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Der Handel nach dem schwarzen Meere, welcher fo eben für Großbritannien und andre Völker des westli chen Europa geöfnet worden ist, hat bereits durch die Wirkungen des jetzigen Krieges viel gelitten, wenn er nicht ganz zu Grunde gerichtet ist.

Der englische Handel mit Portugal leidet abermals Unterbrechung durch den größeren Einfluß, welchen die Franzosen am Lissaboner Hofe erlangt haben. Die Preise der Weine und der andern Waaren, die England von dort bezieht, müssen natürlich steigen. Außerdem zeigt es sich, daß die spanischen rothen Weine und die vers schiedenen Weine aus den östlichen Håfen des Mittelmeers allmählig einen Vorzug über den Portwein erhalten. Die Bestellungen englischer Güter nach Portugall und Brasilien müssen auch natürlich für jetzt unausgeführt bleiben.

In Yorkshire hat man angefangen Maschinen fast in alle Theile der Wollenmanufacturen einzuführen, wodurch die Arbeit außerordentlich verkürzt worden ist. In · den Grafschaften Wilts, Gloucester, Somerset und Devon hat man die Maschinen bey den Wollenmanufac= turen nicht so allgemein einführen können: die bisher dabey angestellten Leute, von denen eine Menge ihres Broderwerbs hierdurch beraubt worden ist, sehen sich dawider. Indessen versichern die Manufacturisten, daß sie schlechterdings ihren Vorzug in den ausländischen Märkten nicht behaupten können, es sev denn sie führen Maschinen ein. Britannien erzeugt jährlich 700,000 Paks Wolle. (Ein Pak enthält 240 Pfund.)

Anecdoten.

Duelle fallen in England so häufig vor, daß sie selten mehr Aufsehen erregen, als eine gewöhnliche Zei=

tungsneuigkeit. Aber die Theilnahme an folgendem war allgemein. Man kannte die Partheyen als Männer von guten Häusern und noch mehr als brave Offiziere und Leute von treflicher Denkungsart. Im vorigen April ritt der Obrist Montgomery in Hydepark des Nachmit= tags spatzieren. Der Park war voll Reuter, unter denen sich auch der Seecapitain Macnamara befand. Man kennt die Vorliebe der Engländer für ihre Hunde, von denen sie en die mehresten Orte begleitet werden. Es fügte sich, daß die Hunde des Seecapitains und des Obristen, beyde von der Neufundländischen Brut, auf einander stießen und sich bißen. Montgomery, der es zuerst sah, stieg voll Unwillen vom Pferde, weil sein Hund dem andern unterlag. Er vermaß sich, daß er den andern Hund schlagen wollte, bis er liegen bliebe. Macnamara rufte seinem Hund, sagte aber zu gleicher Zeit: Erinnern Sie sich, Herr Obrist, daß dies mein Hund ist.,,Darnach frage ich nichts," antwortete der Obrist,,,wenn er meinen Hund angreift, so strecke ich ihn zu Boden." Macnamara erwiederte: Sie haben es dann erst mit mir zu thun! Montgomery gab zur Antwort: ich werde es darauf ankommen lassen; warum stiegen Sie nicht vom Pferde, Herr Capitain, und zogen Ihren Hund weg? Ich bin nicht gewohnt, Herr Obrist, daß man so mit mir spricht." Achten Sie sich beleidigt, erwiederte Montgomery, so wissen Sie, Herr Capitain, wo ich zu finden bin. Der Capitain hielt dies für so gut als eine Ausforderung und ließ ihm daher wissen, daß er sich eine Erläuterung der Worte des Obristen erbåte. Montgomery sagte, solche Sachen sollten so schnell als möglich abgethan werden; er schlüge vor, daß es binnen zwey Stunden hinter Primrosehill bey Challfarm geschähe und Pistolen schies

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nen ihm das angemessenste Gewehr, dessen sich Cavaliere bey dergleichen Gelegenheiten bedienen sollten. Beyde nüßten die Zwischenzeit, 'ihr Haus zu bestellen, und Abends gegen sieben Uhr, als es schon dåmmerte, fuhren sie mit ihren Wundärzten und Secundanten an den bestimmten Ort. Die Postillons jagten, als ob man um die Wette gefahren wäre, weswegen beynahe ein Auflauf entstand. Man maß zwölf lange Schritte für den Kampfplatz. Beyde waren sehr geübte Schüßen. Der Obrist feuerte zuerst; seine Kugel traf in die Hüfte des Capitains; dann schoß der Capitain seinen Gegner mitten durch die Brust. Montgomery fiel augenblicklich ohne ein Wort zu sagen, aber er wälzte sich zwen bis dreymal, als ob er großen Schmerz litte, und ächzete. Er wurde in ein nahes Wirthshaus getragen: vergebens wünschte er zu sprechen, das Blut erstickte ihn. In einer halben Stunde hauchte er den Geist aus. Der Captain Macnamara konnte nach London zurück fahren, wo er bis zu seiner Genesung in bürgerlicher Haft blieb. Nach gehöriger Todtenschair und Abhörung aller Zeugen erkannte der Richter blos auf Todtschlag. Es war eine bisber ganz ungewöhnliche Strenge, daß der berühmte Wundarzt Heaviside auch verhaftet wurde, ob man ihn gleich nebst dem Capitain Macnamara beym Prozeße lossprach. Noch etwas von den Hauptpersonen. Der Capitain Macnamara hatte als Befehlshaber der Fregatte Cerberus sich in drey Gefechten ungemein ausgezeichnet und war eben im Begriffe ein Frauenzimmer, aus Cork zu heurathen, das zehntausend Pfund im Vermögen hatte. Er hatte sich dort schon dreymal geschlagen, weswegen streitsüchtige Köpfe in Cork ihm gern aus dem Wege giengen. Der Obristlieutenant Montgomery war ein überaus schöner Mann, der die

Marchioneß von Townshend zur Schwester hatte. Bey der holländischen Expedition sowohl als in Egypten und Malta zeichnete er sich sehr aus. Der Prinz von Wallis und der Herzog von York schäßten ihn vorzüglich. Dieser Duell wurde um so mehr bedauert, da beyde Par theyen ihren Muth schon anderweitig bewiesen hatten, so daß ihnen ein gütlicher Vergleich nicht nachtheilig feyn konnte.

Beym Ausladen des Ostindienfahrers Admiral Ap= lin in Deptford machte man eine sonderbare Entdeckung. Das Schiff war etwa vor vierzehn Tagen aus Madras angekommen: die Fracht bestand in Zucker, Salpeter und Ballengåtern. Als etliche Säcke Zucker aus dem Kaume gehoben werden sollten, sah man unten eine grüne Schlange von ungeheurer Größe; ihr Anblick war so furchtbar, daß keinem Menschen am Bord wohl zu Muthe war, besonders da man wußte, daß der Biß dieser Art von Schlangen unmittelbar tödtlich wird. Die Frage war: wo in aller Geschwindigkeit die rechten Waffen wider das grüne Ungeheuer finden? Man band einen Spaten an ein langes Ruder und drückte damit so lang auf den Hals zu bis der Kopf vom Rumpfe ge= trennt war. Die Schlange war graßgrün, fünfzehn Fuß lang und achtzehn Zoll im Umfange. Man glaubt, daß sie, als das Schiff vor Madras lag, sich in einem Zuckersack versteckte oder in der Nacht, dem Geruche des Zuckers folgend, in den Raum schlüpfte. Die Matrosen kennen diese Schlange sehr wohl und wissen, daß ihr Biß giftiger als der Biß der Klapperschlange ist.

Folgendes Beyspiel beweißt aufs neue, wie gefähr Lich es ist, Leute, die im Schlafe umhergehen, nicht gehörig zu hüten. Ein Mädchen, die in der Gegend von Fißroysquare in London wohnt, gehört zu den Un

glücklichen, die mit diesem Uebel behaftet sind. Sie stieg ganz früh aus ihrem Kammerfenster auf das Dach, ohne etwas anders als ein Nachthemde anzuhaben. Als fie ein paar Schritte gegangen war, setzte sie sich auf den Dachforsien. Nicht weit davon arbeiteten etliche Lagelöhner. Sie hielten die Lage des unglücklichen Mädchens für Muthwillen, traten in einen Trupp zusammen und schrien ihr zu. Das Mädchen wachte auf. Sie war über ihre Lage und Blöße so äußerst betroffen, daß sie in den Hof herabgestürzt seyn würde, wenn die Bauart des Daches den Fall nicht gehindert hätte. Allein der Schrecken hatte eine so große Wirkung, daß sie gleich ihre Sinne verlor, wüthend die Dachziegel aufriß und sie auf die Arbeiter warf.. Endlich gelang es etli chen Personen, sie aus ihrer gefährlichen Lage zu retten. Während man sie zu ihrer Mutter führte, rasete sie fürchterlich und rufte die Rache des Himmels auf alle Mütter herab, die ruchlos genug wären, die Unschuld ihrer Töchter aufzuopfern. Ihre Geistesverrückung hat feitdem fortgedauert.

Eine Elisabeth Levy lebte mit Vorwissen ihrer Mutter auf einem so vertrauten Fuß mit einem Herrn Norman, daß sie mehrmals Mutter wurde. Indeß konnten die Nachbarn, welche sie beobachteten, nicht absehen, was aus den Kindern würde? Miß Levy ward abermals schwanger. Eine Nachbarin vermuthete des Sonntags früh aus allerley Umständen, daß sie sich selbst entbunden haben müsse. Abends kam die Mutter aus dem Hause der Tochter und hatte etwas unter ihrem Mantel. Die Nachbarin merkte Unrath und folgte ihr von fern. Nicht lange darauf hörte sie einen Fleischerjungen rufen, daß diese Frau, Mistreß Levy, ein Kind in die GoßenDefnung habe werfen wollen. So kam auf einmal aud

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