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warum die Schreibezeuge so schnell in ihren Formen wechseln und warum sie so reissend abgehen. Manche Damen mögen glauben, daß aus einem niedlicheren Tintenfaße eine feinere Wendung im Ausdrucke fließe. Was auch immer der Grund seyn mag, sie wechseln ihre Schreibematerialien beynahe so schnell als ihre Schuhe. Das neueste Schreibezeug in Neubondstreet, wo man immer alles Neue suchet und findet, zeichnet sich dadurch aus, daß die Mundlackbüchse in der Mitte die Form eines Sarkophags hat. Sie ist eben so wie die Sandbüchse und das Tintenfaß aus schönem geschliffenem Glase; das Gestell Ebenholz; der Griff und die Deckel silberplattirt.

Alles was die persönliche Reinlichkeit befördert, erhält in England bald allgemeinen Beyfall. Die Bidets waren kaum in Frankreich erfunden, als man sie schon in ganz England nachmachte. Die Englischen sind jetzt die schönsten und bequemsten. Das Gestell ist aus Mahagony oder feinlackirtem büchenen Holze, und die Pfannen oder Becken werden aus Porzellan, weißem Steingute oder Zinn gemacht. Freylich ist das keine Bequemlichkeit, die man gerne zeigt: aber sie findet sich gewiß in den mehreften Familien ein bis zweymal. Manchen Personen muß sie beynahe unentbehrlich geworden seyn, denn der Möblirer Blades in Piccadilly, dessen schöne Tischler= Arbeiten unsern Lesern nicht unbekannt sind, hat jetzt Reisebidets, portable bidets, gemacht, die guten Abgang zu haben scheinen. Die Pfanne ist aus lackirtem Blech, damit sie unterwegs nicht breche. An der Arbeit sieht man eben nichts neues, außer daß die Beine angeschraubt und abgenommen werden können. Das Geråth wird dadurch natürlich bequem und brauchbar.

Die grünen Lichtmanschetten aus gewichstem Pas pier, die in diesen Misc, mehrmals erwähnt worden

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find, finden fortdauernd eine Menge Käufer. Der Verfertiger, dankbar für den vielleicht unerwarteten Beyfall, hat jetzt diese artige Kleinigkeit dadurch verschönert, daß er sie mit Stäubchen von Goldblatt bestreut. Der kennt den Handel in einer großen Stadt wenig, wer sich einbildet, daß sich hiermit nichts verdienen ließe. Mit den Pfenningwaaren kauft man in England nach Ablauf einiger Jahre Landgüter.

Alle Waarenkenner wissen, daß man nach England kommen muß, um gute, warmhaltende, dauerhafte Strümpfe zu kaufen. Die Strumpfwirkereyen find uns erschöpflich an Veredlungen des schon Vorhandenen. Jeden Winter schicken sie etwas Neues auf den Markt, welches den Beyfall der Kenner erhält. Gegenwärtig, wo so viel Lårm mit der Lammswolle in allen Gestalten und Farben gemacht wird, haben sie nicht unterlassen wollen, Strümpfe aus solcher Wolle zu wirken, die alle Eigenschaften eines guten Winterstrumpfes besißen. Daz für lassen sie es auch nicht an einem tönenden Nahmen fehlen. Denn white Angola lambswool double milled stockings verkaufen sich schneller als weißwollene Strümpfe schlechtweg. Sind zu haben bey Godfrey, 26. Haymarket.

Seit ungefähr einem Jahre wendet man den hellrothen Lack zur Verschönerung von hundert Kleinigkeiten an, die ins Auge fallen sollen. Im Eingange dieses Heftes sind die Unterlagen für Weingläser angeführt worden, welche zum Theil aus rothlackirten Platten bestehen. Derselbe Juwelier, welcher sie verkauft, Tuc auf dem Heumarkte, hat auch kleine Schlafkammerleuchter verfertiget, deren Fuß aus einer schönen rothlackirten Platte besteht, um welchen ein silberplattirter Rand läuft, so wie der ganze übrige Leuchter silberplattirt ist, Das Stück kostet 5 Schill, 6 pence,

Der kriegerische Schmuck der Damen verdrängt jetzt beynahe die gewöhnlichen Formen desselben in den Låden der Goldschmiede; aber auf nichts verwendet man so viel Sorgfalt, als auf die Schwerdter, welche am håufigsten in den Halstüchern und im Kopfputzè erscheinen. Die allerschönsten sind die goldnen Schwerdter, welche mit Lazurstein ausgelegt, und an den Enden entweder mit åchten oder Patentperlen besetzt sind. Nächst diesen zeichnen sich die goldenen Anker aus, welche ebenfalls mit Lazurstein ausgelegt sind. Die kunstvolle feine Arbeit dieser Brustnadeln erregt Bewunderung. Endlich findet man goldne Nadeln in Gestalt der Ringkragen, auf welche allerley National- Mottos geschrieben sind: 3. B. Britons strike home, Britannia rule the main, Hearts of oak u. s. w. Aus der Menge dieser kleinen Kunstproducte und aus dem Eifer, womit sie das Frauenzimmer kauft, kann man schließen, daß die Brittinnen so viel Gemeingeist haben, als die Pariserinnen, welche goldne bateaux plats im Busen tragen.

Die Patentperlen stehen noch in voller Blüte. Jezt macht man sie ganz klein und reihet sie in Ringe, welche in einander geschlungen und als Halsbånder, Armbånder, Ohrgehenke, Diademe 2c. getragen werden. Man besetzt damit auch Bildnisse, die diesen Winter häufig von den Halsketten der Frauenzimmer herabhangen.

Bey dem Goldschmidt Drury im Strande findet man jetzt eine Art schöner Schreibzeuge aus blauem Glase auf goldnem Gestelle mit goldnen Deckeln und vier goldnen Dillen für die Federn. Eine der vortreflichsten Arbeiten in dieser reichen Straße.

Die englischen Bürgerweiber, oder die Classe welche man ungefähr mit dem Nahmen tradesmen's wives

bezeichnet, können den Lockungen der neuen Moden zwar eben so wenig widerstehen, als die höhern Classen; aber sie behalten doch immer eine überwiegende Neigung für das åchte, geldeswerthe und reiche in Schmuck und Staat. Ist daher eins ihrer kleinen Bedürfnisse von Silber zu haben, so kaufen sie es gewiß vorzugsweise. Der Kunstfleis hat ihnen diese-Schwäche abgemerkt, und liefert dann und wann Dinge, die anderswo schwers lich Liebhaber finden würden. Dergleichen sind die neuen kleinen Nadelkissen in silbernem Futteral, welche im Strans de verkauft werden. Man kann nicht in Abrede seyn, daß sie mit einer gewißen Niedlichkeit gearbeitet sind, aber schwerlich werden sie jemals als Muster der englis schen Kunst über den Canal geschickt werden.

Die dunklen Farben haben jederzeit mehr Glück in den englischen Kleidertrachten gemacht, als die hellen, selbst beym zweyten Geschlechte. Die Frauen zum Beyspiel tragen jetzt nirgends so viel schwarz als in England. Da man nun auch einen angemessenen Schmuck haben möchte, so wird alles, was man dazu rechnet, aus Gagat gemacht, Ringe, Halsketten, Armbånder, Kammverzierungen, Ohrgehenke und Brustnadeln. Die Letzteren haben, wie erwähnt, nach der herrschenden Mode, die Gestalt von allerley Waffen angenommen: der Gagatschmuck hat sich auch darnach richten müssen; und so findet man jeßt bey den Juwelierern Canonen, Schwerdter, Degen, Flinten, Mörser, Picken u. s. w. aus Gagat.

Unter den englischen Galanterien findet kaum eine mehr Beyfall als die Taschenbücher aus rothem Marroquin; fie gehen in alle Theile der Welt, und in Europa giebt es beynahe keinen Jahrmarkt, wo man sie nicht fåhe. Ja es ist erwiesen, daß sie wegen der großen Aus

fuhr in Frankfurt, Leipzig, Braunschweig 2c. wohlfeiler find als in London, wo jedoch die meisten Personen, besonders Frauenzimmer, solche Taschenbücher bey sich führen. Die Geldbeutel aus rothem Marroquin gchdren auch in dieses Capitel, und werden noch stärker gebraucht. Es verlohnt sich also der Mühe, dann und wann durch neue Verschönerungen zu zeigen, daß man sich bey einem so ansehnlichen Publicum in Gunst erhals ten möchte: und man muß es diesen Manufacturen nachsagen, daß sie kein Jahr verstreichen lassen, ohne der allgemeinen Liebe zur Veränderung und Mannigfaltigkeit ein Opfer zu bringen. Heuer haben sie es mit den Schlössern an Taschenbüchern und Geldbeuteln zu thun; sie find größer, in mannigfaltigen Formen und besonders sehr schön gravirt. So geringfügig diese neue Verzierung scheinen mag, giebt sie dennoch den gedachten Artikeln eine beträchtliche Auszeichnung.

Die kriegerischen Zeitumstände haben unter andern zu einer Erfindung Anlaß gegeben, die manchem etwas seltsam Hlingen wird. Ein Perückenmacher auf dem Fleetmarket hat neue militärische Schwänze mit Federn, new invented military spring tails zu verkaufen, die stark abgehen. Man weiß, daß die jetzt überall gewöhnlichen Stußköpfe von den Engländern ausgegangen sind. Man sieht sie auch nirgends allgemeiner. Ordentlicherweise trägt Niemand einen Zopf, außer ältliche Leute, die mit ihrem Aeußeren keine Aenderung mehr vornehmen mögen, und die Soldaten. Da nun die vielen Freywilligen 2c. natürlich ein Soldatenähnliches Ansehen bekoms men müssen, und doch größtentheils ihr Haar ungepudert und abgestußzt zu tragen gewohnt sind, so hat man daran gedacht, Zöpfe zu erfinden, die sich ohne sonderlichen Uebelstand oder zu große Unbequemlichkeit anma

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