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fich, und überließ die Dame den Vorwürfen ihrer Thors heit, welche alle aufgewandte Mühe und Unkosten vers dorben hatte.

An einem alten Morgen saß eine alte arme Frau eine beträchtliche Zeit vor Ewift's Hause. Er sah sie durch's Fenster, und bemitleidete ohne Zweifel ihre un-berathene Lage. Es fügte sich, daß sein Bedienter eben. aus dem Hause ging; die alte Frau`ersuchte ihn, Sr. Hochwürden einen Zettel zu überreichen. Der Bedientelas ihn und sagte der Frau, sein Herr håtte mehr zu thun, als auf ihre Bittschrift zu achten.. Was sagst. du da, Kerl? rief Swift, indem er aus dem Fenster sah, komm den Augenblick herauf. Der Bediente erz: hielt die Weisung, der Frau zu sagen, daß sie zu ihm: hinauf kommen möchte. Er ließ sie niedersitzen, und ihr Brod und Wein geben. Hierauf wandte er sich zum: Bedienten und sagte:,,wenn habe ich ihm je befohlen, ein Schreiben zu lesen, das an mich gerichtet ist, oder; einen Brief zurückzuweisen? Hör er, Mensch, ich habe ihm über Völlerey, Faulheit und andre Fehler Verweisegegeben; da ich aber sehe, daß er ein hartherziges Gemüth hat, so muß ich ihm seinen Dienst aussagen, ziche er also seine Liverey aus, nehme er seinen Lohn, und laß er sich nicht mehr in meinem Hause sehen.“

Der Mensch ging nun zur See, eine Lebensart, die ihm nicht sehr behagte. Als er von dort zurückkam, suchte er bey Swift um ein solches Zeugniß seines Verhaltens an, als er verdient zu haben glaubte, und sagte. ihm zugleich, daß die Ehre, bey ihm gedient zu haben, ihm gewiß einen Platz verschaffen würde. Swift ließ. sich Dinte und Feder bringen, und schrieb wie folger: Da der Ueberbringer dieses ein Jahr bey mir im Dienste gestanden, und während der Zeit sich dem Müßiggange.

and Trunke überlassen hat, so habe ich ihn deswegen fortgejagt. Ob aber sein fünfjähriger Aufenthalt zur See sein Betragen gebessert haben mag, überlasse ich. der Einsicht derer, die ihn hinfüro zum Bedienten ans nehmen wollen. (Unterschr.) I. Swift. Decans Wohnung, 9. Januar 1739. Mit diesem Zeugnisse reißte® der Bediente aus Dublin nach London, wo er sich bey Pope meldete, der ihn in seinen Dienst nahm, so bald er darthun konnte, daß er die Person sen, für welche der Zettel geschrieben worden, und er behielt seine Stelle bis Pope starb..

: Wenn Swift bey Laune war, konnte er dem Flusse • derselben nicht widerstehen, Zeit und Ort mochten sich noch so wenig dafür schicken: selbst den åußeru Anstand der Religion nahm er nicht gehörig in Acht. Bald nachdem er die Decan'sstelle an der Dubliner Cathe dralkirche erhalten hatte, speißte er bey dem D. Raymond in Trim, einer kleinen Stadt bey Dublin, wo der Doc-, tor Prediger war. Die Glocke hatte schon ausgeläutet und die Leute sich zur Andacht versammelt. Swift ers bot sich mit der Doctor um eine Crone zu wetten, daß er den Gottesdienst cher als er in der Kirche anfangen, wollte, welche ohngefähr hundert Schritte entfernt lag; der Doctor nahm die Wette an, und sogleich rannén beyde so schnell sie nur konnten nach der Kirche zu. Raymond, der weit besser zu Fuße war, erreichte die Kirchthüre zuerst, und als er in die Kirche kam, ging er anständig nach dem Lesepulte zu. Swift aber hörte nicht auf zu rennen, sondern lief durch den Kir chengang, ließ den D. Raymond in der Mitte desselben hinter sich, und schwang sich auf das Pult ohne das Chorhemd überzuwerfen. Er öfnete die Agende nicht erst, sondern fing die Gebete gleich mit lauter Stimme

an, und fuhr damit so lange fort, daß er seine Wette gewann.

Swift konnte niemals sein Mißvergnügen darüber verheimlichen, daß man ihn so unbefreundet in Irland verließ, und er besaß nicht Klugheit genug, die Umstånde zur Befriedigung seines Ehrgeißes, welcher auf eine Versetzung nach England gerichtet wär, glücklich zu leiten. Nichts kann die Empfindungen seines rast= losen Gemüths besser mahlen, als eine Stelle in einem feiner Briefe an Lord Bolingbroke im J. 1729, wo er sagt:,, wenn ich in eine bessere Welt kommen könnte, als diese ist, bevor ich in die beste komme, so würde ich nicht hier in Wuth sterben, wie eine vergiftete Ratte ia einem Loche; ich wundre mich, Sie schåmen sich nicht, mich auf dieser Insel so hinschmachten zu lassen.“ 1726 kam Swift nach England, in der Hofnung, dort eine Versorgung zu bekommen. Er zeigte sich in Sir Robert 'Walpole's Vorzimmer zu Chelsea, wo er sich an die Thür setzte, und durch die Seltenheit, welche ihn allezeit auszeichnete, die Bemerkung der Anwesenden auf fich zog: doch kannte ihn Niemand, bis Sir Robert ins Zimmer trat, der ihn sehr zuvorkommend begrüßte. Ohne aufzustehen oder eine Anrede zu machen, sagte Swift:,,ums Himmels Willen, Sir Robert, nehmen Sie mich aus diesem vermaledeyten Lande, und geben Sie mir ein Amt in England.“ Herr Decan, antwortete Sir Robert, ich möchte Ihnen gern gefällig seyn, aber ich fürchte, daß es Ihren Wit verderben würde, wenn man Sie verseßte:,,sehen Sie den Baum da unter dem Fenster an, ich verpflanzte ihn aus dem hungrigen Boden zu Houghton an das Ufer der Themie, aber hier will er nicht fortkommen." Die übrigen lachten, und Swift ging in aller Eil fort, ohne zu antworten.

Eugl. Miscellen XIV. 2.

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Als der Dubliner Buchdrucker Faulknor aus London zurückkam, wo er Subscribenten für seine Ausgabe von Swift's Werken gesammelt hatte, putzte er sich in eine Tressenweste, eine Beutelperücke und andre Stußerpofsen. Swift empfing ihn, als ob er ihn ganz und gar nicht kenne.,,Was steht Ihnen zu Befehle, mein Herr ?“ ,,Ich hielt es für meine Pflicht, Ihnen gleich nach meis ner Rückkunft aus London aufzuwarten.“,,Um Vergebung, wer sind Sie ?“ George Faulknor, der Buchs drucker.",,Sie wären George Faulknor, der Buchdrucker! Wirklich Sie sind der allerunverschämteste Betrüger, der mir je vorgekommen ist. Faulknor ist ein schlichter gesetzter Bürger, und würde sich niemals mit Tressen und andern Narrenspoffen behången. Gehen Sie Ihres Weges, und danken Sie Ihrem Geschick, daß ich Sie nicht ins Zuchthaus schicke." Der arme Buchdrucker zog ab, so hurtig er konnte, kleidete sich um, und kehrte unverzüglich zu Swift zurück. Swift' ging ihm nun entgegen, und schüttelte ihn mit der größten Herzlichkeit bey der Hand.,,Mein guter Freund George, ich freue mich von Herzen, daß Sie unversehrt zurückgekommen sind. Diesen Augenblick war ein uns verschämter Kerl in einer Tressenweste hier, der sich für Sie ausgeben wollte, aber ich schickte ihn gleich mit eis nem Denkzettel fort."

Als Faulknor ihn zuerst bat, ihm seine sämmtlichen Werke zu einer neuen Ausgabe zu überlassen, damit nichts fremdartiges hinzugemischt werden möchte, außer wo es der Erklärung wegen nöthig wåre, so wollte Swift nicht darein willigen, weil der Verleger dabey zu kurz kommen möchte. Faulknor sagte ihm hierauf, er wollte gern jede Gefahr laufen, weil er zuversichtlich wüßte, daß er das bey gewinnen würde, Aber Swift blieb bey seiner Mey

nung, Faulknor sagte dann, er wollte sie auf Subscrips tion herausgeben, und ihm ein richtiges Subscribentens verzeichniß überreichen, so daß er leicht im Stande seyn würde zu beurtheilen, ob das Unternehmen sich der Mühe verlohne oder nicht. Es wurde daher ein Unterzeich nungsplan bekannt gemacht, und die Subscribenten mels deten sich sehr schnell. Man wieß dem Verfasser die Liste, und er willigte in den Druck auf folgende Bedingungen: die Käufer sollten auch nicht um das mindeste übertheuert werden, und der Herausgeber sollte alle Morgen, oder wenn es ihm am bequemsten wåre, zu ihm kommen, und ihm das Abzudruckende vorlesen, damit die Töne das Ohr treffen, und der Zusammenhang desto einleuchtender werden möchte. Zu diesem Ende mußten allezeit zwey Bediente gegenwärtig seyn, und wenn ihm etwas schwankend ausgedrückt schien; so pflegte er sie zu fras gen, ob sie das Gehörte verständen? faßten sie es nicht, so ånderte er, bis es Ihnen deutlich wurde, und sagte dann:,,nun ist es recht, denn ich schreibe mehr für den gemeinen Mann als für die Gelehrten.“ Nicht zufries den mit dieser vorläufigen Durchsicht seiner Werke, übernahm er die Druckberichtigung von jedem Bogen der ers ften sieben Bånde, die zu seinen Lebzeiten herauskamen, und bat den Verleger, Anmerkungen dazu zu machen, weil er viel jünger als der Verfasser, und mit den mehresten Vorfällen seines Lebens sowohl, als mit den Angelegenheiten etlicher seiner Freunde bekannt sey. Swift verheimlichte dem Verleger nichts von dem was ihn selbst anging, und gekand ihm ausdrücklich, daß er der Verfasser des Mährchens von der Tonne sey.

Wiewohl Swift weder Geschicklichkeit in der Tons kunst, noch Geschmack für die Schönheiten derselben bes saß, so hatte er doch Ohr genug, sie drollig nachzuahs

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