Page images
PDF
EPUB

auf diese Art die Hochzeit eines Amtsbruders, welcher ihre Lebensgeister mit dem berühmten Kraftbiere Braunesderb (brown stout) in behagliche Wallung gesezt hatte. Vornweg fuhren Braut und Bräutigam auf einem alltäglichen Londner Dr-ckkarren erhöhet, und hinterher. folgte der besagte Zug. Sobald man nur wuste, was es war, versuchte Niemand ihre Lust zu unterbrechen, sondern man machte ihnen noch allerley kleine Geschenke von Geld, Branntwein, Kuchen 2c.

Wir beschlieffen diesen Artikel mit einer Stelle aus der angenehmen neuesten Reisebeschreibung: The stran ger in France by J. Carr. London, Johnson 1803. 4. p. 58. Nachdem der Verfasser eine Hinrichtung durch die Guillotine beschrieben hat, fährt er fort: Schon die Geschwindigkeit dieser Hinrichtungsart kaum fie empfeh= len. Die Todesschmerzen gehen fast in demselben Augen= blicke vorüber, welcher dem entsezten Auge des Miffethå= ters die fürchterliche Vorrichtung seiner schimpflichen Auflösung gezeigt hat. Es ist schauderhaft, über diesen Gegenstand zu sprechen; aber man muß gewiß sehr be dauern, daß die in England zum Tode Verurtheilten, wegen der unzuverläßigen und langsamen Art ihrer Vernichtung, sich eine Zeitlang, die Schaudern erregt, in Lodeskrämpfen winden. Man sagt, daß der Gouver neur Wall, welcher unlångst in London gehangen wurde, funfzehn Minuten mit den Foltern seines vorschnellen Endes kämpfte. Da ich einmal dieses unglücklichen Mannes erwähnt habe, will ich noch eine merkwürdige Anecdote von ihm beyfügen. Etliche Jahre vor seiner Hinrichtung reiste er, lebensmåde, und sowohl von der Armuth als der schrecklichen Erinnerung seines Verbrechens gequålt, aus dem mit täglichen Frankreich nach Calais, um von dort nach

England überzusegeln; und sich der Gerechtigkeit zu überliefern, wobey er sich jedoch schmeichelte, daß ein Verlauf von zwanzig Jahren alle nothwendige Zeugen seines Verbrechens aus dem Wege geräumt haben wire de. Als er in Calais eintraf, war das Hotel, wo Madame H. auf ein Paket nach Dover wartete, sehr übersetzt; daher bat sie der Wirth, daß sie die Gewogenheit haben möchte, zwey Herren, die nach England wollten, zu erlauben, in ihrem Zimmer einige Erfris schungen einzunehmen diese Herren waren der königliche Bore Brooks, welcher wichtige Depeschen an seinen Hof hatte, und der Gouverneur Wall. Lehterer war wie ein verarmter Cavalier gekleidet, und hatte alle Zei chen seines schrecklichen Zustandes an sich. Sie saßen nicht lange am Tische zusammen, als Wall mit offenbarer Verstörtheit dem Staatsboten sagte, er sey Wall; in England gebe: man ihm ein Verbrechen Schuld, das ihm schwere Ahndung zuziehen würde, wenn es bewiesen wåre; er wollte sich daher unter den Schuß der Gesetze begeben, und båte ihn, da er ein englischer Staatsbote sey, ihn, den Wall, als seinen Gefangenen zu betrach ten. Herr Brooks war sehr befremdet über diese Zumuthung und sagte ihm, er dürfe ihn nicht so geradezu verz haften, wenn ihm nicht ein besondrer Befehl des Staatssecretairs das Recht dazu ertheile, und um diesen zu ers halten, würde es rathsam seyn, daß Wall seinen Nahmen niederschriebe, damit man denselben mit seiner Handschrift im Archive des Kriegssecretairs vergleichen könnte. Der Gouverneur Wall lag ihm aufs neue an, ihn als seinen Gefangnen zu betrachten; aber der Staatsbote lehnte es noch ernstlicher ab, und sagte ihm, er habe wichtige Depeschen bey sich, die er ohne Aufschub über den Canal schaffen müße, und daß er, wiewohl die

Witterung sehr drohend aussehe, sich in ein offenes Boot wagen würde, da sich gar kein Paketboot zeigte. Da es solchemnach unmöglich sey, ihn mitzunehmen, so båte er ihn nochmals seinen Namen niederzuschreiben. Der Gouverneur willigte ein, man brachte Linten und Feder, aber die Hand des Mörders zitterte so heftig, daß er seinen Nahmen nicht schreiben konnte. Seine Ges wissensangst wuchs darüber bis zur Geistesverrückung ; er stürzte aus dem Zimmer und verließ sogleich Calais. Der Staatsbote trat in ein Boot und spannte die Segel. Alsbald erhob sich ein Sturm; das Boot wurde im Angesicht der Leute in Calais von den Wogen vers schlungen, und, Einen Bootsknecht ausgenommen, ka= men alle im Meere um. Der große Regierer des menschs lichen Schicksals rettete auf diese Art den bethörten Vers brecher von den Wellen und einem schnellen Tode, um ihn der öffentlichen und verdienten Verurtheilung der Geseze aufzusparen.

Litterarische Neuigkeiten.

Der Dichter Hayley hat eine Lebensbeschreibung des Mahlers Romney angekündiget, welcher seinem Freunde die Materialien dazu ausdrücklich vermachte.

Der Prediger Robinson in Ravenstonedall schreibt eine Abhandlung über die griechischen Alterthümer: er will nicht nur dem Anfånger, sondern dem geübteren Philologen und Alterthumsforscher nüßlich werden. Er hofft die Mängel der bekannten Bücher von Potter und Harwood zu ersetzen. Sein Werk soll in zwey Octav= bånden erscheinen.

Der zweyte Band von Barrows Reisen erscheint gewiß vor dem Ende des Winters, und wird volle zwey Alphabet stark: es, kommen dazu 9 Kupfer, meistens

Plane und einige Ansichten. Man kennt Herrn Barrow außerdem als einen der geschicktesten Begleiter des Lord Macartney nach China, wo er sich einen Schatz von Nachrichten sammelte. Aus Staunton's Werk, wo Barrow auf allen Seiten genannt ist, kennt man schon seine glückliche Beobachtungsgabe. Er schreibt nun auch ein eigenes Werk über China, wovon sich das Publicum nichts gemeines versprechen darf. (Der Her ausgeber der engl. Misc. hat sich anheischig gemacht, diese beyden Werke seines Freundes zu überseßen, und hofft durch diese frühe Ankündigung Collision zu vermeiden.)

Hier folgt eine Zusammenstellung mehrerer einzelner literarischer Nachrichten aus London. Herr Gifford, kein verächtlicher Dichter, und der letzte englische Ueberseher des Juvenals wurde in Critical Review auf eine Art behandelt, die ihm illiberal schien. Er hat nun eine eigene Schrift an die critical reviewers era scheinen lassen, worin er sich mit vieler Gelehrsamkeit vertheidiget, und die Blößen seines Recensenten dermas ßen aufdeckt, daß man sich so bald nicht wieder an ihm vergreifen wird. Gifford war diesen Schritt seinem Nahmen schuldig. Das Crit. rev. ist ebenfalls ein geachtetes Institut, welches sich vertheidigen muß. Im brittischen Museum befindet sich eine chinesische Uebersehung der vier Evangelien. Da die reichhe society for promoting Christianity auch nach China Missionarien schicken will, so schlug D. Montucci derselben vor, den Druckt dieser Uebersetzung für eine große Summe zu besorgen. Indessen ist das Anerbieten nicht angenommen worden, weil man der Societåt vorgestellt hat, daß der chinesische Druck in London ungeheure Kosten verurs sachen würde, hingegen in Chiną um den zwölften

Theil bewerkstelliget werden könnte. Aber geschähe dies auch, so würde die bezweckte Wirkung schwerlich erfolgen, weil die Uebersetzung der Evangelien, wegen der Schwierigkeit der chinesischen Charactere, kein Volkss buch werden könnte. Sir George Staunton, der Sohn des Schriftstellers, befindet sich schon seit einem Jahre auf Urlaub in England. Er hat seinen dreyjährigen Aufenthalt so genutzt, wie man es von einem jungen Manne erwarten konnte, der für die Wissenschaften glüht, und eine beträchtliche Kenntniß der chinesischen Sprache besitt. Er hat eine Menge interes= fanter Beobachtungen niedergeschrieben, die über die Geschichte, Statistik, Literatur, Naturgeschichte, den Nationalcharakter, die Cultur, Industrie 2c. der Chi'nesen neues Licht verbreiten. Man wird es diesem jungen Manne, der dem englischen Publicum so oft laut genannt wurde, zur Ehre halten, daß er sich gleichsam verpflichtet glaubte, öffentliche Rechenschaft von seinem Aufenthalte in China abzulegen. Aber obgleich die erwähnten Beobachtungen nach dem Urtheile aller, welz che sie in der Handschrift gelesen haben, den Gelehrten und Wißbegierigen in Europa ein sehr angenehmes Geschenk seyn, und den Ruf des jungen Baronets begründen würden, so läßt doch die eifersüchtige chinesische Politik besorgen, daß ein solches Buch von einem im Reiche sich aufhaltenden Engländer geschrieben, dem Hofe in Peking Anstoß geben würde, da die dienstferti= gen portugiesischen Missionarien keine Gelegenheit vorbeylassen, dem Interesse der D. J. Comp. zu schaden. Dieser Umstand ist desto mehr zu bedauern, da die ges dachte Handschrift in der That wenig oder gar nichts politisches enthält. Indessen wird das nicht verloren gehen, was einstweilen bey Seite gelegt werden muß, →

« PreviousContinue »