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schaft genießt. England mag Lausende seiner kraftvoll sten und tapfersten Landeskinder nach Ostindien schicken; fie werden entweder zurückkommen, oder das Gepråge der Einwohner annehmen, und ihre Kinder werden den Eingebohrnen gleichen. Dies erfahren die Spanier in Südamerika, und die Zeit macht keine Aendrung in den Sitten der Einwohner.

Bey Anlegung der nordamerikanischen Colonie vergoß England weniger Blut, und vollbrachte weniger solche Handlungen, welche ein Mißbrauch der Sprache groß und glänzend neant; aber es legte den Grund zu einem mächtigen Staate, der bereits schon acht Millionen Eins wohner umfaßt, und für englische Manufacturen bey weitem den größten Markt darbietet, welchen es nur giebt, Wenn die vereinigten Staaten ihre völlige Zahl von Einwohnern erhalten, wird diese über hundert und fünfzig Millionen betragen! Menschen, die englisch sprechen, unter englischen Gesetzen leben, und fortdauernd englis sche Sitten allen andern vorziehen werden. So hat England bereits einen der größten Staaten in der Welt gestiftet; und dieses neue Land folgt mit einer Schnelligkeit, welche ohne alles Beyspiel ist.

Man kann die erste Anstrengung der Einwohner von Botany Bay, einen Nationalcharacter anzunchmen, nicht ohne Theilnahme und Bemerkungen vors über gehen lassen. Es ist ein Zeitabschnitt, der naturs lich zu Betrachtungen einladet, und ein selbstdenkender Kopf kann nicht in die Zukunft hinüberblicken, ohne dieselben Begebenheiten voraus zu sehen, welche sich in Amerika ereignet haben, jedoch mit dem Unterschiede, daß diese entstehende Colonie an Reichthum und Cultur weit schneller wächst als mit dem Lande der Fall war, Engl. Miscellen XIIL 2

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welches man jeht die vereinigten nordamerikanischen Staaten nennt.

Ausser den Ueberlegungen, wozu der speculative Pos litiker Gelegenheit erhålt, muß jeder, der Menschenliebe oder Religion befißt, sich freuen, daß Leute, die durch böse Gesellschaft, oder andre unvermeidliche Nebenums stånde in ihrem Vaterlande Verbrecher und gefährlich wurden, in ihrer neuen Lage gute und musterhafte Glieder der Gesellschaft geworden sind, wo ein ruchloser Mensch sich der Schaam entäußert, und ein neuer, würdiger und betriebsamer Einwohner des jüngstentstans denen Landes wird.

Es wird kein Jahrhundert hingehen, bevor diese neue Colonie im Gefühl ihrer Stärke die Amerikaner nachahmt, und eine große und mächtige Nation im Morgenlande wird. Was die Folge hiervon für die englischen Besitzungen in Asien seyn dürfte, läßt sich eben fo wenig bestimmen, als was für einen Einfluß die Unabhängigkeit von Amerika einst auf die englischen Infeln in Westindien haben werde. Man darf sich nur daran erinnern, daß die Menschen, welche verpflanzt werden, Engländer sind, und allen Ehrgeiz, alle Kraft derselben besitzen.

Aus den vorliegenden Zeitungen, in welchen Bes kanntmachungen wie in den englischen Provinzialbläks tern den meisten Raum einnehmen, erhellt deutlich, daß der Zustand der Gesellschaft in Botany Bay schon große Fortschritte gemacht hat. Deffentliche Versteigerungen, verlorne oder gefundene Sachen, ja sogar: Man sucht Gesinde und weiblichen Putz und Juwelen und andre dergleichen Dinge findet man eben so angekündiget wie in den größten und reichsten englischen Niederlassungen:

solchergestalt öfnet sich hier ein sehr weites Feld zum Nachdenken.

Man ist mit der Ausdehnung von Neusüdwallis nur sehr unvollkommen bekannt, aber die Schwierigkei= ten, welche sich bey der ersten Einrichtung der Colonie vorfanden, verschwinden täglich, so daß in kurzer Zeit dem Anwachse derselben nur wenig Hindernisse mehr im Wege stehen werden. Es wird einen Vortheil mehr als Amerika darin besißen, daß die neuen Ansiedler nicht so zerstreut sind, wie sie es dort waren, sondern daß sie sich nur von Einem Orte her ausbreiten, und es daher leichter und vortheilhafter thun können.

Die Erscheinung einer Zeitung giebt der Colonie eine Art von Einheit und Character, und man sicht darin den Anfang eines Landes, welches in kurzer Zeit an Macht und Kraft Italien, Griechenland, die Türs key und diejenigen Theile der Welt übertreffen wird, von welchen ehemals alle übrigen unterjocht und gering geschäßt wurden. Man kann unmöglich in die Vergangenheit und auf die Zukunft blicken, ohne den Eindruck des schnellen Wechsels zu empfinden, welcher sich in den menschlichen Angelegenheiten und in der Familie der Welt oft zutrågt. Dieser neue Zweig verspricht seine Würde auf eine Art zu behaupten, die dem Volke, aus welchem er hervorsproßete, keine Schande machen wird.

Man erregt allerdings eine unangenehme Vorstellung, wenn man von Botany Bay spricht, und es giebt Menschen, die leichtsinnig genug sind um das Land mit Berachtung anzusehen. Ueberlegt man aber, daß eine solche Niederlassung aus demjenigen Theile der Gesellschaft gebildet wird, welcher für das Vaterland verlo ren war, und seine Rechte verscherzt hatte, so sollte man die Menschlichkeit und Staatsklugheit derer bewuns

dern, welche die Strenge der Gerechtigkeit in einen so milden Canal abgeleitet und aus den Vergehungen und Unglücksfällen der Menschen eine Gesellschaft zusams mengesetzt haben, die der Achtung und des Schußes so würdig zu werden verspricht.

Ueber den Himmelsstrich, die Geistesb ils dung, den Handel, die Fischereyen und

die Manufacturen in Schottland. (Aus der Einleitung zum Gazeteer of Scotland, Dundee 1803.).

Da Schottland in der Mitte eines großen Oceans und so weit nach Norden hinauf liegt, so kann es sich keines beständigen Himmels rühmen. Das Clima ist nach Maasgabe der Gegenden sehr verschieden. Indess sen da Schottland auf einer Insel liegt, so ist die Wins terkålte hier nicht so heftig als in ähnlichen Polhöhen des festen Landes, und im Sommer wird die Hiße, besonders an der Küste, von den Seewinden gemäßiget. Des Winters sinkt der Thermometer selten so tief als im mittåglichen England, aber die Kålte hålt långer an. Gleich andern gebürgigten Eegenden hat es viel Regen. Da die Gebürge, überhaupt betrachtet, an der westlis chen Küste am höchsten sind, und nach Morgen zu nies driger werden, so hat man hierin den Grund finden wollen, warum es auf der abendlichen Küste am meie ften regnet. Es ist wahrscheinlicher, daß dies von den häufigen Abendwinden herkommi, welche vom atlantis schen Ocean Feuchtigkeit mitbringen. Seewolken find in dem Maaße mit Dünsten geschwängert, als das Meer über welches sie kommen ausgedehnt ist, weil sie bes ständig die Ausdünstungen von der Oberfläche desselben an sich ziehen. Daher kommt es, daß dieselbe Långe von windigem Wetter und dieselbe Menge Nebel, vom

Ocean her getrieben, nicht so viel Regen an der östlichen, als an der westlichen Küste verursacht.' Dennoch haben die westlichen Küsten in den Frühlingsmonaten den Vorzug; denn die Ostwinde führen in dieser Jahreszeit ge= wöhnlich Fröste mit sich, wodurch die Gewächse sehr zu= rückgehalten, und die Ostküsten beynahe der schönsten Jahreszeit beraubt werden.

Was man aber auch immer auswärts von dem Himmelsstriche Schottlands denken mag, so ist doch ge= wiß, daß unter demselben alle Arten von Kenntnissen und Wissenschaften zu jeder Zeit ungemein gedichen sind. Dies ergiebt sich klar, wenn man über vierzehn hundert Jahre in die Gelehrtengeschichte von Europa zurückges hen will. Im dritten und vierten Jahrhundert nach Chr. Geb., als Europa von der Unwissenheit und Barbarey der Gothen und Vandalen fast ganz verfinstert war, fand die Gelehrsamkeit in den entfernten westlichen Inseln von Schottland, auf dem weltberühmten Eylande I-colm - kill, einen Zufluchtsort. Aus dieser Pflanzschule gingen eine Menge in der Literatur ausgez zeichnete Männer hervor, deren bloße Namen schon eis nen großen Raum einnehmen würden. Die Schriften des Adamannus und anderer Autoren, welche in I-colmkill gezogen wurden, und entweder vor dem Einfalle der Römer oder zur Zeit deffelben lebten, sind Beweise von ihrer großen Gelehrsamkeit. Kaiser Carl der Große stand ohne Widerspruch in Verbindung mit den schotti= schen Königen, mit denen er auch einen berühmten Bund schloß. Dieser ließ auch seine LieblingsUniversitäten und andre Pflanzschulen der Gelehrsamkeit in Deutschland, Italien und Frankreich von Schotten entwerfen, besetzen und stiften. Es kann kaum bestritten werden, daß die Universität in Paris, eine der åltesten und berühmtesten

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