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Bedünkens hätten Pope und Dryden den grösten Wohlflang in Gedichten, aber nichts gleiche der Anmuth is Addisons Prosa.

Steele, Savage und Phillips, alle drey berühmte Nahmen in der englischen Literatur, hatten in einer Tas verne in Gerardstreet, Soho, einen vergnügten Abend zugebracht, und brachen nun nach Mitternacht auf. Während sie dem Strome ihrer Lebensgeister vollen Lauf ließen, und innigst vergnügt auf der Straße einhergiens gen, redete sie ein Handwerksmann am Eingange von Hedge-lane an. Er bat fie, es ihm zu gute zu halten, daß er sich in solcher Absicht an sie wendete, allein er wünschte, sie zu benachrichtigen, daß er dortherum etli che verdächtig scheinende Kerl gesehen håtte, die er für Bailiffs) hielte, wenn sie also etwa selbst Gefahr von ihnen befürchteten, so wollte er ihnen rathen, eine andre Straße einzuschlagen. Keiner von allen dreyen nahm sich die Zeit, dem ehrlichen Manne zu danken, sondern einer verschwand dahin, der andre dorthin. Jeder wußte sich in so zweydeutigen Geldumstånden, daß er leicht fürchten konnte, die Bailiffs lauerten auf ihn.

Addison erließ zwar niemals, was er an Amtsges bühren zu fordern hatte, doch nahm er auch von Niemanden mehr an, als was gesezt und üblich war. Es war ein merkwürdiges Beyspiel seiner Rechtschaffenheit, daß er sich weigerte, vom Major Dunbar eine Banknote von dreyhundert Pf. St. und in der Folge einen Dias mantring von demselben Werthe anzunehmen.

* Bailiffs sind Diener der Gerechtigkeit, welche unter dem Sheriff stehen und darauf ausgehen, bösen Schuldnern, die sich verstecken, oder sonst nicht habhabt zu werden sind, auf die Spur zu kommen. In der pöbelhaften Sprechs art nennt man sie bumbailiffs.

Eine von den kleinen Sonderbarkeiten, die Pope's Char racter mahlen, war seine karge Sparsamkeit des weißen Papiers. Was er wollte drucken lassen, schrieb er gemeiniglich auf die blanken Außenseiten von Briefen. Die von den Engländern so bewunderte Stelle in seiner Ueberse= zung der Iliade, wo Hektor von der Andromache scheidet, war hinten auf einen von Addison's Briefen an Pope geschrieben. Das Original dieses Manuscripts ist im brittischen Museum niedergelegt.

Als der englische Zuschauer von Addison, Steele 2c. aufgegeben war, wurde sogleich ein periodisches Blatt unter demselben Titel von etlichen der geschicktesten Månner, die England damals besaß, fortgesezt. Ihre vers schiedenartigen Schriften waren von dem englischen Publicum mit gröstem Beyfall aufgenommen worden. Aber selbst Männer von ihren Verdiensten fanden, zu ihrem nicht geringen Befremden, daß die Sache nicht gehen wollte, und sie waren so verständig, nicht nur dem Unschlage zu entsagen, sondern auch ihre Nahmen zu verheimlichen. Als Addison davon hörte, sagte er, ihm käme der Versuch, einen neuen Zuschauer zu schreiben, wie das Unternehmen der Freyer in der Odyssee vor, welche mit Ulysses Bogen schiessen wollten, aber bald fanden, daß sich dessen Niemand wohl bedienen könnte, als die Hand, die ihn zu spannen gewohnt war.

Addison ist einer von denen, welcher durch sein liz terarisches Verdienst zu großen Ehrenstellen gelangte und fich ansehnlichen Reichthum erwarb. Es ist merkwürz dig, was Voltaire darüber sagte:,, Wåre Addison in Frankreich gewesen, so würde man ihn zum Mitgliede von einer der Academien erwählt haben, und durch den Einfluß etlicher Weiber dürfte er einen Jahrgehalt von zwölfhundert Livres erhalten haben: oder vielleicht hätte

Engl. Miscellen XIII. a

man ihn auch in die Bastille unter dem Vorwande ger worfen, daß gewiße Stellen in seiner Tragödie Cato Seitenblicke auf den Thürhüter eines vornehmen Mane nes gewesen wären.”

Pope pflegte mit seiner gewöhnlichen Bitterkeit von Addison zu sagen, daß er nicht einmal einen Befehl aus seiner Kammer als Staatssecretair erlassen könnte, ohnë seine Zeit mit dem Suchen nach schönen Ausdrücken zu verlieren. Lord Chesterfield äußerte: Addison sey der schüchternste und ungelenkeste Mann, den er je gesehen habe: ein Urtheil, das genug im Sinne des Lords ist, bey welchem Außenseite alles war. Ob aber gleich Addison furchtsam und scheu in dffentlichen Gesellschaften war, so konnte man doch unter vier Augen keinen anges nehmern Mann wünschen. Freunde und Feinde bezens gen überflüssig, daß er einen bewundernswürdigen Fluß der Rede besaß. Steele sagte: In dem, was wir Enge lånder Humor nennen, übertraf er alle andere, und ges fiel sich darin so sehr, daß ich oft nach einem mit ihm ganz allein hingebrachten Abend gedacht habe, ich hätte das Vergnügen gehabt, mit einem genauen Freunde des Terenz oder Catull zu sprechen, deren natürlicher Wiß, durch Humor erhöhet, vorzüglicher und ergåzender war, als ihn vielleicht je Menschen besessen haben." So spricht ein Freund. Man höre nun, was sein Nebenbuhler dars über dachte. Addison's Unterhaltung, sagte Pope, zog mich mehr an, als die Gespräche aller andern Leute; doch war das nur der Fall, wenn man allein mit ihm war; vor Unbekannten, oder wenn nur ein einziger Fremder zugegen war, wachte er über seine Würde durch ein steifes Stillschweigen.

Ungeachtet Addisons Schreibart ungezwungen und anmuthig war, so ist doch bekannt, daß er bey vielen

Gelegenheiten, in dem, was er zu schreiben hatte, seine eigene Genauigkeit und Schwierigkeit nicht befriedigen konnte. Als Staatssecretair fiel es ihm anheim, nach Hannover zu berichten, daß die Königinn Anna verblichen sey. Er fand es so schwer, sich darüber so auszus drücken, wie es seinen Begriffen von der Wichtigkeit des Ereignisses angemessen war, daß die Lords der Regents. schaft einen H. Southwell, der nichts als Schreiber war, dazu brauchen musten. Southwell erzählte die Begebenheit in dem gewöhnlichen deutlichen Geschäftsstyl; und dann prahlte er, daß er geschickter als Addison sey, weil er gleich auf der Stelle gethan, was Addison nicht ge= fonnt hatte.

Als Steele in Schottland war, überließ er sich ganz seinen krausen Launen, und wollte sich mit den Manieren und Sitten der niedrigsten Volkshefe bekannt. machen. In dieser Absicht ließ er ein prächtiges Gastmahl in Edinburg zubereiten, und befahl seinen Bedienten, alle Bettler und arme Leute zu ihm zu bringen, die sie nur in den Straßen finden könnten. Es wurde den Bedienten nicht schwer, eine zahlreiche Gesellschaft zus sammen zu bringen. Steele fand sich bald beynahe von hundert Bettelleuten und armen Handwerkern umringt. Nachdem sie ein reichliches Mahl genossen hatten, sezte er ihnen weidlich mit Portwein, Punsch, Bier und Brannts wein zu, so daß jeder sehr gesprächig wurde. Er vers sicherte seinem Freunde Addison, daß er außer dem Verz gnügen, so viele hungrige Magen zu sättigen, Humor genug eingesammelt håtte, um ein gutes Lustspiel zu schreiben.

Aus folgenden Anecdoten wird man noch mehr ses hen, wie unvorsichtig Steele in seinen Geldausgaben, und zugleich, wie sehr er, unter allen Umständen, zu lustigen Schwånken aufgelegt war.

Er lud einmal etliche vornehme Personen zum Essen ein. Sie verwunderten sich, so viele Bedienten um die Tafel stehen zu sehen. Nach der Tafel, als der Wein und die lebhafte Unterhaltung alle Ceremonie und Zwang entfernt hatten, fragte ihn ein hoher Gast, wie eine so kostspielige Dienerschaft sich mit seinen Einkünften vers trüge? Steele gestand ihm freymüthig, es wären alles Bårenhåuter, deren Gesellschaft er herzlich gern los seyn möchte. Und warum danken Sie sie denn nicht ab? Je, antwortete er, es sind Bailifs, die einer Execution wegen im Hause sind; da ich sie nun nicht wegsenden darf, so hielt ich es für schicklicher und bequemer, ihnen Liverey zu geben, damit sie mir wenigstens Ehre machten, so lange fie bey mir wären.

Steele ließ sichs einst beygehen, einen Theil seines Hauses in eine Art von Schaubühne umzuwandeln, um darauf Stellen aus den bewährtesten Schriftstellern ålterer und neuerer Zeit declamirer zu lassen. Wie gewöhnlich hatte er nicht überlegt, ob ihm die Ausführung eis nes solchen Gedankens Vortheil bringen würde, oder oh seine Vermögensumstände die Kosten tragen könnten. Es wurde ein prächtiges Theater unter seiner Aufsicht gebaut. Steele war hocherfreut über die Figur, welche der Ort machte. Er wünschte nun zu wissen, ob die Bühne eben so sehr dem Ohr Vergnügen schaffen würde, als sie in die Augen fiele. Er sagte also dem Zimmermann, der den ganzen Bau übernommen und vollendet hatte, er möchte doch einmal auf eine Rednerbühne am Ende des Zimmers steigen, und dort etwas hersagen, während er selbst am andern Ende von der Wir kung zu urtheilen im Stande seyn würde. Der Zimmermann stieg auf die Bühne, versicherte aber, er wüßte nicht, was er vorbringen oder wie er anfangen sollte.

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