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99.

University of
MICHIGAN

teppiche geben einen wohlfeilen, geschmackvollen und dauerhaften Aufpuß in den Zimmern ab. Bey den Mis neralien findet das Land sowohl durch den Handel als durch Verarbeitung derselben seine gute Rechnung. Die Eisengießereyen in Carron und andern Orten weichen keis nen in Großbritannien. Die Ausbeute der Bleygruben in Lanarkshire ist beträchtlich; der Kohlenhandel ist ausges breitet; und seit kurzem hat man auch aus dem schottis schen Granit durch die Ausfuhr desselben zum Straßens pflastern in London und andern englischen Städten Vors theil gezogen. Der Baumwollenhandel hat jezt, besons ders in den westlichen Gegenden, den Plaß der Leinwand eingenommen und beschäftiget viele tausend Hånde. Ue= berhaupt giebt es wenig oder gar keine in England üblis che Gewerbe und Manufacturen, die man nicht auch in Schottland hätte, und etliche Zweige erreichen hier eine größere Vollkommenheit als in England, besonders das sogenannte Steingut, Porzelan, Glas, Zucker, Papier u. s. w. Vor den drückenden Gesetzen zu Gunsten der großen Brannteweinbrennereyen brannte man sehr viel Branntwein und die Regierung zog große Gefälle das von. Aus der statistischen Nachricht von Schottland erhellt, daß Branntewein in folgender Menge gebrannt und veracciset werde, ohne den heimlich gebrannten und den aus Holland verstohlen eingeführt in Anschlag zu bringen.

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Zur Zeit der Union gab es gar keine Stempeltare fn Schottland, 1793 belief sie sich auf 90,000 Pf. St. des Jahres. 1763 waren 396 Wagen mit vier Rådern und 462 mit zwey Rådern angegeben, um verzollt zu werden: 1790 aber 1427 mit vier Rådern und 643 nft zweyen. Es wird dennoch nur wenige Jahre erfordern, um den See- und Landhandel von Schottland zü der Stetigkeit des Englischen zu erhöhen. Es ist ein gross fer Nachtheil für Schottland und eins der Hauptübel der Union mit England, daß der Adel und die Landeis genthümer nach London reisen und dort die Renten ihrer schottischen Güter verzehren; das Geld wird auf diese Weise aus dem Lande gezogen. Der Handel, der Fisch, fang und die Manufacturen sind durch ein Gesez, das 1727 gemacht wurde, sehr befördert worden. Kraft dessen wurden Bevollmächtigte ernannt, welche gewiße zur Aufmunterung des Handels 2. bestimmte Summen austheilen. Es sind ihrer Ein und zwanzig, welche jahrlich über viertausend Pfund Sterling nach einer ihnen gutdünkenden und zweckmäßigen Art in Pråmien ausspenden. Diese werden erstlich denen gereicht, welche die besten Proben der schottischen Manufactur aufweisen können, und zweytens denen, welche die gröste Menge schottischen Flachs, Leinsamen u. s. w. anbauen. Sie haben Stämpelmeister in jeder beträchtlichen Stadt und in jedem ansehnlichen Dorfe angestellt, um über die Güte der Leinwandmanufactur zu richten und ihre Stämpel aufzudrücken, ohne welche die Leinwand nicht für vollhaltig angesehen wird.

Addison und Steele.

Der außerordentliche Beyfall, welchen die Walpo liana fanden, veranlaßten den Verleger, R. Philipps,

auf ähnliche Denkwürdigkeiten allgemein berühmter Brits ten zu denken. Diesem Entwurfe zufolge erschienen mit Anfang des lezten Octobers die Addisoniana in zwey kleinen Octavbånden, niedlich gedruckt, mit Kupfern und Schriftproben oder facsimile's, welche in England so beliebt sind. Gleich den Memoires von Walpole sind fie eine Art von literarischem Nachtische, der desto hdhes ren Genuß gewährt, da Addison's Schriften fast vom Anfang bis zu Ende für jedes Zeitalter interessant sind, und in England, wie man weiß, ihren Rang gleich nach dem vergötterten Shakespeare einnehmen. Wer des Englischen mächtig ist, wird dem unsterblichen Spectator gewis zeitlebens neben den Lieblingsschriften seiner Hands bibliothek eine Stelle einräumen. Auch in der meisterhaften Uebersetzung des Hrn. Bibliothekar Benzler, der einen reichhaltigen Auszug aus dem englischen Zus schauer gegeben hat, schäzt man Addison in Deutsch land seit mehrern Jahren als einen der eindringlichsten und angenehmsten Sittenlehrer; und die vorliegenden Bändchen werden Stellenweise (denn der gröfte Theil des Buchs ist blos für Britten interessant) auch den Ausländer ungemein anziehen. Man findet hier theils ganz neue Angaben aus einer grossen Menge von Handschriften und Briefschaften, theils eine mühsame Zusam menstellung des Hierhergehörigen aus mehr als tausend gedruckten Büchern, die der Sammler nachschlug. Zur Probe heben wir einige abgerissene Bemerkungen aus, die sich leicht wählen lassen, da das Buch schon seiner Einrichtung nach ein Allerley ist.

Das englisché Miß hatte zu Ende des 17. und zu Anfange des 18. Jahrhunderts nicht die jetzige Bedeus tung, sondern entstand erst aus einer Zusammenziehung von Mistreß, und scheint um das Jahr 1709, wo der

Tatler erschien, blos Kindern und leichtsinnigen Måds chen beygelegt worden zu seyn: daher man sich erklären kann, warum in den damaligen Schriften die erwachsene Mädchen Mistreß heißen.

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Der englische Zuschauer liest sich sehr leicht und ans genehm; allein man glaube nicht, daß es eine mühelose Arbeit war, ihn zu schreiben. Addison hatte sich dazu durch eine Sammlung von Stoff vorbereitet, die aus drey Folianten bestand. Der bescheidene Addis son wurde von einer Dame beschuldiget, daß er in der Unterhaltung so dåmisch und schwerfällig sey. Ma= dam, antwortete er mit großer Würde, ich habe zwar nur neun Pence in meiner Tasche, allein ich kann von meinem Banquier tausend Pfund beziehen. - Zu Ad⭑ disons Zeit gab es einen Måcen, der seiner Laune ein sonderbares Opfer brachte. So oft er Gelehrte einlud, wieß er ihnen bey der Tafel nach Maßgabe der Größe und Dicke ihrer Schriften eine Stelle an. Ganz oben saß der, welcher Bücher in groß Folio geschrieben hats te, darauf folgten die Våter der Quartanten, Octav= bände u. s. w. Addison nuzte diesen Umstand in No. 529. des Zuschauer nach seiner glücklichen Manier.

Sir Richard Steele, so berühmt als Hauptverfasser des Schwätzers und als Mitarbeiter am Zuschauer, war bekanntlich Addisons vertrauter Freund. Man wird daher folgenden Umstand luftig finden. Steele ließ sich bey Hampton-wick nicht weit vom Pallaste ein schö mes Haus bauen, welches er humoristisch the hovel (die Hütte) nannte. Allein war es eitle Glanzsucht oder zu große Freygebigkeit, er mußte bald darauf taus fend Pfund Sterl. von Addison borgen, dem er dafür eine Verschreibung auf sein Haus sammt allen Gerda then gab, dafern das Geld nicht binnen Jahr und Tag

erstattet würde. Der Termin erschien: aber keine taus send Pfund. Addison's Advocat schickte eine Erecution in Steele's Haus und ließ es sammt den Geråthen vers steigern. Was nach Abzug der Schuld übrig blieb, wurde Steelen zugestellt. Addison schrieb ihm zu gleicher Zeit sehr freundschaftlich, dieses sonderbare Verfahren habe seinen Grund in dem Wunsche, ihn wo möglich aus einer gänzlichen Sorglosigkeit zu reißen, die ihn zus lezt unfehlbar ins Verderben stürzen würde. Steele laß den Brief mit seiner unveränderlichen guten Laune und Munterkeit, und sezte den Umgang mit Addison, wie gewöhnlich, fort.

Addison war äußerst schwierig in der Wahl seiner Worte, und überhaupt in dem Bau seiner Perioden: Dagegen war sein Freund und Mitarbeiter Steele in demselben Grade nachläßig und gleichgültig. Richard Nutt, einer von den ersten Druckern des Schwäßers, erinnerte sich, daß oft mitten im Seßen eingehalten werden mußte, weil Addison (er war es jedoch nicht immer) neue Präpositionen oder Conjunctionen einzuschalten hatte; oft mußte man auch aufhören, weil es an Manuscript fehlte. In solchen Fällen hatte der Drucker und Verle= ger oft große Noth, den Steele ausfindig zu machen, der ihm nicht selten das Mangelnde gab, welches er in einem Zimmer neben der Druckeroffizín eilig niederschrieb. Nutt machte eine Nummer des Zuschauers nahmhaft, die er Steelen um Mitternacht und im Bette ganz in der Haft schreiben sah; während er dabey saß und wars tete, um es in die Officin zu tragen.

Voltaire hatte eine hohe Meynung von Addisons Schreibart. Martin Sherlock besuchte diesen berühmten Mann eines Morgens in Ferney. Man sprach von den englischen Schriftstellern, Voltaire sagte, seines

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