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Hood, der um 1247 starb, und seine Anhänger. Sie hielten sich, sagt Stow, beständig in Wåldern auf und beraubten die Reichen. Sie brachten niemand ums Leben, außer wenn man sie überfallen wollte, oder wenn sie sich ihrer eigenen Sicherheit wegen wehren mußten. Ros bert, oder Robin Hood, unterhielt sich mit dem gemach ten Raube hundert große Leute und gute Bogenschützen, mit denen vierhundert, wenn sie auch noch so stark was ren, es nicht aufnehmen mochten. Er gab nicht zu, daß man ein Frauenzimmer drückte, verletzte oder sonst beunruhigte. Armen Leuten nahm er nichts, sondern theilte ihnen reichlich mit, was er aus den Abteyen und den Häusern reicher Grafen geplündert hatte. Er war, seht Stow, hinzu, der Fürst aller Diebe und der sanft= müthigste Dieb. Daher ist er auch immer der Held in den Balladen, die man auf Abentheurer machte, und fein Nahme ist zu jeder Zeit beym englischen Volke in Ehren gehalten worden.

(Chaucer studirte auf der hohen Schule in Cams bridge.) Ohne die allgemeine Frage zu berühren, in wie fern das Beziehen der Universität nůße oder schade, kann nichts deutlicher seyn, als daß der angebliche Nachtheil derselben eben so sehr auf die unsrigen als auf die damaligen Zeiten angewandt werden könnte. Aber es ist ein gemeiner Trugschluß, daß tiefe und ernsthafte Gelehrsamkeit das Genie auszehre, die Fantasie einzwånge, und entweder zur geschmackvollen und originellen Schriftftelleren oder zur geschickten Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten und Geschäfte im gemeinen Leben uns tüchtig mache. Dies ist ein grober Jrthum. Der Mensch ist ein Wesen von ungeheurer und mannigfaltiger Fähig keit, und er wird, aller Wahrscheinlichkeit nach), auf der Stufenleiter seines Geschlechts einen desto höheren

Plaß behaupten, je mehr er seinen Geist mit mannigfal= tiger Kenntniß bereichert hat. Alle Wissenschaften und Studien werfen wechseitiges Licht auf einander. Außer dem aber erweitern und erhöhen mannigfaltige Kenntnisse die menschliche Fassungskraft. Carl V. sagte, man könnte sich so vielmal einen Mann nennen, als man Sprachen verstände. Diese Bemerkung könnte schicklicher auf einen liberalen und weitumfassenden Unterricht angewandt werden. Ein großer Vorrath von Kenntnissen theilt dem Besitzer ein wohlanständiges Selbstzutrauen mit; er ist seines Reichthums bewußt und spendet ihn freygebig aus. Mathematik mag ein mühsames Studium seyn; die gelehrte Sprachen mögen sich schwer erz lernen lassen; Etymologie mag abschreckend seyn; die Logik mag uns spitzfindig und krittelnd vorkommen; es mögen sich ähnliche Einwürfe wider die Geschichte, Naturhistorie, Arzneykunde, Rechtsgelehrsamkeit und jez den andern Zweig der menschlichen Kenntnisse machen laffen: aber je mehr man von allen diesen weiß, desto mehr Kraft wird man in sich fühlen; und wer seine Aufmerksamkeit blos auf den unmittelbaren Gegenstand. seines Faches beschränkt, der wird selbst in diesem oberflächlich und mittelmäßig bleiben. Kenntnisse, die viel-leicht zu tiefe Untersuchungen vorauszusetzen scheinen, oder von denen man glaubt, daß sie von den Angelegen= heiten des Lebens zu weit entfernt sind, schårfen dennoch den Verstand, entgröbern ihn und sehen ihn in den Stand, so zu sagen die Reinheit und Elastizität seiner Muskelkräfte zu erkennen und anzuwenden. (I. 199.)

Die englische Sprache wurde, wie schon bemerkt, sobald die Normännische Linie den Thron bestieg, der Vergessenheit und Verachtung Preis gegeben, von den Sihen der Verfeinerung und Gelehrsamkeit verjagt, und

meistens auf die Hütten des Landbauers eingeschränkt. Vor Chaucer's Zeit hatten wir bereits Dichter; Wace und Benoit können mit bestem Grunde zu uns gerechnet werden; und die englischen Monarchen gehörten zu den ausgezeichnetsten und freygebigsten auf dem Verzeichnisse derer, welche die Litteratur des damaligen Zeitalters be=" günstigten. Zwar war das Englische und Sächsische (denn unsre Begriffe hierüber werden an Deutlichkeit ges winnen, wenn wir beydes nur als zwey Nahmen für dieselbe Sache ansehen) allezeit die Sprache des größeren Theils der Bewohner dieses Eylands geblieben; und von Zeit zu Zeit findet man einige Anstrengungen unsre an= gebohrne Sprache in der Gestalt von Gedichten zu vers ewigen. Aber keiner von diesen Versuchen war von der Art, daß er den Eifer und Ehrgeiz der Zeitgenossen sehr aufgemuntert hatte. Das Englische blieb die Sprache der Barbarey und Roheit, so lange das Französische von der Mode, die es empor hielt, von der Verfeinerung derer, die es schrieben, und von der Mannigfaltigkeit und Menge ihrer Werke und Erfindungen begünstiget wurde.

Chaucer sah sogleich, wo der Pfad zum Ruhme am offensten für ihn war, und daß er durch den Anbau seiner Muttersprache am sichersten dahin gelangen konnte. Es ist kein gemeiner Beweiß von der Größe seiner Kräfte, daß er dies in dem so frühen Alter des achtzehnten Jahres wahrnahm. Warton hat treffend bemerkt, daß die englische Sprache sich mit der Entstehung der Gemeinen erhob: einer Begebenheit, die sich zuerst unter Johann's Regierung zeigt, und unter Eduard I. Gewißheit und Festigkeit erhielt. Vielleicht sah Chaucer ein, und sah es zuerst ein, daß die englische Sprache von diesem Zeitpunkt an nothwendig an Reinigkeit, Beliebtheit und Würde

zunehmen und endlich über jeden Mitbewerber innerhalb ihres Geburtslandes obsiegen müste. Der Dichter also, welcher in dem englischen Reiche für die Fortdauer schrieb, wurde durch die dringendsten Beweggründe verpflichtet, in dieser Sprache zu schreiben.

Dennoch war die glückliche Laufbahn, welche sich unsrer Sprache aufthat, keinesweges der einzige oder stärkste Grund, sich derselben zu bedienen. Wollte der Dichter versuchen, seine Gedanken im Französischen auszudrücken, so håtte er sich aus eigenem Antriebe mehrere von den Nachtheilen aufgebürdet, welche mit dem Versuche, in einer todten Sprache zu dichten, verknüpft sind. Dichtungen dieser Art können schwerlich dieses Nahmens ganz würdig seyn: sie können die Leichtigkeit unsrer Gedanken und die Frischheit unsrer Eindrücke ans dern nur schwach mittheilen. Chaucer war ein åchter Engländer, ein Eingebohrner unsrer Insel, der bisher innerhalb unserer Küsten eingeschränkt geblieben, und zu der Classe unsrer Bürger und Kaufleute gehörte, französisch war ihm vermuthlich wie eine fremde Sprache: er hatte alle seine Knabengefühle auf Englisch ausgedrückt: englische Worte waren mit allen Auftritten, die er gesehen, und mit allen Bildern, die in ihm entstans den, vermischt und verbunden. Die Gedanken, welche man in Einer Sprache gehabt hat, mit den Worten eis ner andern ausdrücken zu müssen, ist eine eben so unglückliche Lage, als wenn man in der Gegenwart einer schönen Frau verurtheilt ist, nicht unmittelbar ihre Person, sondern ihre Figur, wie sie ein Spiegel zurückwirft, zu betrachten.

Einer Sprache, gleichviel welche es sev, ganz måchtig zu werden, ist eine zu große Arbeit für den engen Raum des menschlichen Lebens. Es ist vollkommen wahr,

so widersprecheud es auch scheinen mag, daß es noch nie einen Menschen gab, der die Schätze seiner Mutterspra= che völlig besessen håtte. Viele Zartheiten und Schattirungen des Sinnes, viele glücklichen Verbindungen und Anordnungen der Worte, sind dem Einen geläufig, indem der Andre sie niemals kennen lernt, dahingegen Diefer Vorråthe von gleicher Art besitzt, die Jenem abge= hen. Auch selbst diejenigen, welche man einmal wahr genommen hat, theilen sich offenbar in zwey Classen : die eine ist allezeit bey der Hand, und kann gewissermassen für einen Theil von uns selbst angesehen werden; die andre umfaßt Redensarten und Ausdrücke, welche wir ehemals im Gedächtnisse und gegenwärtig hatten, jezt aber entweder nur selten wieder auffinden können, oder gänzlich vergessen haben. Wenn also noch nie Jemand die Schätze seiner eigenen Sprache inne hatte, was für eine Anmassung oder Thorheit sollte es nicht genannt werden, daß man freywillig den Nachtheil wählt, sich in einer andern auszudrücken. Hierzu nehme man: selbst wenn wir einer fremden Sprache Herr geworden. find, können wir dennoch in derselben nicht mehr darstellen als den Ausdruck der Worte unsrer frühen Jahre, Worte die in Beziehung auf uns beynahe für die Ideen felbst angeschen werden können. (I. 208 — 210.)

In dieser Zeitferne können wir unmöglich entdecken, was für zufällige Umstände eine so frühe Hervorragung von Chaucer's Geist begünstigten, und ihn bewogen, nach dem adelnden Nahmen eines Dichters zu trachten. Er hatte Gönner; aber ihre Aufmunterung war die Frucht und nicht die Ursache seiner literarischen Vortreflichkeit; und Johann von Gaunt, in der Folge sein vornehm fter Beschützer, war damals nicht über sechs Jahre alt. Er hatte gelehrte Freunde, einen Gower und einen Stro

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