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ren Theile würde er damit schwerlich Glück machen) diese Leuchter theils aus purem Silber, theils plattirt zu verfertigen. Auch wenn man an den englischen Lurus ges wohnt ist, fällt es einem auf, daß solche theure Geråthe für Schlafkammern, wohin Niemand als die Familie kommt, verfertiget werden. Aber die Thatsache, daß ein Silberschmidt dergleichen feil hat, schlägt alle Zweifel nieder. Man sieht hieran abermals, daß es im altenglischen Character liegt, sich seines Reichthums mehr im Stillen und innerhalb der Familie zu freuen, als ihn zur Schau zu tragen. Findet daher der Reisende in Grosbritannien schon öffentlich so viele unverkennbare Zeichen. eines tiefbegründeten Wohlstandes, so kann er sich verz sichert halten, daß die eigentlichen Schäße dieses geseg= neten Landes da liegen, wo sein Auge nicht hinreicht. Man kauft diese Leuchter bey Brasbridge 100 Fleetstreet.

Die englischen Mittelstände lieben das blos zeitkürs zende Kartenspiel weit mehr als die Mittelelassen andrer Lånder. Twopenny whist, Zweypfennig whist ist unter ihnen sprichwörtlich. hat man denn auch alle Rubbers verloren, so kann der Verlust eines langen Abends doch schwerlich über einen Schilling steigen. Aber der Spieltisch, die Marken, die Karten, die Kåstchen müssen elegant seyn, und die englische Industrie sorgt auch in diesem Fache fleissig für neue Sachen, wie den Lesern schon aus vorigen Angaben erinnerlich ist. Den spiellustigen Leuten empfehlen sich diesen Winter vors züglich neue quadrille boxes, ziemlich große viereckigte Kasten, theils roth, theils schwarz lackirt, mit schönen goldnen Blumen. Die Arbeit ist gut. Man findet sie bequem, weil sich darin Karten, Fiches, Markenkästchen zusammen aufheben lassen.

Zu den wirklich nühlichen Soldatenwaaren kann man die weißen Filzmügen, military caps, rechnen,

welche Wilson 44 Strand verkauft. Sie haben zu bey=' den Seiten Klappen, die man wider das rauhe Wetter herabschlagen kann.

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Ein Wollenhändler No. 124 Holborn verkauft Soldatenperücken, Military wigs. Sie sind aus weißer Wolle gemacht, und gleichen völlig den sogenannten welschen Perücken, die aus graumelirter Wolle gemacht werden, und seit langer Zeit in England von Mannspersonen aus den niedrigern Volksstånden getragen werden, welche den Kopf sehr warm zu halten pflegen. Da nun unter den Volontairs nicht alle gleich jung und rustig sind, so können diese Perücken manchem von Nuzen seyn.

Paris, wie es war, und wie es jetzt ist.

Die gegenseitige Feindschaft der Engländer und Frans Josen ist vielleicht niemals heftiger gewesen als unter der consularischen Regierung von Frankreich. Nicht nur die Zeitungen der beyden Lånder, sondern auch die Reisenachrichten, welche in dem einen Lande aus dem andern bekannt gemacht werden, sind neben manchen gegründeten Beschwerden, voll håmischer Bemerkungen, Misdeutungen, Anzüglichkeiten und offenbarer Unwahr: heiten. Ob es außer Fiévée's Briefen über England, die ganz in diesem Geifte geschrieben sind, noch andre Reisebücher giebt, welche den Engländern mehr Gerechtigkeit wiederfahren lassen, wird der deutsche Leser ohne Zweifel sich selbst gleich beantworten können. Was die englischen Reisebücher durch das consularische Frankreich betrifft, so macht es der Gerechtigkeitsliebe englis scher Reisender gewiß keine Schande, daß unter acht bis zehn Reisebeschreibungen, welche größtentheils seit Ausbruch der Feindseligkeiten erschienen sind, die meisten

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vortheilhaft von Frankreich sprechen: man hat sogar cis ne, welche das Lob von Paris heißt. Aber die ununs terbrochene Denk und Preßfreyheit in England kann vielleicht durch nichts triftiger bewiesen werden, als dadurch, daß zu Ausgang des Novembers, wo man stündlich der Zeitung des gelandeten Feindes entgegensah, ein Buch erschien, welches den ersten Consul, seine Generale, seine Unterthanen, und besonders Paris im Ganzen genommen, auf die allergünstigste Art schildert. Es führt folgenden Titel: Paris as it was and as it is; or a sketch of the French capital, illustrative of the effects of the revolution, with respect to sciences, literature, arts, religion, education, manners and amusements etc.; in a series of letters written by an English traveller during the years 1801-2 to a friend in London. London, Baldwin. 1803. 3wey starke Octavbånde. Aus etlichen Stellen ergiebt es sich, daß der Verfasser ein Rangofficier ist, der Frankreich schon vor der Revolution gut kannte, und es mit dem neueren verglei chen wollte. Er hatte die beste Gelegenheit dazu, und sein Buch enthält wirklich außer vielen sehr bekannten Nachrichten, mehrere neue Angaben in einer gefälligen Einkleidung. Da Paris, wie iede große Stadt, unerschöpflichen Stoff für wißbegierige Forscher enthålt und den Fremden aus hundert Ursachen interesfiren muß: so wird man vielleicht etliche Stellen aus diesem angenehmen Buche hier nicht ohne Antheil lesen.

Der Verfasser war der erste, welcher nach Ratifi- : cation der Friedenspråliminarien aus England in CaLais landete:,,Der Hafendamm war augenblicklich mit Leuten gefüllt, die unser Schiff angafften, als ob es ein völlig neues Schauspiel gewährte: aber, außer den

dreyfarbigten Hutschleifen in den Hüten der Soldaten konnte ich in ihrem allgemeinen Aufzuge nicht den ges ringsten Unterschied bemerken. Anstatt der Stutzkopfe und Stußperücken, die ich in allgemeinem Gebrauch zu sehen vermuthete, waren hier eben so viele gepuderte Köpfe und lange Zöpfe wie vor der Revolution. Ich bin überzeugt, daß die Franzosen, überhaupt genommen, immer Franzosen in ihrem Anzuge bleiben werden, worin man meines Bedünkens niemals weder durch Befehl noch Beyspiel eine Revolution zu bewirken im Stande seyn wird. Soviel ich habe sehen können, sind die Citoyens eben so wenig als John Bull durch den Krieg fetter geworden: ihre Gesichter sehen so bleich und hager aus wie vorher, ob sie wohl im übrigen nicht so mager sind, als sie Hogarth gezeichnet hat..

In Paris wurde ich unter andern zu einem Ball eingeladen. Ich stellte mich um Mitternacht ein, wo die Zimmer ganz voll waren. Unter einer Menge sehr angenehmer Frauenzimmer, zeichneten sich viele durch einen herrlichen Wuchs aus, wiewohl nicht mehr als drey von vorzüglicher Schönheit waren. Diese irrdischen Schönheiten würden nicht nur den Großherrn, wenn er unter ihnen hätte wählen sollen, in Verlegenheit gesetzt, sondern selbst dem Idalischen Schäfer einen Vorzug sehr schwer gemacht haben. Der Tanz hatte bereits angefan= gen und wurde bereits von einer herrlichen Musik, unter Anführung des Bürgers Julis eines Mulatten, be= lebt, den man für den ersten – pieler der Tanzmusik in Paris hält. Unter den Tänzerinnen setzten mich wirks lich etliche durch die Leichtigkeit und Anmuth ihrer Bes wegungen in Erstaunen: Paz, welche als die allers schwersten bekannt sind, schienen ihnen nicht die mindes ste Anstrengung zu kosten. Die Pariserinnen sind zwar Engl. Miscellen XIV. 1.

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immer berühmt wegen ihres Tanzes gewesen, scheinen sich aber jetzt selbst zu übertreffen.

Die Mannspersonen wollten ohne Zweifel mit den Frauen wetteifern,schienen sich aber mehr auf Gewandtheit als Grazie einzubilden: sie unternahmen alles, was aufferordentliche Anstrengung kostete, und erinnerten mich an die Figuranten auf der Bühne. So sehr haben die juns gen Leute in Paris die wahrhaft theatralische Manier im Lanzen angenommen. Man tanzte wechselsweise Françoisen und Walzer: jedoch důnkt mich, daß es die Pariser dem Deutschen in ihrem vaterländischen Lanze nicht gleich thun.

Man tanzte bis um vier Uhr, wo allen Gästen nach der Reihe Suppe gebracht wurde. Diese verschlang jeder sans façon, so schnell man sie nur bekommen konnte. Sie war eine bloße Einleitung zu dem kalten Nachtessen, welches alsbald in einem andern großen Saale aufge= tragen wurde. Kaum waren die Flügelthieren eines an= stoffenden Zimmers aufgethan, als ich bemerkte, daß es ungeachtet seiner Geräumigkeit unmöglich mehr als die Hälfte der Anwesenden fassen könnte. Ich blieb also im Hintergrunde, da ich natürlich voraus seßte, daß man den Frauenzimmern zuerst Plätze besorgen würde, Aber nein: etliche Mannspersonen setzten sich und zerstörten in einem Augenblick die Anordnung der sämtlichen Schüss feln, indem die Frauenspersonen an etlichen Tischen, die man einstweilen in den Tanzsaal gestellt hatte, Sitze fus chen mußten. Und hier konnten sie sich noch glücklich schätzen, wenn sie einige Ueberreste von der großen Tas fel erhielten; denn dort sah man eine so ausgemachte Gefråßigkeit, daß Geyer und Raben die Schüsseln nicht schneller hätten leeren können.

Zum Beyspiel prunkte ein ungeheurer Lachs, der

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