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gegen gesetzt sind. Wiewohl man in England durchgắn, gig nach Bequemlichkeit trachtet, so findet man doch keis nen leeren Pomp damit verknüpft: nicht Eitelkeit und Glanzsucht, sondern Schicklichkeit ist die herrschende Mode, und Reinlichkeit der allgemeine Stolz in England.

Man kann sagen, daß London und Edinburg in Hinsicht auf modische Geldausgaben sich einander fast gleich find; und obgleich die schottische Hauptstadt wes gen des großen Mißverhältnisses ihrer Größe, Volksmenge und ihres innern und äußern Handels noch nicht denselben Grad von Lasterhaftigkeit, wie die erstere, erreicht hat; so läßt sich doch behaupten, daß sie dies selbe in einem allgemeinen Hinstreben nach Verschlimmerung übertrifft. Unter den Ursachen, die sich zum Beweise dieser Beschuldigung anführen lassen, steht der Lurus obenan, welcher seit wenigen Jahren mit erstauns licher Schnelligkeit fortgeschritten ist. Man klagt hier nicht über das Daseyn des Lurus in Edinburg, sondern über den ungewöhnlichen Einfluß, den das Wohlleben der Großen und Reichen auf diejenigen hat, welche wes der Größe noch Reichthum besitzen: und dies ist gerade der Punkt, auf welchem der Unterschied des Lurus in den beyden Hauptstädten beruht. Abgesehen von allem, was die Sittlichkeit angeht, schmålert der Edinburger Lurus sogar das Wohlbefinden des Volks: denn, wie widersprechend es auch klingen mag, so hat es dennoch seine Richtigkeit, daß der Londner, während er weit mehr gutes Leben hat, als der Edinburger, dennoch lange nicht so üppig lebt. Ein Engländer und ein Schotte unterscheiden sich durch nichts so sehr, als durch das Selbstdenken. Der Engländer wählt, urtheilt und will selbst; der Schotte urtheilt niemals unabhängig von der Welt, oder von dem Kreise, in welchem er sich bewegt.

Der eine beharrt fest auf seiner Meynung, and weiß sich fogar viel mit seiner Hartnäckigkeit und seinen Sonders barkeiten der andre beidegt sich in genaner Uebereinkunft mit dem allgemeinen Betragen, fey es noch so widersînRig, und hält sich dabey an den Trost der Klugheit und Schicklichkeit. Obgleich in London die Verschwendung außerordentlich weit getrieben wird, so finden wir dennoch dort unzählige Proben von Haushältigkeit und Bea quemung nach den Umständen. Man gehe in die Häus fer der mittleren Stände, und man wird fast überall fins den, daß die Mittelclasse der englischen Hauptstadt eine angemessene Lebensart und Schicklichkeit allem Pompe und aller unklugen Großthueren vorzicht; trotz der gross fen Versuchungen und verführerischen Beyspiele finder man doch nur wenige, die sich so sehr von einer verächts lichen falschen Schaam beherrschen ließen, daß sie sich vor dem Unmodischen schämen sollten und das Lobenswerthe fich nicht aneigneten, blos weil es auffallen oder råthlich scheinen möchte. John Bull hält auf seine Meynung und wird nicht so leicht ein sclavischer Nachahmer. Ein wohlhabender Ladenhåndler in London sett fich mit seinen Freunden und Gåften schon um Ein Uhr zum Mittagsessen: aber weder Er noch seine Frau mas chen eine Entschuldigung, daß sie ihnen nicht mehr vors setzen können, als Einen Braten, etwas Gentůse und einen Pudding, da hingegen ein Edinburger Ehepaar aus derselben Classe mit nicht halb so viel Einkünften fich schåmen würde, ein solches Effen auftragen zu lassen. Die Frau und Tochter des Londner Ladenhåndlers würz den in reiner, niedlicher und ihrem Stande angemessener Kleidung ohne die mindeste Bestürzung den Fremden empfangen, vor denen die Mamsells unsrer Möblirer, Galanteriehåndler, Materialisten, Hutmacher und

Strumpfhåndler in Edinburg fich nicht möchten sehen lassen, wenn sie nicht ganz nach dem neuesten Geschmaɗ der modischen Verschwendung gekleidet wåren.

Håuser, die in Edinburg vor nicht langer Zeit für acht bis neunhundert Pfund gekauft werden konnten, find jetzt blos für funfzehn bis sechzehnhundert Pfund zu haben. Es sind nur wenige Jahre her, daß man für funfzehn Schillinge die Woche zur Miethe wohnen konns te: jest muß man für dieselben Wohnungen wöchentlich ` anderthalb Guineen bezahlen. Alles andre ist nach Vers hältniß gestiegen. South bridge ist in Edinburg der glänzendste Punct. Aber wie kommt es doch, daß, während die schöne Welt, die Reichen und Großen sich unaufhörlich bey den prächtigen Kauflåden dieses Mittelpunkts der Mode umhertreiben, so viele dieser beliebten Plätze so oft verschlossen und unbewohnt erscheinen? Wo liegt der Grund, daß man mitten unter diesem bunten Gewirre vom Morgen bis in die Nacht die beweglichen Zungen und die Håmmer der Versteigerer hört, welche "haberdashery goods of all sorts" (allerley Galanteriewaaren) mit gellender Stimme verauctioniren ? Sind dies Zeichen des wachsenden Reichthums oder der bürgerlichen Entkråftung? Dennoch scheint alles vor der Hand gut zu gehen; das stolze Fahrzeug läuft mit schwellenden Segeln den Strom des Wohhstandes hinab. Es keimen nicht nur unzählige neue Häuser und neue Låden in jedem Viertel hervor, sondern es steigen gleichsam neue Stådte aus den Eingeweiden der Erde; und so uns glaublich es scheinen mag, es fehlt ihnen niemals an Bewohnern. Leute, die noch vor Kurzem Häuser bewohne ten, wofür sie zwanzig bis dreyßig Pfund Miethzins bezahlten, geben sich nun alle Mühe, ein Haus in modis schen Soßen zu bekommen, wo sie sich für glücklich schåzzen, wenn sie eins für drey bis viermal so viel erhalten.

Die Verschwendung in Edinburg entsteht, wo nicht ganz, so doch hauptsächlich, wie schon erinnert worden, aus den vermehrten Einkünften der Ländereybesitzer, welche jetzt, unter dem Vorwande, ihren Kindern eine gus te Erziehung geben zu lassen, ihre meiste Zeit dort zubringen. Die Einkünfte dieser Herrn kommen von den Pachtern her. Also gründet sich die gegenwärtige Wohls fahrt der Schotten auf die Fortdauer des jeßigen Zus standes der Landwirthschaft. Sollten sich Umstände ers eignen, welche den schottischen Landpachter drångten, so würden es die Landeigenthümer sehr fühlen; der Sturz würde nicht nur tief seyn, sondern allgemein gefühlt werden. Allerdings ist seit achtzehn Jahren der Landbau in Schottland sehr vervollkommnet worden, und der hohe Preiß des Pachts entsteht zum Theil daher. Aber es ist gewiß, daß alle die, welche seit 1796 ihre Pächt bes gonnen haben, blos so viel gewinnen, als hinreicht, ihren Pachtzins zu bezahlen', und ihre Unkosten zu decken. Der schottische Pachter steht jetzt auf schlüpfrigem Gruns de. Er hat sich auf Speculation anheischig gemacht, ein ungeheures Pachtgeld zu bezahlen; aber etliche Hofs nungen, die er sich schuf, sind schon völlig vernichtet, und andre werden dasselbe Schickjal haben.

Graf von Lauderdale über den Reichthum des Staats.

Die Untersuchungen über Nationalreichthum und "deffen Quellen, über Papiergeld, Münze, Banken u. f. w. find hier in vollem Schwunge, und es scheint, als ob die Acten darüber noch lange nicht geschlossen werden könnten. Was die verschiedenen Schriften über diese alls gemein wichtigen Gegenstände so interessant macht, ist der Umstand, daß größtentheils Banquiers z. B. Bas

ring, Boyd, Thornton, Magens *) zc. die Feder er griffen haben. Auffer ihnen hält das englische Publicum. ekliche gelehrte Pairs für befugte Richter. Lord King's Thoughts on the restriction of payments in specie at the Banks of England and Ireland (Debrett) sind so wohl aufgenommen worden, daß man sie jetzt schon in einer zweyten, sehr vermehrten Ausgabe liest. So eben hat auch der gelehrte und scharfsinnige schottische Graf von Lauderdale folgendes Werk erscheinen lassen: An inquiry into the nature and origin of public wealth and into the means and causes of its inBy the Earl of Lauderdale, Edinburgh and London, Longmann & Rees. 1804. 8. 432 Sciten. Preiß 8 Schill. 6 Pence, d. i. Untersuchung über das Wesen und den Ursprung des Reichthums der Staaten, und über die Mittel und Ursachen der Vermehrung desfelben.

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Der Herr Graf untersucht erst, was den Werth eis ner Sache bestimmt: er beweißt überzeugend, daß Ars *) Seine Flugschrift heißt: An inquiry into the real difference between actual money consisting of Gold and Sil ver and paper money of various descriptions; also, an examination into the constitutions of banks; and the impossibility of their combining the two characters of Bank and exchequer. By Magens Dorrien Magens Esq, London, Asperne. 1804. Dieses Vamphlet ist sehr dents, lich geschrieben: es bestreitet einige von Thornton's Be hauptungen, und zeigt die großen Gefahren eines zu auss gedehnten Papiergeldumlaufs. Den Sah „daß der Hans del in England nicht ohne Banknoten geführt werden könns te" stößt er um, und fragt: hat man denn Banknoten in Holland und Hamburg, die doch nach dem Verhältniß ihe rer Volksmenge und Größe eben so viel Handel treiben als England? Niemand klagt dort über die Unbequemlichkeit der flingenden Münze.

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