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kannter Erfahrungen, und eine so unerwartete Berech nung möglicher Umstånde, daß man gezwungen wird, auch in diesen wenig bemerkten Feldern die unergründe lichen Tiefen des menschlichen Geistes zu bewundern. Man sieht hier fast täglich, wie sehr selbst der vermeints lich Geschickteste gewårtig seyn muß, seinen Meister aufs stehen zu sehen, und wie thdricht es sey, unter einer so unendlichen Menge möglicher Combinationen sich zu schmeicheln, daß man das Unverbesserliche, oder wie der diesmal vielgedachte Thomason bey seinem Korkzieher sich ausdruckte, das non plus ultra erreicht habe. Es fey erlaubt, bey Gelegenheit einer ziemlich unbedeutenden Sache hieran zu erinnern, wenn sie schon, nach englis scher Art, schön und theuer ist. Die Hosenheben sind bekanntlich bey der jungen Männerwelt ein sehr wesents licher Theil des Anzugs geworden, da nun einmal die Mode gebietet, daß die sogenannten Beinkleider beynahe bis unter die Aerme reichen müssen. Man finder deswegen in London Handwerker, die sich blos damit bes schäftigen. Möglicherweise erinnert man sich, daß in den E. Misc. mehrmals davon die Rede gewesen ist. Bisher war ein Herr Greves im Strande der Haupts künstler, und noch dazu ein patentirter, der diese braces, wie sie mehrentheils heißen, in Wahrheit zur Bes wundrung zweckmäßig elastisch, bequem und niedlich machte. Aber es hat sich so eben ein Mitbuhler einges funden, der, wie es scheint, mit ihm um die erste Stelle in dem Fache der Hofenheben zu kämpfen bereit ist. Smith No. 146 Strand, macht bekannt, er habe Hosenheben mit Patentstahlfedern erfunden, von denen er sein Wort verpfände, daß sie unfehlbar ein ganzes Jahr halten müssen. Diesen Herren ist zwar nicht ims mer auf's Wort zu glauben: aber wo es so viele und

furchtbare Mitbewerber giebt, da erkühnt sich nicht leicht. einer ohne hinlänglichen Grund die Augen des Publis cums auf sich zu richten. Man wird also die Gültig keit seiner Ansprüche genau sichten.

Die Leser sind überflüßig darauf vorbereitet, daß der englische Kunstfleiß fortfährt, die kriegerischen Zeitumstånde auf das beste zu benutzen. Das neueste in dieser Rück sicht wird manchem Schalk, der über die englischen Volontairs wie der heillose Oppositionist Windham und der Moniteur denkt, etwas zu schnickern geben. Aber der Mann, bey dem es sich findet, ist Garton, der Erfinder der so berühmten baumwollenen Garnknåule zum Nåhen. Dieser geschickte Manufacturist und Kaufmann hat in Erwägung gezogen, wie unbehaglich und wohl gar gefährlich es seyn muß, wenn Bürger mit der Muskete in kalten nassen Nächten, der verhenkerten Franzofen wegen, unter freyem Himmel Schildwache stehen müssen, und von allen vier Winden, die in England zuweilen alle binnen einer Nacht abwechseln, angeblasenwerden. Um nun als guter Patriot diesen schweren Stand, seines Ortes, leidlicher zu machen, hat er Nachtmüßen für Schildwachen (military guard caps) verfertiget, die wirklich dem unfreundlichsten Nordost die Spitze zu bieten scheinen. Der Erfinder wohnt in Cheapside.

Seit beynahe zwey Jahren haben die Engländerin= nen mehrere Stücke ihres Pußes nach den Mustern aus den glücklich gepriesenen Zeiten der Königin Elisabeth, Shakespeares und Ben Jonsons zugeschnitten: vornehmlich trägt man jezt die Winterkleider (pelisses) ganz so über die Brust mit Schnüren und kleinen Knöpfchen befestiget wie damals. Die letzteren werden häufig aus Glas von allen Farben gemacht und die Glasfabri=

ken liefern mehrere schönere Formen, die allesamt, eine vortrefliche Schleifung haben, und deren Absatz gegens wärtig von großem Betracht ist.

Der Nutzen der Dampfmaschinen ist so entschieden, daß der englische Kunsifleiß durch ihre Stockung unmittelbar mehr als die Hälfte von seinem Glanze verlieren würde. Wiewohl aber schon jetzt ihre Wirkung bewun dernswerth ist, so scheint es doch, daß man die Kräfte dieser mächtigen Maschine noch lange nicht ergründet hat. Man wird sich erinnern, daß vor einem Jahre zwey wichtige Versuche damit gemacht wurden, sowohl Wagen als Boote vermittelst derselben fortzubewegen: allein es war noch nicht bekannt worden, daß man, ungeachtet eines ertheilten Patentes, wirklichen Nußen daraus gezogen habe. Dies ist nun vorigen Februar in Merthyr - tidvil in Wallis wirklich geschehen. Mit einer ganz neuerfundenen Dampfmaschine zog man zehn Tonnen Stangeneisen neun englische Meilen weit von der Eisengießeren in Penydarran bis an den Canal in Glamorganshire, und da bald nach dem Aufbrechen siebzig Personen auf das Gefährte stiegen, so wurde die Last von zehn bis auf funfzehn Tonnen vermehrt. Der Dampf steigt aus dieser neuen Maschine entweder in die freye Luft, oder wird, wenn man will, zur Erhitzung von Flüßigkeiten angewandt. Die Kosten betragen nicht mehr als die Hälfte des Belaufs einer andern Dampfmaschine. Diese Maschine legte bequem fünf englische Meilen in einer Stunde zurück, und es war nicht nöthig, mehr Waffer hinzuzugießen. Man weiß, daß nur ein Land, welches Ueberfluß an Brennmaterial hat, solche Maschinen unterhalten kann; und zwar haben die Steinkohlen offenbar den Vorzug. Man hält es sogar der Mühe werth, Steinkohlen in dieser Absicht einzus

führen, wo die Ueberfahrt zur See nicht zu kostspielig ist. So werden jetzt ungeheuer viel Steinkohlen, vermuthlich nicht weniger als dreymalhunderttausend Tonnen des Jahres, aus Liverpool, Lancaster, Bristol u. s. w. nach Nordamerika ausgeführt (s. Observer 4. Mårz) und man glaubt, daß diese größtentheils für die dortigen Dampfmaschinen gebraucht werden.

Sir William Hamilton.

(Aus dem Literary Journal, March.)

Dieser achtungswürdige Mann, welcher voriges Jahr starb, wurde 1730 in Schottland gebohren. Von feiner Erziehung und edlen Abkunft ist es nicht nöthig, hier weitläuftig zu sprechen. Es mag hinreichen, zu erinnern, daß man ihn so gut unterrichten ließ, als es nur in Schottland möglich war, wo, wie bekannt, die öffentliche Unterweisung vortreflich ist. Die Familie Ha= milton ist seit Jahrhunderten eine der ersten in Schottland gewesen. Indeß müssen wir anmerken, daß derjenige Zweig der Familie, zu welchem Sir William ge= hörte, um die Zeit seiner Geburt, beträchtlich herab ge kommen war. Er pflegte selbst wiederholt zu seinen Freunden in Neapel zu sagen, daß er verurtheilt gewesen sey, mit einem erlauchten Nahmen und mit tausend Pfund Sterling seine Laufbahn in der Welt anzutreten.

Doch brauchte er nicht viele seiner Jugendjahre in so mittelmäßigen Umständen hinzubringen. 1755 heurathete er ein junges Frauenzimmer von liebenswürdigem Character und höchst achtungswerther Verwandtschaft; er erhielt mit ihr ein Vermögen, das jährlich fünftaufend Pfund abwarf, und zwar in Betracht seines núchternen und philosophischen Gemüths ansehnlich war, aber keiner Erwähnung verdient, wenn man es mit

dem vergleicht, was er von seinen vornehmen Ahnen håtte, erben können.

Ob Hamilton nach seiner Verheurathung zu Hause einen Posten unter der Regierung bekleidete, weiß man, nicht. Der thätige und wichtige Theil seines Lebens bes gann mit dem Augenblicke, da er die diplomatischen Ges fchäfte antrat. Man kann es als besonders glücklich für die gelehrte Welt ansehen, daß er beynahe sein ganzes übriges Leben hindurch in einem Lande zu bleiben bestimmt war, das in Hinsicht auf die schönen Künste und auf Naturgeschichte wirklich classisch ist, zwey Fåcher, für welche er schon eine frühe Neigung blicken • ließ.

Er wurde 1764 zum Gesandten an den Neapolis tanischen Hof ernannt und man kann mit der strengsten Gerechtigkeit behaupten, daß er von dieser Zeit an bis 1800, wo er zurückberufen wurde, zur Aufmunterung der schönen Künste, zur Erweiterung naturgeschichtli= cher Kenntnisse und zur Erhellung des Alterthums mehr that, als irgend eine einzelne Person oder eine Gesellschaft in dieser Hauptstadt; vielleicht auch mehr, als die Regierung selbst. Gewißermaßen ersetzte er die be= kannte und unheilbare Fahrläßigkeit der Einwohner des Landes, in welches er zufälligerweise versetzt war.

Die Mahlerey war so vernachläßiget worden, daß man, wenn es nicht einige Arbeiten von zwey bis drey Künstlern aus der rohen und übereilten Schule Solimene gåbe, deren Nahmen des Erwähnens nicht werth sind, håtte glauben können, Neapel liege in einer andern He misphäre als ihre Nachbarinnen Rom und Florenz. Diejenige schöne Kunst, welche die auffallendsten Beweise von der Majestät und Pracht einer Hauptstadt giebt, war noch weniger ausgebildet als ihre Schwester, die

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