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Theile fehr auf ihrer Huth seyn, weil schlechte Menschen hierbey gute Gelegenheit haben, andre zu bevortheilen. Vor kurzem machte Jemand in den Zeitungen bekannt, er suche eine Frau von guter Erziehung mit einem mås figen Vermögen. Unter den zahlreichen Antworten, an welchen es bey solchen Gelegenheiten niemals fehlt, wav eine, die ihn sehr aufmerksam machte. Zufolge dersela ben bat er um eine Unterredung, und wurde einem sehr liebenswürdigen und gebildeten Mädchen vorgestellt. Man empfing ihn in einem schönen Hause, das einer aba wesenden Familie zugehörte. Das Mädchen sollte künfs tige Erbin eines großen Vermögens seyn, jetzt aber war sie noch minderjährig, und man stellte dem Herrn die Nothwendigkeit vor, mit ihr durchzugehen. Er hatte nichts dagegen, und machte seiner Zukünftigen einige reiche Geschenke. Als der Tag kam, wo sie ihr Verspres chen erfüllen sollte, ging sie wirklich mit den Juwelen und andern Geschenken davon, aber nicht mit dem hintergangenen Heurathshelden.

Zur reitenden Post braucht man in England Juns gen von 11 bis 14 Jahren, weil sie auf ihren kleinen Pferden den Weg schneller zurücklegen, als Erwachsene. Ein solcher Knabe beschuldigte vor etwa drey Jahren eis nen Mann, daß er ihm das Felleisen geraubt hätte. Da kein andrer als Zeuge auftreten konnte, so wurde der Mann auf die bloße Aussage des Knaben hingerichtet. Man hing ihn auf der Heide bey Pinnington, wo sein Geripp noch zu sehen ist. Der Mann erklärte bis auf den letzten Augenblick, daß er unschuldig sterbe, und daß die Vorschung das Verbrechen gewiß dereinst aufflåren werde. Unlängst vermißte man aus dem Felleisen desselben Knaben einen Brief mit einer Banknote von fünf Pfund, die nach Tunbridge gehörte. Es kam

bald heraus, daß der Postjunge dieselbe in der Nachs barschaft hatte wechseln wollen, und also der Dieb war. Wiewohl ihm der Prozeß noch nicht gemacht ist, so hat er doch großen Verdacht wider sich erregt, auch den erz ften Diebstahl begangen zu haben, welcher einem Unschuldigen das Leben kostete.

Zu Cork in Irland kam eine Frau zu einem Trådler, der auf Pfänder leiht, und brachte ihm ein Bündel Wåsche, welches sie versetzen wollte. Der Trödler sah die Sachen durch, und sagte, er könnte ihr nicht mehr als achtzehn Schillinge darauf lethen. Sie hielt dies für zu wenig, packte daher die Sachen in Gegenwart des Ladendieners wieder zusammen und ging. In wenigen Minuten kam sie wieder und sagte, sie hätte sich anders besonnen. Sie legte ein Bündel auf den Ladentisch, era hielt ihr Geld und entfernte sich. Der Diener wollte das Bündel hinauf in die Niederlage tragen, und war schon auf der Treppe, als es ihm schien, als ob sich etwas in dem Bündel bewegte. Er glaubte nun die vers meinte Wäsche noch einmal untersuchen zu müssen: zu seinem großen Erstaunen fand er einen schönen Knaben darin. Die Frau hatte zwey Bündel, einander sehr gleis chend, mitgebracht, und auf diese Art den Diener getäuscht. Zur Ehre des Trödlers ist zu bemerken, daß er das Kind der Pflege einer Amme übergab, und ihr alle Sorgfalt empfohl. In der Laufe ließ er ihm den Nahmen bundle-boy, Bündeljunge, beylegen.

Der alte Schauspieler Moody hat sich ein kleines Vermögen verübriget, von dem er jetzt lebt. Lehthin ging er bey Robins in die öffentliche Versteigerung, um auf eine Actie vom Schauspielhause in Drurylane zu bieten. Aber der arme Mann ist etwas taub. Er bot das her zu unrechter Zeit, und als ihm die vermeintliche

Actie zugeschlagen wurde, entdeckte er, daß er ansatt derselben den Pacht einer Barbierstube im Strande erstan= den hatte.

Ein wohlgekleideter Mann rufte Abends um zehn Uhr einen Miethwagen, und hieß den Kutscher nach St. John's Meyerey an der Edgwarestrasse fahren. Als man in diese Gegend gelangte, ließ der Herr halten, und sagte, sie wåren schon bey dem bezeichneten Hause vorüber; doch wollte er nun zu Fuße hingehen, und möchte wissen, wie viel er zu bezahlen hätte. Ehe er die Antwort erhielt, zog er seine Pistole heraus, und drohete den. Miethkutscher zu erschiessen, wenn er ihm nicht sein Geld gåbe. Er forderte dann die Uhr, welche ihm jener gleichfalls geben mußte. Hierauf entlief der Schelm über etliche Felder.

Der berüchtigte Taschendieb Barrington, welcher jetzt in Botany Bay von Sinnen seyn soll, betrug sich dort etliche Jahre so wohl, daß man ihn zum hohen Constable machte. D'Arcy Wentworth ein anderer Schelm, den man in England so oft als Strassenräuber ertappt hats te, und der jet Chirurgus auf der Diebscolonie ist, wurde einst vor ihn gebracht, um sich wegen einer Be-schuldigung zu verantworten. Barrington als Magistratsperson befahl ihm sogleich seinen Hut abzunehmen. Nein, sagte Wentworth, ich will es nie von mir sagen Lassen, daß ein braver Straffenråuber, von dem man weiß, daß er auf Shooter's Hügel so viele Räubereyen auf eine ehrenvolle Weise und am hellen Tage begans gen hat, sich so weit herabgelassen, daß er seinen Hut vor einem so miserabeln Taschendiebe abgenommen habe.

Es ist eine alte Klugheitsregel in dem ungeheuren London, wo des Abends die Strassen von Raubgesindel wimmeln, daß man, wo möglich, über keinen großen

Platz oder Square allein gehe, weil man dort am meis sten Gefahr läuft. Hier ist ein neuer Beweiß. Ein Herr Osborne wollte nach seinem Hause in Mountstreet zu rückkehren. Er war gerade um die Ecke von Hanhill gegangen, als ein Mann zu ihm gelaufen kam, welcher sagte: ach, mein Herr, wollen Sie mir nicht helfen meinen Herrn in eine Kutsche bringen, er ist eben dort in der Square in Verzuckungen niedergefallen. Hr. O3borne dachte nichts übles, und ging gleich mit dem Menschen an den Ort, wo der Ohnmachtige liegen sollte. Er sah einen Mann hart an dem eisernen Geländer des Rasenplatzes liegen. Als er sich ihm näherte, forderte ihm der Erste, welcher ihn geholt hatte, sein Geld ab; der andere sprang von der Erde auf und unterstützte diese Forderung mit schrecklichen Flüchen. Osborne mußte seine goldene Uhr und seine ganze ansehnliche Barschaft herausgeben, womit die Bösewichter unaufgehalten das von liefen.

In London werden so manche schöne Summen uns genüßt ausgegeben; aber kein Geld ist schlechter verwendet, als das, wofür man die seynsollenden Nachtwächter unterhält. Die mehresten sind Laugenichts. Ein alter armer Mulatte, George Mango, der sich mehrere Jahre als Kesselflicker in den Londner Strassen ein kårgliches Brod erwarb, und wie mancher andre die Nacht. in der Strasse zubringen mußte, ging eines Abends nach Wardourstreet, wo er sich unter einen Thorweg sehte. Pollock ein Nachtwächter fand ihn dort, bestand darauf, daß er von dort weg müßte, und schleppte ihn mit Gewalt auf die Gegenseite der Straffe, welche in dem Kirchsprengel St. Anne ist. Bald drauf kam der Nachtwächter dieses Kirchspiels desselben Weges, und zwang ihn zurück auf die andre Straffenseite zu gehen, welche

zum Kirchsprengel von St. James gehört. Hier blieb er, bis Pollock kam, um die Stunde abzurufen. Er fragte den Mulatten, was er hier wieder zum zweytenmal wolle, nachdem er ihn schon weggetrieben habe? Gott, antwortete der alte, ich bin meinem Tode nahe.: Das kann wohl seyn, sagte der Nachtwächter, aber. ihr dürft nicht hier sterben, ihr müßt das anderstvo thun. Der arme Mann rief:,,ich bin nicht im Stande mich zu rühren- ich fühle den Tod fchon"- En, ich Fehre mich daran nicht, erwiederte der Nachtwächter, und schleppte den Unglücklichen zum zweyten mal auf die an=' dre Seite der Gasse, wo man ihn bey Tagesanbruch todt fand. Diese Unmenschlichkeit kostete den Nachtwächter fein Amt, und hatte weiter keinen Grund, als daß er sich eine kleine Mühe hatte ersparen wollen.

Der alte Doctor Johnson, dessen Verdienste um die englische Literatur unvergånglich sind, hatte bekanntlich keine einnehmende Manieren. An den Gliedern seines? stämmigen Körpers bemerkte man zuweilen seltsame Zukkungen und Gebehrden, die theils eine Art von Krank heit waren, theils daher kamen, daß er sich gewöhnti hatte, mit Hånden und Füssen heftige Bewegungen zu machen, um während des Sißzens die Glieder zu strecken. Wer nicht daran gewöhnt war, mußte in Besorgniß gerathen, daß ihm Johnson ein Leids zufügen wollte. Eines Morgens ging ein Freund zu D. Johnson, um bey ihm zu frühstücken: kaum war er eingetreten, als Johnz fon die Thüre zuschloß. Doch beunruhigte dies den Freund eben so wenig, als daß Johnson das Schüreisen ins Feuer steckte. Das Frühstück begann. Als der Freund die zweyte Taffe Thee ausgetruncken hatte, stand Johns son auf, nahm das glühende Schüreisen aus dem Feuer, schwenkte es aufwärts, und schien im Begriffe das schreck

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