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Listen und wälzen sich in demselben schwelgerischen Schlamme; oder die elenden Geschöpfe, welche bey seis nem Winke zittern, indem sie sich der Befriedigung seis nes thierischen Dranges leihen, und seine Ausschweifungen eben so wenig einschränken, als ob ihnen das Vers mögen der Rede fehlte, welches sie fast allein von den umgebenden Thieren unterscheidet.

Die Art des Fleißes, welche die Beschäftigung der niederen Classen in Westindien ausmacht, ist sehr von derjenigen unterschieden, welche die Wälder in Nordamerika durchdringt. Da eine europäische Natur die Hitze einer tropischen Sonne nicht füglich ertragen kann; so wird alle Arbeit, welche sie unter freyem Himmel verrichtet, der Gesundheit schädlich. Daher schränken fich die Verrichtungen der niedrigeren Weißen auf die Aufsicht über die Arbeit anderer ein, indem sie über die Leibeigenen wachen müßen; und auf gewiße einzelne Geschäfte im Handel. Alle Arbeit, die der Europäer oder der Creole nicht zu vollbringen im Stande ist, fällt auf den Negersclaven, von welchem blos der zwingende Arm des Herrn die nöthige Arbeit erhalten kann. Die Weißen bilden eine vorzüglichere Menschenclaße, die auf ihre sichtbare Unterscheidung stolz ist, und ihre Sclaven wie Geschöpfe einer untergeordneten Art be= trachtet, die zu ihrem Gebrauche oder ihrem Vergnůgen vorhanden oder verpflichtet ist, sich nach der Laune ihres Willens zu bewegen. Hieraus entsteht die allereckelhafteste Befleckung, womit der Aufenthalt in der neuen Welt den europäischen Character brandmarkt, eine Liebe zur unbegränzten Gewalt über andere; eine selbstsüchtige Beziehung ihrer Lage auf seine eigenen Bedürfnisse; eine schimpfliche Unbekümmertheit um die Wohlfahrt einer Menschenart, für deren Freuden er

keinen Sinn haben kann; eine verabscheuungswürdige Gleichgültigkeit gegen die Leiden seiner Mitgeschöpfe ; und eine nicht weniger gehåssige Angewöhnung, auf ihre Unkosten jede Laune, jedes Verlangen zu befriedigen. Dies scheinen die nothwendigen Wirkungen des unnatürlichen Zustandes der Gesellschaft zu seyn, welcher Schweiß und Staub dem Afrikaner zutheilt, und für den Europäer den Erwerb und den Schatten aufbewahrt.

Die ursprünglichen Verschiedenheiten des europäis schen Characters und die geringeren Schattirungen in den Umständen der Colonisten machen hierin einige Aenderung. Die Spanier, zum Beyspiel, sind unbiegsamer, und lassen die Umstånde ihrer Lage weniger auf sich einwirken, als alle andere europäische Völker. Ihr hochmüthiges Betragen gegen Niedrigere, und ihre Eis fersucht gegen ihres gleichen wird durch den Edelmuth und die Würde ihres Characters auf den Colonien mehs rentheils zur Gleichgültigkeit gegen die unbedingt Folge samen abgeschliffen. Demnach pflegen sich die Anges wöhnungen der Spanier nicht so sehr zu ändern, und ihré Selaven werden besser behandelt, als die der andern Colonisten. Jedoch entsteht der große Unterschied in dieser Rücksicht besonders aus der großen Sorglosigkeit ihres Characters. Als sie von ihrer Raubsucht durch die Meere und über die Gebirge der neuern Welt geführt wurden, wichen sie andern Abentheurern in der grausa= men Behandlung ihrer Gefangenen sicherlich nicht. Jeht aber, wo eine Gleichgültigkeit für Gewinn auf ihre ehemalige Gier nach aller Art von Beute gefolgt ist, sind sie weder gegen die Indianer noch gegen die Negern dieselben unersättlichen Gebieter, wie vordem.

Die Holländer hingegen, welche nach jeder Art von Vortheil kriechen, und deren Gewinnsucht durch

keine Würde des Characters gemäßiget, aber durch die Mitbewerbung großer Capitale angespornt wird, sind unter allen Nationen in Westindien die unmenschlichsten Gebieter, und wissen sich am biegsamsten in die vers schiedenen Lagen zu finden, welche jeder besondere Handelsverkehr mit sich führt.

Mitten zwischen diesen äußersten Punkten stehen die Franzosen und Engländer, welche etwas zu weit vom Spanier entfernt sind, und sich nicht durch die Nothwendigkeit entschuldigen können, welche den Holländer antreibt sich, einen Lebensunterhalt zu erarbei ten. Beyde Nationen sind in ihrem ursprünglichen Character verschieden; daher finden wir, daß die westindische Lebensweise mehr Macht über den veränderlichen Franzosen hat, als über den steiferen und hartnäckige= ren Insulaner.

Wenn sich würdige und gebildete Männer nach Westindien begeben, so veredeln sie, im Ganzen genommen, gewiß den Ton ihres Wirkungskreises. Allmählig aber ergreift sie die allgemeine Befleckung, und sie fallen wes nigstens auf den Punkt, bis zu welchem sie den Maasstab der Sittlichkeit in ihrem neuen Wohnorte erheben. Nach ihrer Rückkehr in die Heimath sind ihre Gewohn= heiten zu tief eingewurzelt, als daß sie ausgerottet werden könnten; und ihr Einfluß auf die Gesellschaft, welche sie wählen, ist nicht unbeträchtlich. Andre finden in Westindien einen Aufenthalt, der ihrer vori= gen Lebensart ganz zusagt: aber sie kehren an Grundsåßen und Geschmack noch verderbter zurück; sie sind mit einem Einflusse ausgerüstet, den sie vorher nicht aßen, und können wenigstens in einem Handelslande 私 en Armuth und Niedrigkeit nicht mehr für unbe end angesehen werden. Mithin hat der Umlauf der

sch

Einwohner nach Westindien auf die Sitten der europäis schen Nationen augenscheinlich einen schädlichen Einfluß gehabt und da dieser Umlauf zwischen einem Mutterlan= de und dessen Colonien größer ist, als zwischen einem Staate und einer fremden Provinz, so kan man auch den Schaden, welchen der Nationalcharacter aus dieser Quelle erhält, gänzlich der Colonialpolitik neuerer Zeiten zuschreiben.

Indessen gibt es einige Umstände, welche den üblen Wirkungen der westindischen Sitten zum Gegengewicht dienen können, und welche aus denselben Ursachen herfließen, aus welchen die erwähnte Befleckung hers vorgegangen ist. Alle Colonien befördern die Ehe im Mutterlande besonders unter den Mittelclaffen, weil sie eine Aussicht auf die leichte Versorgung der Kinder zeigen. Vielleicht trågt keine Ursache unmittelbarer zur Sittenreinigkeit bey, als diese. Außerdem ist der poli= tische Character, den die westindische Politik bildet, den Grundsätzen der Unabhängigkeit ausnehmend günstig, ohne daß sie irgend den Geist der Unruhe erregte. Der Unterschied der Farbe ist ein Zeichen, welches alle Weißen mit einander gemein haben, und erhebt sie über den großen Haufen. Es ist ein Orden, den die Anordnungen der Natur gestiftet haben, und welcher durch offenbare unauslöschliche Zeichen erkannt wird. Die Anordnungen der Gesellschaft unterstützen diese. Auszeichnung, und verleihen den begünstigten Besißern desselben hervorstehende Freyheiten. Hieraus entsteht das allgemeine Gleichheitsgefühl unter den såmmtlichen Weißen, vom großen Pflanzer an bis auf den niedrigs ften Handwerker, der von seiner Profession lebt. Wen ein Huf chmidt auf eine Pflanzung kommt, um Art Pferde zu beschlagen, so geht er zu dem Herrn,ourch

ihn rufen läßt, und schüttelt ihm die Hand, verrichtet seine Arbeit im Stalle, geht ins Zimmer zurück und hält sich für beschimpft, wenn man sich nicht die Ehre seiner Gesellschaft zum Essen oder zum Caffee ausbitte.

Während diese Unabhängigkeit und dieses · Gefühl von persönlichem Gewicht einigen der oben bemerkten üblen Wirkungen in Westindien ihre Schädlichkeit nehmen, bereiten sie auch diejenigen, welche sich auf den Colonien emporgearbeitet haben, und mit einem höhe ren Range nach Hause reisen, vor, den Pomp und das Ansehen ihres neuen Posten anzunehmen, ohne daß die gewöhnlichen Folgen einer schnellen Erhebung das mit verknüpft wåren. Es entsteht auch daraus ein gewißer Edelmuth, welcher jener abergläubischen Ergebenheit für Rang und Macht keinen Raum läßt. Freylich wird diese Stimmung wieder durch neue kaufmånnische Speculationen eingeschränkt, ist aber doch mits unter dem allgemeinen Character einer Claße von Menschen günstig, die sich eben nicht sehr durch großmüthi= ge Absichten und unabhängiges Betragen auszeichnet.

Endlich verdient es Erwägung, daß diejenigen, welche in Westindien ein Vermögen erworben haben, mit dem ganzen rastlosen Verlangen, es nicht durch karges Aufsparen, sondern durch Speculation zu vers mehren, in ihr Vaterland zurückkehren; und ins Ges mein hat die Eitelkeit, ihren Gewinn mit vollen Hånden zu verthun, Einfluß auf sie. Man halte die niedrig= geißigen Sitten eines Mannes, der sein Geld in einem kleinen Gewerbe erzielt hat, gegen die Frengebigkeit eines Niedriggebohrnen, der sein Glück durch Colonialunternehmungen macht. Der lettere mag allerdings Lurus und Verschwendung befördern, aber dieses Ueber= schreiten ist in einer handelnden und verfeinerten Gesella

Engl. Miscellen XIII, I.

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