hält es jeßt für pöbelhaft, zur Tafel, in Abendgesells schaften, auf Bälle, kurz bey allen Gelegenheiten, wo man angezogen erscheint, in gewichsten oder blanken Schuhen zu gehen diese sind blos für den Morgen und für die Straße. Dress-shoes, Pußschuhe sind meistens aus Corduan oder (besonders zu schwarzen Unterkleidern und Strümpfen) aus einem fein zubereiteten, samtartigem sehr feinem Leder ges macht, das sich durch ein tiefes aber blindes Schwarz aus zeichnet.

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Korbe das Magazin von Schwärzflaschen und Gebrauchzetteln. Aber in einer großen Stadt hat man so viel zu sehen, alle Sinne, werden da so fortdauernd bestürınt, und es giebt auf den Straßen so viel ungleich anziehendere Gegenstände als neue Schuhschwärzen, daß auch dieser Weg, sich bekannt zu machen, als zu sehr betreten bald verlassen werden muß. Ein feiner Kopf unter den Stiefelwichsfabrikanten zog vergangenen May auf eine neue Art aller Augen auf sich. In diesen Monat fällt die Ausstellung der Gemåhlde in Somersethouse im Strande. Da läuft denn alles zu, um für seinen Schilling über den sinkenden Geschmack der Akademie und die unselige Menge der Portråts mit kennerhaftem Geschwätz zu radebrechen, hauptsächlich aber um die schöne Welt zu sehen. Vor dem Pallaste sieht man dann ein Gez wühl von Wagen und Herrschaften, das durch Verkäus fer, Herumtråger, Orangemådchen 2c. noch vollståndis ger gemacht wird. Unter andern hatten sich diesmal auch die Herren mit der Schuhwichse eingestellt. Der gedachte Schlaukopf erschien unter seinen Competenten als Colporteur; seine Flaschen und Schwarzkuchen waren in einem blechernen niedlich lakirten Kästchen wohl geordnet und von dem Rücken desselben erhob sich ein großes Schild, auf welchem mit schönen goldnen Buchstaben beurkundet war, daß man hier die weltberühmte Stiefelwichse des Meister N. N. kaufen föune. Mensch war übrigens viel anständiger gekleidet als seine Collegen, die schlechterdings gegen ihren glücklichen Nebenbuhler nicht aufkommen konnten. So viel kommt bey großer Competenz im Kunstfleiß darauf an, daß man dem Publicum hübsch in die Augen falle! Und von nun an werden sich alle andere Schuhwichshändler, wels che auf der Straße etwas von ihrer Waare los werden

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wollen, sich bequemen müssen, eben so schön lakirte Schilder mit vergoldeten Inschriften zu besorgen.

Wenn man die ausgelassenen Summen ansicht, wels che eine vornehme Frau für åchte Perlen, gute Corallen, Juwelen und überhaupt für Geschmeide bezahlt, so wird man dem Kunstfleiße der Italiener, Franzosen und Engs. länder danken, daß er den falschen Schmuck so täuschend hervorzubringen erfand. Bekanntlich kann man aus den Kunstproducten dieser drey Völker die verschiedenen Artikel des weiblichen Schmuckes so gut nachgemacht zusams men suchen, daß, laut der årgerlichen Chronik, manche Dame bey festlichen Gelegenheiten den großen Haufen durch ihr Geschmeide in Erstaunen seßt, während man den ganzen Bettel um ein halbes Dutzend Dukaten kaus fen kann. Der falsche Schmuck, welcher in England gemacht wird, hat mit den übrigen Fächern des Kunstfleiss ses gleichen Schritt gehalten, wie man unter andern aus den Patentperlen sieht, die den berühmten Italienis schen nichts nachgeben. Der sogenannte Taig (paste) eine Art falscher Diamanten, die in London gemacht werden, sind überall berühmt und gehen häufig ins Auss land. Durch die Patentperlen und andre Nachahmungen der Juwelen ein wenig zurückgesetzt, scheinen sie dies sen Sommer wieder ihren alten Ruf erobern zu wollen. Eine Menge Creuze, Halsketten, Ringe und besonders halbe Monde (crescents) in Gestalt der Haarnadeln in Laig sieht man in den Galanteriegewölben und an allen Oertern, wo sich sehr gemischte Gesellschaften vers sammeln. Ein crescent aus Teig kostet 16 Schill., etwan einen Louisd'or, bey Hill in Cockspurstreet. Für Haar von dunkelnder Farbe und überhaupt für jedes Haar kann man des Abends schwerlich einen schöneren Schmuck haben,

Die großen Goldschmiede, z. B. Drury Nr. 32. Strand, haben jest Pokale aus geschliffenem Glase ausgestellt. Der Kelch gleicht einer Tulipane und um ihn zu heben, hat das Obertheil des Griffs einen Kranz aus starkvergoldeten Blåttern. Die Kante ist gezackt, wie die Zinne einer Mauer. Ueber den Geschmack soll man nicht streiten; sonst dürfte die Form dieser Pokale eben nicht viel Anspruch auf Schönheit haben.

Wegen der Ueberlegenheit der englischen Fabriken und Manufacturen sind auch die Bestandtheile der ganzen Ausstaffirung eines englischen Offiziers besser und geschmackvoller, als man sie bey andern Nationen findet, selbst die theure Equippirung der jetzigen französischen Leibgars den nicht ausgenommen, wie gereiste englische Kaufleute sagen: und der jeßige Krieg, welcher bekanntlich eine fo große Nachfrage in Hinsicht dieser Bedürfniße schuf, hat beträchtlich zu ihrer artistischen Verbesserung beygetragen. Man merkt dies hauptsächlich an den Ringkragen, den Schildern der Degengehenke, den Degengefäßen, den Stirnplatten der Grenadiermüßen u. s. w. welche schöner gearbeitet sind, als je. Die Motto's, Wappen, Helmgeschmeide 2c. werden jeho meistens auf versilbertem Grund gravirt, indeß die übrige Oberfläche vergoldet ist, welches eine gute Wirkung thut. Ein vorzügliches Gewölbe dieser Art ist im Strande No. 53. bey Charlton, Goldlaceman. Alle diese Sachen sind sehr theuer, wie überhaupt die ganze Equippirung eines englischen Ofs fiziers.

Die brittischen Frauenzimmer haben sich ein ganzes Jahr kriegerisch gekleidet, långer will ihr Muth nicht Stand halten: Die Flinten, Armbrüste, Canonen Schwerdter, Pike, Helmhůte und wie die fürchterlichen Sachen sonst noch heißen, die sie als Haarschmuck und

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