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Speisetafeln ertheilt find. Man erinnert sich aus den Reisebüchern, wie viel Mühe die Engländer sich nehmen, so köstliche Hausgeråthe vor Flecken, Staub, Schrammen oder größerer Beschädigung zu verwahren; kein Mädchen kann mit ihrem Anzuge so sauber und leise umgehen als die englischen Hausfrauen mit ihren Mahagonytischen. In den besseren Häusern darf keine Flasche, kein Glas, kein Teller unmittelbar die Tafel berühren! die Weinbouteille hat ihr b.sondres Gestell, das wiedes rum ein großer Artickel des englischen Kunstfleißes ist, und unten mit grünen Boy oder Fellen gefüttert wird. Unter die Weinglåser legte man bisher kleine farbige Servietten oder viereckigte Stücken Wachsleinwand, Doileys genannt (s. Nemnichs Waarenler.) Aber entweder glaubte man, daß die schönen Mahagonytafeln durch dieselben nicht genug gegen Weinflecken gesichert wåren, oder fand sie wahrscheinlich nicht so kostbar, als sie seyn sollten, um dem übrigen Behör der Trinktafel angemessen zu seyn, und erdachte daher ein neues kleines Geräth, welches plated wine glass stand, filberplattirtes Gestell der Weinglåser, heißt, und den Lurus der vorher schon prachtvoll ausstaffirten Tafel jest ansehnlich vermehrt. Es ist rund und ungefähr noch einmal so groß als der Fuß eines Weinglases. Die Platte, worauf das Glas unmittelbar steht, ist feinlackirt, meistens scharlach oder braun. Der Rand, welcher einen englischen Zoll hoch ist, besteht aus eben der filberplattirten Arbeit, die man an den Flaschenunterlagen sieht. Der Boden ist mit grünem Boy gefüttert. Man denke sich eine spiegelblanke Tafel aus feinem gewässertem Mahagonyholze mit dreyßig bis vierzig Personen besetzt, deren jede ein Weinglas aus geschliffenem Crystallglase auf diesen schönen Gestellen vor sich

Hat, so, daß jedes Trinkglas ein scharlachenes und fïl= bernes Piedestal zu haben scheint: unstreitig ein ergdzzender Anblick für den reichen Britten, welcher auf nied= liche Geråthe so viel hålt und die innigsten Herzensergies= fungen bis zum lieben Weinglase nach abgehobenen Speisen aufspart. Dieser neueste Artickel des Lurus erhält großen Beyfall: man fand ihn zuerst beym Juwelierer Zud Nr. 8. Haymarket.

Ever werden von Jahr zu Jahr auf den englischen Frühstücktafeln allgemeiner : eine Gewohnheit, die den häufigen Gebrauch des Thees mit der Zeit einschränken und ihn minder schädlich machen muß. Der Kunstfleiß gewinnt auf jeden Fall dabey, da er die Eyerbecher und ihre Behälter nun auf hundertley Art bearbeiten, umåns dern und verschönern kann. Am meisten benutzen dies die Töpfereyen, welche jeht wieder etwas Neues dieser Art geliefert haben. Auf einem gewöhnlichen Teller stehen vier kleine thönerne Becher ohne Boden; sie sind größer als die gemeinen aus Silber und Porzellan, und haben. Muster der Verzierung wie der Teller. Sie sind für bürgerliche Familien berechnet und kosten nicht mehr als 3 Schill. Bey Sharpus, Cockspurstreet.

Haarringe sind nichts neues in den Gewölben der Londner Juweliers. Aber die Armbånder und Halsketten aus Menschenhaar sind erst heuer recht in Aufnahme gekommen und liegen diesen Winter bey allen Goldschmie den und Juwelierern feil. Man wählt dazu Haar von allen Schattierungen, am liebsten dunkelbraunes, doch niemals rothes. Die Flechtung ist kunstreich und saus ber. Man verziert das Haar auf sehr verschiedene Art, meistens mit Gold und Silber, welches bald in sehr feis nen Ketten, bald in kleinen Cylindern das Haar einfaßt. Patentperlen werden auch häufig dazu gebraucht. Sie

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find überaus elastisch und werden vorzüglich deswegen gesucht.

Es ist auffallend, daß in diesen Monaten, wo zwey neue Taren in den Gang gekommen sind und wo der angedrohete Einfall des Feindes den Waaren des Lurus nicht sehr günstig ist, so viel neue Arbeiten von Gold in den Låden erscheinen. Man wird von selbst sehen, was für Folgen sich daraus ziehen lassen. Das neueste sind goldne Armbånder von außerordentlicher Feinheit in Netzform: die Fåden könnte man mit denen des Flors vers gleichen. Sie sind beym Juwelier Davies in Neubondstreet zu haben. Außerdem findet man bey ihm und ans dern eine Menge neue Ringe, Halsketten und andre Kleinigkeiten, die den Bewunderern dieses Theils der Ins dustrie reichlichen Stoff darbieten.

Starke Bleystifte und Röthel werden von keiner Class se von Leuten häufiger gebraucht, als von Zimmerleuten, Tischlern und andern Handwerkern, die in Holz arbeiten, wenn sie das Maas einer Sache bestimmen. Sie müssen zu diesem Ende immer ihre Maasståbe nebst Röthel oder Bleystift oder Kreide bey sich führen: haben sie eines von diesen oder den Maasstab vergessen oder verlegt, so verursacht es Aufenthalt. Man hat ihnen daher einen Dienst zu leisten geglaubt, wenn man auf Rötheln und Bleystiften so viel Zoll einschnitte als ihre Långe verstattete. Das Maas eines halben Schuhes ist in sehr vielen Fåls len hinreichend und kann im Nothfall zur Bestimmung größerer Dimensionen ohne Mühe gebraucht werden. Da der Stift, er bestehe nun aus Wasserbley, Röthel oder weißer Kreide, nach der bekannten Art, sich in einem Schieber befindet, so bleibt bey der allmähligen Veråns derung desselben das Maas unverändert. Es ist augens scheinlich bequemer, einen solchen mit Zollen abgezeichneten

Stift bey sich zu tragen, als einen Maasstab. Man findet Stifte mit diesen Eintheilungen fast in allen Låden, wo damit gehandelt wird.

Die Zeit der Fächer ist ziemlich vorüber; man sieht fie verhältnißmäßig selten: indessen hat die beliebte französische Weise, sie mit Liedern, Råthseln, Tânzen u. s. w. zu bedrucken, ihre gänzliche Verbannung noch etwas weiter hinaus gesetzt. Da es bey dem männlichen Theile der Britten *) keiner großen Aufmunterung bedurfte, sie wider die Drohungen ihres natürlichen Feindes in Har=" nisch zu bringen; so suchte man auch die Frauen in eine gleiche Stimmung zu setzen: und die Leser wissen aus den drey letzten Heften der Misc., wie furchtbar jeßt die Brittinnen in ihrem Anzuge geworden sind. Eines der Mittel, sie in ihrer Gemüthslage zu erhalten, sind die neuen Fächer, welche man Volunteer fans nennt. Man liest darauf patriotische Gesänge und Gesundheiten und Eine Seite stellt Lager vor, wo die Freywilligen zu Felde liegen. Auf manchen sicht' man die französischen flachen Bôté im Handgemenge mit brittischen Schiffen; andre zeigen, wie man die schon gelandeten Franzosen empfangen wird u. s. w.

*) Jemand hat die Bemerkung gemacht, daß die Engländer sich ungemein gern Britten nenneten und auf diesen Nahmen lás cherlich stolz wären. Beym Pöbel mag dies vielleicht der Fall seyn. Britons, British und Britain wird jest insgemein als Gesammtnahme für Engländer, Schotten und Irländer gebraucht, welche einerley Rechte unter Einem Monarchen genießen. Außerdem bedient man sich der Benennung aus Patriotismus und Klugheit: sie deckt gleichsam alle Vorurtheile und Eifersüchteleyen, welche die drey Nationen gegen einander hegen, und erinnert dieselben, daß sie nur Ein Jntereffe haben.

Ein auswärts wenig bekannter englischer Lurus ist der, welcher im Anzuge der kleinen Kinder herrscht. Die Vorliebe der Englånderinnen für sehr feines Linnen, feine Musseline, feines Cammertuch und feine Spitzen erstreckt fich auch bis auf die Kinderstube. Wer dies nicht in den Familien selbst bemerkt hat, kann sich schon in den Kauflåden davon unterrichten. Denn der englische Reichthum macht seine Anzüge für die Säuglinge selten zu Hause, sondern geht deswegen in eigene Gewölbe, childbed linen warehouses, wo man zum Theil ungeheure Magazine von allem antrift, was Unmündige zu ihrer Bes kleidung nöthig haben können. Der Mann mag daran ohne alle Eindrücke vorüber gehen, aber desto mehr lernt man aus den Bemerkungen der Weiber, was hier für Summen verthan werden können. Es versteht sich von selbst, daß die Mode auch diesen Theil des weiblichen Kunstfleißes ihrem Zepter unterwirft. Jetzt sieht man unter andern Såchelchen allerliebste Mimihåubchen aus dem feinsten Mußelin, womit diese Låden viel Geld verdienen. Måtter und Wårterinnen sind entzückt darüber. Aber eine nåhere Beschreibung wird man ung gefälligst erlassen. Solche Herrlichkeiten wollen gesehen seyn.

Vornehme Frauen finden fich so wenig zum Schreiben aufgelegt, besonders wenn ihre Herzensangelegenheiten aufs Reine gebracht sind, daß es bey ihnen keinen geringen Reiz erfordert, die Feder zu ergreifen. Daher trift man auf ihren Schreibetischen alles, was zu diesem Geschäft gehört, von der ersten Güte, und ihre Secretairs sind mit allem, was sie an Papier, Siegellack, Mundlack, Federn, Dinten, Geråthen in sich faffen, Muster der verschiedenen Zweige des Kunstfleißes. Wenigstens ist es so in England. Man kann nur ungefähr einsehens

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